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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 31.03.2009
Aktenzeichen: 3 Ta 43/09
Rechtsgebiete: ZPO, SGB X, EFZG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115
SGB X § 115
EFZG § 3
Nach einer Rückübertragung der zunächst durch gesetzlichen Anspruchsübergang auf einen Landkreis als Träger der Grundsicherung übergegangenen Vergütungsansprüche auf den Arbeitnehmer ist dieser zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche gegenüber seinem Arbeitgeber aktiv legitimiert. Ein Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bietet daher grundsätzlich die erforderliche Erfolgsaussicht.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 16.12.2008 - 3 Ca 2567/08 h - abgeändert und dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug beginnend ab dem 20.06.2008 unter Beiordnung von Rechtsanwalt bewilligt.

Gründe:

I. Die Parteien streiten in der Hauptsache über Vergütungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war bei der Beklagten mit einem Stundenlohn von 7,70 € in einer 40-Stunden-Woche beschäftigt. Der Kläger war vom 21.04.2008 bis 30.06.2008 arbeitsunfähig krank. Die Erkrankung stand nicht im Zusammenhang mit einer früheren Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Der Kläger macht für den sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum vom 21.04. bis 30.05.2008 Entgeltfortzahlung in Höhe von 1.848,00 € brutto geltend. Gleichzeitig mit der Klageschrift hat der Kläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.

Seit dem 01.05.2008 bezieht der Kläger vom Kreis H als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende Leistungen nach dem SGB II am 27.05.2008 vereinbarte die ARGE im Kreis H als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende mit dem Kläger die Rückübertragung der auf die ARGE in der Zeit ab dem 01.05.2008 gemäß § 115 SGB X dessen übergegangene Ansprüche auf Arbeitsentgelt. Gleichzeitig trat der Kläger diese rückübertragenen Ansprüche unter der aufschiebenden Bedingung, dass über diese ein Titel ergeht, an die vorgenannte ARGE ab, um dieser den Zahlungsanspruch bezüglich der übergegangenen Ansprüche zu sichern.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger zuletzt Zahlung eines Bruttolohnes für die Zeit vom 21.04. bis 30.04.2008, in Höhe von 545,40 € an ihn sowie die Zahlung weiterer 1.293,60 € brutto für die Zeit vom 01.05. bis 30.05.2008 an ihn zu Händen der ARGE im Kreis H als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Das Arbeitsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers mit Beschluss vom 15.12.2008 zurückgewiesen und zur Begründung angeführt, die Aktivlegitimation des Klägers beruhe einzig und allein auf der Rückabtretung der ARGE und in derartigen Fällen sei auf die Vermögensverhältnisse der ARGE abzustellen, die nicht arm sei.

Gegen diesen, dem klägerischen Prozessbevollmächtigten formlos übersandten Beschluss hat dieser am 13.01.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 26.01.2009 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II. Die Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet. Dem Kläger ist gemäß § 114 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von einer Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. BGH, NJW 1994, 1161; LAG Köln, Beschluss vom 29.02.2008 - 3 Ta 318/07 -; Beschluss vom 18.08.2008 - 3 Ta 228/08 -; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 114 Randziffer 19, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Das Gericht muss es also aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage für möglich erachten, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird.

2. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Kläger hat die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Entgeltfortzahlungsanspruches gemäß § 3 Abs. 1 EFZG hinreichend substantiiert dargelegt. Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts ist der Kläger für den geltend gemachten Zahlungsanspruchs auch aktiv legitimiert.

Das ist zunächst unproblematisch, soweit der Entgeltfortzahlungsanspruch den Zeitraum vom 18.04. bis 30.04.2008 betrifft. Für diesen Zeitraum macht der Kläger 545,40 € brutto geltend. Anhaltspunkte für eine fehlende Aktivlegitimation des Klägers diesen Zeitraum betreffend sind nicht ersichtlich.

Darüber hinaus ist der Kläger aber auch für den weiteren Zahlungsanspruch aktivlegitimiert, der die Entgeltfortzahlung für den Monat Mai 2008 in Höhe von 1.293,60 € brutto betrifft. Zwar hat der Kläger seit dem 01.05.2008 Leistungen nach dem SGB II von der ARGE im Kreis H als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten, so dass ab dem 01.05.2008 gemäß § 115 SGB X Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Arbeitsentgelt auf die vorgenannte ARGE kraft Gesetzes übergegangen sind. Ein derartiger Anspruchsübergang führt zwar grundsätzlich zum Wegfall der Aktivlegitimation, so dass der Arbeitnehmer nicht mehr berechtigt ist, die Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.04.2007 - 2 Ta 92/07 - ). Gleichwohl kann der Arbeitnehmer derartige Vergütungsansprüche, die wegen der Zahlung von Arbeitslosengeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergangen sind, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft für die Bundesagentur geltend machen (so grundlegend BAG, Urteil vom 19.03.2008 - 5 Ta 432/07 -, NZA 2008, 900). Dies ist immer dann möglich, wenn eine wirksame Ermächtigung durch den Berechtigten vorliegt und der klagende Arbeitnehmer ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Anspruchsgeltendmachung hat (vgl. BAG, a. a. O.). Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so könnte der Kläger mit einer Ermächtigung der ARGE deren Ansprüche im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft für diese gegenüber der Beklagten einklagen. Rechtliche Bedenken im Hinblick auf die erforderliche Aktivlegitimation des Klägers bestünden daher nicht.

Letztlich kann vorliegend sogar dahingestellt bleiben, ob der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu folgen ist, denn die ARGE hat hier mit dem Kläger am 27.05.2008 sogar ausdrücklich eine Rückübertragung ihrer Ansprüche zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung vereinbart. Der Kläger wird also nicht im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft tätig, sondern macht einen eigenen Anspruch gegenüber der ARGE geltend. Dies schließt rechtliche Bedenken hinsichtlich der Aktivlegitimation des Klägers von vornherein aus. Hieran ändert insbesondere auch die in der vorgenannten Vereinbarung bereits enthaltene aufschiebend bedingte Rückabtretung dieser Ansprüche an die ARGE im Kreis H nichts, denn der Kläger ist im Zeitpunkt der klageweisen Geltendmachung Inhaber des geltend gemachten Anspruchs.

3. Schließlich war dem Kläger gemäß § 115 ZPO auch ratenfreie Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da er aufgrund seiner glaubhaft gemachten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse derzeit zu einer Kostenbeteiligung nicht in der Lage ist.

III. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Veranlassung für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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