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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 645/03
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
KSchG § 2
KSchG § 9
1. Durch die Option der sog. Verhandlungslösung vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung dürfen die Rechte des Arbeitsnehmers aus § 2 KSchG nicht verkürzt werden.

2. Der Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung gebietet es, eine mögliche Änderungskündigung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch dann auszusprechen, wenn der Arbeitnehmer eine zuvor angebotene einverständliche Abänderung des Arbeitsvertrags abgelehnt hat (teilweise abweichend von BAG 27.09.1984 - AZR 62/83 NZA 1985, 455).


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 645/03

Verkündet am 20. November 2003

In Sachen

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 20.11.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kalb als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Bierhoff und Winthuis

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 25.02.2003 - 5 Ca 2499/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 22.05.2002 nicht zum 31.12.2002 aufgelöst worden ist.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 1/5 und der Beklagten zu 4/5 auferlegt.

5. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Der am 01.09.1949 geborene Kläger war seit dem 01.07.1974 für die Beklagte, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, tätig. Mit Wirkung vom 01.01.1989 übernahm er die Position des Leiters der EDV. Zum 01.07.1991 wurde er zum Hauptabteilungsleiter Informationsverarbeitung ernannt und erhielt Gesamtprokura. Sein Jahresverdienst betrug zuletzt 138.681,89 € brutto.

Im Rahmen einer Neustrukturierung der kaufmännischen Bereiche des Unternehmens unterhalb der Geschäftsführerebene bzw. - nach Änderung der Rechtsform - der Vorstandsebene bildete die Beklagte im Jahre 2001 sog. Bereiche, wobei der Bereich Informationstechnologie und Organisation zunächst vom sog. Bereichsleiter R , später von dem Mitarbeiter P geführt wurde, dem der Kläger ausweislich des Organigramms vom April 2001, (Kopie Blatt 245 d. A.) mit der Hauptabteilung "Anwendungen" unterstellt sein sollte. Die Aufgaben des Herrn P als "Bereichsleiter Informationstechnologie und Organisation" sind in einem Stellenprofil vom 01.01.2002 (Kopie Blatt 32 d. A.) beschrieben. Im Zuge weiterer Strukturänderungen wurde die Titulierung der Hierarchieebene "Bereichsleiter Informationstechnologie und Organisation" geändert in "Hauptabteilungsleiter Informationstechnologie/Organisation". Die Stelle blieb mit Herrn P besetzt.

Mit Schreiben vom 21.03.2002 (Blatt 54 d. A.) bot die Beklagte dem Kläger eine Beschäftigung als "Prozesskoordinator Umwelt/Technik" an und übersandte einen entsprechenden AT-Anstellungsvertrag (Kopie Blatt 46 ff. d. A.), der ein Entgelt in Höhe von 68.900,00 € (13 x 5.300,00 €) vorsah. Der an sich verhandlungsbereite Kläger, der seinerseits etwa mit einer Reduzierung des Jahresgehalts auf 100.000,00 € plus Dienstwagen einverstanden gewesen wäre, lehnte das Änderungsangebot schließlich wegen der damit verbundenen Gehaltsminderung in einem Gespräch am 13.05.2002 ab.

Noch unter dem 13.05.2002 hörte die Beklagte daraufhin den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu einer Beendigungskündigung an (Kopie Blatt 36 d. A.). Der Betriebsrat widersprach der Kündigung vom 21.05.2002 unter Hinweis darauf, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich sei und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt habe (Kopie Blatt 37 d. A.).

Mit Schreiben vom 22.05.2002 (Kopie Blatt 6 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß aus betrieblichen Gründen zum 31.12.2002.

Mit seiner am 05.06.2002 erhobenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, weil seine bisherigen Aufgaben nicht entfallen sein, diese vielmehr von dem neu eingestellten und wesentlich jüngeren Herrn P übernommen worden seien. Die dem jetzigen Stelleninhaber zusätzlich zugeschriebenen Aufgaben könne er ebenfalls erledigen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 22.05.2002 nicht zum 31.12.2002 aufgelöst worden ist;

2. im Falle des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Kündigung sei betriebsbedingt gerechtfertigt, weil der Arbeitsplatz des Klägers ersatzlos entfallen sei. Sie habe den Betrieb einer umfassenden Strukturänderung unterworfen und dabei auch den sog. Overhead-Bereich neu organisiert. In diesem Zusammenhang sei die vom Kläger besetzte Stelle weggefallen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.02.2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die unternehmerischen Umstrukturierungsmaßnahmen der Beklagten hätten letztlich zu einem Wegfall der bislang vom Kläger innegehabten Position geführt. Da die neu geschaffene Position des Leiters der Abteilung Informationstechnologie/Organisation auch nicht mit der des Klägers vergleichbar sei, komme es auf die Frage einer Sozialauswahl zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter P nicht an. Wegen der weiteren Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe wird auf Blatt 185 ff. d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 07.05.2003 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 05.06.2003 Berufung eingelegt, die am 06.08.2003 nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist begründet worden ist. Er behauptet unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens, dass es sich bei der mit Herrn P besetzten Stelle um seine frühere Stelle gehandelt habe. Letztlich habe nur ein Austausch der Stelleninhaber stattgefunden, die er nicht hinzunehmen brauche. Das Stellenprofil für Herrn P sei erst im Nachhinein für den Kündigungsschutzprozess erstellt worden. Bezeichnend sei auch, dass der Zeuge L , der ehemalige Geschäftsführer und Vorgesetzte des Klägers, ihn am 15.09.2000 zu einem Gespräch gebeten und dabei über die Einstellung des Vorgängers von Herrn P , des Herrn R , informiert habe, und zwar mit den Worten: "Wir haben jemanden zum 01.10.2000 eingestellt, der ihren Job übernimmt."

Der Kläger beruft sich im Übrigen auf den Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung, weil er eine Änderung der Arbeitsbedingungen nicht gänzlich abgelehnt habe.

Der Kläger beantragt unter Rücknahme der Berufung im Übrigen,

das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 25.02.2003 teilweise abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 22.05.2002 nicht zum 31.012.2002 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt sie,

das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil aus Rechtsgründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist.

II. Das Rechtsmittel hat in dem verbliebenen Umfang - nach Rücknahme des Weiterbeschäftigungsantrags - auch in der Sache Erfolg.

Die Kündigung der Beklagten vom 22.05.2002 ist rechtsunwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Denn sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in ihrem Betrieb entgegenstehen, bedingt (§ 1 Abs. 2 KSchG). Der zuletzt gestellte Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten jedenfalls auf einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb hätte weiterbeschäftigt werden können, ohne dass es noch darauf ankommt, ob der bisherige Arbeitsplatz des Klägers tatsächlich entfallen oder lediglich ein Austausch der Stelleninhaber vorgenommen worden ist. Die Beklagte war verpflichtet, zur Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger eine Änderungskündigung mit dem Vertragsangebot vom 21.03.2002 auszusprechen. Dieser Rechtspflicht war sie nicht durch die Ablehnung des Angebots in der unterbreiteten Form durch den Kläger enthoben. Sie hätte dem Kläger vielmehr durch eine Änderungskündigung die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit geben müssen, die soziale Rechtfertigung der geänderten Bedingungen überprüfen lassen zu können. Der Kläger hätte auch, wie er in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt hat, eine Änderungskündigung unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung nach § 2 KSchG akzeptiert.

Der Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der das Kündigungsschutzrecht prägt. Die Beendigungskündigung kommt stets nur als letztes Mittel in Betracht, wenn feststeht, dass zur Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b) KSchG sieht ausdrücklich vor, dass die Kündigung auch sozial ungerechtfertigt ist, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus diesem Grund der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG schriftlich widersprochen hat. Es handelt sich um einen sog. absoluten Sozialwidrigkeitsgrund, der allerdings an einen ordnungsgemäßen Widerspruch des Betriebsrats geknüpft ist. Zwar hat der Betriebsrat der Kündigung hier wegen der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers widersprochen. Da er aber die konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in seinem Widerspruch nicht genannt hat, muss zu Gunsten der Beklagten angenommen werden, dass der Widerspruch nicht hinreichend konkret ist, um die Rechtsfolge des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG auszulösen.

Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit war die Beklagte gleichwohl gehalten, vor Ausspruch der Kündigung eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger zu geänderten Bedingungen zu prüfen, wie sie dies tatsächlich auch getan hat. Ergebnis ihrer Überprüfung war das Vertragsangebot vom 21.03.2002, womit dem Kläger eine Stelle als "Prozesskoordinator Umwelt/Technik" ab dem 01.11.2002 angeboten wurde. Nachdem die Verhandlungslösung am 13.05.2002 gescheitert war, hätte die Beklagte dem Kläger dieses Vertragsangebot mittels Änderungskündigung nach Maßgabe des § 2 KSchG unterbreiten müssen. Sie war noch nicht berechtigt, statt dessen ohne weiteres eine Beendigungskündigung zu erklären. Macht der Arbeitgeber von der Möglichkeit Gebrauch, dem Arbeitnehmer das Änderungsangebot bereits vor der Kündigung zu unterbreiten, so gebietet es der Schutzzweck des § 2 KSchG, dass das Änderungsangebot vollständig und eindeutig ist und der Arbeitgeber klarstellt, dass er im Falle der Ablehnung des Änderungsangebots eine Kündigung beabsichtigt. Dem Arbeitnehmer ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zusätzlich eine Überlegungsfrist von einer Woche einzuräumen. Das Änderungsangebot kann der Arbeitnehmer unter einem dem § 2 KSchG entsprechenden Vorbehalt annehmen. Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos und endgültig ab, so kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen. Dem Arbeitnehmer soll es dann verwehrt sein, den Arbeitgeber bei einer daraufhin ausgesprochenen Beendigungskündigung auf eine Änderungskündigung mit dem abgelehnten Inhalt zu verweisen (vgl. BAG vom 27.09.1984 - 2 AZR 62/83 - NZA 1985, 455; BAG vom 07.12.2000 - 2 AZR 291/99 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 108).

Diese im Wege der Rechtsfortbildung geschaffenen Regeln zur sog. Verhandlungslösung vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung erscheinen nicht unbedenklich. Kritisiert wird insbesondere, dass durch die Überlegungsfrist von nur einer Woche die Rechte des Arbeitnehmers aus § 2 KSchG verkürzt werden (vgl. KR/Rost, 6. Aufl., § 2 KSchG, Rz. 18 d; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Auflage, Rz. 1010 m. w. N.). Auch das Berufungsgericht neigt zu der Auffassung, dass es einer Sonderkonstruktion mit den aufgezeigten Maßgaben nicht bedarf, um zu einer interessengerechten Lösung zu gelangen. Mehr Rechtssicherheit gewährleistet das Verfahren, welches durch § 2 KSchG vorgegeben ist: Einerseits ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, in jedem Fall zunächst eine Verhandlungslösung zu versuchen. Er kann auch sogleich eine Änderungskündigung aussprechen, indem er Angebot und Kündigung miteinander verbindet (vgl. Kasseler Handbuch/Isenhardt, 2. Auflage, 6.3 Rz. 427). Andererseits sind die Interessen des Arbeitnehmers durch § 2 KSchG hinreichend geschützt. Er kann innerhalb der Kündigungsfrist - längstens der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG - frei wählen, ob er das Angebot ablehnen, ob er es endgültig oder unter Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehmen will. Der Einräumung einer zusätzlichen Überlegungsfrist vor der Kündigung bedarf es nicht (vgl. KR/Rost, § 2 KSchG, Rz. 18 d). Die Ablehnung der einverständlichen Abänderung schließt es auch keineswegs aus, dass der Arbeitnehmer bereit ist, zu den geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten, wenn sich in einem Änderungsschutzverfahren die Berechtigung der Änderung herausstellt. Daher ist der Arbeitgeber gehalten, trotz der Ablehnung der freiwilligen Abänderung bei der dann folgenden Kündigung das Änderungsangebot zu wiederholen und dem Arbeitnehmer so die Annahme der Änderung unter Vorbehalt und die Erhebung einer Änderungsschutzklage zu eröffnen (vgl. KR/Rost, § 2 KSchG, Rz. 105 m. w. N.). Ein Rechtsnachteil für den Arbeitgeber ist damit nicht verbunden, weil der Arbeitnehmer seine abschließende Entscheidung innerhalb der Erklärungsfrist des § 2 KSchG treffen und anschließend ggf. zu den geänderten Bedingungen weiterarbeiten muss. Hält man auch bei zunächst erfolgter Ablehnung des Angebots stets eine förmliche Änderungskündigung für erforderlich, so ergibt sich schon daraus die Unwirksamkeit der vorliegenden Beendigungskündigung.

Selbst wenn man aber die bisherige Rechtsprechung zur Verhandlungslösung zu Grunde legt, ändert sich im Ergebnis nichts. Danach soll ausnahmsweise dann eine Beendigungskündigung ausgesprochen werden dürfen, wenn der Arbeitnehmer bei Ablehnung des Änderungsangebots unmissverständlich zu erkennen gibt, dass er in keinem Fall - weder einvernehmlich noch bei einer Änderungskündigung - bereit ist, zu den geänderten Bedingungen zu arbeiten. Die Beweislast für eine definitive Ablehnung der Annahme des Änderungsangebots trägt gemäß der grundsätzlichen Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG im Kündigungsschutzprozess über die Beendigungskündigung der Arbeitgeber (vgl. KR/Rost, § 2 KSchG, Rz. 105). Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der beweisbelasteten Partei.

Hier kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger das Änderungsangebot vorbehaltlos und endgültig im Sinne des § 2 KSchG abgelehnt hat. Vielmehr hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass er durchaus auch mit einer fühlbaren Verschlechterung der finanziellen Rahmenbedingungen bei einer Weiterbeschäftigung auf dem anderweitigen Arbeitsplatz einverstanden gewesen wäre. Während er weiter gesprächsbereit gewesen sei, habe es für die Beklagte keine Alternative zu dem von ihr unterbreiteten Angebot gegeben. Von einer kategorischen Ablehnung des Angebots durch den Kläger kann daher keine Rede sein, zumal er auch in der Berufungsverhandlung auf Nachfrage des Gerichts erklärt hat, er hätte das Angebot bei einer Änderungskündigung unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen. Dafür spricht auch die Äußerung gegenüber dem Betriebsrat, der in seinem Widerspruch vermerkt hat, der Arbeitnehmer habe sein Einverständnis mit einer Weiterbeschäftigung unter geänderten Vertragsbedingungen erklärt. Auch wenn der Kläger den Änderungsvertrag vom 21.03.2002 nicht unterschrieben hat, musste die Beklagte auf Grund der Einlassungen des Klägers davon ausgehen, dass er sich nicht grundsätzlich jedweder Änderung der Vertragsbedingungen widersetzte, vielmehr nur das konkrete Angebot als unzumutbar ansah. Die Frage der Zumutbarkeit der geänderten Bedingungen hätte aber gerade in dem Verfahren nach § 2 KSchG überprüft werden können und müssen. In einer solchen Situation ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Änderungskündigung an Stelle der Beendigungskündigung auszusprechen. Dies entspricht dem kündigungsrechtlichen Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung (vgl. ebenso LAG Hamm vom 04.02.2003 - 7 Sa 1624/02 - NZA-RR 2003, 357).

2. Der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet, weil sie einen hinreichenden Auflösungsgrund im Sinne des § 9 KSchG nicht vorgetragen hat. Auf § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG kann sie sich nicht berufen, weil der Kläger nicht leitender Angestellter im Sinne der Vorschrift gewesen ist. Eine selbstständige Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis hat der Kläger nach seinem unwiderlegten Vortrag nie gehabt.

III. Die Kostenentscheidung beruht unter Berücksichtigung der teilweisen Berufungsrücknahme auf den §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob und inwieweit an der Rechtsprechung zur sog. Verhandlungslösung festzuhalten ist bzw. wie das Verhalten des Arbeitnehmers bei verweigerter Unterzeichnung eines "freiwilligen Änderungsvertrages" zu bewerten ist.

Ende der Entscheidung

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