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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 23.01.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 1027/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 174
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
1) Ein Hausmeister, der seinem Arbeitgeber gehörende wertvolle Einrichtungsgegenstände einer stillgelegten Kantinenküche unerlaubt auf eigene Rechnung an Dritte verkauft, kann sich nicht erfolgreich damit entlasten, dass in dem Betrieb unter Kollegen wie Vorgesetzten eine weitverbreitete "Selbstbedienungsmentalität" geherrscht habe.

2) Bei einem typischerweise mit Kündigungsvollmacht ausgestatteten Funktionsträger (hier: gewählte Personaldezernentin eines Landschaftsverbandes) liegt bereits in der Übertragung des Amtes eine Bekanntgabe der Bevollmächtigung i. S. v. § 174 Satz 2 BGB. Es kommt dabei nicht darauf an, ob jeder Arbeitnehmer konkret über die Übernahme des Amtes durch eine bestimmte Person informiert wird.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.07.2007 in Sachen 22 Ca 234/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier außerordentlicher und einer hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung der Beklagten.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 22. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 12.07.2007 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen W S . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts vom 12.07.2007 Bezug genommen. Ferner wird Bezug genommen auch auf den übrigen Inhalt der arbeitsgerichtlichen Sitzungsprotokolle sowie der erstinstanzlich zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 06.08.2007 zugestellt. Er hat hiergegen am 23.08.2007 Berufung einlegen und diese am Montag, dem 08.10.2007, begründen lassen.

Der Kläger macht geltend, die vom Arbeitsgericht als wirksam erachtete Kündigung vom 20.12.2006 scheitere schon aus formalen Gründen an § 174 BGB. Er, der Kläger, sei nicht darüber informiert gewesen, dass der Beklagte Frau H zur Personaldezernentin berufen habe.

Des Weiteren wendet sich der Kläger gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Würdigung der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme. Er, der Kläger, habe Beweis dafür angeboten, dass auch der Zeuge S für private Zwecke eine Friteuse aus der aufgelassenen Küche des Beklagten in der Abtei B mitgenommen und einen Rollladen aus der Kantine für sich reserviert habe. Er habe auch dem Zeugen D erlaubt, sich an den Gegenständen der Kantine zu bedienen. Auch bezüglich der Frage, welche Personen über Schlüssel für den Keller verfügten, habe der Zeuge die Unwahrheit gesagt. Wäre das Arbeitsgericht diesen Beweisantritten nachgegangen, hätte sich die Unglaubwürdigkeit des Zeugen S herausgestellt. Auch wäre der Zeuge antragsgemäß zu vereidigen gewesen.

Schließlich, so meint der Kläger, sei der Aussage des Zeugen S zu entnehmen, dass die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 20.12.2006 bereits abgelaufen gewesen sei; denn der Zeuge S habe ausgesagt, schon Mitte des Jahres 2006 mit dem Verwaltungsleiter W über das Verschwinden der Einrichtungsgegenstände gesprochen zu haben.

Darüber hinaus habe er, der Kläger, die in dem Betrieb in B allgemein herrschende Selbstbedienungsmentalität dargelegt. Damit habe er sich nicht auf eine Gleichbehandlung im Unrecht berufen, sondern aufzeigen wollen, dass er in Anbetracht des allseits praktizierten und von den Vorgesetzten geduldeten Verhaltens davon habe ausgehen dürfen, dass sein Verhalten kein Fehlverhalten sei.

Schließlich habe das Arbeitsgericht auch eine fehlerhafte Interessenabwägung vorgenommen.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.07.2007 (22 Ca 234/07) aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers weder durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 20.12.2006 noch durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 29.12.2006 noch durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 15.01.2007 aufgelöst worden ist.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil mit Sach- und Rechtsausführungen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 12.07.2007 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchstabe c) ArbGG statthaft und wurde nach Maßgabe des § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung des Klägers musste jedoch erfolglos bleiben. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit richtig entschieden und bereits die zeitlich erste der drei streitigen Kündigungen, nämlich diejenige vom 20.12.2006, zutreffend als rechtswirksam angesehen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung auch tragfähig begründet.

Aus der Sicht der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz ist zusammenfassend und ergänzend das Folgende auszuführen:

1. Der Kläger hat unstreitig Mitte 2005 mehrere Edelstahl-Großküchenregale (Einkaufspreis 400,00 €) sowie eine Thermobox (Einkaufspreis 700,00 €), die seit der Auflösung der in den Räumen der Abtei B im Jahre 1999 betriebenen Großkantine in den dortigen Kellerräumen gelagert waren, an einen ihm bekannten und mit dem Beklagten in Geschäftsbeziehungen stehenden Gastronomen verkauft und den hieraus erzielten Erlös in Höhe von mehreren hundert Euro für sich behalten. Die besagten Gegenstände standen im Zeitpunkt ihres Verkaufs durch den Kläger im Eigentum des Beklagten, seines Arbeitgebers.

2. Der Diebstahl bzw. die Unterschlagung von im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Gegenständen ist seit jeher als ein für die Rechtfertigung einer außerordentlichen fristlosen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB geeigneter wichtiger Grund anerkannt. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt dies sogar schon für die Entwendung bzw. Unterschlagung von Gegenständen geringen Wertes (Bienenstichfall !). Erst recht muss dies dann für Gegenstände von bedeutendem Wert gelten, wie sie hier betroffen sind (Einkaufspreis der Gegenstände 1.100,00 €, Erlös des Klägers aus dem privaten Weiterverkauf mehrere hundert Euro). Diese rechtlichen Zusammenhänge werden, soweit ersichtlich, vom Kläger auch nicht ernsthaft in Frage gestellt.

3. Der Kläger will vielmehr darauf hinaus, dass es ihm durch den Zeugen S erlaubt worden sei, sich aus den Gegenständen der im Jahre 1999 aufgelösten Groß-Kantine "zu bedienen". Außerdem macht er geltend, dass in dem Betrieb des Beklagten in der Abtei B seit langer Zeit eine derartige "Selbstbedienungsmentalität" unter der Belegschaft allgemein und insbesondere auch in Vorgesetztenkreisen geherrscht habe, so dass er, der Kläger, sein Verhalten nicht als ein Fehlverhalten habe erkennen können. Mit beiden Argumenten kann der Kläger nach Lage der Dinge nicht gehört werden.

Von einer Genehmigung des Verkaufes der Regale und der Thermobox zu eigenem Nutzen kann nicht ausgegangen werden und die vom Kläger behauptete "Selbstbedienungsmentalität" - einmal unterstellt, die vom Kläger insoweit vorgebrachten Beschuldigungen träfen im Wesentlichen zu - vermöchte ihn nicht in entscheidungserheblicher Weise zu entlasten.

a. Das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass es dem Kläger nicht erlaubt war, die im Keller des Betriebes der Abtei B lagernden Großküchenregale und die Thermobox zu eigenem Gewinn privat zu verkaufen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 03.05.2007 hatte der Kläger zu Protokoll erklärt:

"Nach der Schließung der Kantine in B hat Herr S uns Mitarbeitern ausdrücklich erlaubt, Sachen von der vorher von uns betriebenen Kantine wegzuholen. Das galt auch für private Zwecke. Über den Verkauf von Gegenständen ist nicht gesprochen worden."

Diese Behauptung des Klägers erscheint bereits so vage, allgemein gehalten und unsubstantiiert, dass es zur Überzeugung des Berufungsgerichts einer Beweisaufnahme hierüber gar nicht bedurft hätte. So war der Kläger selbst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht in der Lage, diese von ihm behauptete "Wegnahmeerlaubnis" auch nur annähernd zeitlich einzuordnen, was allerdings schon deshalb erforderlich gewesen wäre, wenn man bedenkt, dass die vom Kläger veräußerten Einrichtungsgegenstände nach der Auflösung der Kantine bis zu ihrem Verkauf durch den Kläger mehrere Jahre im Keller der Abtei B gelagert waren.

b. Des Weiteren ist folgendes zu bedenken: Bei der aufgelösten Küche handelte es sich um eine Großküche, in der frührer mehrere hundert Essen täglich zubereitet wurden. Zu einer solchen Großküche gehört eine große Menge unterschiedlichsten Inventars, von nahezu wertlosem Verbrauchsmaterial über materiell geringwertige, aber nützliche Kleinteile wie Besteck und Geschirr, kleinen Küchengeräten und Elektrokleingeräten über Mobiliar bis hin zu wertvollen technischen Einrichtungen. Die vom Kläger behauptete, allgemein gehaltene Erlaubnis, die Mitarbeiter könnten "Sachen von der von uns vorher betriebenen Kantine wegholen", kann daher von jedem Erklärungsempfänger nicht ohne weiteres und unterschiedslos auf das gesamte Kücheninventar vom Spüllappen bis hin zur Thermobox oder Edelstahlregalen bezogen werden. Ein derart allgemein gehaltener Erlaubnistatbestand, wie der Kläger ihn dem Zeugen S in den Mund legt, hätte somit ohnehin zunächst allenfalls auf Verbrauchsmaterial oder Kleinteile bezogen werden können, die ansonsten zur Verschrottung angestanden hätten, nicht aber auf Einrichtungsmobiliar und Großgeräte im Werte von mehreren hundert Euro. Hierzu hätte es vielmehr, was auch dem Kläger unmittelbar hätte einleuchten müssen, einer speziellen und konkreten Genehmigung bedurft, die aber der Kläger selbst nicht, jedenfalls auch nicht annähernd substantiiert behauptet. Bezeichnenderweise wurde das Gesamtinventar der ehemaligen Großküche im nachhinein betrachtet auf die unterschiedlichste Weise behandelt: Teilweise wurde es in diversen anderen Küchen und Kantinen des Beklagten weiterverwendet, teilweise wurde es verschrottet, teilweise wurde es verkauft - auch an Mitarbeiter (!) - und teilweise ist es noch heute in den Lagerräumen der Abtei B vorhanden.

c. Schließlich bleibt auch zu bedenken, dass es sich bei dem Zeugen S seinerzeit zwar um einen ranghöheren Mitarbeiter, aber nicht einmal um den direkten Vorgesetzten des Klägers gehandelt hatte. Um so weniger konnte der Kläger Äußerungen dieses Zeugen als offizielle und endgültige Genehmigung seines Arbeitgebers verstehen, sich Inventar der ehemaligen Großküche im Werte von mehreren hundert Euro zum privaten Weiterverkauf wegnehmen zu dürfen.

d. Ungeachtet all dessen hat der Zeuge S in seiner Vernehmung vor dem Arbeitsgericht am 12.07.2007 definitiv und auf mehrfaches Befragen verneint, dem Kläger und/oder auch anderen Mitarbeitern einen Freibrief dafür gegeben zu haben, dass man sich an den Gegenständen der Kantine unterschiedslos bedienen könne.

aa. Das Arbeitsgericht ist bei der Würdigung der Zeugenaussage von zutreffenden Grundsätzen ausgegangen und hat hiervon in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Da das Arbeitsgericht seine Überzeugungsbildung aus der Aussage des Zeugen S selbst gewinnen konnte, bedurfte es nicht zwingend einer weiteren Beweiserhebung über Behauptungen des Klägers, die nicht das Kerngeschehen des Beweisthemas betreffen, sondern lediglich als Hilfstatsachen bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen hätten fungieren können.

bb. Dies gilt um so mehr, als die Einwände des Klägers gegen den Inhalt der Zeugenaussage teilweise gänzlich unerhebliche Nebenumstände betreffen (in Anbetracht der Tatsache, dass der Verkauf der Gegenstände gerade durch den Kläger unstreitig ist, war es unerheblich, wer sonst noch einen Schlüssel zu den Kellerräumen besaß) und teilweise auch bereits vor Beginn der Beweisaufnahme durch den Beklagten widerlegt werden konnten (Schriftsatz des Beklagten vom 30.05.2007 zum Thema "Rolladen").

cc. Letztlich war bei der Würdigung der Aussage des Zeugen S auch zu berücksichtigen, dass der Zeuge zu einer negativen Tatsache (keine Genehmigung erteilt) auszusagen hatte, der zu verneinende Tatbestand (Erteilung der Genehmigung) vom Kläger aber - wie bereits ausgeführt - nur äußerst unsubstantiiert vorgetragen worden war.

e. Das Arbeitsgericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nicht damit gehört werden kann, ihm sei die Wegnahme und der Weiterverkauf der Regale und der Thermobox zu eigenem Nutzen von der Arbeitgeberin erlaubt gewesen.

f. Ebenso wenig kann der Kläger damit gehört werden, dass er aufgrund einer im Betrieb der Abtei B des Beklagten herrschenden "Selbstbedienungsmentalität" auch der Vorgesetzten die Unrechtmäßigkeit seines Tuns nicht habe erkennen können.

aa. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Behauptung des Klägers von der "Selbstbedienungsmentalität" auf einen wahren und nachweisbaren Tatsachenkern zurückgeführt werden kann. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, entlastet dies den Kläger nicht in einer entscheidungserheblichen Weise. Dass es einem Arbeitnehmer verboten ist, im Eigentum seines Arbeitgebers stehenden Gegenstände von bedeutsamen Wert wegzunehmen und auf eigene Rechnung weiter zu verkaufen, ist in rechtlicher Hinsicht ein so einfacher und selbstverständlicher Tatbestand, dass er jedem unmittelbar einleuchten muss. Wenn der Kläger somit meinte, in seiner dienstlichen Umgebung eine "Selbstbedienungsmentalität" wahrnehmen zu können, musste ihm ebenso klar sein, dass einer solchen Selbstbedienungsmentalität ein unrechtmäßiges und nicht zu billigendes Verhalten seiner Kollegen und Vorgesetzten zugrunde läge.

bb. Es war die selbstverständliche arbeitsvertragliche Pflicht des Klägers, sich einer solchen Selbstbedienungsmentalität zu widersetzen und - wenn nicht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen - so doch zumindest sich nicht selbst davon "anstecken" zu lassen.

cc. Dies gilt um so mehr, als der Beklagte zu recht darauf hinweist, dass der Kläger in seiner Funktion als Hausmeister gerade auch stärker als andere Mitarbeiter Obhutspflichten wahrzunehmen hatte.

dd. Dass der Kläger durch irgendeine Form von Gruppenzwang dazu gezwungen worden wäre, sich an dem die Selbstbedienungsmentalität ausdrückenden Verhalten zu beteiligen, hat er selbst nicht vorgetragen. Dabei spielt es auch keine ausschlaggebende Rolle, dass nach der Behauptung des Klägers - immer zu seinen Gunsten unterstellt, diese hätten einen wahren Kern - auch Vorgesetzte in die "Selbstbedienungsmentalität" verstrickt gewesen seien. Arbeitgeber des Klägers und Arbeitsvertragspartner waren nicht seine Vorgesetzten, sondern der Landschaftsverband Rheinland, eine Institution, die nach eigenem Bekunden über ca. 14.000 Arbeitskräfte verfügt und in der Abtei B nur eine von vielen Betriebsstätten unterhält.

ee. Würde man das Verhalten des Klägers aufgrund der von ihm behaupteten, in seiner dienstlichen Umgebung herrschenden "Selbstbedienungsmentalität" als entschuldigt oder gar gerechtfertigt ansehen, bedeutete dies, dass ein offensichtlich unrechtmäßiges, unredliches und den Vertragspartner schädigendes Verhalten um so eher sanktionslos bleiben müsste, desto mehr Personen sich eines solchen Verhaltens befleißigten oder es gar systematisch betrieben.

4. Das Arbeitsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass die Kündigung vom 20.12.2006 auch in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden ist.

a. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist eingehalten.

aa. Der Kläger wurde am 13.12.2006 zu den die Kündigung bedingenden Vorwürfen angehört. Die Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers stellt bei einer verhaltensbedingten Kündigung wie der vorliegenden einen Teil der Sachverhaltsaufklärung dar.

bb. Der Beklagte hat die Sachverhaltsaufklärung auch nicht ungebührlich verzögert. Nach seiner Darstellung hat der Verwaltungsleiter W erstmals am 07.12.2006 davon erfahren, dass der Kläger die besagten Gegenstände auf eigene Kosten weiterverkauft und hatte wegschaffen lassen.

cc. Dem steht die Aussage des Zeugen S vor dem Arbeitsgericht nicht entgegen. Der Zeuge war bei seiner Vernehmung danach befragt worden, "wann er von dem Verschwinden der Regale Kenntnis" erlangt habe. Der Zeuge antwortete hierauf: "Das war voriges Jahr, irgendwann. Ich würde sagen, das war Mitte letzten Jahres.". Wenn der Zeuge im Weiteren ausführt, "dann" habe er mit Herrn W darüber gesprochen, so ist zum einen nicht gesagt, wie viel Zeit seit seiner Kenntniserlangung bei dem erstmaligen Gespräch mit Herrn Westkamp bereits vergangen war. Insbesondere war in der entsprechenden Passage der Beweisaufnahme aber nur von dem Tatbestand des Verschwindens der Regale die Rede, nicht aber davon, dass für dieses Verschwinden der Kläger verantwortlich zu machen sei und dass dieser konkret die Gegenstände zu eigenem Nutzen an einen Dritten verkauft hatte. Die Aussage des Zeugen S steht der Angabe der Beklagten, die erstmalige Information über den Kündigungstatbestand habe der Zeuge W am 07.12.2006 erhalten, somit nicht entgegen.

b. Ebenso wenig ist die Kündigung formell wegen Verstoßes gegen § 174 BGB rechtsunwirksam.

aa. Die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens, Frau H , war in ihrer Eigenschaft als gewählte Personaldezernentin der Beklagten unstreitig Kraft ihres Amtes zur Vornahme personeller Maßnahmen einschließlich des Ausspruchs einer Kündigung befugt.

bb. Es entspricht der jahrzehntelangen Rechtsprechung des BAG, wie sie von dem Beklagten in der Berufungserwiderung zutreffend zitiert wird, dass bei solchen Personen, die Kraft ihrer dienstlichen Funktion ersichtlich und typischerweise zum Ausspruch von Kündigungen bevollmächtigt sind, in der Übertragung des Amtes eine Bekanntgabe der Bevollmächtigung im Sinne von § 174 Satz 2 BGB zu sehen ist, ohne dass es darauf ankommt, dass jeder einzelne Arbeitnehmer eines Unternehmens konkret über die Übernahme des Amtes durch eine bestimmte Person informiert wird.

cc. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 174 BGB. Frau H hat das Kündigungsschreiben unter Bezugnahme auf ihre Funktion als Personaldezernentin unterschrieben. Das Amt des Personaldezernenten bei dem Beklagten, der Funktion eines Personalleiters in einem Wirtschaftsunternehmen vergleichbar, bringt die Kündigungsberechtigung mit sich. Der Sinn des § 174 BGB liegt darin, dass bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter vornimmt, der Erklärungsempfänger sichergehen können soll, dass der Erklärende hierzu tatsächlich bevollmächtigt ist. Dem dient im Allgemeinen die Vorlage einer Vollmachtsurkunde. Bei arbeitsvertraglichen Beziehungen reicht aber eben auch der Hinweis auf eine die Vollmacht in typischer Weise umfassende Funktionsstellung in gleicher Weise aus.

5. Das Arbeitsgericht hat auch die Interessen des Klägers einerseits, des Beklagten andererseits ohne Rechtsfehler gegeneinander abgewogen.

Es hat die 17jährige Betriebszugehörigkeit des Klägers zur Kenntnis genommen und als einen zu seinen Gunsten sprechenden Gesichtspunkt im Rahmen der Interessenabwägung gewürdigt. Es hat aber letztlich zurecht darauf abgestellt, dass die Schwere der Pflichtverletzung und die damit in nachvollziehbarer Weise einhergehender Zerstörung des Vertrauens in die Redlichkeit des Klägers nach Lage der Dinge schwerer wiegen und den Ausschlag dafür geben, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger für den Beklagten als unzumutbar anzusehen.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist bei der Entscheidung des vorliegenden Einzelfalles nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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