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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 09.06.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 423/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 612 a
1. Dienstliche Beurteilungen sind gerichtlich nur beschränkt überprüfbar im Hinblick darauf, ob allgemeine Beurteilungsmaßstäbe beachtet, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten worden ist (im Anschluss an BAG, Urteil vom 24.01.2007 - 4 AZR 629/06).

2. Bei der Überprüfung gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Zunächst ist es Sache des Arbeitnehmers, Indizien für eine fehlerhafte Beurteilung vorzutragen. Alsdann obliegt es dem Arbeitgeber, vorzutragen, aus welchen Gründen die angegriffene Beurteilung vorgenommen wurde.


Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.09.2007 - 1 Ca 293/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Entfernung einer dienstlichen Beurteilung aus der Personalakte der Klägerin.

Die Klägerin ist als technische Angestellte seit dem 01.07.2003 bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist Leiterin des G C I (GCI).

Über Gegenstand und Verfahren von Beurteilungen haben die Beklagte und der bei ihr amtierende Personalrat eine Dienstvereinbarung über vorläufige Richtlinien für die Beurteilung der Beschäftigten der abgeschlossen (Bl. 18 ff. d. A.).

Die Dienstvereinbarung sieht vor, dass die Beurteilung anhand eines einheitlichen Beurteilungsbogens vorgenommen werden muss. Dabei sind Notenstufen von 0 bis 15 Punkten vorgesehen. Die höchste Notenstufe "übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße" setzt eine Punktzahl zwischen 13,0 bis 15 Punkten voraus. Bei einer Punktzahl von 10,0 bis 12,9 wird die zweitbeste Note "übertrifft die Anforderungen" erreicht und bei einer Punktzahl von 6,0 bis 9,9 Punkten führt dies zur drittbesten Notenstufe "erfüllt die Anforderungen vollständig".

Zum Stichtag 31.03.2006 wurde der Klägerin erstmalig eine Regelbeurteilung für den Zeitraum 01.01.2005 bis 30.03.2006 erteilt. Dazu erhielt die Klägerin einen Entwurf, der vom Zweitbeurteiler unterzeichnet war und mit einer Gesamtwertung von 9,9 Punkten endete (Bl. 11 bis 13 d. A.).

Diese kritisierte die Klägerin, worauf ihr dann unter dem 18.12.2006 eine abgeänderte dienstliche Beurteilung vorgelegt wurde (Bl. 14 bis 16 d. A.). In dieser Beurteilung waren gegenüber dem vorher zur Kenntnis gebrachten Exemplar die Einzelbewertungen hinsichtlich der 12 Beurteilungsmerkmale teils verbessert, teils aber auch verschlechtert worden, so bei dem vierten Kriterium Auffassungsgabe von 13 auf 11 Punkte und bei dem fünften Kriterium Initiative, konzeptionelles Arbeiten, Kreativität von 14 auf 12 Punkte. Die Gesamtwertung betrug nunmehr 10,1 Punkte und damit die Notenstufe "übertrifft die Anforderungen".

Mit dieser Beurteilung war die Klägerin nicht einverstanden und hat zunächst Klage dahingehend erhoben, eine Korrektur der Einzelbewertungen zu erreichen.

Nach gerichtlichem Hinweis hat die Klägerin ihre Klage unter Rücknahme im Übrigen dahingehend abgeändert, die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin unter dem 31.03.2006 erteilte dienstliche Beurteilung aus ihrer Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, der Erstbeurteiler der Klägerin, Herr K , und die Zweitbeurteilerin, Frau B , hätten im Rahmen einer sorgfältigen Würdigung und vergleichenden Betrachtung innerhalb der Vergleichsgruppe der Klägerin sich zunächst ein umfassendes Bild von Eignung und Leistung der Klägerin verschafft. Die Ergebnisse dieser Betrachtung seien im Anschluss daran mit der Klägerin erörtert worden. Im Lichte der hierbei gewonnenen Erkenntnisse sowie unter Würdigung eines durch die Klägerin im September 2006 gefertigten und der Beklagten am 11.10.2006 ausgehändigten Vermerks über die Schwerpunkte der Tätigkeit der Klägerin seien die Einzelwertungen im Abschnitt B der Beurteilung - wiederum im Rahmen einer vergleichenden Betrachtung - angepasst und der Klägerin schließlich im Abschnitt C der Beurteilung das Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen" zuerkannt worden (Schriftsatz der Beklagtenseite vom 06.03.2007, Seite 3/Bl. 49 d. A.).

Durch Urteil vom 06.09.2007 hat das Arbeitsgericht der Klage auf Entfernung der dienstlichen Beurteilung stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass ein Arbeitgeber zur Beurteilung befugt sei. Dabei seien dienstliche Beurteilungen nur beschränkt überprüfbar. Bei Anwendung dieses Maßstabs sei aber festzustellen, dass die Beklagte gegen die Grundsätze des Maßregelungsverbotes verstoßen habe. Denn die Beklagte habe keine Umstände dafür vorgetragen, warum sie die zunächst erteilten Einzelbewertungen zu Lasten der Klägerin verschlechtert habe. Der Arbeitgeber sei nicht befugt, ohne neue Umstände seine bisherige Beurteilung zu ändern.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründen lassen.

Die Beklagte bringt vor, die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die ihr unter dem Datum des 31.03.2006 erteilte dienstliche Beurteilung aus der Personalakte entfernt werde. Bei der zunächst mit der Klägerin besprochenen Beurteilung (Anlage K 4) habe es sich nur um einen Entwurf gehandelt, der weder ausgefertigt noch Bestandteil der Personalakte der Klägerin geworden sei. Streitgegenstand sei allein die dienstliche Beurteilung vom 18.12.2006, die das Ergebnis einer sorgfältigen Würdigung und vergleichenden Betrachtung innerhalb der Vergleichsgruppe der Klägerin sei, und zwar unter Einschluss der Bedenken, die die Klägerin im Herbst 2006 vorgebracht habe.

Zwar sei es richtig, dass die Bewertungen einiger Beurteilungsmerkmale gegenüber dem Beurteilungsentwurf zum Teil nach oben, hinsichtlich einzelner Bewertungen aber auch nach unten abwichen. Zu berücksichtigen sei aber, dass insgesamt die Gesamtwertung um eine Notenstufe angehoben worden sei. Ein Verstoß gegen § 612 a BGB liege nicht vor. Der Arbeitgeber sei nicht gehindert, innerhalb eines Beurteilungsverfahrens vom Entwurf einer dienstlichen Beurteilung zu Lasten des Arbeitnehmers abzuweichen. Eine isolierte Überprüfung einzelner Beurteilungsmerkmale sei unzulässig. Die Grundsätze, die das Bundesarbeitsgericht zur Bindung des Arbeitgebers an ein bereits erteiltes Zeugnis aufgestellt habe, könnten auf dienstliche Beurteilungen nicht angewandt werden. Im Übrigen habe die Klägerin die Voraussetzungen des § 612 a BGB nicht ausreichend dargetan. Die Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer wegen seiner Rechtsausübung durch den Arbeitgeber benachteiligt werde, trage der Arbeitnehmer. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht das Vorbringen der Beklagten, die sich auf die Notwendigkeit einer vergleichenen Betrachtung innerhalb der Vergleichsgruppe der Klägerin gestützt habe, als nicht ausreichend im Sinne einer Klageabweisung erachtet. Würde man dem Arbeitsgericht in seinen Überlegungen folgen, so würden diejenigen Arbeitgeber belohnt, die das Verfahren der dienstlichen Beurteilung bis zur ihrer Eröffnung geheim, mindestens aber intransparent hielten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.09.2007 - 1 Ca 293/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bekräftigt, dass die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verstoßen habe, indem sie die dienstliche Beurteilung der Klägerin nachträglich ohne jeglichen sachlichen Grund negativ abgeändert habe. Unrichtig sei dabei das Vorbringen der Beklagte, bei dem der Klägerin zunächst überreichten Beurteilungsexemplar habe es sich nur um einen Entwurf gehandelt. Aus den Unterschriften ergebe sich das Gegenteil. In dem Moment, in dem die dienstliche Beurteilung der Klägerin gegenüber eröffnet worden sei, habe der Arbeitgeber zum Ausdruck gebracht, dass er die dienstliche Beurteilung als abgeschlossen ansehe. Diese Bewertung werde auch durch Ziffer 13 der Beurteilungsrichtlinien bestätigt, wonach die Vorlage gegenüber dem Beurteilten die Bekanntgabe der Beurteilung darstelle.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Klägerseite hat angeregt, im Hinblick auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 07.11.2007 - 3 Sa 783/07 - die Revision zuzulassen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründete Berufung ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht der Klage auf Entfernung der dienstlichen Beurteilung, die unter dem 31.03.2006 erteilt worden ist, stattgegeben.

I. Beurteilungen unterliegen, wie das Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet hat, anderen Beurteilungsmaßstäben als Zeugnisse. Denn eine dienstliche Beurteilung dient, anders als ein Zeugnis oder Zwischenzeugnis, nicht der Außendarstellung, auch nicht der beruflichen Förderung, sondern lediglich dem internen Verwaltungsgebrauch zur Feststellung der Verwendungsmöglichkeiten des Angestellten einschließlich einer sachlich und rechtlich richtigen Auslese bei Beförderungsentscheidungen. Deshalb kommt bei Beurteilungen - anders als bei Zeugnissen - kein Anspruch auf Berichtigung oder teilweise Berichtigung einzelner Beurteilungs- oder Leistungsmerkmale in Betracht. Dienstliche Beurteilungen sind deshalb nur beschränkt nachprüfbar und können von den Gerichten nur daraufhin kontrolliert werden, ob der Beurteiler allgemeine Beurteilungsmaßstäbe beachtet, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, siehe BAG Urteil vom 24.01.2007 - 4 AZR 629/06 -; BAG Urteil vom 19.03.2003 - 7 AZR 334/02 -; AP Nr. 1 zu § 8 LPVG Sachsen; BAG Urteil vom 08.05.2001 - 9 AZR 208/00 - EZA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 60).

Aus diesem Grund kann ein Arbeitnehmer auch nicht die Korrektur einer Gesamtbewertung, die Abänderung von Punktewerten oder die Heraufstufung hinsichtlich von Einzelbewertungen verlangen (siehe BAG Urteil vom 24.01.2007 - 4 AZR 629/06 -).

Erweist sich eine Beurteilung angesichts des eingeschränkten Kontrollmaßstabes, der darin besteht, dass Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist, als rechtsfehlerhaft, so liegt die Rechtsfolge darin, dass lediglich die Entfernung dieser Beurteilung aus der Personalakte gegebenenfalls verbunden mit dem Anspruch auf Neubeurteilung gerichtlich begehrt werden kann.

Dementsprechend hat das Arbeitsgericht darauf hingewirkt, dass die Klägerin unter Rücknahme ihres ursprünglich weitergehenden Antrages auf Berichtigung der erteilten Beurteilung lediglich begehrt hat, die erteilte Beurteilung aus der Personalakte zu entfernen.

II. Ein Entfernungsanspruch ist im vorliegenden Fall begründet, da die Beklagte gegen Verfahrensgrundsätze und auch gegen § 612 a BGB verstoßen hat.

1. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem der Klägerin zunächst zur Verfügung gestellten Beurteilung noch um einen Beurteilungsentwurf handelte, wie die Beklagtenseite meint, oder ob es sich dabei bereits um eine ausgefertigte Beurteilung handelte. Denn wenn auch in dem zunächst erteilten Beurteilungsexemplar nur ein Beurteilungsentwurf zu sehen wäre, läge eine verfahrensfehlerhafte Vorgehensweise und ein Verstoß gegen § 612 a BGB vor. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung gilt bei der Beurteilung der verfahrensrechtlichen Lage eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast (siehe LAG Köln Urteil vom 07.11.2007 - 3 Sa 783/I07 -). Das LAG Köln hat in jener Entscheidung ausgeführt:

"Dabei folgt die erkennende Kammer der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit die verfahrensrechtliche Lage betroffen ist. Ebenso wie das Arbeitsgericht geht die Kammer von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast aus. Aufgrund des bestehenden Beurteilungsspielraums der Beklagten ist es zunächst Aufgabe der Klägerin Indizien dafür vorzutragen, dass die Beklagte bei ihrer Beurteilung fehlerhaft gehandelt hat. Ist dies geschehen, obliegt es der Beklagten, ihrerseits darzulegen, aus welchen Gründen die angegriffene Beurteilung vorgenommen wurde. Erst in einem dritten Schritt sind sodann von der Klägerin Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, die eine Verletzung des Beurteilungsspielraums durch die Beklagte belegen.

Die Klägerin ist zunächst ihrer primären Darlegungslast nachgekommen. Sie hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ihr Referatsleiter als unmittelbarer Vorgesetzter einen Beurteilungsentwurf mit der Gesamtnote "voll erfüllt" erstellt hat und die Beklagte in der streitgegenständlichen Regelbeurteilung hiervon nach unten abgewichen ist. Damit sind ausreichende Umstände gegeben, die eine Begründung der Beklagten erforderlich machten."

Die erkennende Kammer schließt sich dem an, insbesondere der Auffassung des Urteils des LAG Köln vom 07.11.2007 - 3 Sa 783/07 -, dass die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast bereits dann gelten, wenn von einem Beurteilungsentwurf abgewichen werden soll.

2. Für diese Auffassung sprechen im vorliegenden Fall zusätzlich die Vorgaben der Dienstvereinbarung über die Beurteilung sowie die konkreten Sachverhaltsumstände. In Ziffer 7 der Beurteilungsrichtlinien heißt es, dass Erstbeurteilerin/der Erstbeurteiler auf einem Beurteilungsbogen einen Beurteilungsentwurf fertigt und die Beurteilungsbögen alsdann dem Zweitbeurteiler vorgelegt werden, der die Aufgabe hat, diese Ergebnisse der Erstbeurteilung nach Vergleichsgruppen in einer Beurteilungsübersicht zusammenzufassen und zu bewerten.

Vor diesem Hintergrund ist bedeutsam, dass das der Klägerin zunächst zugänglich gemachte Beurteilungsexemplar bereits von der Zweitbeurteilerin, Frau B , unterschrieben war. Eine solche Unterschrift der Zweitbeurteilerin indiziert, dass diese damit ihrer Aufgabe nach Ziffer 7 der Beurteilungsrichtlinien, die Entwürfe zusammenzufassen und zu bewerten, auch nachgekommen ist. Zumindest ist gegenüber der Klägerin durch die Unterschrift der Zweitbeurteilerin genau dieser Eindruck hervorgerufen worden.

Es kommt hinzu, dass die Beklagte sich bei ihrem erstinstanzlichen Vorbringen im Schriftsatz vom 06.03.2007 (Bl. 3 dieses Schriftsatzes - Bl. 49 d. A.) genau hierauf auch berufen hat. Denn in jenem Schriftsatz hat die Beklagte vorgetragen, Erstbeurteiler und Zweitbeurteilerin hätten die Beurteilung der Klägerin unter Beachtung der Vorgaben nach Ziffer 7 der Beurteilungsrichtlinien erstellt. Im Rahmen einer sorgfältigen Würdigung und vergleichenden Betrachtung innerhalb der Vergleichsgruppe der Klägerin hätten sich Erstbeurteiler und Zweitbeurteilerin zunächst ein umfassendes Bild von Eignung und Leistung der Klägerin verschafft. Die Ergebnisse dieser Betrachtung seien im Anschluss daran mit der Klägerin erörtert worden. Im Lichte der hierbei gewonnenen Erkenntnisse sowie unter Würdigung eines durch die Klägerin im September 2006 gefertigten und der Beklagten am 11.10.2006 ausgehändigten Vermerks über die Schwerpunkte der Tätigkeit der Klägerin seien dann die Einzelwertungen im Abschnitt B der Beurteilung angepasst und der Klägerin schließlich im Abschnitt C der Beurteilung das Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen" zuerkannt worden.

Damit hat die Beklagte selbst eingeräumt, dass bereits vor Aushändigung des ersten Beurteilungsexemplars an die Klägerin eine umfassende Bewertung der Eignung und Leistung der Klägerin einschließlich einer vergleichenden Betrachtung innerhalb der Vergleichsgruppe der Klägerin Erstbeurteiler und Zweitbeurteilerin erfolgt sind.

3. Die Klägerin hat damit ihrer Darlegungslast, Indizien dafür vorzutragen, dass die von dem zunächst erteilten Beurteilungsentwurf abweichende Beurteilung verfahrensfehlerhaft ist und gegen § 612 a BGB verstoßen wurde, in ausreichendem Maß erfüllt. Es wäre daher Aufgabe der Beklagten gewesen, Gründe dafür vorzutragen, weshalb Änderungen zu Lasten der Klägerin vorgenommen worden sind. Denn nur dann ist der Sinn eines transparenten Beurteilungsverfahrens, wie er durch die Beurteilungsrichtlinien vorgegeben ist, erfüllt. Am Ende muss die dem Beurteilten erteilte Beurteilung verständlich und nachvollziehbar sein. Dies entspricht im Ergebnis auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 1979 die Begründung einer Beurteilung durch den Beurteilenden als "selbstverständliche Pflicht" bezeichnet hat (so ausdrücklich LAG Köln Urteil vom 07.11.2007 - 3 Sa 783/07 - unter Hinweis auf BAG Urteil vom 28.03.1979 - 5 AZR 80/77 - EZA § 611 Fürsorgepflicht Nr. 24).

Dieser Begründungspflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen. Der pauschale Hinweis der Beklagtenseite darauf, die Abänderung der Gesamtnote beruhe darauf, dass neuerlich alle Beurteilungsmerkmale im Rahmen einer vergleichenden Bewertung umfassend betrachtet und zu einer Gesamtwertung zusammengeführt würden, ist nicht geeignet, eine konkrete Begründung zu ersetzen. Dem steht bereits entgegen, dass nach Ziffer 7 der Beurteilungsrichtlinien der Zweitbeurteiler die Aufgabe hat, die Ergebnisse der Erstbeurteilung nach Vergleichsgruppen zusammenzufassen und zu bewerten. Dass dies geschehen ist, hat die Zweitbeurteilerin durch die Unterschrift unter das erste Beurteilungsexemplar dokumentiert. Vor diesem Hintergrund muss die Beklagte angeben können, aufgrund welcher Umstände sie bei Einzelbewertungen zu Lasten der Klägerin von den Ergebnissen dieser zusammenfassenden und vergleichenden Beurteilung wieder abweichen will. Andernfalls bleibt der Eindruck stehen, dass die negativen Abänderungen verfahrensfehlerhaft waren und im Übrigen nur deshalb erfolgt sind, weil die Klägerin ihr Recht, Gegenvorstellungen gegen die Beurteilung zu erheben (Ziffer 13 der Beurteilungsrichtlinien) wahrgenommen hat.

4. Die Beklagte kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, sie habe der Klägerin in der letztendlich erteilten Beurteilung die höhere Notenstufe "übertrifft die Anforderungen" zuerkannt. Zwar ist die Beklagte auch hieran gebunden, soweit keine nachträglich entstandenen oder erkannten Abänderungsgründe vorgetragen werden können. Die Heraufstufung in der Gesamtbewertung rechtfertigt es jedoch nicht, verfahrensfehlerhaft und unter Verstoß gegen § 612 a BGB zustande gekommene Einzelbewertungen aufrecht zu erhalten. Denn da auch die Einzelbewertungen Bestandteil der Personalakte werden, kann der Verfahrensfehler und der Verstoße gegen § 612 a BGB nur dadurch beseitigt werden, dass die Beurteilung insgesamt aus der Personalakte entfernt wird.

Unrichtig ist schließlich die Befürchtung der Beklagten, ein einmal erteilter Beurteilungsentwurf wirke als perpetuum mobile fort. Denn der Arbeitgeber hat als Beurteiler durchaus die Möglichkeit, von einem Beurteilungsentwurf abzuweichen. Dies setzt aber voraus, dass dafür sachliche Gründe benannt werden können. Andernfalls würde dies zu einer willkürlichen Abänderung von Beurteilungsentwürfen führen, die zu dem durch die Dienstvereinbarung vorgegebenen Beurteilungsverfahren in Widerspruch stünde.

Eine Notwendigkeit, der Beklagten noch eine weitere Möglichkeit einzuräumen, Gründe für die verschlechternde Beurteilung bei einzelnen Beurteilungsmerkmalen vorzutragen, bestand nicht. Denn bereits angesichts der - zutreffenden - Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil hätte die Beklagte allen Anlass gehabt, solche Gründe im Rahmen der - verlängerten - Berufungsbegründungsfrist vorzutragen. Zudem war der Beklagtenseite, die sich zur Begründung ihres Revisionszulassungsantrages auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 07.11.2007 - 3 Sa 783/07 - berufen hat, die in diesem Urteil im Einzelnen dargelegte obergerichtliche Rechtsprechung zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast bei Beurteilungsentwürfen bekannt.

III. Nach allem konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben und musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden. Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache weder rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, noch ein Fall von Divergenz vorlag. Insbesondere liegt keine Divergenz, sondern im Gegenteil, Übereinstimmung mit dem Urteil LAG Köln vom 07.11.2007 - 3 SA 783/07 - vor, gerade im Hinblick auf die hier zum Tragen kommende abgestufte Darlegungs- und Beweislast bei der Überprüfung dienstlicher Beurteilungen.

Ende der Entscheidung

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