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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 11.01.2006
Aktenzeichen: 7 (2) Sa 779/05
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB, GG, BetrAVG


Vorschriften:

BetrVG § 87
BGB § 242
BGB § 611
BGB § 612 a
GG Art. 3
BetrAVG § 1 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin J gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.03.2005 in Sachen 14 Ca 7102/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin beanspruchen kann, dass die Beklagte ihr mit Wirkung ab 01.01.2001 eine um 10,23 € monatlich höhere Prämie auf ihre in Form einer Direktlebensversicherung bestehende betriebliche Altersversorgung zahlt.

Die Klägerin ist bei der Beklagten in deren Einrichtungshaus in K G mit einem Arbeitsumfang von mehr als 100 Stunden pro Monat als Arbeitnehmerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestand auch schon am 01.01.2001. Aufgrund Ziff. 12 einer Gesamtbetriebsvereinbarung Sozialleistungen vom 16.01.1997 steht der Klägerin eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung als Kapital-Lebensversicherung zu (vgl. Bl. 106 ff. d. A.). Die Beklagte zahlt hierauf monatliche Prämien.

In dem Einrichtungshaus K -G bestand auch eine zwischen der örtlichen Geschäftsleitung und dem örtlichen Betriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung über Arbeitszeit. Diese wurde arbeitgeberseitig zum 31.12.1999 gekündigt. Daran anschließende Verhandlungen der Betriebspartner über eine neue Betriebsvereinbarung blieben zunächst erfolglos, woraufhin die Arbeitgeberseite die Einigungsstelle anrief. Das Einigungsstellenverfahren wurde jedoch zunächst zum Ruhen gebracht, da zwischenzeitlich die Unternehmensleitung des Gesamtunternehmens für Deutschland und der Gesamtbetriebsrat Verhandlungen über den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung zu "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" aufgenommen hatten. Am 22.05.2001 kam es zur Vereinbarung einer solchen Gesamtbetriebsvereinbarung. Deren Präambel lautet auszugsweise wie folgt:

"Unternehmensleitung und Gesamtbetriebsrat stimmen darin überein, dass die Arbeitsbedingungen in allen Einrichtungshäusern im Wesentlichen gleichgestaltet sein sollten. Hierzu gehört auch die Gestaltung der Arbeitszeitregelungen. Aus diesem Grunde werden die Vertragsparteien sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die in dieser Vereinbarung festgelegten Rahmenbedingungen in allen Arbeitszeitbetriebsvereinbarungen der Einrichtungshäuser aufgenommen werden.

Beide Parteien sind sich dessen bewusst, dass die spätere Umsetzung dieser Vereinbarung, sowie ihre Anwendung, in Ausübung des Mitbestimmungsrechtes der örtlichen Betriebsräte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und unter Beachtung der jeweils geltenden gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen erfolgt."

Auf den vollständigen Text der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" (Bl. 10 ff. d. A.) wird Bezug genommen.

Bestandteil der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" war auch ein Anhang 3. Dessen Text lautet auszugsweise folgendermaßen:

"Soweit diese Gesamtbetriebsvereinbarung in den einzelnen Einrichtungshäusern durch Vereinbarung zwischen örtlicher Geschäftsleitung und örtlichem Betriebsrat umgesetzt und angewendet wird, erfolgt durch die Geschäftsleitung des einzelnen Einrichtungshauses nachfolgende Gesamtzusage:

Gesamtzusage

Durch die Geschäftsleitung der I GmbH & Co. Einrichtungs KG Niederlassung .....

Die Sozialleistung gem. Punkt 12 "Altersversorgung" der Gesamtbetriebsvereinbarung Sozialleistungen vom 16.01.1997 (Nachtrag vom 19.09.1997) wird erstmalig zum 01.01.2001 um bis zu DM 20,00 erhöht.

Die Erhöhung wird durch eine Anhebung der Prämie zur Direktversicherung erfolgen.

Die Erhöhung erfolgt entsprechend der bestehenden Prämie

um ...

Diese Zusage gilt für die Dauer der Laufzeit der Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten vom ..., die in Umsetzung der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" vom ... geschlossen wurde.

..." (vgl. Bl. 19 f. d. A.).

Nach Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung nahmen die örtlichen Betriebspartner in K -G ihre unmittelbaren Verhandlungen über den Abschluss einer BV Arbeitszeit wieder auf. Der K Betriebsrat widersetzte sich jedoch dem Wunsch der Arbeitgeberseite, die Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" für den Betrieb in K -G zu übernehmen und umzusetzen. Daraufhin wurde das Einigungsstellenverfahren wieder aufgenommen. Auch im Rahmen der Einigungsstelle kam es nicht zu einer Einigung der örtlichen Betriebsparteien. Gegen das auch in der Einigungsstelle von der örtlichen Geschäftsleitung weiterverfolgte Ziel, die Gesamtbetriebsvereinbarung zu übernehmen, argumentierte der K Betriebsrat u. a. wie folgt:

"Die Regelungsvorstellungen der Arbeitgeberseite sind zudem tarifwidrig. Diese Vorstellungen mögen zwar in anderen Tarifbereichen zulässig sein. Sie stehen aber nicht im Einklang mit den Vorgaben in § 2 und 3 des allgemeinverbindlichen MTV Einzelhandel NRW." (vgl. Anwaltsschriftsatz v. 18.02.2002 im Einigungsstellenverfahren, Bl. 126 d. A.).

Durch Spruch der Einigungsstelle vom 03.06.2002 wurde auf einen Hilfsantrag der Arbeitgeberseite hin eine modifizierte Arbeitszeitregelung beschlossen, welche Abweichungen von der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" enthält. Der Hauptantrag der K Geschäftsleitung hatte in der Einigungsstelle keine Mehrheit gefunden, da sich der Einigungsstellenvorsitzende der Auffassung des Betriebsrats angeschlossen hatte, dass "die vom Arbeitgeber gewünschte Arbeitszeitregelung nicht vereinbar mit dem in § 2 Abs. 2 S. 1 von den Tarifvertragsparteien [des MTV Einzelhandel NRW] festgelegten Grundsatz der systematischen Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit" sei. Auf die Begründung des Einigungsstellenspruchs vom 03.06.2002 (Bl. 139 ff. d. A.) wird ebenfalls Bezug genommen.

In den meisten der von der Beklagten bundesweit betriebenen Einrichtungshäusern wurde die Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" durch Vereinbarung der örtlichen Betriebspartner in örtliche Betriebsvereinbarungen umgesetzt. Darunter finden sich auch Einrichtungshäuser im Geltungsbereich des MTV Einzelhandel NRW. Überall, wo die GBV durch Vereinbarungen der örtlichen Betriebspartner umgesetzt wurde, zahlt die Beklagte an die dortigen Beschäftigten die erhöhte Prämie im Sinne von Anhang 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung. Dort, wo, wie im Betrieb K -G , eine Vereinbarung über die Umsetzung der GBV nicht zustande gekommen ist, weigert sich die Beklagte, entsprechend erhöhte Prämien zur Direktversicherung zu erbringen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte verstoße damit gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, dessen Anwendungsbereich sich richtigerweise auf das gesamte Unternehmen erstrecke, sofern der Arbeitgeber - wie hier die Beklagte - unternehmensweit bestimmte Leistungen gewähre. Die Beklagte zahle die erhöhte Prämie an die K Belegschaft nur deshalb nicht, weil der K Betriebsrat seine Mitbestimmungsrechte wahrgenommen und sich pflichtgemäß gegen tarifwidrige Regelungen gewandt habe. Darin könne kein sachlicher Differenzierungsgrund für eine Ungleichbehandlung gesehen werden. Im Gegenteil verstoße die Beklagte auch gegen § 612 a BGB, der in einer Konstellation wie der vorliegenden analog anzuwenden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte aufgrund Gesamtzusage verpflichtet ist, die Prämien für die betriebliche Altersversorgung (Direktversicherung) von ihr um monatlich 10,23 € anzuheben;

die Beklagte zu verurteilen, in die betriebliche Altersversorgung (Direktversicherung bei der Gothaer Lebensversicherung) von ihr für den zurückliegenden Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 31.08.2004 439,89 € einzuzahlen;

festzustellen, dass die Beklagte im Fall des Eintritts des Versorgungsfalls von ihr verpflichtet ist, ihr den durch die nachträgliche Einzahlung entstehenden Zinsschaden zu ersetzen;

hilfsweise zu 2.) und 3.):

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr den durch eine unterbliebene Einzahlung in die Direktversicherung entstehenden Schaden zu ersetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klage sei mangels erkennbarer Anspruchsgrundlage unschlüssig. Eine unternehmenseinheitliche Gleichbehandlungsverpflichtung bestehe schon deshalb nicht, weil an den unterschiedlichen Betriebsstandorten die Lebens- und Arbeitsbedingungen wie auch die jeweils zu beachtenden tariflichen Regelungen und Betriebsvereinbarungen völlig unterschiedlich seien. § 612 a BGB sei weder unmittelbar noch analog anwendbar und auch nicht verletzt.

Mit Urteil vom 01.03.2005 hat die 14. Kammer des Arbeitsgerichts Köln die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 25.05.2005 zugestellt. Sie hat hiergegen am 07.06.2005 Berufung einlegen und diese am 08.07.2005 begründen lassen.

Die Klägerin führt zur Begründung ihres Rechtsmittels aus, ihr Anspruch auf Anhebung der Prämie ihrer Direktversicherung ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit der Gesamtzusage, die als Anhang 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" beigefügt gewesen sei. Die Weigerung der Beklagten, die Ansprüche zu erfüllen, stelle einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Gewährung von Leistung der betrieblichen Altersversorgung sowie einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gem. § 612 a BGB analog dar.

Gem. § 1 b Abs. 1 S. 4 BetrAVG stelle der Gleichbehandlungsgrundsatz eine selbständige betriebsrentenrechtliche Anspruchsgrundlage dar. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gelte unternehmensweit, wenn das Unternehmen Leistungen unternehmensweit gewähre. Die Beschäftigten des K Betriebes würden ohne sachlichen Differenzierungsgrund schlechter gestellt. Entscheidend dabei sei, dass sich im Recht der betrieblichen Altersversorgung der geltend gemachte Differenzierungsgrund aus dem betrieblichen Versorgungswerk selbst ergeben müsse. Hier differenziere die Beklagte nur deshalb, weil der Kölner Betriebsrat in korrekter, betriebsverfassungsrechtlich gebotener Weise seine Mitbestimmungsrechte wahrgenommen und auf Einhaltung der tariflichen Regeln gedrungen habe. Der unmittelbare Zusammenhang ergebe sich u. a. aus Äußerungen der Beklagten in der Mitarbeiterzeitung vom August 2002, wo es geheißen habe: "Mit dem Schritt in die Einigungsstelle war das Gesamtpaket der GBV abgelehnt. Mit der Ablehnung der Inhalte waren auch die DM 20,00 abgelehnt". Vor diesem Hintergrund verstoße die Beklagte mit ihrem Verhalten auch gegen §§ 78 S. 1, 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.

Darüber hinaus weise auch § 612 a BGB für Fallkonstellationen wie die vorliegende eine planwidrige Regelungslücke auf und sei analog anzuwenden. Der einzelne Arbeitnehmer müsse auch davor geschützt werden, nur deshalb diskriminiert zu werden, weil der Betriebsrat ihm zustehende und tatsächlich bestehende Rechte in zulässiger Weise ausgeübt habe. Aufgrund der Verletzung des Maßregelungsverbots sei sie, die Klägerin, so zu stellen, als wäre die verbotene Maßregelung nicht erfolgt.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt nunmehr:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.03.2005 - 14 Ca 7102/04 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, die Prämie für die betriebliche Altersversorgung (Direktversicherung) der Klägerin ab Juli 2005 um monatlich 10,23 € anzuheben.

Die Beklagte wird verurteilt, in die betriebliche Altersversorgung (Direktversicherung bei der Gothaer Lebensversicherung AG) der Klägerin für den zurückliegenden Zeitraum 01.01.2001 bis Juni 2005 552,42 € einzuzahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte im Falle des Eintritts des Versorgungsfalles der Klägerin verpflichtet ist, ihr den durch die nachträgliche Einzahlung entstehenden Zinsschaden zu ersetzen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt die Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts und bleibt dabei, dass es an einer Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren fehle. Sie macht geltend, dass der Anhang 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung keine Gesamtzusage enthalte, sondern ausdrücklich darauf hinweise, dass eine derartige Gesamtzusage erst noch durch die örtlichen Geschäftsleitungen erfolgen müsse. Dies sei im K Betrieb unstreitig nicht geschehen.

Sie, die Beklagte, habe damit auch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Es sei bereits zu bezweifeln, dass dieser überhaupt unternehmensbezogen gelte. Sie, die Beklagte, sei in fast allen Bundesländern und damit auch fast allen Tarifgebieten unternehmerisch tätig und finde überall völlig unterschiedliche Grundbedingungen hinsichtlich Vergütung, Arbeitszeiten, Kündigungsfristen, Urlaubsregelungen u. ä. vor. Auch die regionale Wirtschaftssituation und die Wünsche und Forderungen der verschiedenen Betriebsräte seien unterschiedlich und zum Teil erheblich voneinander abweichend. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen führten auch zu unterschiedlichen Personalkostenstrukturen in den einzelnen Einrichtungshäusern. Diese Umstände verböten eine unternehmensbezogene Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Unabhängig davon liege hinsichtlich der Zahlung oder Nichtzahlung der erhöhten Prämie zur Direktversicherung aber auch keine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vor, sondern eine Ungleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Diejenigen Arbeitnehmer, die die Prämie erhielten, müssten nunmehr auch eine größere Flexibilität hinsichtlich der Gestaltung ihrer Arbeitszeit in Kauf nehmen, während andererseits die in K tätige Klägerin bereits zu Jahresbeginn wisse, wann und wo sie am Jahresende eingesetzt werde.

Eine Anwendung von § 612 a BGB komme auch nicht ansatzweise in Betracht.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Berufung ist gem. § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde gem. § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Klägerin musste jedoch erfolglos bleiben. Das Arbeitsgericht Köln hat die Klage zu Recht vollständig abgewiesen. Für das Klagebegehren besteht keine Anspruchsgrundlage.

1. Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Prämie für die betriebliche Altersversorgung unstreitig weder aus einer individualvertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten noch aus Ziff. 12 der Gesamtbetriebsvereinbarung Sozialleistungen vom 16.01.1997 in der aktuellen gültigen Fassung herleiten.

2. Auch aus einer für sie geltenden arbeitgeberseitigen Gesamtzusage kann die Klägerin die begehrten Ansprüche nicht herleiten.

a. Anhang 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" vom 22.05.2001 enthält selbst unmittelbar keine Gesamtzusage, erst recht keine, deren Geltungsbereich sich auf die Beschäftigten des Einrichtungshauses K -G erstreckte. Anhang 3 der GBV "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" kündigt nur an, dass unter den näher beschriebenen Bedingungen eine Gesamtzusage des in Anhang 3 näher aufgeführten Inhalts durch die örtliche Geschäftsleitung des einzelnen Einrichtungshauses erfolgen werde.

b. Die Geschäftsleitung des Einrichtungshauses K -G hat eine dem Inhalt von Anhang 3 entsprechende Gesamtzusage unstreitig nicht erteilt.

c. Die Klägerin kann auch aus dem Gesichtspunkt einer Selbstbindung der Beklagten nicht verlangen, so gestellt zu werden, als hätte die K Geschäftsleitung eine Gesamtzusage mit dem Inhalt von Anhang 3 der GBV "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" erteilt. Soweit Anhang 3 eine durch die Geschäftsleitung des Gesamtunternehmens vorgenommene Selbstbindung enthält, wurde diese jedoch unter die Voraussetzung gestellt, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" in den einzelnen Einrichtungshäusern durch Vereinbarung zwischen örtlicher Geschäftsleitung und örtlichem Betriebsrat umgesetzt und angewendet wird. Diese Voraussetzung trifft auf das K Einrichtungshaus der Beklagten nicht zu: So fehlt es bereits an der Voraussetzung einer "Vereinbarung" zwischen örtlicher Geschäftsleitung und örtlichem Betriebsrat, da die neue BV Arbeitszeit für K -G erst aufgrund eines Einigungsstellenspruches zustande gekommen ist. Zum anderen stellt die durch den Einigungsstellenspruch zustande gekommene Betriebsvereinbarung keine "Umsetzung" der GBV im Sinne des Einleitungssatzes von deren Anhang 3 dar; denn der Einigungsstellenspruch beinhaltet unstreitig deutliche Abweichungen vom Inhalt der GBV.

3. Die klägerische Forderung kann auch nicht aus einer Verpflichtung der Beklagten hergeleitet werden, alle ihre Arbeitnehmer eines Betriebes untereinander gleich zu behandeln. Unstreitig kommt keiner der Mitarbeiter des Einrichtungshauses K -G in den Genuss einer erhöhten Prämie zur Direktversicherung im Sinne der Regelung in Anhang 3 der GBV.

4. Die Klägerin kann ihre Ansprüche schließlich auch nicht darauf stützen, dass die Beklagte zwar nicht in ihrem K Betrieb und auch nicht in allen ihren anderen Einrichtungshäusern, wohl aber an den meisten Standorten in Deutschland den Beschäftigten eine erhöhte Prämie nach dem in Anhang 3 der GBV vorgesehenen System zahlt.

a. Ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nur betriebsbezogen anzuwenden ist, oder ob sein räumlicher Geltungsbereich sich auf das gesamte Unternehmen erstreckt, ist streitig (Nachweise bei ErfK/Preis, § 611 BGB Rdnr. 723 ff.). Das Bundesarbeitsgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 17.11.1998 der im Vordringen begriffenen unternehmensbezogenen Betrachtungsweise mit guten Gründen angeschlossen (AP § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 162). Auch wenn man, wofür vieles spricht, dieser Auffassung folgt, so bleibt jedoch zu beachten, dass die in unterschiedlichen Betrieben eines Unternehmens herrschenden unterschiedlichen Lebens-, Arbeits- und Rechtsverhältnisse sehr wohl auch sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der Belegschaften einzelner Betriebe beinhalten können, die den Willkürvorwurf ausschließen (BAG a. a. O.; ErfK/Preis, § 611 BGB Rdnr. 726).

b. Vor diesem Hintergrund erscheint auch im vorliegenden Fall die unterschiedliche Behandlung der Belegschaft des K Betriebes im Hinblick auf die Erhöhung der Direktversicherungsprämie im Vergleich zu denjenigen Einrichtungshäusern, in denen die erhöhte Prämie von der Beklagte gezahlt wird, durch nicht willkürliche, sachliche Differenzierungskriterien hinreichend gerechtfertigt.

aa. Das maßgebliche Differenzierungskriterium besteht letztendlich darin, dass an den unterschiedlichen Betriebsstandorten unterschiedliche Betriebsvereinbarungen über Arbeitszeitregelungen zustande gekommen sind. Die Belegschaften derjenigen Betriebe der Beklagten, die in den Genuss der erhöhten Direktversicherungsprämie im Sinne von Anhang 3 der GBV "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" gelangen, müssen auf der anderen Seite die Nachteile einer verstärkten Flexibilisierung ihrer Arbeitszeitverpflichtungen in Kauf nehmen, welche die Folge einer unveränderten Umsetzung der Regeln aus der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" darstellen. Die Klägerin übersieht insoweit, dass sie zwar nicht in den Genuss der Erhöhung der Direktversicherungsprämie gelangt ist, dafür aber gegenüber denjenigen in anderen Betrieben beschäftigten Mitarbeitern der Beklagten, die die erhöhte Prämie erhalten, den Vorteil behält, zu günstigeren Arbeitszeitbedingungen arbeiten zu können.

bb. Hinzu kommt noch, dass nach der unwidersprochen gebliebenen Sachdarstellung der Beklagten die Unterschiedlichkeit der Arbeitszeitbedingungen in den verschiedenen Niederlassungen zusätzliche Kostenlasten mit sich bringt und dass die Beklagte darüber hinaus das legitime Interesse verfolgt hat, durch Gewährung des Anreizes in Form der Erhöhung der Prämien zur Direktversicherung langwierige und kostspielige Einigungsstellenverfahren zum Abschluss neuer Arbeitszeitregelungen möglichst zu vermeiden.

c. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Mitarbeiter des K Betriebes kann auch nicht auf der Grundlage des § 1 b) Abs. 1 S. 4 BetrAVG aus den Besonderheiten des Rechtes der betrieblichen Altersversorgung gefolgert werden.

aa. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des BAG bei Differenzierungen im Rahmen der Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung der vom Arbeitgeber geltend gemachte Differenzierungsgrund grundsätzlich in einem inneren Zusammenhang mit dem betrieblichen Versorgungswerk selbst stehen muss (BAG v. 19.03.2002, 3 AZR 229/01). Zweifelhaft erscheint allerdings, ob dies uneingeschränkt auch dann gilt, wenn die Zusage punktueller Verbesserungen einer Leistung der betrieblichen Altersversorgung in direktem Zusammenhang mit dem Abschluss von Betriebsvereinbarungen steht, für die an unterschiedlichen Standorten unterschiedliche Betriebsräte zuständig sind.

bb. Ungeachtet dessen kann aber auch im vorliegenden Fall noch ein innerer Zweckbezug zwischen der Erhöhung der Direktversicherungsprämien einerseits und dem Abschluss von Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeiten mit dem Inhalt der "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" gem. GBV vom 22.05.2001 andererseits festgestellt werden. Wie auch die Klägerin ausführt, besteht ein geradezu typischer Zweck der Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gerade darin, Betriebstreue zu belohnen bzw. Anreize dafür zu schaffen, dass die Arbeitnehmer die Bereitschaft zu weiterer Betriebstreue aufbringen (BAG v. 19.03.2002, 3 AZR 229/01). Unstreitig mussten die Belegschaften derjenigen Betriebe, deren Betriebsräte sich der GBV "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" angeschlossen haben, tendenziell eine Verschlechterung ihrer bisherigen Arbeitszeitbedingungen hinnehmen, und zwar in dem Sinne, dass sie die Bereitschaft zu größerer Arbeitszeitflexibilität aufbringen und nicht unerhebliche Abstriche hinsichtlich ihrer privaten zeitlichen Planungssicherheit in Kauf nehmen mussten. Die Lage und organisatorische Gestaltung der Arbeitszeiteinteilung bildet für die Mehrzahl der Arbeitnehmer aber eines der wesentlichen Kriterien dafür, sich für einen bestimmten Arbeitsplatz oder dem Verbleib auf demselben zu entscheiden. Daraus folgt, dass der Impuls zu weiterer Betriebstreue tendenziell geringer wird, wenn sich die Arbeitszeitbedingungen verschlechtern. Es liegt somit im Rahmen typischer Zweckverknüpfungen, wenn der Arbeitgeber einem solchen tendenziellen Negativimpuls mit dem positiven Anreiz einer Verbesserung einer Leistung begegnet, die typischerweise den Zweck verfolgt, Betriebstreue zu fördern und zu belohnen.

5. Auch § 612 a BGB gibt der Klägerin schließlich ersichtlich keinen Anspruch auf die im vorliegenden Verfahren von ihr begehrten Leistungen.

a. Seinem Wortlaut nach greift - wie die Klägerin im Übrigen selbst einräumt - § 612 a BGB schon deshalb im vorliegenden Fall nicht ein, weil es unstreitig nicht auf ein Verhalten der Klägerin selbst zurückzuführen ist, dass die Beklagte der K Belegschaft keine Zusage erteilt hat, die Prämie zur Direktversicherung zu erhöhen.

b. Aber auch eine analoge Anwendung von § 612 a BGB kommt nicht in Betracht. Wie die Klägerin selbst zutreffend darlegt, setzt die Zulässigkeit der analogen Anwendung einer Gesetzesvorschrift voraus, dass insoweit eine planwidrige Regelungslücke festgestellt werden kann. § 612 a BGB stellt nach seinem systematischen Standort und seinem Regelungsinhalt eine individualarbeitsrechtliche Vorschrift dar. Demgegenüber soll es der Klägerin zufolge vorliegend nicht darum gehen, dass sie selber in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt habe, sondern vielmehr der für sie zuständige Betriebsrat bei der Verhandlung mit der örtlichen Geschäftsleitung der Beklagten über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung Arbeitszeit. Diese typischerweise kollektivrechtlichen Belange sind jedoch abschließend im Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Dieses Gesetz enthält auch Sanktionen gegen rechtswidrige Eingriffe des Arbeitgebers in die Arbeit des Betriebsrats.

c. Die Frage, ob eine analoge Anwendung des § 612 a BGB in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden überhaupt in Betracht kommt, bedarf jedoch keiner weiteren Vertiefung; denn es liegt auch keine rechtswidrige Maßregelung des Betriebsrats vor. Keinesfalls kann aus objektiver Sicht der Meinung der Klägerin beigetreten werden, dass die Weigerung der Beklagten, auch in ihrem K Betrieb die Monatsprämien zur Direktlebensversicherung zu erhöhen, eine Maßregelung dafür darstelle, dass der K Betriebsrat seine betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte wahrgenommen und sich an seine gesetzliche Verpflichtung gehalten habe, das geltende Tarifrecht zu beachten und einzuhalten.

aa. Wenn die Geschäftsleitung der Kölner Niederlassung der Beklagten der Kölner Belegschaft die in Anhang 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" in Aussicht gestellte Gesamtzusage nicht erteilt hat, so hat sie sich lediglich an den Inhalt der mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarten Gesamtbetriebsvereinbarung gehalten. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung sieht in ihrem Anhang 3 nämlich vor, dass die fragliche Gesamtzusage nur dort erfolgt, wo örtliche Geschäftsleitung und örtlicher Betriebsrat die in der Gesamtbetriebsvereinbarung geregelten "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" durch Vereinbarung umsetzen und anwenden. Dies ist in K unstreitig nicht der Fall.

bb. Dabei hatte die Beklagte auch unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte mit dem Inaussichtstellen von Gesamtzusagen zur Erhöhung der Einzahlung in die Direktversicherung im Rahmen der Verhandlungen, die schließlich zum Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung führten, gerade einer Forderung des Gesamtbetriebsrats entsprochen hatte (!).

cc. Dass die Betriebspartner auf Unternehmensebene bei Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung über die "Rahmenbedingungen der Arbeitszeiten" keinesfalls den Zweck verfolgten, die örtlichen Betriebsräte an der Ausübung ihrer Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 BetrVG zu hindern, belegt bereits Abs. 2 der Präambel der GBV, welcher bekanntlich lautete: "Beide Parteien sind sich dessen bewusst, dass die spätere Umsetzung dieser Vereinbarung sowie ihre Anwendung in Ausübung des Mitbestimmungsrechtes der örtlichen Betriebsräte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und unter Beachtung der jeweils geltenden gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen erfolgt".

dd. Aus objektiver Sicht kann der Beklagten aber auch nicht der Vorwurf gemacht werden, dass sie - im Zusammenwirken mit dem Gesamtbetriebsrat - zumindest mittelbar den Zweck verfolgt hätte, die örtlichen Betriebsräte durch Schaffung der Anreizfunktion des Anhang 3 zur Gesamtbetriebsvereinbarung zu einem tarifwidrigen Verhalten zu veranlassen.

aaa. Dagegen spricht bereits erstens die in Absatz 2 der Präambel der Gesamtbetriebsvereinbarung an herausgehobener Stelle aufgenommene Vorgabe, dass die spätere Umsetzung und Anwendung der Vereinbarung durch die örtlichen Betriebsräte unter Beachtung der tariflichen Bestimmungen zu erfolgen habe.

bbb. Dagegen spricht zweitens, dass die Rechtsfrage, ob der Inhalt der Gesamtbetriebsvereinbarung "Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten" mit den einschlägigen Regeln des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in NRW zu vereinbaren ist, keineswegs einfach zu beantworten ist und bei deren Beantwortung auch unterschiedliche Auffassungen vertretbar erscheinen. So ist bei der Beantwortung der Rechtsfrage nämlich nicht nur die inhaltliche Vereinbarkeit der Regeln der GBV einerseits, des MTV Einzelhandel NRW andererseits zu überprüfen, sondern zuvor auch die Frage, ob sich der im September 1999 gekündigte MTV im hier maßgeblichen Zeitraum überhaupt noch normativ in Kraft befand. Auf die Begründung des Einigungsstellenspruches vom 11.07.2002 hierzu wird Bezug genommen (Bl. 21 ff. d. A.). Bezeichnenderweise haben auch nicht alle Betriebsräte im räumlichen Geltungsbereich des MTV Einzelhandel NRW die tarifrechtlichen Bedenken des K Betriebsrats gegen die Übernahme der GBV geteilt.

ccc. Entscheidend kommt schließlich drittens hinzu, dass die hier in Rede stehenden Tarifvorschriften, deren Vereinbarkeit mit dem Inhalt der GBV bedenklich erscheint, räumlich nur für das Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen maßgeblich sind, während sich die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.05.2001 auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt. Der K Betriebsrat hat im Rahmen der Einigungsstellenverhandlungen durch seinen Rechtsvertreter selbst ausführen lassen, dass "die Regelungsvorstellungen der Arbeitgeberseite ... in anderen Tarifbereichen zulässig sein mögen" (vgl. Bl. 126 d. A.). Sind die tariflichen Handlungsspielräume für die örtlichen Betriebspartner an den einzelnen Standorten der bundesweit tätigen Beklagten jedoch unterschiedlich groß, so kann es der Beklagten nicht verwehrt sein, in denjenigen Tarifgebieten, wo dies tariflich zulässig ist, Betriebsvereinbarungen abzuschließen, die in anderen Tarifgebieten möglicherweise unzulässig wären, und der Arbeitnehmerseite dort, wo die Vereinbarungen zulässig sind, auch Gegenleistungen für den Abschluss der Vereinbarung zu versprechen.

6. Wie schon das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, sind die Forderungen der Klägerin somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt schlüssig begründet. Die Berufung der Klägerin war damit zurückzuweisen.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nach Auffassung des Berufungsgerichts auf der Grundlage des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG geboten.

Ende der Entscheidung

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