Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.06.2006
Aktenzeichen: 2 Ta 221/06
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 23
RVG § 23 Abs. 3
Die Gegenstandwertfestsetzung in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten kann nicht schematisch nach der Betriebs- bzw. Betriebsratsgröße festgesetzt werden. Vielmehr ist die Bedeutung und der Umfang der einzelnen Streitigkeit angemessen bei Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere, wenn eine Streitfrage nicht oder nicht mehr die gesamte Belegschaft betrifft.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 25.04.2006 - 13 BVGa 11 /06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Höhe des Gegenstandswertes des Ausgangsverfahrens. In diesem Verfahren begehrte der bei der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügung die Verwendung von Fragebögen zu untersagen, mit denen die Bereitschaft von Mitarbeitern des K Betriebes nach B zu wechseln, erhoben werden sollte. Das Verfahren erledigte sich dadurch, dass die Fragebogenaktion vollständig abgeschlossen und ausgewertet wurde.

Die Antragstellervertreter sind der Ansicht, dass soweit es um die Wahrung von Mitbestimmungsrechten gehe, auch bei der Streitwertfestsetzung die Größe des Betriebsrates, welche auf der Betriebsgröße beruht, maßgeblich sei. Da der Betriebsrat aus 15 Mitgliedern besteht, sei ausgehend von dem Auffangwert des § 23 Absatz 3 Satz 2 RVG für jede weitere Staffel des § 9 BetrVG jeweils zusätzlich 4.000,00 € zu berücksichtigen. Dies ergebe einen Gesamtgegenstandswert in Höhe von 32.000,00 €. Hiervon sei ein Abschlag von 20 % angemessen im Hinblick auf die vorläufige Regelung des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Die Arbeitgebervertreter halten einen Streitwert von 4.000,00 € für angemessen.

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert auf 6.000,00 € festgesetzt. Der Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten des Antragsstellers am 11.05.2006 zugestellt. Die sofortige Beschwerde ging am 17.05.2006 ein. Mit dieser machen die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers erneut geltend, der Gegenstandswert sei auf 25.600,00 € hilfsweise auf 18.000,00 € festzusetzen. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit begründetem Beschluss vom 19.05.2006 nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist zulässig nach § 33 Absatz 3 RVG. Sie ist auch fristgerecht eingegangen. Sie ist jedoch nicht begründet.

Da in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten keine Gerichtskosten erhoben werden, richtet sich die Gegenstandswertfestsetzung nach § 23 Absatz 3 S. 2 RVG. Danach ist der Gegenstandswert grundsätzlich nach billigem Ermessen zu bestimmen und beträgt bei nichtvermögensrechtlichen Streitgegenständen regelmäßig 4.000,00 €, kann aber nach Lage des Falles niedriger oder höher festgesetzt werden.

Ausgangspunkt für die Festsetzung des Gegenstandswertes ist damit die Frage, welche Bedeutung die begehrte Untersagung der Verwendung der Fragebögen und deren Auswertung bei Eingang des Antrags am 22.03.2006 tatsächlich noch für den Betrieb hatte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitgeberin bereits am 03.04.2006 mitgeteilt hat, dass die streitbefangene Fragebogenaktion abgeschlossen und die Auswertung schon stattgefunden habe. Auch der Antragsteller hat im Schriftsatz vom 22.03.2006 bereits dargestellt, dass Fragebögen bereits ausgefüllt worden sind. In der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2006 haben die Beteiligten bereits angekündigt, sie wollten überprüfen, ob das einstweilige Verfügungsverfahren erledigt sei oder sich erledige.

Bei einem derartigen Streitgegenstand kann eine schematische Anknüpfung an die Größe des Betriebsrates bzw. die Größe des Betriebs nicht vorgenommen werden.

Zwar ist es zutreffend, dass für einzelne betriebsverfassungsrechtliche Streitfragen die Größe des Betriebsrates gleichzeitig ein Indiz für die Bedeutung des Streitgegenstandes abgeben kann. Dies ist insbesondere bei den Streitfragen der Fall, die sich auf die Existenz des Betriebsrates selbst (Wahlanfechtungsverfahren) beziehen.

Keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Gegenstandswertermittlung bietet die Betriebsgröße dann jedoch, wenn nur ein Teil der Belegschaft von der Streitfrage, bzw. dem streitigen Mitbestimmungsrecht überhaupt betroffen ist. Bei der Ermessensausübung nach § 23 Absatz 3 RVG ist dann zu berücksichtigen, ob die Frage nur einzelne Mitarbeiter, einzelne Abteilungen (z. B. Überstundenregelungen) oder den gesamten Betrieb (z. B. Gleitzeitregelung) betrifft. Zusätzlich ist in der Abwägung zu berücksichtigen, ob ein Mitbestimmungsrecht von erheblicher Bedeutung zwischen den Betriebsparteien streitig ist und eine Rechtsfrage mit erheblichen Auswirkungen auch finanzieller Art zu klären ist, oder ob es sich um leicht zu klärende Randprobleme des Mandats des Betriebsrats handelt. Weiterhin ist dabei auch der Umfang der juristischen Bearbeitung der Angelegenheit zu berücksichtigen.

Eine schematische Berechnung des Gegenstandswertes kann im vorliegenden Fall deshalb nicht nach der Größe des Betriebsrates vorgenommen werden. Dies beruht zum einen darauf, dass die beantragte einstweilige Verfügung allenfalls noch den Teil der Belegschaft erfassen konnte, die die Fragebögen noch nicht ausgefüllt hatte. Hinsichtlich des beabsichtigten Verbots der Auswertung der Fragebögen war ebenfalls nur noch der Anteil der bei Eingang des Antrages auf Erlass der einstweiligen Verfügung noch nicht ausgewerteten Fragenbögen relevant. Angesichts der kurzen Dauer zwischen Eingang und Signalisierung der Erledigung bzw. Mitteilung, dass der Antrag überholt ist, kann nicht angenommen werden, dass für das einstweilige Verfügungsverfahren noch eine wesentliche betriebliche Relevanz bestand. Ausgehend vom Regelwert des § 23 Absatz 3 RVG folgt damit auch die Beschwerdekammer den Ermessenserwägungen des erstinstanzlichen Gerichts.

Ob die Bedeutung der Rechtsfrage für die Streitwertfestsetzung im Hauptsacheverfahren anders beurteilt werden kann oder muss, kann vorliegend dahin stehen.

Die Entscheidung ergeht kostenfrei gemäß § 33 Absatz 9 RVG.

Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück