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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 19.01.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 740/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 138 Abs. 1
Eine für einen Zeitraum von 1,5 Jahren ohne konkrete Anhaltspunkte oder zeitnahe Aufzeichnungen nachkonstruierte Aufstellung angeblich geleisteter, von Tag zu Tag differierender Überstunden ist als willkürlicher Vortrag "ins Blaue" unzulässig.
Tenor:

Das Versäumnisurteil des erkennenden Gerichts vom 20.10.2006 - 4 Sa 740/06 - wird aufrecht erhalten.

Die weiteren Kosten hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien stritten erstinstanzlich um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten, um Gehaltsansprüche für Oktober 2005 und Zahlungsansprüche für behauptete Überstunden aus den Jahren 2004 und 2005. Nachdem das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen hatte, verfolgt die Klägerin in der Berufungsinstanz noch den Vergütungsanspruch für die Überstunden.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird zunächst gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin hat vorgetragen, im Jahr 2004 habe sie insgesamt 572 Überstunden, nämlich im Januar 22,5, im Februar 67,5, im März 58, im April 52,5, im Mai 18,5, im Juni 42,5, im Juli 46, im August 57, im September 81, im Oktober 71,5, im November 30 und im Dezember 25 Überstunden geleistet. Sie hat sich dazu auf eine "Ca. Überstundenaufstellung Jahr 2004" (Bl. 18 ff. d.A.) und einer "Zusammenstellung Überstunden 2004" (Bl. 24 d.A.) bezogen.

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, an der im Jahr 2004 errechneten Überstundenzahl von 572 Stunden sei noch ein "Sicherheitsabschlag von max. 4 Tagen" vorzunehmen, an denen die Klägerin kurzzeitig erkrankt gewesen sei, ohne dass diese Tage kalendermäßig von der Klägerin noch angegeben werden könnten. Es erfolge deshalb ein Sicherheitsabschlag von 4 x 3,5 Stunden = 14 Stunden, so dass die Klägerin für 558 Stunden im Jahre 2004 jeweils einen Stundensatz von 12,65 EUR verlangt, den sie auf der Basis eines Monatsgehalts von 2.045,16 EUR : 21 : 7,7 berechnet.

Die Klägerin hat dazu vorgetragen, erläuternd sei auszuführen, dass der Arbeitsbeginn im Betrieb der Beklagten 8.00 Uhr morgens gewesen sei und regulärer Dienstschluss unter Einbeziehung einer 1/2-stündigen Mittagspause 16.00 Uhr gewesen sei und an Freitagen 15.00 Uhr. Sie, die Klägerin, habe im Jahr 2004 nahezu regelmäßig bis mindestens 17.30 Uhr gearbeitet, in Einzelfällen auch bis 19.00 Uhr und an den Freitagen teilweise bis 18.30 Uhr.

Hintergrund der im Jahr 2004 nach ihrer Behauptung von der Geschäftsführung der Beklagten angeordneten Überstunden sei Folgender: Die Beklagte sei seit dem Jahr 2000 ständig gewachsen. Im April und Mai 2004 seien - das ist unstreitig - die Zeuginnen S und S im kaufmännischen Bereich neben der Klägerin angestellt worden und zwar u.a. auch zur Entlastung der Klägerin. Ebenfalls unstreitig ist, dass bis zum Februar 2004 ein weiterer Mitarbeiter als Controller im kaufmännischen Bereich tätig gewesen ist. Diesem wurde Ende Januar 2004 gekündigt. Hintergrund der Kündigung - so die Klägerin - sei es gewesen, dass sich herausgestellt habe, dass die von dem Controller verantwortete Buchführung für das Jahr 2003 nahezu falsch gewesen sei und dieses zur Folge gehabt habe, dass die gesamte Buchführung für das Jahr 2003 neu habe erstellt werden müssen.

Ende Januar habe es ein Gespräch zwischen der Geschäftsführung der Beklagten und der Klägerin gegeben, in der es letztlich zur Anordnung der anstehenden Überstunden gekommen sei. Die Klägerin habe mit den Zeuginnen S und S zusammen gearbeitet und habe die beiden nach deren Einstellung im April und Mai 2004 eingearbeitet.

Im Jahre 2005 habe die Klägerin im Januar 20 Überstunden, im Februar 27, im Juni 26, im Juli 27,5 Überstunden geleistet. Diese 100,5 Überstunden berechnet die Klägerin ebenfalls mit dem Stundensatz von 12,65 EUR. Mit einem Stundensatz von 18,55 EUR berechnet die Klägerin hingegen 63,5 Stunden im August, 3 Stunden im September sowie von März bis Mai 2005 16 Überstunden, insgesamt 82,5 Überstunden. Dabei legt sie die ab dem 01.08.2005 geltende Bruttovergütung von 3.000,-- EUR zugrunde.

Wiederum bezieht die Klägerin sich auf eine entsprechende "Ca. Überstundenaufstellung Jahr 2005" (Bl. 27 d.A.) und weitere Aufstellungen und Zusammenfassungen (Bl. 28/29 d.A.).

Hintergrund der Überstunden in den Monaten Januar und Februar 2005 - so die Klägerin - sei gewesen, dass der Rückstau der laufenden Buchhaltung des Jahres 2005 aufzuarbeiten gewesen sei. Im Juni, Juli, August und September hätten ausstehende Buchungen für den Jahresabschluss vorbereitet bzw. vorgenommen werden müssen und Zuarbeiten für den Wirtschaftsprüfer erfolgen müssen.

Hinzu komme noch, dass es der Firmenpolitik und Weisungslage der Geschäftsführer der Beklagten entsprochen habe, dass anfallende Arbeiten in Überstunden zu erledigen gewesen seien. Es sei als selbstverständlich vorausgesetzt worden, dass die kaufmännischen Mitarbeiter selbst verantwortlich zu entscheiden hätten, wann Überstunden erforderlich gewesen seien, um das jeweils notwendige Arbeitspensum zu erledigen.

Zu der Pauschalvereinbarung im Änderungsvertrag vom 29.01.2002 hat die Klägerin die Auffassung vertreten, diese sei sittenwidrig. Die Klägerin beruft sich darauf, dass ausweislich einer Verlautbarung der K C I vom 12.04.2005 eine deutsche Chefsekretärin im Bundesdurchschnitt im Jahr 2005 ein Bruttogehalt von 47.900,-- EUR erzielt habe (Einzelheiten nach der Darlegung der Klägerin hierzu Bl. 90 - 92 d.A.).

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über ihr Anstellung der Klägerin als Assistentin der Geschäftsführung durch die Kündigung der Beklagten vom 26.09.2005 weder fristlos noch fristgemäß aufgelöst worden ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.860,39 EUR (i.W. neuntausendachthundertsechzig Euro, Cent wie nebenstehend) nebst einer laufenden Verzinsung von 8 % über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. die Beklagte zur Zahlung von 3.000,00 EUR (i.W. dreitausend Euro, Cent wie nebenstehend) brutto Arbeitsentgelt für den Monat Oktober 2005 an sie, nebst einer laufenden Verzinsung von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ausdrücklich bestritten, dass die Klägerin überhaupt irgendwelche Überstunden geleistet habe und dass dies auf Veranlassung der Beklagten geschehen sei. Richtig sei, dass die Geschäftsführung der Beklagten es der Klägerin ermöglicht habe, sich ihre Zeit weitgehend frei einzuteilen. Andererseits habe die Klägerin aber auch morgens immer erst einmal für 1 bis 2 Stunden ihre privaten e-mails beantwortet. Auch sei sie bei anderen Gelegenheiten über Stunden hinweg vom Arbeitsplatz ferngeblieben. Es sei auch alles andere als unüblich gewesen, dass die Klägerin Mittagspausen von 2 - 3 Stunden gemacht habe. In dieser Zeit habe sie zum Teil das Firmengelände der Beklagten zum Einkauf verlassen. Es sei auch vorgekommen, dass die Klägerin in der Betriebsküche zu Mittag gekocht habe und deshalb für längere Zeit nicht gearbeitet habe. Die Beklagte habe all dies toleriert, weil die Klägerin zu anderen Zeiten ihre Arbeit nachgeholt habe. Dieser Umgang lasse sich dadurch erklären, dass die Klägerin eine der ersten Mitarbeiterinnen nach Betriebsgründung gewesen sei.

Wenn die Klägerin mithin überhaupt außerhalb der üblichen Arbeitszeiten gearbeitet haben sollte, habe es sich nicht um Überstunden, sondern um Nachholung zuvor nicht erbrachter Arbeitsleistung gehandelt.

Insbesondere werde die Richtigkeit der Überstundenaufstellung bestritten, die die Klägerin ihrem Schriftsatz vom 28.10.2005 beigefügt habe. Diese Aufstellung entbehre jeder Grundlage. Sie sei im Nachhinein durch die Klägerin erstellt worden, einzig und allein zu dem Zweck, sich noch weiter am Vermögen der Beklagten zu bereichern.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.04.2004 die Klage insgesamt abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 23.05.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.06.2006 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 24.07.2006, begründet.

Die Klägerin meint, sie habe die Überstunden substantiiert vorgetragen. Sie trägt vor, sie habe auch nicht Mittagspausen von 2 - 3 Stunden gemacht. Sie habe morgens nicht die beiden ersten Stunden private e-mails beantwortet. Sonst wäre auch eine Abmahnung zu erwarten gewesen.

Im Termin vom 20.10.2006 erschien für die Klägerin niemand. Es erging ein die Berufung zurückweisendes Versäumnisurteil, dass der Klägerin am 31. Oktober 2006 zugestellt wurde. Am 7. Oktober 2006 legte die Klägerin dagegen Einspruch ein.

Sie trägt weiter vor, zu welchen Uhrzeiten sie Überstunden geleistet habe, ergebe sich aus ihrem Vortrag, wonach sie über den regelmäßigen Dienstschluss hinaus die in der Überstundenaufstellung angegebenen Stunden gearbeitet habe.

Dieser Vortrag sei im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten auch nicht willkürlich. Vielmehr sei ihre Aufstellung im höchsten Masse gewissenhaft und sorgfältig erfolgt. Dem stehe nicht entgegen, dass diese Auflistungen nicht sofort nach Ableistung der Überstunden angefertigt worden seien. Es sei keine Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts oder des Bundesarbeitsgerichts bekannt, in dem gefordert werde, dass Überstunden nur entgolten würden, wenn diese zeitnah bzw. sofort nach Ableistung schriftlich oder auf andere Weise erfasst würden.

Im Übrigen habe die Beklagte ihr trotz Nachfrage nicht eine Auskunft darüber gegeben, an welchen Tagen sie in der fraglichen Zeit krank gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom gleichen Tage reicht der Prozessbevollmächtigte der Klägerin (Bl. 213 d.A.) eine von der Klägerin selbst gefertigte und diesem Schriftsatz beigefügte Anlage ein, die zum Gegenstand des klägerischen Vortrags gemacht werde. Auf die Anlage (Bl. 214 ff d.A.) wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 20.10.2006 und des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 26.04.2006 die Beklagte zur Zahlung con 9.860,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Vortrag der Klägerin sei nicht hinreichend substantiiert. Sie lege lediglich eine völlig undefinierte Liste angeblich geleisteter Überstunden vor, aus der weder zu entnehmen sei, ob diese Überstunden vor der Arbeitszeit oder nach der Arbeitszeit geleistet worden seien, ob gegebenenfalls Pausen durchgearbeitet worden seien. Es sei für sie, die Beklagte, nicht zu erkennen, wann die Klägerin denn tatsächlich ihre Überstunden geleistet haben wolle.

Die Überstundenliste sei auch offensichtlich im Nachhinein und völlig willkürlich erstellt worden. Die Klägerin habe augenscheinlich keine Erinnerung mehr an ihre Überstunden. Deshalb könne der Liste keinerlei Wert beigemessen werden. Auch der Vortrag der Klägerin zur Anordnung der Überstunden sei pauschal. Der allgemeine Hinweis, dass die Buchführung für das Jahr 2003 habe erneuert werden müssen, weil der damalige Controller fehlerhaft gehandelt habe, sei nicht ausreichend. Hier hätte die Klägerin - so die Beklagte - zumindest darlegen müssen, welche Arbeiten sie in welchem Umfang innerhalb der angeblichen Überstunden geleistet habe.

Wegen weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hatte in der Sache keinen Erfolg. Deshalb war das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin den Darlegungsanforderungen für eine Klage auf Vergütung von Überstunden nicht genügt hat. Sofern die Klägerin in der Berufungsbegründung einen fehlenden vorherigen Hinweis des Arbeitsgerichts auf die Darlegungsanforderungen bemängelt, sei nur darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst erstinstanzlich das Urteil des LAG S -H vom 05.11.2002 eingereicht hatte (dort Rdn. 13 ff), welches die vom Arbeitsgericht zugrunde gelegten Darlegungsanforderungen, die - wie noch zu zeigen sein wird - der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechen, enthält.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. 29.05.2002 - 5 AZR 370/01 - ZTR 2002, 544 ff; 29.05.2002 - 5 AZR 680/00 - AP Nr. 27 zu § 812 BGB; 25.05.2005 - 5 AZR 319/04) muss der Arbeitnehmer, der die Vergütung von Überstunden fordert, im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt ferner voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren. Der Arbeitnehmer muss darlegen, von welcher normalen Arbeitszeit er ausgeht und dass er tatsächlich gearbeitet hat. Ist streitig, ob in Zeitraum Arbeitsleistungen erbracht wurden, muss der Arbeitnehmer darlegen, welche geschuldete Tätigkeit er ausgeführt hat (vgl. insoweit BAG 29.05.2002 - 5 AZR 370/01) Das Risiko, eine dergestalt exakte Darlegung nachträglich nicht erbringen zu können, ist Risiko dessen, der Überstunden rückwirkend geltend macht (vgl. insoweit BAG 29.05.2002 - 5 AZR 680/00 -).

2. Diesen Darlegungsanforderungen - das hat das Arbeitsgericht zu Recht entschieden - genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Auch zweitinstanzlich hat die Klägerin diesen Darlegungsanforderungen nicht genügt.

a. Das Vorbringen der Klägerin zu den einzelnen Überstunden ist bereits unzulässig. Grundsätzlich ist es im Zivilprozess wegen Rechtsmissbrauchs und Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) unzulässig, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geradewohl und gleichsam "ins Blaue hinein" aufzustellen. Zwar ist bei der Annahme eines solchen missbräuchlichen Verhaltens Zurückhaltung geboten, da es oft einer Partei im Zivilprozess nicht erspart bleibt, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis haben kann, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält. In der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte den Vorwurf einer Behauptung ins Blaue hinein rechtfertigen können (vgl. BGH 20.09.2002, V ZR 170/01 - NJW RR 2003, 69, 70).

Im vorliegenden Fall aber geht es nicht um Tatsachen, die sich der Wahrnehmung der Partei, d.h. der Klägerin, entzogen. Hinzu kommt, dass jede einzelne Überstunde Streitgegenstand ist und die Klägerin für jede einzelne Überstunde Bezahlung verlangt.

Die Klägerin hat dem Vortrag der Beklagten nie widersprochen, sie habe die von ihr vorgelegte "Ca. Überstundenaufstellung", mit der die Klägerin für die einzelnen Tage exakt volle Stunden bzw. volle und halbe Stunden verlangt, für den 1 3/4-jährlichen Zeitraum, für den sie insgesamt Überstunden verlangt, im Nachhinein ohne feststehende Erinnerungen an einzelne Stunden nachkonstruiert. Die Klägerin hat außer ihrer pauschalen Behauptung, die Aufstellung sei "im höchsten Maße gewissenhaft und sorgfältig" nicht zu konkreten Anhaltspunkten, insbesondere zu vorhandenen zeitnahen Aufzeichnungen vorgetragen. Auffallend ist in den Aufstellungen, dass die Überstunden für die einzelnen Tage - in der Regel zwischen 1 Stunde und 3,5 Stunden - erheblich differieren. Es erscheint wegen der Begrenztheit menschlichen Erinnerungsvermögens unmöglich, dass die Klägerin sich insoweit an einzelne Tage aus einem 1 3/4-jährlichen Zeitraum konkret erinnern könnte. Dieses behauptet sie auch nicht. Die Zuordnung von erheblich differierenden Überstundenquanten zu einzelnen Tagen muss daher in der Tat als willkürlich und ohne jeglichen konkreten Anhaltspunkt angesehen werden. Dass die Klägerin dabei nicht einmal weiß, an welchen Tagen sie arbeitsunfähig krank war und wegen der Arbeitsunfähigkeitstage daher lediglich einen "Sicherheitsabschlag" macht, belegt das willkürliche Vorgehen ein weiteres Mal. Wenn die Klägerin nicht einmal weiß, an welchen Tagen sie überhaupt nicht gearbeitet hat, dann ist die Zuordnung von bestimmten Überstundenquanten zwischen in der Regel 1/2 Stunde und 3,5 Stunden zu den einzelnen Tage der Jahre 2004 und 2005 offensichtlich willkürlich. Ein solches prozessuales Verhalten ist rechtsmissbräuchlich.

b. Selbst wenn man die "Ca. Überstundenaufstellung" zugrunde legte, so genügte sie nicht den dargestellten Darlegungsanforderungen.

aa. Die Klägerin hat lediglich pauschal für jeden dort aufgeführten Kalendertag eine bestimmte Überstundenzahl angegeben. Sie trägt gerade nicht vor, wann sie an welchem Tage zu welchen genauen Tageszeiten gearbeitet hat. Insbesondere trägt sie nicht vor, wann genau sie an den jeweiligen Tagen die Arbeit begonnen hat, wann sie sie beendet hat und insbesondere - dieses wäre angesichts des Vortrages der Beklagten, die Klägerin habe Mittagspausen von 2 - 3 Stunden eingelegt, erforderlich gewesen - zu welchen genauen Zeiten sie an den jeweiligen Tagen Pausen gemacht hat (vgl. dazu auch das von der Klägerin vorgelegte Urteil des LAG S -H , dort Rdn. 15).

bb. Erst recht trägt die Klägerin nichts dazu vor, für welche genauen Tätigkeiten sie die angeblichen Überstunden an den jeweiligen Tagen benötigt hat.

cc. Schließlich ist auch der Vortrag der Klägerin zu Anordnung, Duldung oder Erforderlichkeit der Überstunden unzureichend.

Zu einer angeblichen Anordnung hat die Klägerin erstinstanzlich lediglich vorgetragen, es habe Ende Januar 2004 in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kündigung eines Controllers, der die Buchhaltung für das Jahr 2003 so falsch erstellt habe, dass diese habe neu erstellt werden müssen, ein Gespräch zwischen der Geschäftsführung und ihr, der Klägerin gegeben, "in der es letztlich zur Anordnung der in Rede stehenden Überstunden kam". Dort hätten die Geschäftsführer der Klägerin mitgeteilt, dass es ihnen sehr leid tue, dass man ihr als erprobte und fähige Mitarbeiterin ein weiteres Mal zumuten müsse, in der Buchhaltung als Überbrückung und sog. Schadensbegrenzerin erhebliche Schwierigkeit und Mehrarbeit abzuverlangen. Zweitinstanzlich ergänzt die Klägerin dieses dahingehend, ihr sei wörtlich gesagt worden, sie müsse noch einmal Feuerwehr spielen und die Firma H müsse ihr noch einmal Unmögliches abverlangen. Die Anordnung der konkreten Überstunden, deren Bezahlung die Klägerin fordert, ist daraus nicht zu entnehmen.

Es kann dem Vortrag der Klägerin auch nicht hinreichend entnommen werden, dass die konkreten Überstunden von der Beklagten geduldet worden wären. Die Beklagte bestreitet die Überstunden und eine entsprechende Anordnung und Duldung. Ersichtlich sind die angeblichen Überstunden nicht dokumentiert und summenmäßig erfasst worden. Es lässt sich angesichts des pauschalen Vortrags der Klägerin zu den konkreten Tageszeiten auch nicht feststellen, ob und wie einem der Geschäftsführer der Beklagten die Gesamtsumme der angeblich von der Klägerin geleisteten Zeiten jemals präsent gewesen ist und geduldet worden ist.

Es wäre mithin erforderlich gewesen, dass festgestellt werden könnte, dass die jeweiligen einzelnen Überstunden erforderlich waren. Dazu wäre zumindest zunächst die konkrete Darlegung erforderlich gewesen, welche konkrete geschuldete Tätigkeit die Klägerin in den jeweiligen Stunden ausgeführt hat. Hierzu fehlt es selbst dann, wenn man den mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 07.11.2006 in Kopie vorgelegten, von der Klägerin selbst unterschriebenen Schriftsatz berücksichtigte. In diesem Schriftsatz trägt die Kläger zwar in allgemeiner Form für die jeweiligen Monate vor, welche Tätigkeiten sie ausgeführt habe. Der Vortrag ist jedoch insgesamt zu pauschal, als dass sich daraus erschließen könnte, welche Tätigkeiten die Klägerin an den einzelnen Tagen, erst recht nicht in den einzelnen behaupteten Überstunden an den einzelnen Tagen ausgeführt hat. Insbesondere kann aus dieser Aufzählung von Tätigkeiten für die einzelnen Monate in keiner Weise nachvollzogen werden, ob die von der Klägerin behaupteten Überstunden erforderlich waren. Es fehlen jegliche näheren Angaben zu dem Zeitquantum, welches für einzelne Tätigkeiten erforderlich gewesen sein soll.

Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich für das gesamte Jahr 2004 darauf berufen, dass aufgrund der Kündigung des Controllers im Februar die Buchhaltung für das Jahr 2003 neu habe erstellt werden müssen. Sie trägt aber selbst vor, dass im April und im Mai jeweils eine neue Kraft, die Zeuginnen S und S eingestellt und von ihr eingearbeitet worden seien. Damit waren jedenfalls ab Mai 2004 mehr Arbeitskräfte vorhanden als zuvor. Warum gleichwohl jeweils Überstunden erforderlich gewesen sein sollen, erschließt sich daraus nicht einmal in pauschaler Form.

3. Dahinstehen kann damit auch für das zweitinstanzliche Urteil, ob die Pauschalvereinbarung aus dem Änderungsvertrag vom 29.01.2002 angesichts des von der Klägerin bezogenen Gehalts von 2.400,-- €, später 3.000,-- € wirksam ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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