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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 09.04.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 1213/02
Rechtsgebiete: BGB, TzBfG


Vorschriften:

BGB §§ 611 ff.
BGB § 812
TzBfG § 14 Abs. 1
1. Zum Arbeitnehmerstatus eines Rundfunkmitarbeiters.

2. Zur Wirksamkeit einer unter Vertretungsgesichtspunkten vorgenommenen Befristung des (Arbeits-) Vertragsverhältnisses eines Rundfunkmitarbeiters.

3. Macht die Rundfunkanstalt nach Feststellung des Arbeitnehmerstatusses eines vermeintlichen freien Mitarbeiters Honorar-Rückzahlungsforderungen für die Vergangenheit geltend, so hat sie die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich Grund und Höhe ihres Rückzahlungsanspruches ergeben sollen. Insbesondere hat sie die Voraussetzungen der von ihr dabei zugrundegelegten Eingruppierung des betroffenen Mitarbeiters als Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, wenn nach dem streitigen Sachvortrag der Parteien unterschiedliche Eingruppierungen in Betracht kommen.

4. Hiervon streng zu unterscheiden ist die Frage nach der Darlegungs- und Beweislast bei Streit der Parteien über die richtige Eingruppierung als Grundlage für die laufende, bzw. zukünftige Vergütung des Arbeitnehmers.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 7 Sa 1213/02

Verkündet am: 09.04.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 09.04.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Czinczoll als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Fuchs und Fomferek

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.07.2002 in Sachen 7 Ca 294/02 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Arbeitnehmerstatus des Klägers, die Wirksamkeit der Befristung seines Vertragsverhältnisses sowie - im Wege der Hilfswiderklage - um Honorarrückzahlungsansprüche der Beklagten.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und der Gründe, die das Arbeitsgericht Köln dazu bewogen haben, festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 14.10.1997 ein Arbeitsverhältnis besteht, welches unbefristet ist, im übrigen aber die weitergehende Klage und die Hilfswiderklage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils vom 10.07.2002 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Beklagten am 29.10.2002 zugestellt. Sie hat hiergegen am 27.11.2002 Berufung einlegen und diese - nach Fristverlängerung bis zum 20.01.2003 - am 16.01.2003 begründen lassen.

Die Beklagte bleibt weiterhin bei ihrer Auffassung, dass der Kläger nicht überwiegend programmgestaltender Mitarbeiter gewesen sei. Wenn der Kläger selbst aber etwas anderes behaupte, sei es nach der einschlägigen BAG-Rechtsprechung als Frage des Einzelfalls anzusehen, ob er seine Tätigkeit als freier Mitarbeiter verrichtet oder eine Weisungsabhängigkeit im Sinne einer Arbeitnehmereigenschaft vorgelegen habe. Letztlich könne jedoch dahingestellt bleiben, ob von einem Arbeitsverhältnis auszugehen sei oder nicht. Auch könne dahinstehen, ob der nur für programmgestaltende Mitarbeiter relevante Befristungsgrund "Rundfunkfreiheit" hier eine Rolle spiele; denn jedenfalls sei ein etwaiges Arbeitsverhältnis wirksam zum 31.12.2002 befristet worden. Dabei sei abzustellen auf den Abschluss des letzten Rahmenvertrags mit dem Kläger am 15.01.2001. Zu diesem Zeitpunkt sei nicht abzusehen gewesen, dass die seinerzeit erkrankte Mitarbeiterin H ihre Tätigkeit nicht wieder würde aufnehmen können. Im Falle der Wiedergenesung wäre Frau H in der Lage gewesen, den Ausfall des zum 01.01.2001 in den Ruhestand getretenen Mitarbeiters Dr. K zu kompensieren.

Auch sei nicht nachvollziehbar, warum das vom Arbeitsgericht angenommene Arbeitsverhältnis gerade seit dem 14.10.1997 bestehen solle.

Jedenfalls sei aber die Hilfswiderklage ganz oder zumindest teilweise begründet. Der Kläger sei als "Sprecher" anzusehen und diese Funktionsbezeichnung finde sich in der Vergütungsgruppe VI des einschlägigen Haustarifvertrages. Deshalb sei von dieser Vergütungsgruppe auszugehen. Alles, was über die normalen Aufgaben eines Sprechers hinausgehe, habe der Kläger darlegen und beweisen müssen. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Darlegungs- und Beweislast bei ihr, der Beklagten, läge, sei nicht haltbar. Überdies läge insoweit ein Überraschungsurteil vor.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Hilfswiderklagend für den Fall des Unterliegens,

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 118.709,45 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2002 zu zahlen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger nimmt auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag Bezug und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Insbesondere tritt er der Darstellung der Beklagten entgegen, dass es sich in der Frage der Darlegungs- und Beweislast für die richtige Eingruppierung um ein Überraschungsurteil gehandelt habe. Er, der Kläger, übe eine weisungsabhängige Tätigkeit aus und sei somit Arbeitnehmer. Diese Feststellung stelle keinen Widerspruch zu seiner Auffassung dar, dass er als "Erster Sprecher", bzw. "Aufnahmeleiter mit Regieaufgaben" richtigerweise unter die Vergütungsgruppe IV falle.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) u. c) ArbGG statthaft und wurde gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Beklagten konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, welches nicht kraft Befristung am 31.12.2002 sein Ende gefunden hat, sondern über dieses Datum hinaus bis auf weiteres unbefristet fortbesteht. Das Arbeitsgericht hat ferner auch die Hilfswiderklage der Beklagten zutreffend und mit richtiger Begründung abgewiesen.

Zusammenfassend, klarstellend und ergänzend gilt aus der Sicht des Berufungsgerichts folgendes:

1. Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

a. Auf der Grundlage des Sachvortrags der Beklagten (!) folgt dies bereits daraus, dass diese den Kläger als nicht überwiegend programmgestaltenden Mitarbeiter ansieht. Nach der typisierenden Betrachtungsweise der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung verrichten nicht programmgestaltende Mitarbeiter typischerweise Arbeitnehmertätigkeiten (BAG NZA 1998,705 ff.; BAG AfP 1995,693 ff.; BAG NZA 2000, 1102 ff.; BAG NZA 2001, 551 ff.). Dabei vertritt das BAG die Auffassung, dass gerade Sprecher und Übersetzer gemeinhin nicht als programmgestaltende Mitarbeiter anzusehen sind (BAG NZA 1998, 705 ff.). Besondere Umstände, die vorliegend insoweit eine Ausnahme begründen könnten, sind nicht vorgetragen. Liegen bei objektiver Betrachtungsweise die Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses vor, so kommt es auf einen entgegenstehenden Parteiwillen, das Arbeitsverhältnis als freie Mitarbeit zu deklarieren, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht an.

b. Wenn der Kläger selbst demgegenüber seine Tätigkeit als überwiegend programmgestaltend einordnet, so entfällt zwar zunächst die für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses vorentscheidende Typizität. Für die Einordnung als Arbeitsverhältnis oder freie Mitarbeit kommt es dann vielmehr maßgebend auf die Umstände des Einzelfalls an. Dabei ist insbesondere auch der in einem schriftlichen Vertrag ausformulierte Parteiwille zu beachten und kann im Zweifelsfall den Ausschlag geben.

aa. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die gelebte Vertragswirklichkeit eine andere Sprache spricht als das Vertragspapier. Nach dem Sachvortrag des Klägers sprechen zahlreiche Indizien dafür, dass die Parteien in der Arbeitswirklichkeit ein Arbeitsvertragsverhältnis gelebt habe: So arbeitete der Kläger über mehr als ein Jahrzehnt in der Regelmäßigkeit und dem zeitlichen Umfang, wie ein Vollzeitarbeitnehmer, wobei von ihm auch die Einhaltung fester täglicher Arbeitszeiten erwartet wurde. Darüber hinaus war er in vielfältiger Weise in die von der Beklagten bestimmte Arbeitsorganisation der Bulgarien-Redaktion eingegliedert: So verfügte er dort über ein eigenes Dienstzimmer, hatte an den täglichen Redaktionskonferenzen teilzunehmen, übernahm je nach Bedarf die verschiedensten Arbeitsaufgaben und hatte für die Diensteinteilung seiner Sprecherkollegen Sorge zu tragen.

bb. Wenn die Beklagte diesem Sachvortrag ihrerseits lediglich mit einer Darstellung gegenübergetreten ist, die die Tätigkeit des Klägers, wie bereits ausgeführt, sogar als typische Arbeitnehmertätigkeit kennzeichnet, so kann jedenfalls im Ergebnis kein Zweifel daran bestehen, dass die Parteien ihr Vertragsverhältnis in der Lebenswirklichkeit als Arbeitsverhältnis gestaltet haben. In solchen Fällen muss die Deklaration des Vertragsverhältnisses als freie Mitarbeit in den schriftlichen Verträgen der Parteien zurücktreten.

cc. Dies gilt umso mehr, als sich vorliegend die Parteien offenbar bereits bei Abschluss der schriftlichen Rahmenverträge vom 14.10.1997 und 15.01.2001 der Möglichkeit bewusst waren, dass ihr Vertragsverhältnis in Wirklichkeit als ein Arbeitsverhältnis angesehen werden könnte. Anders sind die eher ungewöhnlichen Bestimmungen in Ziffer 3.4 des Vertrages vom 14.10.1997 und in Ziffer 3.3 des Vertrags vom 15.01.2001 nicht zu verstehen. Die beiden zitierten Vertragspassagen bestätigen überdies, dass beide Parteien das Vertragsverhältnis ausdrücklich auch für den Fall gewollt haben, dass es richtigerweise als Arbeitsverhältnis anzusehen sein würde.

2. Ob dem Arbeitsgericht auch darin gefolgt werden kann, dass erst seit dem 14.10.1997 zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, kann dahingestellt bleiben, da der Kläger die entsprechende Teilklageabweisung hat rechtskräftig werden lassen. Ein Grund für die Annahme, dass sich das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis erst zu einem nach dem 14.10.1997 gelegenen Zeitpunkt in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt haben könnte, ist jedenfalls nicht ersichtlich.

3. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde nicht wirksam zum 31.12.2002 befristet und besteht folglich über diesen Zeitpunkt hinaus bis auf weiteres unbefristet fort.

a. Im Ausgangspunkt ist der Beklagten darin Recht zu geben, dass es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Vertragsbefristung (nur) auf den zweiten von den Parteien abgeschlossenen Rahmenvertrag vom 15.01.2001 ankommt und dass auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages abzustellen ist. Gleichwohl ist ein sachlicher Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG und im Sinne der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung für die in dem Rahmenvertrag vom 15.01.2001 (auch) für den Fall des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses vereinbarte Befristung zum 31.12.2002 nicht erkennbar. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, fehlt es für die Annahme eines sachlichen Befristungsgrundes an einem schlüssigen, geschweige den substantiierten Sachvortrag der Beklagten.

aa. Auf den Gesichtspunkt der Rundfunkfreiheit kann und will sich die Beklagte als Befristungsgrund schon nach eigenem Vorbringen nicht berufen, da sie davon ausgeht, dass es sich bei dem Kläger um einen nicht überwiegend programmgestaltenden Mitarbeiter handelt. Die einen etwaigen Befristungsgrund "Rundfunkfreiheit" näher ausfüllenden Darlegungen sind somit folgerichtig von vorneherein unterblieben.

bb. Stattdessen beruft sich die Beklagte sowohl in Ziffer 4) des Rahmenvertrags vom 15.01.2001 wie auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf eine "angespannte Personalsituation in der bulgarischen Redaktion" als sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages mit dem Kläger zum 31.12.2002.

Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist jedoch für das Berufungsgericht bereits aus sich heraus schlechterdings nicht nachvollziehbar. Nach der - vom Kläger unbestrittenen - Sachdarstellung der Beklagten stellte sich die Personalsituation in der bulgarischen Redaktion im Zeitpunkt des Abschlusses des Rahmenvertrages vom 15.01.2001 wie folgt dar: Der bis dahin vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter Dr. K war soeben zum 01.01.2001 in Frührente gegangen und seine Planstelle gestrichen worden. Zugleich war die auf einer halben Stelle beschäftigte Mitarbeiterin H seit dem 10.11.1999 für unbestimmte Zeit erkrankt. Am 15.01.2001 war der Beklagten zu Folge noch nicht absehbar, dass die Mitarbeiterin H ihre Arbeitstätigkeit nicht mehr aufnehmen und ihrerseits ebenfalls zum 01.09.2001 in Frührente gehen würde. Der Umfang von Sendezeit und Programmen blieb jedoch, wie die Beklagte ausdrücklich bestätigt hat, gleich. Dann erscheint es aber bereits unerfindlich, wie es der nur teilzeitbeschäftigten Mitarbeiterin H im Falle einer Rückkehr an den Arbeitsplatz hätte möglich sein sollen, neben ihrer eigenen bisherigen Tätigkeit auch die durch den dauerhaften Wegfall der Arbeitskraft des Mitarbeiters Dr. K entstandene Lücke zu kompensieren. Hinzu kommt aber noch, dass auch der Kläger selbst bis dahin seit mehr als 10 Jahren eigene Aufgaben im Umfang einer Vollzeitstelle zu verrichten hatte. Was aus diesen dem Kläger bis dahin obliegenden Tätigkeiten hätte werden sollen, dazu schweigt sich die Beklagte gänzlich aus.

b. Die Beklagte hat somit in keiner Weise verdeutlichen können, dass in arbeitsorganisatorischer Hinsicht aus der Sicht des 15.01.2001 in ihrer Bulgarien-Redaktion ein Bedarf an der Arbeitskraft des Klägers allenfalls noch befristet bis zum 31.12.2002 hätte angenommen werden können.

4. Auch die Hilfswiderklage der Beklagten hat das Arbeitsgericht nicht nur im Ergebnis zutreffend, sondern auch mit im Kern richtiger Begründung abgewiesen.

a. Die Beklagte stützt ihre gegen den Kläger erhobene Rückzahlungsforderung auf ihre Auffassung, dass der Kläger als Arbeitnehmer zutreffend in Vergütungsgruppe VI des einschlägigen Haustarifvertrages einzugruppieren sei. Eine, wenn auch in der Höhe niedrigere, Rückzahlungsforderung ergebe sich auch dann, wenn der Kläger richtigerweise in Vergütungsgruppe V gehöre. Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, dass er als "Erster Sprecher" oder auch als "Aufnahmeleiter mit Regieaufgaben" als Arbeitnehmer in der Vergütungsgruppe IV angesiedelt sei.

b. Träfe die Auffassung des Klägers zu, dass er richtigerweise in Vergütungsgruppe IV des Haustarifvertrages eingruppiert ist, so lässt sich für die Zeit ab 14.10.1997 schon rechnerisch keine Überzahlung und damit auch kein Rückforderungsanspruch der Beklagten feststellen.

aa. Nach dem von den Parteien unterbreiteten Zahlenmaterial hat der Kläger in der Zeit vom 01.01.1998 bis zum 28.02.2002 Honorare im Gesamtumfang von 198.077,47 € bezogen. Seine Gehaltsansprüche als Arbeitnehmer der Vergütungsgruppe IV im gleichen Zeitraum hätten sich auf 198.434,66 € belaufen. Auch für den Zeitraum vom 14.10. bis 31.12.1997 lässt sich aus dem Zahlenmaterial der Partei keine Überzahlung zu Lasten der Beklagten erkennen.

bb. Der Zeitraum vor dem 14.10.1997 hat bei alledem von vorneherein außer Betracht zu bleiben. Die Beklagte hat ihren Hilfsantrag lediglich für den Fall des Unterliegens mit ihrem Hauptantrag auf Klageabweisung gestellt. Die Beklagte hat erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag jedoch insoweit obsiegt, als das Arbeitsgericht das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erst mit Wirkung ab 14.10.1997 festgestellt hat und nicht, wie vom Kläger ausdrücklich begehrt, bereits seit dem 28.08.1990. Die Teilklageabweisung hat sich u. a. auch in der Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts niedergeschlagen und ist rechtskräftig geworden.

c. Für die volle oder teilweise Begründetheit der Hilfswiderklage kommt es somit darauf an, ob der Kläger zutreffend in die Vergütungsgruppe VI oder -wiederum hilfsweise - in Vergütungsgruppe V eingruppiert ist.

aa. Wenn die Beklagte dem Kläger gegenüber eine Zahlungsforderung erhebt, so ist es ihre Sache, Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich der rechtliche Schluss auf die Begründetheit ihrer Zahlungsforderung ziehen lässt. Dies ist Ausfluss eines allgemeinen, seit jeher nicht nur im Arbeitsrecht, sondern im gesamten Zivilrecht geltenden Rechtsgrundsatzes. Wenn somit, wie im vorliegenden Fall, die Rückzahlungsforderung der Beklagten nur begründet sein kann, falls der Kläger in die Vergütungsgruppe VI oder hilfsweise in die Vergütungsgruppe V des Haustarifvertrages eingruppiert ist, so umfasst die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten naturgemäß insbesondere diejenigen Tatsachen, die für die von ihr jeweils für richtig gehaltene Eingruppierung maßgebend sind.

bb. Diese vom Arbeitsgericht bereits zugrunde gelegte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast steht auch in vollem Einklang mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Eingruppierungsprozessen. Verlangt der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine höhere Bezahlung, weil er glaubt, er sei in einem einschlägigen Tarifvertrag in einer höheren Gruppe eingruppiert als ihm dies vom Arbeitgeber zugebilligt wird, so muss er, der Arbeitnehmer, die tatsächlichen Voraussetzungen für die höhere Eingruppierung darlegen und beweisen (z.B. BAG AP Nr.97 und Nr.115 zu §§ 22,23 BAT; BAG AP Nr.12 zu § 12 AVR Caritasverband). Will dagegen der Arbeitgeber an einem bisherigen Zustand etwas zu Lasten des Arbeitnehmers ändern und eine sog. korrigierende Rückgruppierung vornehmen, obliegt es ihm, darzulegen und zu beweisen, dass die bis dahin praktizierte Eingruppierung fehlerhaft war (BAG NZA-RR 1998,140ff.; BAG NZA-RR 1998, 231 ff.; BAG NZA 2001,1391 ff.; BAG ZTR 2002,589 f.).

cc. Im vorliegenden Fall scheint die Beklagte zu verkennen, dass es hier nicht um die Frage geht, nach welcher Eingruppierung sich die künftige Zahlung des dem Kläger zustehenden Arbeitnehmergehalts zu richten hat. Vielmehr will die Beklagte für die Vergangenheit aus einer von ihr für richtig gehaltenen Eingruppierung bestimmte Rechte für sich selbst herleiten, nämlich eine vermeintliche Rückzahlungsforderung rechtfertigen. In solchen Fällen fällt naturgemäß der Beklagten als Anspruchstellerin die volle Darlegungs- und Beweislast zu.

d. Schon allein aufgrund des Umstands, dass das Arbeitsgericht an dieser Stelle nur allgemeine Rechtsgrundsätze angewandt und sich im Rahmen der höchstrichterlichen Eingruppierungsrechsprechung bewegt hat, kann von einem "Überraschungsurteil" nicht die Rede sein.

e. Die Beklagte ist der Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der von ihr ihrer Rückzahlungsforderung zugrunde gelegten Eingruppierung auch nicht etwa deshalb enthoben, weil der Kläger die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten nicht hinreichend bestritten hätte.

aa. So hat der Kläger nicht einfach nur behauptet, dass er als Arbeitnehmer in Vergütungsgruppe IV einzuordnen sei, sondern dies auch näher dahin konkretisiert, dass er sich als "Erster Sprecher" oder auch als "Aufnahmeleiter mit Regieaufgaben" im Sinne dieser Vergütungsgruppe sehe. Für die Annahme, "Erster Sprecher" zu sein, hat er des weiteren darauf abgestellt, dass er anspruchsvolle Texte zu lesen habe, dass er bei anderen Sprechern z. B. Aussprachefehler korrigiere, dass er auf der Grundlage eines Hochschulstudiums auf hohe Professionalität und langjährige Berufserfahrung in diesem Bereich verweisen könne, aber auch, dass er für die Einteilung anderer Sprecher verantwortlich sei.

bb. Bedenkt man des weiteren, dass in der Tätigkeit des Klägers unstreitig auch Aufnahmeleiter- und Übersetzerfunktionen enthalten sind und dass er andererseits im Rahmenvertrag vom 15.01.2001 gar als "Redakteur/Moderator nach Vorgabe" bezeichnet wird, so zeigt sich, dass in dem Spektrum der Richtbeispiele der Vergütungsgruppen VI, V und IV des Haustarifvertrages eine ganze Reihe unterschiedlicher Eingruppierungsmöglichkeiten in Betracht kommen.

cc. Wenn die Beklagte demgegenüber bei ihrer Honorarrückzahlungsforderung darauf abhebt, dass der Kläger als einfacher "Sprecher" der Vergütungsgruppe VI anzusehen sei, so hätte sie u. a. darlegen müssen, worin sich ein solcher "einfacher" Sprecher der Gruppe VI von einem Ersten Sprecher im Sinne der Gruppe IV oder auch von einem "Sprecher mit besonderen Aufgaben" im Sinne der Vergütungsgruppe V unterscheidet und dass und warum die übrigen vom Kläger zu verrichtenden Teiltätigkeiten als Übersetzer, Aufnahmeleiter etc. für die Eingruppierung keine Rolle spielen können. Der Sachvortrag der Beklagten erschöpft sich jedoch im wesentlichen in der Behauptung, der Kläger sei Sprecher im Sinne der Vergütungsgruppe VI.

f. Das Berufungsgericht hatte auch keinerlei Anlass, die Beklagte nochmals auf die Notwendigkeit substantiierten Sachvortrags zur Begründung ihrer Auffassung in der Eingruppierungsfrage hinzuweisen und den Rechtsstreit entsprechend zu vertagen, nachdem das Arbeitsgericht in seinen Entscheidungsgründen bereits ausdrücklich und in Übereinstimmung mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen und der höchstrichterlichen Eingruppierungsrechtsprechung auf das Fehlen eines substantiierten Tatsachenvortrages in der Eingruppierungsfrage hingewiesen hatte. Wenn die Beklagte die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts lediglich zum Anlass genommen hat, dessen Rechtsmeinung zu kritisieren, ohne auch nur hilfsweise die notwendigen Darlegungen zu der von ihr für richtig gehaltenen Eingruppierung nachzuholen, so handelte sie ersichtlich auf eigenes prozessuales Risiko.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 2 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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