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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.12.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 992/07
Rechtsgebiete: TzBfG, BEEG


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 3
BEEG § 21
Die Wirksamkeit einer Befristung, die mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt wird, muss nicht dadurch scheitern, dass zu Beginn des Vertrages für eine kurze Zeit ein Vertretungsfall nicht vorliegt.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.08.2007 - 8 Ca 354/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristungsabrede. Wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 07.08.2007 der Klage stattgegeben. Gegen dieses ihr am 13.08.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.08.2007 Berufung eingelegt und diese am 23.09.2007 begründet.

Sie trägt nunmehr vor, auch in der Zeit vom 26.02.2006 bis zum 26.03.2006 habe tatsächlich ein Vertretungsbedarf für Frau S vorgelegen. Diese habe sich nämlich ab dem 23.02. bis zum 24.03.3006 in Urlaub befunden bzw. - so die Präzisierung in der mündlichen Verhandlung - habe vom 6. 3. 2006 bis zum 24. 3. 2006 Urlaub gehabt und vom 23. 2. bis zum 3. 3. 2007 Freischichten abgefeiert. Dazu hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung in Kopie einen Urlaubsantrag und eine Freischichtenaufstellung vorgelegt ( Bl. 124, 125 d. A.). Die Beklagte habe sich dafür entschieden, dem Kläger auch für den Urlaubszeitraum von Frau S einen Vertrag anzubieten, dass sie in dieser Zeit auch habe vertreten werden sollen.

Sie meint, sie habe erstinstanzlich auch nicht vorgetragen, die Arbeitsleistung des Klägers sei in der Zeit vom 27.02.2006 bis zum 26.03.2006 überzählig gewesen. Sie habe mit dem Satzteil "(...) selbst wenn die Arbeitsleistung des Klägers in der Zeit vom 27.02.2006 bis zum 26.03.2006 'überzählig' war" nur den theoretischen Fall einer überzähligen Arbeitsleistung ansprechen wollen. Tatsächlich aber sei die Arbeitsleistung des Klägers nicht überzählig gewesen. Eine nähere Aufarbeitung des Sachverhalts habe ergeben, dass der Kläger in dieser Zeit Frau S während ihres Urlaubs vertreten habe und habe vertreten sollen.

Im Übrigen sei die vertragliche Befristung in der Zeit vom 26.02. bis 26.03.2006 selbst dann, wenn man den Befristungsgrund der Vertretung nicht anerkennen wolle, dadurch sachlich gerechtfertigt, weil sie einer sozialen Überbrückung gedient habe. Eine solche Überbrückungssituation sei nämlich auch dann gegeben, wenn der Arbeitgeber aus sozialen Gründen im Anschluss an ein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis schließe, um dem Arbeitnehmer das Auffinden eines neuen Arbeitsplatzes zu sichern. Aus diesem Grunde und durch die gewachsene soziale Verantwortung der Beklagten gegenüber dem Kläger sei die Einstellung des Klägers für den Zwischenmonat auch sozial und damit sachlich gerechtfertigt gewesen, wenn der Sachgrund der Urlaubsvertretung nicht bestanden habe.

Schließlich vertieft die Beklagte ihrer Rechtsauffassung, dass es auch grundsätzlich nicht darauf ankomme, ob in dem fraglichen Monat der Befristungsgrund "Vertretung" vorgelegen habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.08.2007 - 8 Ca 354/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

der Beklagten und Berufungsklägerin die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 2 ZPO aufzuerlegen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er hält das Vorbringen der Beklagten zum Urlaub Frau S für verspätet und meint, es könne nicht mehr berücksichtigt werden. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass Vorliegen einer solchen Urlaubssituation.

Schließlich meint der Kläger, es müsse die allgemeine Lebenserfahrung als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden, dass Mütter vielfach nach Ablauf der Elternzeit kein Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mehr hätten. Dementsprechend könne nicht ohne Weiteres von der Prognose ausgegangen werden, dass Frau S an den Arbeitsplatz zurückkehren werde. Hierzu habe die Beklagte auch nichts Näheres vorgetragen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Der Kläger hat mit seiner Befristungskontrollklage - das ergibt sich zwar nicht eindeutig aus dem ursprünglich verfolgten Antrag, wohl aber aus der Klagebegründung, wonach ausdrücklich der letzte Arbeitsvertrag zur Überprüfung durch das Gericht gestellt wird - die Befristung das Arbeitsverhältnisses aufgrund der in der "Zusatzvereinbarung" vom 10.02.2006 vereinbarten Zeit bis zum 31.12.2006 angegriffen.

Die Klage ist unbegründet, da die in diesem Vertrag vereinbarte Befristung nicht rechtsunwirksam ist. Sie ist vielmehr durch den Sachgrund der Vertretung (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG und § 21 BEEG) gerechtfertigt.

A. Soweit der Kläger erstinstanzlich gemeint hat, aufgrund der Tatsache, dass im letzten Arbeitsvertrag vereinbart wurde, den vorletzten Arbeitsvertrag um eine bestimmte Zeit zu "verlängern", sei auch der vorletzte Arbeitsvertrag in die Befristungskontrolle mit einzubeziehen, so entspricht diese Rechtsauffassung nicht der des Bundesarbeitsgerichts, auch nicht den vom Kläger zitierten Urteilen des Bundesarbeitsgerichts (Bl. 25 d. A.).

Die sachliche Rechtfertigung der Befristung des vorletzten Vertrages ist schon deshalb nicht in die gerichtliche Überprüfung mit einzubeziehen, weil der Kläger insoweit die Klagefrist des § 17 TzBfG nicht eingehalten hat.

Im Übrigen gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass bei mehreren aufeinander folgenden Verträgen regelmäßig nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf ihre Rechtfertigung zu prüfen ist. Durch den Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien nämlich ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die künftig für ihre Rechtsbeziehung allein maßgebend ist. Damit wird zugleich ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben. Die Parteien können allerdings in einem nachfolgenden befristeten Vertrag dem Arbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung prüfen zu lassen. In diesem Fall ist die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle - sofern zusätzlich die Klagefrist für den vorletzten Vertrag eingehalten ist - auch für den davor liegenden Vertrag eröffnet. Der Vorbehalt muss Vertragsinhalt geworden sein (vgl. z. B. BAG 10.03.2004 AP TzBfG § 14 Nr. 11; 13.10.2004 AP TzBfG § 14 Nr. 13; 16.10.2005 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 264). Ein solcher Vorbehalt wurde hier nicht vereinbart.

Davon gibt es - was die Sachgrundbefristung anbelangt - dann eine Ausnahme, wenn es sich um einen sog. "Annex" handelt. Ausnahmsweise kommt es auf die Verhältnisse beim Abschluss des vorletzten Vertrages an, wenn sich der letzte Vertrag lediglich als unselbstständiger Annex des vorhergehenden darstellt, mit dem das bisherige befristete Arbeitsverhältnis nur hinsichtlich seines Endzeitpunktes modifiziert sein sollte (vgl. z. B. BAG, 13.10.2004 a. a. O.). Zur Annahme einer entsprechenden Parteiwillens reicht es aber nicht aus, dass der letzte und der vorletzte Vertrag in den Vertragsbedingungen übereinstimmen und auch die zu erfüllende Arbeitsaufgabe die gleiche bleibt - was hier gegeben wäre. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen. Diese liegen etwa vor, wenn der Anschlussvertrag lediglich eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des im früheren Vertrag vereinbarten Endzeitpunktes betrifft, diese Korrektur sich am Sachgrund der Befristung des früheren Vertrags orientiert und allein in der Anpassung des ursprünglich vereinbarten Vertragszeit an später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Umstände besteht. Es darf den Parteien nur darum gegangen sein, die Laufzeit des alten Vertrages mit dem Sachgrund der Befristung in Einklang zu bringen (vgl. BAG a. a. O.).

Im vorliegenden Fall, in dem der ursprünglich vom 01.07.2004 bis zum 26.02.2006 abgeschlossene Vertrag bis zum 31.12.2006 verlängert wurde, handelt es sich schon nicht mehr um eine verhältnismäßig geringfügige zeitliche Korrektur. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Korrektur dem Anliegen diente, die Laufzeit des alten Vertrages mit dem Sachgrund für den alten Vertrag in Einklang zu bringen. Nach Darlegung der Beklagten bestand der Sachgrund in dem alten Vertrag in der Vertretung für eine andere Person. Der Kläger hat - jedenfalls substantiiert - keine anderen Sachgründe dazu vorgetragen. Im Übrigen ist unstreitig, dass der Vertretungsbedarf für Frau S , den die Beklagte als Sachgrund für den letzten Vertrag anführt, jedenfalls nicht vor Beginn des letzten Vertrages vorlag.

B. Es lag jedenfalls für die Zeit vom 26.03.2006 bis zum Ende des letzten Vertrages der Sachgrund der Vertretung vor.

Unstreitig begann Frau S am 26.03.2006 ihren Mutterschutz und nahm anschließend Elternzeit für die Zeit vom 03.07.2006 bis zum 29.04.2008.

1. Hier liegt eine sog. unmittelbare Vertretung vor. Denn nach vom Kläger nicht mehr bestrittenem Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 04.07.2007 (Bl. 40 d. A.) arbeiteten sowohl der Kläger als auch Frau S im Kundenservice in einer Art "Call-Center" und bedienten die laufend eingehenden Kundenanfragen. Die Beklagte hält ständig einen "Pool" von 25 Mitarbeitern für die Bearbeitung von Kundenanfragen vor. Werden die Kundenanfragen aber in einem Pool von Mitarbeitern verteilt, so war der Kläger unmittelbar für die selbe Arbeit eingeteilt, die auch Frau S wahrnahm.

2. Selbst dann aber, wenn man aufgrund der Tatsache, dass die Kundenanfragen in einer solchen pooltypischer Weise reihum oder nach einem Zufallsprinzip verteilt werden, eine nur mittelbare Vertretung erkennen wollte, so wären auch die dafür vom Bundesarbeitsgericht definierten Voraussetzungen erfüllt. Sollen nämlich die Aufgaben des vorübergehend ausgefallenen Mitarbeiters nicht unmittelbar von der Vertretungskraft übernommen werden, muss der Arbeitgeber zur Darlegung des vom Arbeitnehmer bestrittenen Kausalzusammenhangs substantiiert deutlich machen, in welcher Weise die befristete Einstellung der Befriedigung des Vertretungsbedarfs dienen sollte (vgl. z. B. BAG 10.03.2004 AP TzBfG § 14 Nr. 11; 25.08.2004 NZA 2005, 472). Es reicht zwar nicht aus, lediglich die fachliche Austauschbarkeit des Vertreters mit dem Vertretenen darzutun (BAG, 15.02.2006, AP TzBfG § 14 Nr. 23). Der Arbeitgeber muss aber nicht stets zum Nachweis des Kausalzusammenhangs die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darlegen. Er kann nämlich auch von einer Neuverteilung der Aufgaben absehen und den befristet Beschäftigten Aufgaben zuweisen, die der Vertretende zu keiner Zeit ausgeübt hat. Dabei genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungslast unter zwei Voraussetzungen: Zum Einen ist die Darlegung des Arbeitgebers erforderlich, dass er rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit hatte, dem ausfallenden Mitarbeiter die von der Vertretungskraft auszuübenden Tätigkeiten im Wege des Direktionsrechts zu übertragen. Zusätzlich muss noch eine "gedankliche Zuordnung" zu den Aufgaben des Abwesenden feststellbar sein (BAG, 15.02.2006 AP TzBfG § 14 Nr. 23).

Dass die Beklagte Frau S die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten im "Pool" übertragen konnte, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Auch die "gedankliche Zuordnung" ist gegeben. Sie ergibt sich aus der Anfrage vom 05.01.2006 an die Europäische Zentrale (Bl. 22 d. A.), in der es übersetzt heißt:

"Es wird um Genehmigung gebeten, einen Mitarbeiter im Customer Service (A ) vom 26.03.2006 bis zum Ende ihrer Mutterschutzzeit (längstens drei Jahre) zu vertreten. Gleichzeitig läuft eine längere Befristung aus (T ); er ist sehr erfahren und leistungsstark. Die Verlängerung seines Arbeitsverhältnisses anstatt einer Neuanstellung würde weiteres Training vermeiden und würde eine hochwertige Vertretung für Frau A. S sicherstellen."

Dem entspricht die Betriebsratsanhörung, nach der Befristung aufgrund einer "Mutterschutz/Elternzeitvertretung" erfolgt.

C. Die Befristung ist nicht ungerechtfertigt, weil dieser Sachgrund in der Zeit vom 27.02.2006 bis zum 26.03.2006 nicht vorgelegen hätte.

Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Beklagte es zweitinstanzlich vorträgt - Frau S in dieser Zeit Urlaub hatte und Freischichten abfeierte und auch insofern ein Vertretungsfall vorgelegen hätte.

Die mangelnde zeitliche Übereinstimmung in der Zwischenzeit zwischen Beendigung des vorhergehenden befristeten Vertrages am 26.02.2006 und dem Beginn des Mutterschutzes von Frau S am 26.03.2006 wäre im vorliegenden Fall unschädlich.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Urteil vom 26.08.1988 (AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 124; zum TzBfG vgl. 23.04.2004, AP TzBfG § 14 Nr. 12) bedarf es zur wirksamen Befristung eines Arbeitsvertrages außer einem sachlichen Grund für die Befristung nicht noch zusätzlich einer eigenen sachlichen Rechtfertigung für die gewählte Dauer. Die im Einzelfall vereinbarte Vertragsdauer hat nur Bedeutung im Rahmen der Prüfung des sachlichen Befristungsgrundes selbst. Sie muss sich am Sachgrund der Befristung orientieren und so mit ihm im Einklang stehen, dass sie nicht gegen das Vorliegen des Sachgrundes spricht.

Dass bei einem Auseinanderfallen von Vertragsdauer und objektiver Dauer des sachlichen Grundes nicht stets ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande kommt, wurde ursprünglich damit begründet, dass die unter dem Gesichtspunkt der Umgehung zwingenden Kündigungsschutzrechts zu beantwortende Frage laute, ob verständige und verantwortungsbewusste Parteien unter den im Einzelfall gegebenen Umständen anstelle des befristeten einen unbefristeten Arbeitsvertrag geschlossen hätten, nicht, ob statt der vereinbarten Befristung eine andere Befristung sachgerecht gewesen wäre. Denn auch eine andere Befristung würde dem Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz verschaffen. Trotz der Loslösung des Sachgrunderfordernisses von der Theorie der objektiven Gesetzumgehung gibt die gesetzliche Regelung im TzBfG keinen Anlass, diese Grundsätze zum Verhältnis von Sachgrund und Vertragsdauer zu ändern (vgl. auch BAG, 23.06.2004 a. a. O.).

Allerdings gilt im Grundsatz (vgl. BAG 26.08.1988 AP BGB, § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), dass dann, wenn die vereinbarte Vertragsdauer über die des Sachgrundes hinaus geht, die Befristungsdauer in der Regel nicht mehr mit dem Befristungsgrund zu erklären ist. So z. B. dann, wenn die Befristung mit einer notwenigen Erprobung begründet wird, die vereinbarte Vertragsdauer aber deutlich den für eine Erprobung angemessenen Zeitraum überschreitet (vgl. BAG 26.08.1988 a. a. O.).

Aber auch dann, wenn man diese Regel auf den vorliegenden Fall übertragen wollte, dass die Nichtübereinstimmung von Vertragsdauer und Sachgrunddauer nicht am Ende des Arbeitsvertrages auftritt sondern am Anfang des Arbeitsvertrages, so spricht dieses im vorliegenden Fall nicht gegen das Vorliegen des Sachgrundes. Es ist nämlich durch die Beklagte dokumentiert worden, dass trotz der - hier unterstellten - Lücke von einem Monat zwischen dem vorherigen Vertrag und dem Einsetzen des Sachgrundes für den letzten Vertrag es genau dieser Vertretungsgrund war, der für die Befristung des Arbeitsvertrages kausal war. Dieses ergibt sich zum Einen aus dem bereits vom 05.01.2006 datierenden Schreiben der Beklagten an die Europäische Zentrale, welches bereits oben zitiert wurde. Daraus folgt ganz offensichtlich, dass der Ausfall von Frau S Grund für die Verlängerung des Vertrages des Klägers war und nicht nur vorgeschoben ist. Auch dem Betriebsrat ist als Befristungsgrund eindeutig Mutterschutz bzw. Elternzeit genannt worden.

Im Übrigen besteht kein Anlass zu der Annahme, dass die Beklagte dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten hätte, wenn es nur um die Abdeckung eines lediglich für die Zeit vom 27.02. bis zum 26.03. bestehenden zusätzlichen anderweitigen Arbeitsbedarfs gegangen wäre. Von "verständigen und verantwortungsbewussten" Parteien hätte im vorliegenden Fall wegen dieser Lücke von einem Monat nicht erwartet werden können, anstelle des befristeten einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen. Dieses verdeutlicht folgende Überlegung: Entweder war - wie der erstinstanzliche Vortrag der Beklagte verstanden werden konnte - die Arbeitskraft des Klägers in dieser Zeit an sich überflüssig. Dann wäre ohne den nachherigen Vertretungsfall mit aller Wahrscheinlichkeit kein weiterer Vertrag mit dem Kläger geschlossen worden. Oder die Beklagte benötigte gerade für diesen Monat unabhängig vom Ausfall von Frau S eine zusätzliche Arbeitskraft. Dann hätte sie ebenso mit Sachgrund für diesen einen Monat etwa wegen zusätzlichen vorübergehenden Arbeitsbedarfs das Arbeitsverhältnis befristen können. Es erschiene geradezu wirtschaftlich unvernünftig, nur wegen dieses einen Monats das bislang befristete Arbeitsverhältnisses des Klägers in ein unbefristetes umzuwandeln.

D. Dahinstehen kann damit auch, ob - das Nichtvorliegen des Vertretungsfalls im ersten Monat wieder unterstellt - nicht , wofür einiges spricht, der Sachgrund der sozialen Überbrückung gegeben wäre.

E. Dass die vereinbarte Vertragsdauer indes zum Ende des Vertrages nicht mit dem - dann unstreitig weiter andauernden - Vertretungsfall zeitlich übereinstimmt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unschädlich. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grunde die Beklagte keine längere Befristung als bis zum 31.12.2006 vorgenommen hat. Es kann insbesondere dahinstehen, ob die Beklagte schon zum damaligen Zeitpunkt - was zwischen den Parteien streitig ist - damit rechnete, dass Umstrukturierungsmaßnahmen gegen Ende des Jahres einsetzen würden und evtl. der vom Kläger eingenommene Arbeitsplatz dann überflüssig würde.

Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht es im Vertretungsfalle dem Arbeitgeber frei, den Arbeitsanfall überhaupt zu überbrücken. Deshalb verbleibt ihm auch die Entscheidung darüber, die Vertretungsdauer nur für eine kürzere Zeit zu regeln (vgl. z. B. BAG, 21.02.2001 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 226; 13.10.2004 AP TzBfG § 14 Nr. 13). Dem entspricht die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 21 Abs. 1 BEEG, nach der die Befristung auch nur "für Teile" der Vertretungszeit erfolgen kann. Einer weiteren sachlichen Begründung dafür, dass der Arbeitgeber nur für Teile der Vertretungszeit befristet und nicht für die gesamte prognostizierbare Ausfallzeit, bedarf es nicht.

F. Auch sofern der Kläger in der Berufungsinstanz vorträgt, es dürfe die allgemeine Lebenserfahrung als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden, dass Mütter vielfach nach ablaufender Elternzeit kein Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mehr hätten, die Prognose bei der Befristung müsse sich aber auf den Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die zu erwartende Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers erstrecken, hierzu habe die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen, so stellt dieses den Befristungsgrund ebenfalls nicht in Frage.

Richtig ist zunächst am Hinweis des Klägers, dass Teil des Sachgrundes der Vertretung eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs ist. Diese Prognose hat sich darauf zu beziehen, ob zu erwarten ist, dass der vertretene Arbeitnehmer seinen Dienst wieder antreten wird. Davon kann in Vertretungsfällen aber regelmäßig ausgegangen werden (BAG 23.01.2002 AP BGB, § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 231). Solange die Stammkraft einen Anspruch darauf hat, die Tätigkeit wieder aufzunehmen, muss und darf der Arbeitgeber mit deren Rückkehr rechnen (BAG 02.07.2003 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 254). Diese Prognose darf der Arbeitgeber erst dann nicht mehr stellen, wenn der vertretene Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit der Vertretungskraft verbindlich erklärt hat, dass er die Arbeit nicht mehr wieder aufnehmen werde. Ansonsten muss der Arbeitgeber mit dessen Rückkehr an seinen Arbeitsplatz rechnen (BAG, a. a. O.). Dies gilt auch und gerade bei der Vertretung infolge von Beurlaubungen (BAG 13.10.2004 AP TzBfG § 14 Nr. 13).

Da der Arbeitsvertrag mit Frau S noch besteht und sie mithin einen Anspruch darauf hat, die Tätigkeit wieder aufzunehmen und der Kläger auch nicht behauptet, dass Frau S bereits vor Abschluss des befristeten Vertrages verbindlich erklärt habe, dass sie die Arbeit nicht wiederaufnehmen werde, kommt es auf die vom Kläger angeführte "allgemeine Lebenserfahrung" nicht an.

G. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Beklagten waren gemäß § 97 Abs. 2 ZPO nicht deshalb die Kosten aufzuerlegen, weil sie erstinstanzlich nicht vorgetragen hat, dass Frau S auch in der Zeit vom 26.02. bis zum 24.03.2006 Urlaub gehabt bzw. Freischichten abgefeiert habe. Denn die obsiegt, wie oben dargestellt, nicht aufgrund dieses neuen Vorbringens.

Ende der Entscheidung

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