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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 18.04.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 1405/06
Rechtsgebiete: ERA


Vorschriften:

ERA § 2 Nr. 3
ERA § 3 Nr. 1
1. Für die Eingruppierung sind nach § 2 Nr. 3 ERA im Bereich des "Könnens" die allgemeinen Anforderungen maßgeblich, die an die Ausübung der Tätigkeit gestellt werden. Auf den persönlichen Ausbildungswerdegang des Arbeitnehmers kommt es nicht an.

2. Ein englischer Sprachkurs (mehrjährig mit 2 Unterrichtswochenstunden), der einen allgemeinen Standard englischer Sprachkompetenz vermittelt, erfüllt nicht die Voraussetzungen einer "zusätzlichen Fachausbildung" im Sinne der Anlage 1 b des ERA.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.10.2006 - 10 Ca 4425/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist gelernte Industriekauffrau und seit dem 01.09.1988 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als kaufmännische Sachbearbeiterin in der Abteilung Vertrieb und Service tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die tariflichen Regelungen der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung.

In der Zeit von November 1995 bis Dezember 1999 absolvierte die Klägerin einen Englischkurs, den sie im Dezember 1999 mit dem "First Certificate in English Grade C" der University of Cambridge (International Examinations) abschloss. Im Rahmen der Einführung des neuen Entgeltrahmenabkommens der Metall- und Elektroindustrie NRW (ERA) gruppierte die Beklagte die Klägerin zum 01.01.2006 in die Entgeltgruppe EG 11 ein. Dabei legte sie eine Arbeitsplatzbeschreibung von September 2005 zugrunde. Sie bewertete die Fachkenntnisse der Klägerin mit dem Punktwert 58, die Berufserfahrungen mit dem Punktwert 12, den Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Klägerin mit dem Punktwert 18 sowie das Anforderungsmerkmal Kooperation mit dem Punktwert 15. Zusatzpunkte im Bereich der Mitarbeiterführung vergab sie nicht, so dass sich ein Gesamtpunktwert von 103 Punkten ergibt, der innerhalb der Punktespanne von 102 - 112 Punkten der EG 11 liegt. Die Klägerin widersprach der vorgesehenen Eingruppierung; die paritätische Kommission konnte in der Sitzung vom 06.02.2006 kein einvernehmliches Ergebnis erzielen.

Mit ihrer am 02.06.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin eine Eingruppierung in die EG 12 geltend. Hierzu hat sie im Einzelnen wie folgt vorgetragen: Ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin erfordere eine abteilungsübergreifende, zusammenhängende Arbeitsweise und verfüge über Schnittstellen zu den Abteilungen Rechnungswesen, Versand, Marketing, Fertigung und Disposition, wobei die Zusammenarbeit mit diesen Abteilungen nach allgemeingültigen Richtlinien stattfinde. Die Klägerin benötige zusätzliche, spezielle Kenntnisse im Finanz- und Rechnungswesen, im Exportkontrollrecht, im Vertragsrecht sowie in der Auftragsabwicklung im Export. Sie betreue Kunden und Key-Account-Kunden in Osteuropa, Nahost, Russland und dem englischsprachigen Ausland. Ihre Tätigkeit erfordere weiterhin umfangreiche SAP-Kenntnisse und Kenntnisse im technischen Bereich, wie bspw. Produkt- und Materialkenntnisse sowie Kenntnisse über Materialprüfverfahren. Ein großer Teil ihrer Arbeit bestehe in mündlicher und schriftlicher Kommunikation, die auch englische und französische Sprachkenntnisse erfordere. Die Klägerin habe auch spezielle Einzelaufgaben zu erledigen. Dies seien die Verantwortung für das Mietlager, Bearbeiten von Bestellanforderungen, Verwaltung des Büromaterials, Gewährleistungsabwicklungen und Miete im Owner-Prozess, Betreuung von Kopierer und Telefax-Gerät sowie die vertretungsweise Betreuung von Auszubildenden. Insoweit hat die Klägerin im Einzelnen auf eine selbst erstellte, beklagtenseits nicht autorisierte Arbeitsplatzbeschreibung aus dem Jahr 2000 Bezug genommen.

Im Ergebnis hat sie die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit sei im Bereich der Fachkenntnisse mit 81, jedenfalls aber mit 69 Punkten und hinsichtlich des Handlungs- und Entscheidungsspielraums mit 30 Punkten zu bewerten. Die Beklagte selbst habe in ihrer Stellenbeschreibung aus September 2005 die selbständige, EDV-gestützte Bearbeitung von Reparaturvorgängen im In- und Ausland eingeräumt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass sie ab dem 01.01.2006 nach der Entgeltgruppe 12 des Entgeltrahmenabkommens Metall- und Elektroindustrie NRW (ERA) einzugruppieren ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gerügt, der Vortrag der Klägerin sei nicht hinreichend substantiiert. Es bleibe offen, welche konkreten, speziellen Kenntnisse für die Tätigkeit erforderlich seien, die erst durch eine mindestens einjährige Fachausbildung hätten erworben werden können. Fremdsprachenkenntnisse, zumindest in der Wirtschaftssprache Englisch seien bereits für die Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau erforderlich. Französische Sprachkenntnisse benötige die Klägerin nicht. Sie hat weiter gemeint, auch ein gesteigerter Handlungs- und Entscheidungsspielraum sei nicht erkennbar. Mit den sog. Hapsite-Aufträgen sei die Klägerin nur vertretungsweise befasst gewesen und die störungsfreie Abwicklung ihrer Aufgaben in der Serviceabteilung sei schlichte Voraussetzung für die korrekte Ausübung ihrer Tätigkeit als Sachbearbeiterin. Tätigkeiten im sog. Owner-Prozess seien schließlich nicht prägend gewesen. Da sie in den letzten 1,5 Jahren nur zweimal angefallen seien.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.10.2006 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe weder dargelegt, dass ihre Tätigkeit Fachkenntnisse erfordere, die neben einer abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf durch eine zusätzliche anerkannte einjährige Fachausbildung erworben werden, noch habe sie hinreichend substantiiert dargelegt, dass sie ihre Tätigkeit überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständig erledige. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 83 ff. d. A. Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 06.12.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.12.2006 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründet.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, sie sei richtigerweise in EG 12 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) einzugruppieren. Dies ergebe sich bei einer zutreffenden Bewertung der von ihr ausgeübten Tätigkeit als kaufmännische Sachbearbeiterin in der Abteilung Vertrieb und Service. Zu berücksichtigen sei insofern der abteilungsübergreifende Charakter ihrer Tätigkeit und die nach allgemein gültigen Richtlinien stattfindende Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen. In die anzustellende Gesamtbetrachtung müssten ihre speziellen Kenntnisse im Finanz- und Rechnungswesen, im Exportkontrollrecht, im Vertrags- und Gewährleistungsrecht und in der Auftragsabwicklung ebenso mit einfließen, wie die von ihr praktizierte Zusammenarbeit mit den Zollbehörden, ihre umfangreichen SAP-Kenntnisse und ihre umfangreichen technischen Kenntnisse im Produkt- und Materialbereich. Auch die in der täglichen Arbeit breiten Raum einnehmende schriftliche und mündliche Kommunikation mit Kunden in englischer, deutscher und französischer Sprache führe zu einer höheren Eingruppierung. Schließlich seien ihre bereits erstinstanzlich im Einzelnen dargelegten speziellen Einzelaufgaben zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der vom Tarifvertrag geforderten zusätzlichen, anerkannten einjährigen Fachausbildung entsprechenden Fachkenntnisse meint die Klägerin weiterhin, dass diese durch den von ihr absolvierten mehrjährigen Englischkurs belegt seien. Diesen Kurs habe sie etwas mehr als vier Jahre lang besucht und dabei einen Zeitaufwand von einer zwei Wochenstunden umfassenden Unterrichtseinheit sowie von weiteren 8 Stunden Nacharbeit wöchentlich auf diesen Kurs verwandt. Darüber hinaus weist die Klägerin darauf hin, dass sie neben dem Englischkurs viele verschiedene Weiterqualifikationen bei der Beklagten erworben habe. Hierbei handele es sich um Lehrgänge zum Umgang mit MS-Outlook, MS-Access, Windows NT sowie weiteren Seminaren zu rationellem Lesen, zu Kommunikation, zu Diskussions- und Verhandlungsführung usw.

Zu der von ihr begehrten höheren Bewertung im Bereich des Handlungs- und Entscheidungsspielraum meint die Klägerin, diese ergebe sich bereits auf der Grundlage des ihr im Jahr 1997 erteilten Zwischenzeugnisses, das ihr "eine teilweise selbstständige" Arbeit bescheinigt habe. Außerdem habe ihre Vorgesetzte, Frau O , im letzten Mitarbeitergespräch bestätigt, dass sie selbstständig arbeite.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.10.2006 - 10 Ca 4425/06 - abzuändern und festzustellen, dass die Klägerin ab dem 01.01.2006 nach der Entgeltgruppe 12 des Entgeltrahmenabkommens Metall- und Elektroindustrie NRW (ERA) einzugruppieren ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der arbeitsgerichtlichen Entscheidung bei und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Sie ist gleichermaßen der Auffassung, die Klägerin sei ihrer prozessualen Darlegungs- und Beweislast nicht in hinreichendem Maße nachgekommen. Hinsichtlich der erforderlichen Fachkenntnisse der Tätigkeit gehe die Argumentation der Klägerin insoweit fehl, als sie maßgeblich auf ihre persönliche Qualifikation abstelle. Für die Eingruppierung sei jedoch nicht diese maßgeblich, sondern es komme allein darauf an, welches Anforderungsniveau für die Erfüllung der übertragenen Arbeitsaufgabe erforderlich sei. Diese könne von einer ausgebildeten Groß- und Außenhandelskauffrau ohne weitere Zusatzausbildung ausgeübt werden. Im Übrigen bestreitet die Beklagte, dass sich aus dem Ausbildungsinhalt des von der Klägerin besuchten Englischkurses Lehrinhalte ergeben würden, die sie zwingend zur Ausübung der ihr übertragenen Tätigkeit benötige. Vielmehr handele es sich nach den vorgelegten Bescheinigungen um die Erlangung eines gewissen Levels der Kommunikation in Englisch auf einem mittleren Standard, wie er im Rahmen der Ausbildung einer Groß- und Außenhandelskauffrau jedenfalls auch erreicht werde. Schließlich bestreitet die Beklagte den klägerseits behaupteten Zeitaufwand des Englischkurses.

Die Beklagte bestreitet im Übrigen, dass der Klägerin die Verantwortung für das Mietlager übertragen sei. Verantwortlich seien insoweit der Leiter Service Herr M und der Fertigungsleiter Herr L . Im Übrigen würden von der Klägerin keine Preise vorgegeben und auch das Bearbeiten von Bestellanforderungen für die Werkstatt gehöre nicht zu ihrem Tätigkeitsfeld.

Schließlich sei seitens der Beklagten auch der Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Klägerin mit 18 Punkten richtig bewertet worden. Eine überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständige Tätigkeit habe die Klägerin nicht dargelegt. Hierfür sei nach dem Tarifvertrag erforderlich, dass der Klägerin hinsichtlich der Ergebnisse und Ziele ihrer Arbeit ein teilweiser Spielraum eingeräumt sei. Dies sei aber gerade nicht der Fall.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zwar ist die Klage als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des BAG keine Bedenken bestehen, zulässig (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2003 - 4 AZR 158/02 - ZTR 2003, 511; BAG, Urteil vom 22.03.1995 - 4 AZR 71/94 - AP Nr. 194 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Klage ist jedoch unbegründet, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Höhergruppierungsanspruch. Die Beklagte hat die Klägerin vielmehr zutreffend in die Entgeltgruppe (EG) 11 des Entgeltrahmenabkommens für die Metall- und Elektroindustrie in NRW (ERA) eingruppiert.

1. Grundlage der Eingruppierung ist nach § 2 Nr. 3 ERA die Einstufung der übertragenen und auszuführenden Arbeitsaufgabe. Diese findet nach dem in § 3 ERA im Einzelnen näher geregelten Punktbewertungsverfahren statt. Die Einstufung der Arbeitsaufgabe nach diesem Punktbewertungsverfahren erfolgt im Wege einer ganzheitlichen Bewertung, die alle übertragenen und auszuführenden Tätigkeiten umfasst, unabhängig davon, wie oft und wie lange diese ausgeführt werden.

§ 3 Nr. 1 ERA sieht insgesamt vier verschiedene Anforderungsmerkmale vor. Es sind dies "Können (Arbeitskenntnisse sowie Fachkenntnisse und Berufserfahrung)", "Handlungs- und Entscheidungsspielraum", "Kooperation" sowie "Mitarbeiterführung". § 3 Nr. 1 ERA schreibt weiter vor, dass für jedes dieser Anforderungsmerkmale Bewertungsstufen gebildet werden, denen wiederum Punktwerte zugeordnet sind. Diese Bewertungsstufen mit den entsprechenden Punktwerten ergeben sich aus der Anlage 1 b zum Entgeltrahmenabkommen, die gemäß § 3 Nr. 3 ERA Bestandteil des Tarifvertrages ist. Dieser Bewertungsbogen bewertet beim Anforderungsmerkmal "Können" die Arbeits- und Fachkenntnisse in 12 Stufen mit den Punktwerten 6 - 108 und die Berufserfahrung in 3 Stufen mit den Punktwerten 0 - 12. Das Anforderungsmerkmal "Handlungs- und Entscheidungsspielraum" wird in 5 Stufen mit den Punktwerten 2 - 40, das Anforderungsmerkmal "Kooperation" in ebenfalls 5 Stufen mit den Punktwerten 2 - 20 sowie schließlich das Anforderungsmerkmal " Mitarbeiterführung" in 4 Stufen mit den Punktwerten 0 - 20 bewertet.

Nach der allgemeinen Bestimmung in § 2 Nr. 3 ERA ist bei der Bewertung des Anforderungsmerkmals "Können" für die Einstufung der übertragenen Arbeitsaufgabe das höchste für die Arbeitsaufgabe erforderliche Könnensniveau entscheidend. Bei den übrigen Anforderungsmerkmalen ist eine Gewichtung danach vorzunehmen, ob und inwieweit die Tätigkeiten die Arbeitsaufgabe insgesamt prägen.

2. Bei der somit vorzunehmenden Bewertung der Arbeitsaufgaben der Klägerin kann der zwischen den Parteien bestehende Streit um die zugrunde zu legende Arbeitsplatzbeschreibung dahingestellt bleiben. Denn selbst nach dem gesamten klägerischen Sachvortrag bleibt es bei der beklagtenseits vorgenommenen Eingruppierung in EG 11. Auch zweitinstanzlich fehlt es an einer substantiierten Darlegung der Klägerin bzgl. der von ihr im Bereich des Anforderungsmerkmals "Können" sowie des Anforderungsmerkmals "Handlungs- und Entscheidungsspielraum" begehrten höheren Bewertung.

3. Die Klägerin meint, hinsichtlich des Anforderungsmerkmals "Können" müssten ihre Fachkenntnisse der Bewertungsstufe 9 zugeordnet werden und mithin mit einem Punktwert von 69 Punkten bewertet werden. Dies setzt nach dem Bewertungsbogen in Anlage 1 b des Entgeltrahmenabkommens voraus, dass Arbeitsaufgaben vorliegen, die ein Können erfordern, das in der Regel durch eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf und durch eine zusätzliche anerkannte einjährige Fachausbildung erworben wird. Dieser Argumentation ist das Arbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt und hat die der Klägerin übertragene Arbeitsaufgabe hinsichtlich der Fachkenntnisse zutreffend der 8. Bewertungsstufe zugeordnet und lediglich 58 Punkte berücksichtigt. Diese Stufe erfordert Arbeitsaufgaben mit einem Können, das in der Regel durch eine abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf von mindestens dreijähriger Ausbildungsdauer erworben wird. Dem entspricht auch nach dem klägerischen Sachvortrag die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit.

Die Klägerin führt im Einzelnen aus, sie sei in der Abteilung Vertrieb/Service als kaufmännische Sachbearbeiterin tätig und arbeite mit anderen Abteilungen nach allgemein gültigen Richtlinien zusammen. Sie benötige spezielle Kenntnisse im Finanz- und Rechnungswesen, im Exportkontrollrecht, im Vertrags- und Gewährleistungsrecht sowie in der Auftragsabwicklung im Export, müsse mit Zollbehörden zusammenarbeiten, benötige umfangreiche SAP-Kenntnisse sowie technische Kenntnisse im Produkt- und Materialbereich und kommuniziere zu einem Großteil ihrer Tätigkeit mit den Kunden der Beklagten per Telefon, E-Mail und in sonstiger Weise schriftlich. Letzteres geschehe auf Englisch, Deutsch und Französisch.

Bewertet man diese Tätigkeit im Sinne von § 2 Nr. 3 ERA ganzheitlich, so handelt es sich hierbei um Arbeitsaufgaben, deren Ausführung Kenntnisse erfordern, die regelmäßig durch eine abgeschlossenen dreijährige Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf, nämlich in demjenigen der Groß- und Außenhandelskauffrau, erworben werden. Keiner der von der Klägerin angesprochenen Einzelaspekte verlangt eine zusätzliche mindestens einjährige Fachausbildung oder eine abgeschlossenen Fachhochschul- bzw. Universitätsausbildung. Dies gilt insbesondere auch für die von der Klägerin besonders angeführten Fremdsprachenkenntnisse im Fach Englisch. Diese, für den geschäftlichen Kontakt erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse werden unstreitig im Rahmen einer Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau vermittelt. Dies mag bei der Ausbildung zur Industriekauffrau, die die Klägerin absolviert hat, anders sein. Hierauf kommt es aber - wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat - für die Eingruppierung nach § 2 ERA nicht an, da allein die allgemeinen Anforderungen, die im Bereich des "Könnens" an die Ausübung der Tätigkeit gestellt werden, maßgeblich sind. Der persönliche Ausbildungswerdegang der Klägerin ist rechtlich ohne Relevanz. Soweit schließlich die Klägerin zusätzlich französische Sprachkenntnisse für sich reklamiert, fehlt es auch zweitinstanzlich an der hinreichend substantiierten Darlegung, dass und in welchem Umfang Korrespondenz und Kundenkontakt überhaupt in französischer Sprache erfolgen. Letzteres hat die Beklagte ausdrücklich bestritten.

Auch die weiteren, von der Klägerin sowohl erst- als auch zweitinstanzlich angeführten speziellen Einzelaufgaben - ihr tatsächliches Anfallen unterstellt - rechtfertigen keine höhere Einstufung im Bereich der Fachkenntnisse. Die Klägerin benennt insoweit die Verantwortung für das Mietlager, den Service sowie die dazu gehörigen Preise, das Bearbeiten von Bestellanforderungen für Reparaturen von Unterlieferanten, die Verwaltung des Büromaterials, die Gewährleistungsabwicklung im sog. Owner-Prozess, die Betreuung des Abteilungskopierers und des Telefaxgerätes sowie die vertretungsweise Betreuung von Auszubildenden im kaufmännischen Bereich. All diese Spezialtätigkeiten der Klägerin lassen nicht erkennen, dass für ihre Ausübung eine mindestens einjährige anerkannte Fachausbildung erforderlich sei. Jedenfalls lassen sich dem Vortrag der Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit einer solchen Ausbildung weder bezogen auf Einzeltätigkeiten, noch auf deren Gesamtheit entnehmen.

Darüber hinaus stellt auch der von der Klägerin über mehrere Jahre absolvierte englische Sprachkurs weder eine einjährige Fachausbildung i. S. d. Bewertung der Fachkenntnisse dar, noch ist der vorgenannte Englischkurs mit einer solchen zusätzlichen einjährigen anerkannten Fachausbildung vergleichbar.

Nach den Ausführungen der Tarifparteien in dem gemeinsamen ERA-Glossar dient die zusätzliche Fachausbildung i. S. d. Tarifvertrages, die über die Berufsausbildung hinausgeht, der Vertiefung und Erweiterung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Diese Anforderung erfüllt der von der Klägerin besuchte Englischkurs nicht. Ein derartiger Sprachkurs ist gerade nicht speziell auf die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zugeschnitten, sondern dient der allgemeinen Verbesserung der Konversation und Kommunikation in einer fremden Sprache. Dies bestätigt auch das von der Klägerin vorgelegt Zertifikat der Universität Cambridge. Danach hat die Klägerin das sog. "First Certificate" im "Grade C" bestanden. Dieses bestätigt der Klägerin nach den von ihr selbst vorgelegten Bewertungsgrundsätzen einen allgemeinen Standard englischer Sprachkompetenz auf einem durchschnittlichen Level. Erst mit dem nächsten Level des "Certificate in Advanced English" wird ein Kenntnisstand erreicht, der auch zur Kommunikation in der Arbeitswelt - jedenfalls in Grundzügen - befähigt. Ob bei Erreichen dieses Levels das tarifliche Anforderungsmerkmal der anerkannten einjährigen Fachausbildung erfüllt wäre, kann vorliegend dahinstehen. Der von der Klägerin durchschnittlich bestandene, in den Anforderungen niedriger liegende allgemeine Sprachkurs genügt jedenfalls nicht.

4. Auch hinsichtlich des Anforderungsmerkmals "Handlungs- und Entscheidungsspielraum" hat die Beklagte - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Klägerin richtigerweise in die dritte Bewertungsstufe eingeordnet und damit einen Punktwert von 18 Punkten vergeben. Die Klägerin reklamiert für sich die nächsthöhere Bewertungsstufe, die mit einem Punktwert von 30 Punkten honoriert wird. Hierfür ist nach dem Bewertungsbogen in Anlage 1 b zum Entgeltrahmenabkommen die Erfüllung von Arbeitsaufgaben in einer Art und Weise erforderlich, die überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständig erfolgt. Hierfür fehlt es jedoch an jeglichem substantiierten Sachvortrag der Klägerin. Soweit sie auf das Zwischenzeugnis aus dem Jahr 1997 abstellt, scheidet dessen Heranziehung bereits aufgrund des zwischenzeitlichen neunjährigen Zeitablaufes aus. Im Übrigen vermag auch die dort angegebene "teilweise selbstständige" Tätigkeit die von der Klägerin nunmehr begehrten Tarifanforderungen nicht zu erfüllen. Im Übrigen beruft sich die Klägerin zum Beleg für die überwiegende Selbstständigkeit lediglich auf eine Äußerung ihrer Vorgesetzten im letzten Mitarbeitergespräch, wonach sie selbstständig arbeiten würde. Dies stellt offensichtlich keinen substantiierten Sachvortrag für eine überwiegend selbstständige Tätigkeit der Klägerin dar.

Im Übrigen weist die Beklagte zutreffend auf die Erläuterungen dieses Anforderungsmerkmals in dem gemeinsamen Glossar hin. Danach verlangt die von der Klägerin begehrte vierte Bewertungsstufe das Vorliegen eines großen Handlungs- und Entscheidungsspielraums. Typisch für diese Bewertungsstufe ist dabei insbesondere, dass ein solcher Spielraum auch hinsichtlich der Ergebnisse und Ziele der Tätigkeit besteht. Gerade dies wird aber auch von der Klägerin selbst nicht behauptet.

5. Ein Höhergruppierungsanspruch der Klägerin folgt auch nicht aus Gleichbehandlungserwägungen. Zwar führt die Klägerin an, dass andere Arbeitnehmer in ihrer Abteilung höher eingruppiert sind. Es fehlt jedoch jeglicher substantiierter Sachvortrag zu deren Tätigkeit, so dass es bereits an der Darlegung der Vergleichbarkeit fehlt.

6. Nach allem war somit die Berufung der Klägerin in vollem Umfang zurückzuweisen. Da sie das Rechtmittel ohne Erfolg eingelegt hat, ist sie gemäß §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO verpflichtet, die Kosten der Berufung zu tragen.

III. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere ging es nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da die Entscheidung auf den Umständen des Einzelfalls beruht.

Ende der Entscheidung

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