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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 13.08.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 370/07
Rechtsgebiete: MTV DP AG, BGB


Vorschriften:

MTV DP AG § 12
BGB § 277
Einzelfall.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 10.01.2007 - Aktenzeichen 6 Ca 5869/05 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Die Beklagte vertritt mit der Berufung erneut die Ansicht, der Kläger habe den an dem Betriebsfahrzeug entstandenen Schaden grob fahrlässig verursacht. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass er von den drei gebotenen Sicherungsmaßnahmen zwei, das Einlegen des Ganges und das Schrägstellen der Lenkung unterlassen habe, sowie die Handbremse jedenfalls nicht so fest angezogen habe, dass hierdurch das endgültige Wegrollen des Fahrzeugs verhindert werden konnte. Das alle drei Sicherungsmaßnahmen zusammen anzuwenden seien, werde schon im Fahrunterricht zur Erlangung des Führerscheins unterrichtet. Zudem habe der Kläger das ihm übergebene Handbuch lesen müssen, in dem alle drei Sicherungsmaßnahmen gefordert werden. Verschärfend sei für das Maß der Fahrlässigkeit zu berücksichtigen, dass der Kläger erklärt habe, in der Vergangenheit grundsätzlich nie den Gang eingelegt zu haben.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 10.01.2007 - 6 Ca 5869/05 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er weist darauf hin, dass er selbstverständlich in Zukunft beim Parken eines Fahrzeuges einen Gang einlegen werde. Da er dieses jedoch in den drei Jahren seit Erwerb des Führerscheins nicht getan habe, ohne dass ein ähnlicher Schaden entstanden sei, habe es sich ihm nicht aufgedrängt, dass es in der konkreten Parksituation nicht ausreichend sei, lediglich die Handbremse anzuziehen. Da er noch einige Zeit im Wagen geblieben sei, ohne dass sich das Fahrzeug in dieser Zeit in Bewegung gesetzt habe, sei er im konkreten Fall ebenfalls davon ausgegangen, alles erforderliche zur Sicherung des Fahrzeugs unternommen zu haben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Ein Anspruch der Beklagten auf Ersatz des durch den Unfall vom 26.04.2005 an ihrem Fahrzeug entstandenen Schadens kann gemäß § 12 MTV DP AG, welcher auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, nur dann bestehen, wenn sowohl die schadensverursachende Handlung als auch der Schaden selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurden. Ein Schaden, der aufgrund mittlerer Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers entstanden ist, muss von diesem unabhängig von den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zur Arbeitnehmerhaftung entwickelt hat, nicht ersetzt werden.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Bei der groben Fahrlässigkeit sind auch subjektive, in der Individualität des handelnden begründete Umstände zu berücksichtigen, den Handelnden muss auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen (vgl. Parlant/Heinrich BGB 66. Auflage, § 277 Rnr. 5).

Das konkrete Verhalten des Klägers in der gegebenen Parksituation erfüllt diesen Maßstab der groben Fahrlässigkeit nicht. Das Gericht folgt der Beklagten dahingehend, dass in der konkreten Parksituation alle drei möglichen Sicherungsmaßnahmen (Anziehen der Handbremse, Einlegen eines Gangs und Querstellen der Lenkung) geboten gewesen wären, um ein wirklich sicheres Abstellen des Fahrzeugs zu erreichen. Von den gebotenen Maßnahmen hat der Kläger zwei überhaupt nicht ausgeführt, die Dritte, das Anziehen der Handbremse offensichtlich nicht vollständig oder korrekt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls die Handbremse so weit angezogen war, dass der Kläger nicht unmittelbar beim Anhalten mit dem Fahrzeug ins Rollen geriet. Er hatte deshalb subjektiv den trügerischen Eindruck, das Fahrzeug stehe so, wie es abgestellt sei, fest.

Weiter zu berücksichtigen ist, dass der Kläger in der Vergangenheit nach seinen Angaben beim Parken niemals einen Gang eingelegt hat, ohne dass es zu einem ähnlichen Schaden gekommen ist. Die Schadensentstehung musste sich dem Kläger deshalb eben nicht zwingend aufdrängen. Vielmehr kann gesagt werden, dass in den allermeisten Fällen einer Parksituation ein PKW nach dem Anziehen der Handbremse nicht wegrollt. Da auch nicht zu widerlegen ist, dass der Kläger noch einige Zeit im Wagen sitzen blieb, ohne dass dieser losgerollt ist, musste sich dem Kläger in der konkreten Situation nicht aufdrängen, dass es einige Zeit nach Verlassen des Wagens noch zu einem Losrollen kommen könnte. Aufgrund dieser Umstände des Einzelfalles konnte der Kläger davon ausgehen, den Wagen (gerade noch) ausreichend gesichert zu haben (vgl. auch OLG Stuttgart vom 13.12.1990 - 7 U 243/90 - Versicherungsrecht 1991 Seite 1049).

Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges §§ 284, 288 Abs. 1, 291 BGB begründet. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger insoweit auch nicht mehr zugesprochen, als beantragt wurde. Der Kläger hat mit der Klageschrift Zinsen auf seine Forderung ab Zustellung der Klageschrift beantragt. Diese ist ausweislich der Gerichtsakte am 02.01.2006 zugestellt worden und ab diesem Zeitpunkt wurden dem Kläger auch die Zinsen zugesprochen. Daher geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass es sich um einen Schreibfehler oder Wiedergabefehler handelt, wenn als Antrag des Klägers die Verzinsung ab dem 13.01.2006 im Protokoll vom 10.01.2007 enthalten ist. Denn weder ist im Protokoll zu entnehmen, dass der Kläger im Übrigen die Klage teilweise zurücknehmen wollte, noch konnten sich die Parteien erinnern, dass das im Antrag formulierte Datum in irgendeiner Weise von dem tatsächlichen Zustellungszeitpunkt abweichen sollte. Die Zustellungsurkunde vom 13.01.2006 enthält demgegenüber lediglich die Ladung zum Gütetermin. Es erscheint wahrscheinlich, dass aus diesem Grunde die Zustellungsurkunde über die Klageschrift übersehen wurde und der Kläger materiell jedenfalls keine Änderung seines Antrags beabsichtigte. Gegebenenfalls wäre der Antrag auf Zurückweisung der Berufung und die vollständige Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils aber auch als zulässige Anschlussberufung zu werten, die jedenfalls dazu führt, dass das Urteil mit dem Tenor, so wie er ausgesprochen wurde, aufrecht zu erhalten ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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