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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 19.06.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 901/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 305 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 305 c Abs. 1
BGB § 307 Abs. 1 S. 1
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
Unwirksamkeit einer Formularregelung über die Verpflichtung des Arbeitnehmers, bei Ende des Arbeitsvertrages den Leasingvertrag über einen Firmenwagen bei seinem neuen Arbeitgeber einzubringen, einen Mitarbeiter zu finden, der firmenwagenberechtigt ist und sein Fahrzeug übernehmen möchte, oder den Vertrag auf eigene Kosten aufzulösen.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11.06.2008 - 2 Ca 620/08 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten, nachdem der beklagte Arbeitnehmer aufgrund einer Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, darüber, ob die Klägerin von ihm, dem ein Firmenwagen überlassen war, die Kosten der Auflösung des von ihr geschlossenen Leasingvertrages über das Firmenfahrzeug, nämlich eine von ihr an die Leasinggeberin gezahlte Abstandszahlung von 2.750,66 € nebst zweier weiterer Leasingraten bis zur Auflösung als Schadensersatz ersetzt verlangen kann.

Die Klägerin berühmt sich einer in einer von ihr vorgelegten "Firmenwagenregelung" enthaltenen Klausel, nach der der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf seine Veranlassung verpflichtet ist, den Leasingvertrag bei seinem neuen Arbeitgeber einzubringen, innerhalb der Beklagten einen Mitarbeiter zu finden, der firmenwagenberechtigt ist und sein Fahrzeug übernehmen möchte, oder den Vertrag auf eigenen Kosten aufzulösen. Wegen eines von ihr gesehenen Verstoßes des Beklagten gegen diese Regelung begehrt die Klägerin die genannten Zahlungen als Schadensersatz.

Im Übrigen wird wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.06.2008 die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 24.06.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.07.2008 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 25.08.2008, begründet.

Die Klägerin führt weiter aus, warum der Beklagte kein "Außendienstler" gewesen sei. Insoweit wird auf Blatt 138-140 d. A. Bezug genommen.

Im Übrigen wendet die Klägerin sich im Wesentlichen mit Rechtsausführungen gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, die Firmenwagenregelung sei wegen Verstößen gegen die Vorschriften des BGB über Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden. Schließlich führt sie ihre Rechtsauffassung aus, die Regelung sei keine übermäßige Beeinträchtigung des Rechts des Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz frei zu wählen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 11.06.2008 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Bonn - 2 Ca 620/08 - wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.504,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er begründet weiter, warum seine Tätigkeit die eines Außendienstlers gewesen sei (insoweit wird auf Bl. 149-151 d. A.) Bezug genommen.

Er weist darauf hin, dass er - entgegen der vermeintlichen Firmenwagenvereinbarung - die Nettokosten der Leasingrate gar nicht übernommen habe, sondern nur die 1 % oder 0,03 % des Bruttolistenpreises versteuert worden seien. Die Klägerin habe somit entgegen ihrer eigenen vermeintlichen Firmenwagenregelung gehandelt.

Weiter trägt der Beklagte - von der Klägerin unbestritten - vor, er habe auf die Einzelheiten des Leasingvertrages keinen Einfluss gehabt.

Schließlich sei die Firmenwagenregelung nicht in den Vertrag einbezogen worden. Aus dem Kfz-Übergabeschein lasse sich gar keine vertragliche Regelung herleiten. Dort werde lediglich die Übergabe des Fahrzeugs bestätigt.

Er, der Beklagte, habe auch tatsächlich nie von der Firmenwagenregelung Kenntnis gehabt.

Sofern die Klägerin, die ursprünglich behauptet hatte, die Firmenwagenregelung sei seinerzeit im Intranet eingestellt gewesen, im Nachhinein vorgetragen hat, die Firmenwagenregelung habe sich im sogenannten "Share" befunden, bestreitet der Beklagte dieses letztere mit Nichtwissen. Selbst wenn die Regelung im "Share" abgelegt gewesen wäre - so der Beklagte von der Klägerin unbestritten weiter - , sei das "Share" ein Laufwerk auf einem Server, das über den Windows Explorer eingesehen werden könne. Innerhalb des Betriebes der Klägerin seien mehrere Server eingesetzt. Das Laufwerk könne sich auf jedem dieser Server befinden. Share-Laufwerke dienten auch lediglich als Austauschmedien für Informationen rein unverbindlicher Art. Auf dem "Share" seien Dokumente temporär abgelegt worden. Einen Schutz gegen Veränderungen oder Austausch durch Dritte habe es insoweit nicht gegeben. Auf dem Laufwerk könnten Dateien jeglichen Formats gespeichert werden und eine Suchmaske sei nicht existent.

Auch habe er, der Beklagte, nicht Kenntnis der Firmenwagenregelung über sogenannte "Kaffeepausengespräche" gehabt. Lediglich zwei weitere Mitarbeiter der Klägerin hätten überhaupt einen Dienstwagen.

Wegen der Einzelheiten des Beklagtenvorbringens wird auf die Berufungserwiderung Bezug genommen.

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hatte in der Sache keinen Erfolg.

A. Die von der Beklagten nach ihrem Vorbringen im sogenannten "Share" eingestellte "CebiCon Firmenwagenregelung" (Bl. 26 ff. d. A.) ist bereits nicht wirksam als Vertragsbestandteil einbezogen worden.

Die Einbeziehung setzt nach § 305 Abs. 1 Nr. 2 BGB u. a. voraus, dass der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft wird, in zumutbarer Weise vom Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingung Kenntnis zu nehmen.

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 14.06.2006 (I ZR 75/03) entschieden, dass es bei Internetgeschäften genügt, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen über einen auf der Bestellseite gut sichtbaren Link aufgerufen und ausgedruckt werden können.

1. Im vorliegenden Fall enthält der vom Beklagten unterschriebene Kfz-Übergabeschein überhaupt keinen Hinweis darauf, wo sich die "Richtlinien" befinden. Auch die Erklärung, die Richtlinien gelesen zu haben, ersetzt die Verpflichtung der Klägerin aus § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht. Die Einbeziehung scheitert bereits daran, dass die Erklärung im Kfz-Übergabeschein vom 25.04.2007 keinen Hinweis darauf gibt, wo sich die "Richtlinien" befinden.

2. Hinzu kommt, dass das sogenannte "Share", in dem sich nach Behauptung der Klägerin die Dienstwagenregelung befand, ein ungeeigneter Ort zur Bekanntgabe ist. Wie vom Beklagten unbestritten vorgetragen wurde, ist das "Share" ein Laufwerk auf einem Server, das über den Windows Explorer eingesehen werden kann. Da innerhalb des Betriebs der Klägerin mehrere Server eingesetzt waren, konnte sich dieses Laufwerk auf jedem dieser Server befinden. Im Betrieb wurden - auch dieses wurde nicht bestritten - von Mitarbeitern temporäre Dokumente auf dem "Share" abgelegt. Eine Suchmaske war nicht existent. Ein solches Laufwerk ist - im Gegensatz möglicherweise zum Intranet sofern dieses übersichtlich und klar auf die Regelung hinweist und einen Link enthält - kein geeigneter Ort, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu publizieren.

3. Schließlich scheitert die Einbeziehung unabhängig vom zuvor Gesagten daran, dass es für den Beklagten nicht ausreichend klar war, dass die jetzt von der Klägerin vorgelegte Regelung für seinen Dienstwagen gelten sollte. Dazu ist zu berücksichtigen, dass das sogenannte Transparenzgebot bereits im Rahmen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu berücksichtigen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, § 305 BGB Rn. 41).

In dem Übergabeschein wird Bezug genommen auf "Richtlinien der C GmbH für Firmen-Kfz". Die von der Beklagten jetzt vorgelegte Regelung ist aber gar nicht mit "Richtlinien" überschrieben, sondern mit "C Firmenwagenregelung".

Hinzu kommt, dass die Klägerin vom Beklagten entgegen der "Firmenwagenregelung" gar nicht verlangt hat, die Nettokosten der Leasingrate zu übernehmen, wie dort in Punkt 2 unter "Was bedeutet Firmenwagen" geregelt ist, sondern lediglich einen für die Versteuerung bedeutsamen Prozentsatz des Bruttolistenpreises.

B. Selbst wenn die "Firmenwagenregelung" indes wirksam einbezogen worden wäre, so könnte sich die Klägerin nicht auf den neunten Unterpunkt der Regelung "Was bedeutet Firmenwagen" berufen. Denn diese Regelung verstößt gegen das für die Inhaltskontrolle statuierte Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 - AP BGB § 308 Nr. 1; BAG 18.08.2005 - 8 AZR 65/05) ist dem Transparenzgebot nur dann genügt, wenn der Arbeitnehmer erkennen kann, was ggf. "auf ihn zukommt".

Die Regelung im neunten Unterpunkt verpflichtet den Mitarbeiter bei Ende des Anstellungsverhältnisses zu drei Alternativen, nämlich

- den Leasingvertrag bei seinem neuen Arbeitgeber einzubringen oder

- innerhalb der C einen Mitarbeiter zu finden, der firmenwagenberechtigt ist und sein Fahrzeug übernehmen möchte oder

- den Vertrag auf eigene Kosten aufzulösen.

In allen drei Fällen ist der Arbeitnehmer auf die Mitwirkung eines Dritten angewiesen, nämlich entweder seines neuen Arbeitgebers, eines anderen Mitarbeiters oder der Leasinggeberin. Keine diese Alternativen kann der Arbeitnehmer erzwingen. Insbesondere in dem Fall, dass er mit seinem neuen Arbeitgeber nicht aushandeln kann, den Leasingvertrag zu übernehmen oder - was zufallsabhängig ist - einen anderen Mitarbeiter findet, der das Fahrzeug übernehmen möchte, hat er den Vertrag "auf eigene Kosten" aufzulösen. Welche Kosten auf den Arbeitnehmer zukommen, sind für ihn nicht ersichtlich.

C. Die Klausel verstößt darüber hinaus gegen das Überraschungsverbot. Nach § 305 c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Daher kann z. B. der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel oder ihrer Unterbringung an unerwarteter Stelle die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (vgl. BAG 16.04.2008 - 7 AZR 132/07 m. z. w. N.). Im Einzelfall kann der Verwender auch gehalten sein, auf die Klausel besonders hinzuweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorzuheben.

Die allein mit "Was bedeutet Firmenwagen" überschriebene Regelung unter 2. der Firmenwagenregelung enthält zehn verschiedene Regelungen und erstreckt sich über eine ganze Seite.

Die Regelung in neunten Unterpunkt, die dem Arbeitnehmer Pflichten auferlegt, die er allein gar nicht erfüllen kann, sondern für die er stets auf die freiwillige Mitwirkung eines Dritten angewiesen ist und die ihm letztlich allein die Lasten der Beendigung des Anstellungsverhältnisses in Bezug auf den Firmenwagen auferlegt, ist eine so ungewöhnliche und gravierende Regelung, dass sie nicht ohne Hervorhebung als eine von zehn Regelungen ganz unterschiedlicher Art unter einer einzigen Überschrift ("Was bedeutet Firmenwagen"), die nicht einmal auf eine rechtliche Regelung hinweist, "versteckt" werden durfte.

D. Die Klausel ist schließlich nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

Dieses folgt wiederum daraus, dass dem Arbeitnehmer Pflichten auferlegt werden, die er allein gar nicht erfüllen kann, sondern für die er stets auf die Mitwirkung eines Dritten angewiesen ist.

Die Regelung enthält damit - wenn einer der genannten Dritten nicht mitwirken will - die Verpflichtung zu einer unmöglichen Leistung. Schon dieses macht sie jedenfalls nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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