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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 06.07.2005
Aktenzeichen: 3 (7) Sa 193/05
Rechtsgebiete: LPVG NW, BPersVG


Vorschriften:

LPVG NW § 72 a
LPVG NW § 78 Abs. 1
BPersVG § 47 Abs. 1
BPersVG § 108 Abs. 1
Ist die Dienststelle nicht zum Ausspruch einer Kündigung befugt, so ist auch bei der außerordentlichen Kündigung eines Ersatzmitglieds des örtlichen Personalrats nach § 78 Abs. 1 LPVG NW die bei der zuständigen übergeordneten Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen. Die besondere Zuständigkeitsregelung der §§ 47 Abs. 1, 108 Abs. 1 BPersVG gilt für Ersatzmitglieder weder unmittelbar noch analog.
Tenor:

1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.11.2004 - 6 (17) Ca 4572/02 - teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Verdachtskündigung vom 19.04.2002 nicht zum 19.04.2002 aufgelöst worden ist.

2) Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

3) Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Verdachtskündigung vom 19.04.2002 sowie einer weiteren vorsorglich unter dem gleichen Datum erklärten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2002 und um damit zusammenhängende Ansprüche auf Weiterbeschäftigung und Vergütung. Der am 13.02.1956 geborene, verheiratete Kläger war seit 1971 als Straßenwärter beim L R beschäftigt und ist im Rahmen der geänderten Aufgabenverteilung im Bereich der Straßenbauverwaltung zum 01.01.2001 vom beklagten Land kraft Gesetzes übernommen worden (sog. Zweites Modernisierungsgesetz vom 09.05.2000, GVBl NW 2000, 462). Seither wird der Kläger beim Landesbetrieb Straßenbau N in der Straßenmeisterei B beschäftigt und war dort zuletzt als Vorarbeiter mit einem monatlichen Bruttodurchschnittsverdienst von 1329,36 € tätig. Die gesetzliche Übernahmeregelung schreibt vor, dass für sämtliche Beschäftigungsverhältnisse die bisherigen Arbeitsbedingungen weitergelten. Daneben haben die Tarifpartner am 31.08.2000 einen Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der von den Landschaftsverbänden R und W übergeleiteten Arbeitnehmer abgeschlossen, der unter anderem die Weitergeltung der zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden tariflichen Bestimmungen regelt. Dementsprechend gilt für das Arbeitsverhältnis des Klägers weiterhin der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G). Der Kläger ist gemäß § 52 BMT-G ordentlich unkündbar. Der Kläger ist Ersatzmitglied des örtlichen Personalrats. Seit Bestehen des Landesbetriebes im Jahr 2001 nahm er an vier Sitzungen der Personalkommission am 28.02., 11.04., 09.05. und 23.05.2001 sowie an dem am 22.03.2001 durchgeführten Vierteljahresgespräch teil. Ferner war er zunächst am 13.03.2002 zur Sitzung des Personalrats am 20.03.2002 eingeladen, jedoch am 18.03.2002 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Freistellung wieder abgeladen worden, so dass er an dieser Sitzung nicht teilgenommen hat. Mit Schreiben vom 27.03.2002 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis des Klägers nach vorheriger Beteiligung des örtlichen Personalrats außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist zum 30.09.2002. Gegenstand der Kündigung ist der Vorwurf, der Kläger habe regelmäßig Fahrten mit seinem Dienstfahrzeug unternommen, um die Renovierung seines privaten Wohnhauses zu betreuen. Zu diesem Zweck habe er weitere Dienstfahrzeuge zum Transport von Baumaterialien eingesetzt, die er sodann in zwei auf dem Privatgrundstück abgestellten Bauwagen der Straßenmeisterei gelagert habe. Schließlich habe er eigenmächtig Werkzeuge und Maschinen der Straßenmeisterei für die Arbeit auf der privaten Baustelle genutzt. Das wegen der Wirksamkeit dieser Kündigung anhängige Verfahren (Az. - 3 Sa 577/03 -) ist durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24.03.2004 gemäß § 148 ZPO bis zur Erledigung des vorliegenden Rechtstreits ausgesetzt worden. Mit zwei Schreiben vom 19.04 2002 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis erneut außerordentlich fristlos sowie hilfsweise mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2002 im Wege der Verdachtskündigung. Zur Begründung wird im Kündigungsschreiben ausgeführt, es bestehe der dringende Verdacht, dass der Kläger im Jahr 2001 insgesamt 14 Fahrten zur Abfallwirtschaftsgesellschaft L unternommen und dabei privaten Sperr- und Hausmüll, Holz, Kunststoff und Papier auf Kosten des beklagten Landes entsorgt habe. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, dass der Kläger am 29.01.2001 vier Schubkarren aus Mitteln des beklagten Landes für seine private Baustelle beschafft habe. Die Kündigungen sind von dem ausweislich der allgemeinen Rundverfügung Nr. 9 des Geschäftsbereichs Personal/Allgemeine Dienstleistungen des Landesbetriebes Straßenbau vom 11.06.2001 (Bl. 70 ff. d.A.) zuständigen Vorstandsmitglied Pagenkopf unterzeichnet. Zwei am 12.04. und 15.04.2002 anberaumte Anhörungstermine nahm der Kläger jeweils mit dem Hinweis auf eine bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht wahr. Im übrigen lehnte er mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 15.04.2002 jegliche weiteren Anhörungen ab. Der vor Ausspruch der Kündigungen mit Schreiben vom 16.04.2002 angehörte Personalrat der Niederlassung G stimmte beiden beabsichtigten Verdachtskündigungen mit schriftlicher Stellungnahme vom 19.04.2002 nicht zu. Am 19.04.02 beantragte das beklagte Land beim Verwaltungsgericht Köln die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Personalrats. Das Verwaltungsgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 24.07.2002 (Az. 34 K 3506/02.PVL) unter Hinweis auf die fehlende Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigungen zurück, da der Kläger als erstes Ersatzmitglied des Personalrats nicht zu dem von § 108 Abs. 1 BPersVG geschützten Personenkreis zähle. Mit der am 06.05.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit beider Kündigungen vom 19.04.2002. Er hat das Vorliegen eines Kündigungsgrundes bestritten und die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gerügt. Außerdem hat er die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe wegen der erfolgten Freistellung seine unterbliebene Teilnahme an der Personalratssitzung vom 20.03.2002 zu vertreten, so dass ihm weiterhin der besonderen Kündigungsschutz aus § 15 KSchG zustehe. Des weiteren hat er die Beteiligung des falschen Personalrats gerügt und gemeint, anstelle des örtlichen Personalrats hätte die bei der zuständigen übergeordneten Dienststelle bestehende Stufenvertretung, nämlich der Gesamtpersonalrat im Landesbetrieb Straßenbau, beteiligt werden müssen. Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche verhaltensbedingte fristlose Verdachtskündigung vom 19.04.2002 zum 19.04.2002 aufgelöst worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche verhaltensbedingte Verdachtskündigung mit sozialer Auslauffrist vom 19.04.2002 zum 31.12.2002 aufgelöst worden ist, sondern über den 31.12.2002 hinaus ungekündigt fortbesteht,

3. das beklagte Land zu verurteilen, ihn über den 19.04.2002 und über den 31.12.2002 gemäß seinem Arbeitsvertrag mit dem Landschaftsverband vom 26.07.1974 in Gestalt der Übernahmevereinbarung vom 21.12.2000 zu einem monatlichen Bruttodurchschnittseinkommen von 2600,- DM/1329,36 € weiterzubeschäftigen,

4. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 2489,28 € brutto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2002 abzüglich 1097,40 € zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien berechtigt, da der dringende Verdacht bestanden habe, dass der Kläger mehrere strafbare Handlungen zu Lasten des beklagten Landes begangen habe. Der Kläger werde verdächtigt, in der Zeit vom 16.01.2001 bis 08.11.2001 insgesamt 14 Müllentsorgungsfahrten mit Dienstfahrzeugen vorgenommen zu haben, wobei die angefallenen Entsorgungskosten in Höhe von 4.646,10 DM aus Mitteln des beklagten Landes gezahlt worden seien. Außerdem bestehe der weitere Verdacht, dass der Kläger vier Schubkarren zum Preis von insgesamt 530,25 DM aus Mitteln des beklagten Landes gekauft und diese zu privaten Zwecken verwendet habe. Im Hinblick auf diese Verdachtsmomente sei dem beklagten Land eine Weiterbeschäftigung des Klägers nicht zumutbar. Das Land hat weiter vorgetragen, die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Die Kündigung beruhe maßgeblich auf dem Ergebnis einer intensiven Untersuchung der Innenrevision. Dieses Ermittlungsergebnis sei der kündigungsberechtigten Leitung des Geschäftsbereichs Personal/Allgemeine Dienstleistungen am 05.04.2002 mitgeteilt worden. Gesetzlicher Sonderkündigungsschutz stehe dem Kläger nicht zu. Ein personalvertretungsrechtliches Zustimmungserfordernis resultiere weder aus § 15 Abs. 2 KSchG noch aus § 108 Abs. 1 BPersVG. Der Kläger habe an der Personalratssitzung vom 20.3.2002 nicht teilgenommen und der Vertretungsbedarf sei ohnehin am darauffolgenden 21.03.2002 beendet gewesen sei, da das gewählte Personalratsmitglied Herr H wieder zur Verfügung gestanden habe. Auch § 108 Abs. 1 BPersVG greife wegen fehlender Personalratsmitgliedschaft des Klägers im Kündigungszeitpunkt nicht ein, wie das Verwaltungsgericht Köln zutreffend entschieden habe. Auch sei zu Recht der örtliche Personalrat beteiligt worden. Da es auch bei einer außerordentlichen Kündigung von potenziellen Ersatzmitgliedern um die ungestörte Amtsausübung gehe, sei es folgerichtig, die zu §§ 47 Abs. 1, 108 Abs. 1 BPersVG aufgestellten Grundsätze, dass bei unmittelbarer Betroffenheit des Gremiums stets dieses zu beteiligen sei, auf die ordentliche Kündigung eines bereits wieder ausgeschiedenen ersten Ersatzmitglieds gleichermaßen anzuwenden. Auf die allgemeinen Zuständigkeitsregeln komme es daher nicht an. Nach vorheriger Aussetzung des Verfahrens wegen vermeintlicher Vorgreiflichkeit der Kündigung vom 27.03.2002 durch Beschluss vom 24.09.2002 hat das Arbeitsgericht die Klage mit Urteil vom 11.11.2004 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, das Gericht sei an seine klageabweisende Entscheidung in dem die Wirksamkeit der Kündigung vom 27.03.2002 mit sozialer Auslauffrist zum 30.09.2002 betreffenden Teilurteil vom 12.12.2002 in dem zweitinstanzlich ausgesetzten Verfahren - 3 Sa 577/03 - gebunden. Gegen dieses ihm am 14.01.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.02.2005 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Er vertieft und ergänzt seinen erstinstanzlichen Vortrag und behauptet sämtliche 14 vom beklagten Land angeführten Dienstfahrten hätten der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung dienstbezogener Abfallprodukte gedient. Auch habe er die von ihm für das beklagte Land erworbenen Schubkarren nicht privat genutzt. Er rügt des weiteren, dass das beklagte Land nicht alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen habe. Schließlich hält der Kläger ausdrücklich an der Rüge der Beteiligung des falschen Personalrats fest. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.11.2004 abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche verhaltensbedingte fristlose Verdachtskündigung vom 19.04.2002 zum 19.04.2002 aufgelöst worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche verhaltensbedingte Verdachtskündigung mit sozialer Auslauffrist vom 19.04.2002 zum 31.12.2002 aufgelöst worden ist, sondern über den 31.12.2002 hinaus ungekündigt fortbesteht,

3. das beklagte Land zu verurteilen, ihn über den 19.04.2002 und über den 31.12.2002 gemäß seinem Arbeitsvertrag mit dem Landschaftsverband vom 26.07.1974 in Gestalt der Übernahmevereinbarung vom 21.12.2000 zu einem monatlichen Bruttodurchschnittseinkommen von 1329,36 € weiterzubeschäftigen,

4. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 2489,28 € brutto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2002 abzüglich 1097,40 € (netto) zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Es verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung mit der die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden sei. Der dringende Verdacht von Fahrten mit Dienstfahrzeugen zum Zweck der privaten Abfallentsorgung stelle einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar. Auch die Einlassung des Klägers zum Kauf der Schubkarren entspreche nicht der Wahrheit. Die Schubkarren seien weder in der Straßenmeisterei abgegeben noch dort ordnungsgemäß inventarisiert worden. Im übrigen wiederholt das beklagte Land seinen Vortrag zur Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sowie seine Rechtsauffassung zur Notwendigkeit der Beteiligung des örtlichen Personalrats. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft ( § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Allerdings ist der Rechtsstreit nur teilweise zur Entscheidung reif soweit die Wirksamkeit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung vom 19.04.2002 im Streit ist, so dass gemäß § 301 Abs. 1 ZPO durch Teilurteil zu entscheiden war. Diese Kündigung ist rechtsunwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit sofortiger Wirkung beendet. Einer weitergehenden Entscheidung auch über die hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 19.04.2002 mit sozialer Auslauffrist steht die Vorgreiflichkeit der in dem Verfahren - 3 Sa 577/03 - anhängigen weiteren Kündigung vom 27.03.2002 entgegen. 1. Die streitgegenständliche außerordentliche, fristlose Verdachtskündigung vom 19.04.2002 ist gemäß § 72a Abs. 3 LPVG NW unwirksam, denn sie ist ohne vorherige Beteiligung des zuständigen Gesamtpersonalrats ausgesprochen worden. a) Gemäß § 72a Abs. 2 LPVG ist der Personalrat vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung unter vollständiger Angabe der Kündigungsgründe anzuhören. Zuständig ist dabei regelmäßig der örtliche Personalrat. Etwas anderes gilt gemäß § 78 Abs. 1 LPVG NW in Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist. Hier ist anstelle des Personalrats die bei der zuständigen übergeordneten Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen. b) Diese letztgenannte Voraussetzung des § 78 Abs. 1 LPVG NW ist im vorliegenden Fall gegeben. Zuständig für den Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung war nicht die örtliche Dienststellenleitung. Wie in der allgemeinen Rundverfügung Nr. 9 des Geschäftsbereichs Personal/Allgemeine Dienstleistungen des Landesbetriebes Straßenbau vom 11.06.2001 (Bl. 70 ff. d.A.) ausdrücklich geregelt ist, gilt insoweit eine Einschränkung der Aufgabendelegation mit der Folge, dass die Zuständigkeit für Kündigungen in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Zentralverwaltung fällt. Die streitgegenständliche Kündigung ist dementsprechend auch nicht von dem örtlichen Dienststellenleiter, sondern vom Personalvorstand Pagenkopf unterzeichnet worden. Mithin war nach § 78 Abs. 1 LPVG die bei der übergeordneten Dienststelle, also der Zentralverwaltung des Landesbetriebs Straßenbau in K angesiedelte Stufenvertretung zuständig. Eine solche Stufenvertretung ist in Gestalt des dort gewählten Gesamtpersonalrats auch vorhanden. Dieser ist jedoch nicht beteiligt worden. c) Entgegen der Rechtsauffassung des beklagten Landes greift im Streitfall die besondere Zuständigkeitsregelung der §§ 47 Abs. 1, 108 Abs. 1 BPersVG nicht ein. Danach bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Personalrats dessen Zustimmung, wobei die Zustimmung der zuständigen Personalvertretung einzuholen ist. Als zuständige Personalvertretung im Sinne des § 108 Abs. 1 BPersVG ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Personalvertretung anzusehen, der das zu kündigende Personalratsmitglied angehört (BVerwG, Beschluss v. 9.7.1980 - 6 P 43/79 - PersV 1981, 370; Beschluss v. 03.09.1999 - 6 P 2/98 - EzPersV § 108 BPersVG Nr. 10; Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/ Vohs, BPersVG, 4. Aufl., § 108 Rz 3; Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 9. Aufl., § 108 Rz. 1). § 108 BPersVG ist eine unmittelbar für die Länder geltende Vorschrift, die den Vorbehalt des § 15 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG ausfüllt (so ausdrücklich BVerwG, aaO.). Sie entspricht damit in ihrer Wirkung der Regelung des § 103 BetrVG im Bereich der Betriebsverfassung und stellt sicher, dass für die außerordentliche Kündigung die Zustimmung des Personalrats vorliegt oder diese durch das Verwaltungsgericht ersetzt worden ist.

Eine Anwendung des § 108 BPersVG hätte danach im Streitfall die Zuständigkeit des örtlichen Personalrats zur Folge. Sie scheidet jedoch im vorliegenden Fall von vornherein aus, da es bereits an der Grundvoraussetzung der Kündigung eines Personalratsmitglieds fehlt. Der Kläger ist unstreitig nicht Personalratsmitglied, sondern lediglich (erstes) Ersatzmitglied. Als solches genießt er nicht den uneingeschränkten Kündigungsschutz des § 15 KSchG, sondern unterfällt allein dem nachwirkenden Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 2 Satz 2 KSchG, der im Hinblick auf den unstreitigen Einsatz am 23.05.2001 jedenfalls im Kündigungszeitpunkt noch andauerte. Die streitgegenständliche Kündigung unterliegt daher nicht mehr dem Zustimmungserfordernis des Personalrats (für alle APS/Linck 2. Aufl., § 15 Rz. 137; BVerwG, Beschluss vom 08.12.1986 - 6 P 20/84 - NJW 1987, 2601). Konsequenterweise hat auch das Verwaltungsgericht Köln aus diesem Grund den Antrag des beklagten Landes auf Ersetzung der vermeintlich fehlenden Zustimmung des Personalrats zurückgewiesen. Handelt es sich jedoch mithin um eine in betriebsverfassungsrechtlicher und personalvertretungsrechtlicher Hinsicht "normale" außerordentliche Kündigung, so kann auch § 108 BPersVG nicht eingreifen. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht. Hierfür fehlt es bereits an der erforderlichen Regelungslücke, denn die allgemeine Zuständigkeitsregelung des LPVG NW deckt diese Fallkonstellation uneingeschränkt mit ab. Eine Ausdehnung des Zustimmungserfordernisses auf Kündigungen im Nachwirkungszeitraum enthält das LPVG NW unstreitig nicht (zum anderslautenden Personalvertretungsrecht in § 40 Abs. 1 Satz 2 MVPersVG vgl. BVerwG, Beschluss v 30.041998 - 6 P 5/97 - EzPersV § 18 BPersVG Nr. 7). Auch allein die vom beklagten Land angestellten Zwecküberlegungen tragen eine Anwendung des § 108 BPersVG entgegen seinem ausdrücklichen Normwortlaut nicht. So lässt sich aus § 108 BPersVG keine grundsätzliche Anwendbarkeit auf alle Fälle einer möglichen Störung der Amtsausübung herleiten. Zwar gibt das beklagte Land den Grundgedanken der Vorschrift zutreffend wider, wonach die unmittelbar betroffene Personalvertretung als die jeweils sachnächste Institution beteiligt werden soll. Das betrifft aber immer nur die Fälle, in denen eine ausdrückliche Zustimmung des Mitbestimmungsgremiums gesetzlich vorgeschrieben ist. Geht es demgegenüber - wie hier - nur um eine Kündigung im Nachwirkungszeitraum, greifen diese Überlegungen nicht. Der Gesetzgeber hat insoweit bewusst nur eine geringere Mitwirkungsintensität der Personalvertretung angeordnet, die sich auch in der Zuständigkeit des Mitwirkungsorgans widerspiegelt. Das gilt gleichermaßen für ausgeschiedene Personalratsmitglieder wie für Ersatzmitglieder, da beide nur über eine eingeschränktere Bindung an das Mitbestimmungsgremium verfügen. Auch eine Differenzierung zwischen erstem und weiteren Ersatzmitgliedern (wie von dem beklagtem Land angedacht) findet im Gesetz keine Stütze. Hinzu kommt, dass gerade für Zuständigkeitsregelungen als formale Vorschriften hohe Anforderungen im Hinblick auf eine rechtssichere Handhabung gelten müssen. Der Rechtsanwender muss klar und eindeutig erkennen können, welcher Personalrat für die anstehende Maßnahme zuständig ist. Das ist nach dem Normwortlaut des § 108 Abs. 1 BPersVG und dem dort enumerativ aufgezählten Personenkreis der Fall. Eine vermeintlich an Sinn und Zweck der Vorschrift ausgerichtete entsprechende Anwendung auch auf Kündigungen ausgeschiedener Personalratsmitglieder und Ersatzmitglieder im Nachwirkungszeitraum würde diesen Anforderungen nicht genügen und hätte ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit zur Folge. 2. Nach allem war daher die Unwirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 19.0.2002 festzustellen. Im übrigen war die Verhandlung durch gesonderten Beschluss gemäß § 148 ZPO im Hinblick auf die Vorgreiflichkeit der weiteren außerordentlichen Kündigung vom 29.03.2002 auszusetzen. III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Nr.1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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