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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 18.06.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 218/08
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 1
BetrAVG § 16
BetrAVG § 17
1. Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Vertrag über die Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung, dass "die Berechnung des Ruhegehalts und der Hinterbliebenenbezüge in sinngemäßer Anwendung der jeweils für die Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen geltenden Bestimmungen" zu erfolgen hat, so liegt darin zugleich eine eigenständige konkludente Anpassungsvereinbarung, durch die § 16 BetrAVG wirksam abbedungen wird.

2. Dem steht § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG nicht entgegen; denn es handelt sich dabei nicht um eine Abweichung von § 16 BetrAVG zuungunsten des Arbeitnehmers.

3. Bei der Prüfung, ob sich eine von § 16 BetrAVG abweichende Anpassungsvereinbarung zuungunsten des Arbeitnehmers auswirkt, darf nicht punktuell auf bestimmte Zeiträume abgestellt werden. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung, in die alle wertbildenden Faktoren der vertraglich vereinbarten Anpassungsregelung einzubeziehen sind.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.11.2007 in Sachen 3 Ca 2111/07 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das vorgenannte Urteil abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das betriebliche Ruhegehalt des Klägers unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten oder nach § 16 BetrAVG regelmäßig anzupassen ist.

Der am 19.03.1940 geborene Kläger stand vom 2. Januar 1967 bis zum 31. März 2000 in einem Privatdienstvertrag zur Beklagten. Zum 01.07.1978 erteilte die Beklagte dem Kläger eine einzelvertragliche Versorgungszusage, auf deren vollständigen Inhalt (Bl. 13 - 15 d. A.) Bezug genommen wird. Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 der Versorgungszusage erhält der Kläger bei seiner Versetzung in den Ruhestand ein Ruhegehalt. Gemäß § 1 Abs. 2 der Versorgungszusage erfolgt die Berechnung des Ruhegehalts in sinngemäßer Anwendung der jeweils für die Beamten des L N -W geltenden Bestimmungen. Gemäß § 2 S. 1 der Versorgungszusage entsprechen die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge den zuletzt bezogenen aktiven Dienstbezügen nach der im Anstellungsvertrag zugrunde gelegten Besoldungsgruppe, soweit sie nicht ausdrücklich als nicht ruhegehaltsfähig erklärt wurden.

Nach dem Anstellungsvertrag vom 01.07.1978 erhielt der Kläger von der Beklagten eine "Besoldung in Anlehnung an die jeweiligen Bestimmungen des Besoldungsgesetzes für das L N , und zwar nach Besoldungsgruppe A 15".

Zum 01.01.1995 wurde der Kläger zum Geschäftsführer und Leiter des Dezernats V (Außenwirtschaft) ernannt. Seit dem erfolgte die Besoldung "unter entsprechender Anwendung der für die Beamten des L N geltenden Gesetze und Vorschriften" nach der Besoldungsgruppe B 3 des Besoldungsgesetzes für das L N in seiner jeweils geltenden Fassung (vgl. Zusatzvereinbarung vom 08.11.1994, Bl. 10 d. A.).

Unter dem 26.03.1998 ergänzte die Beklagte ihre vertragliche Versorgungszusage vom 01.07.1978 durch die Bestätigung, "dass die Ihnen zugesagten Versorgungsansprüche nach dem Beamtenversorgungsgesetz in der am 24.03.1997 geltenden Fassung zu berechnen sind mit der Maßgabe, dass die Anwendung der Vorschriften der §§ 14 Abs. 3 und 85 Abs. 5 BeamtVG unterbleibt" (Bl. 16 d. A.).

Der Beendigung des Anstellungsverhältnisses der Parteien zum 31.03.2000 lag der Aufhebungsvertrag vom 19.01.2000 zugrunde (Bl. 17 d. A.). Zu diesem Zeitpunkt betrug das ruhegehaltsfähige Diensteinkommen des Klägers nach der Besoldungsgruppe B 3 DM 11.111,10 = 5.681,02 EUR brutto. Seit dem 01.04.2000 zahlte die Beklagte dem Kläger ein Ruhegehalt in Höhe von 75 % dieses Betrages, also zunächst 4.260,76 EUR brutto. Im März 2002 erhöhte sich das Ruhegehalt auf 4.450,28 EUR brutto.

In der Folgezeit trat lediglich nochmals zum 01.08.2004 eine Erhöhung der Pensionen für Landesbeamte um 1 % in Kraft, welche die Beklagte zum selben Zeitpunkt an den Kläger weitergab. Nach Anrechnung der Sozialversicherungsrente, die der Kläger seit April 2005 bezieht, betrug sein von der Beklagten gezahltes Ruhegehalt zuletzt 3.924,76 EUR brutto.

Im Jahre 2001 stellte die Beklagte ihr gesamtes Gehaltssystem auf einen Haustarifvertrag um. Ihren zu diesem Zeitpunkt im aktiven Dienst befindlichen Geschäftsführern bot die Beklagte eine lineare Anpassung des Gehalts zum 01.01. eines jeden Jahres entsprechend dem Mittelwert der Lohn-/Gehaltstarife der zwischen den Tarifparteien bestimmter Branchen ausgehandelten Werte des Vorjahres an (vgl. Bl. 40 f. d. A.). Die Anpassung des Ruhegehaltes dieser Geschäftsführer sollte sich sodann nach den gleichen Regelungen richten, allerdings kein Anspruch auf ein 13. Ruhegehalt mehr bestehen (vgl. Bl. 42 d. A.). Entsprechend dem Anstieg der Gehälter ihrer aktiven Mitarbeiter erhöhte die Beklagte dementsprechend auch die Ruhegehälter der nach dem 01.01.2001 in Ruhestand getretenen Geschäftsführer für das Jahr 2002 um 2,6 %, für das Jahr 2003 um 3,1 %, für das Jahr 2004 um 2 %, für die Jahre 2005 und 2006 um jeweils 1,9 % und für das Jahr 2007 um 2,1% und für das Jahr 2008 um 3,0 %.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne aus Gleichbehandlungsgründen die jeweilige Erhöhung seines Ruhegehaltes in entsprechendem Umfang beanspruchen. Dies führe spätestens seit dem 01.01.2004 zu Differenzen zu seinen Lasten, deren Nachzahlung er in bezifferter Form geltend gemacht hat. Dieser Anspruch ergebe sich auch aus § 16 Abs. 1 BetrAVG. Zumindest könne er verlangen, dass die Beklagte sein Ruhegehalt ab August 2007 in angemessenem Umfang anhebe.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 787,11 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2005 für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 sowie 475,82 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2005 sowie 1.526,39 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2007 für den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2006 und 1.370,70 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2007 für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Versorgungsleistungen des Klägers entsprechend den Versorgungsleistungen der nach dem Jahre 2002 in den Ruhestand getretenen Geschäftsführer der Beklagten jährlich um den gleichen prozentualen Erhöhungssatz anzupassen;

sowie hilfsweise

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Versorgungsleistungen des Klägers ab August 2007 monatlich um einen angemessenen Betrag anzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 22. November 2007 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.103,15 EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger keine Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit später in den Ruhestand eingetretenen Geschäftsführern geltend machen könne. Die Beklagte habe aber ihre sich aus § 16 Abs. 1 BetrAVG ergebende Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung und Anpassung der betrieblichen Altersversorgung des Klägers verletzt. Als Anpassungszeitpunkt seien der 01.04.2003 und der 01.04.2006 maßgeblich gewesen. Zu diesen Zeitpunkten habe die Beklagte das Ruhegehalt des Klägers mindestens in dem Umfang des Anstieges des Verbraucherpreisindexes erhöhen müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 22.11.2007 sowie auf die vollständigen Entscheidungsgründe, welche sich auch über die Berechnung des vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Differenzbetrages verhalten, wird Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde beiden Parteien am 16.01.2008 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 07.02.2008 Berufung eingelegt und ihre Berufung am 05.03.2008 begründet. Der Kläger hat am 12.02.2008 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil insoweit, als dieses eine Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zugunsten des Klägers abgelehnt hat. Die Beklagte ist jedoch der Auffassung, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht eine Verletzung der Anpassungspflicht aus § 16 BetrAVG angenommen. Zu beachten sei, dass die beamtenrechtlichen Versorgungsregelungen in der Vergangenheit immer günstiger gewesen seien als Versorgungsregelungen für Arbeitnehmer. Ruhegelder in Höhe von 75 % der letzten Vergütung (oder auch wie zuletzt - nicht aber für den Kläger geltend - von 71,75 %) seien in der freien Wirtschaft nicht üblich. Hinzu komme, dass der Kläger auch als Ruheständler im Krankheitsfalle weiter beihilfeberechtigt sei und weiterhin ein volles 13. Ruhegehalt beanspruchen könne. In dem Umfang, im dem die Beamtenpensionen steigen, werde sie, die Beklagte, auch das Ruhegehalt des Klägers erhöhen. Eine noch darüber hinausgehende Anpassung der ohnehin schon hohen Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen sei kein Gebot billigen Ermessens im Sinne von § 16 Abs. 1 BetrAVG, ja widerspreche diesem sogar.

Die Beklagte und Berufungsklägerin zu 1. beantragt nunmehr,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.11.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte zu 1. beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger und Berufungskläger zu 2. beantragt seinerseits,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.11.2007, Aktenzeichen 3 Ca 2111/07, abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu Ziffern 1. und 3. zu erkennen.

Der Kläger und Berufungskläger zu 2. meint, aus § 16 Abs. 1 BetrAVG folge, dass sein Ruhegehalt im hier interessierenden Zeitraum in gleicher Höhe anzupassen gewesen sei, wie dies bei den nach dem Jahre 2001 in Ruhestand getretenen anderen Geschäftsführern der Fall gewesen sei. Das Arbeitsgericht habe die Anpassung zu Unrecht auf den Anstieg des Verbraucherpreisindexes beschränkt und dabei verkannt, dass es nicht an § 16 Abs. 2 BetrAVG gebunden sei, sondern eine eigene Ermessensentscheidung auszuüben gehabt habe. Diese habe sich daran orientieren müssen, was die Beklagte selbst an Anpassungsleistungen den nur kurze Zeit nach ihm in Ruhestand getretenen Geschäftsführern zugebilligt habe, mit denen er über Jahrzehnte zu gleichen Bedingungen unter der gleichen Gehaltsstruktur beschäftigt gewesen sei.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte zu 2. beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf den vollständigen Inhalt der beiderseitigen Berufungsbegründungen sowie der weiteren Schriftsätze des Klägers vom 07.03.2008 und der Beklagten vom 25.03.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Sie sind gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurden im Rahmen der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin zu 1. ist nach der Rechtsüberzeugung des Berufungsgerichts begründet. Hiernach hat das Arbeitsgericht der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben.

1. Das Arbeitsgericht hat angenommen, ein Anspruch des Klägers ergebe sich in der Höhe eines Teiles des von ihm geltend gemachten Gesamtbetrages aus § 16 Abs. 1 BetrAVG. Das Arbeitsgericht hat dabei rechnerisch zutreffend festgestellt, dass die Entwicklung der Höhe des dem Kläger gezahlten Ruhegehaltes in der Zeit ab 01.04.2003 hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für die B D zurückgeblieben ist. Weder könne die aus § 16 Abs. 1 BetrAVG folgende Anpassungsverpflichtung nach § 16 Abs. 2 BetrAVG als erfüllt gelten, noch sei die Anpassung gemäß § 16 Abs. 4 S. 2 BetrAVG zu Recht unterblieben. Der Kläger könne daher auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 BetrAVG beanspruchen, so gestellt zu werden, als habe ihm die Beklagte im Wege der Anpassung zumindest die entsprechende Erhöhung des Verbraucherpreisindexes für D während des Anspruchszeitraums weitergegeben.

2. Der rechtliche Ausgangspunkt der Überlegungen des Arbeitsgerichts trifft insoweit zu, als § 16 BetrAVG auf die vertragliche Versorgungszusage der Beklagten gegenüber dem Kläger vom 01.07.1978 anwendbar ist. Es handelt sich insoweit um eine betriebliche Altersversorgung im Sinne von § 1 Abs. 1 BetrAVG. Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig und bedarf daher keiner näheren Begründung.

3. Gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber unter besonderer Berücksichtigung der Belange des Versorgungsempfängers einerseits und seiner eigenen wirtschaftlichen Lage andererseits nach billigem Ermessen zu entscheiden.

a. Ein Ausnahmetatbestand gemäß § 16 Abs. 3 BetrAVG, der die Anpassungsprüfungspflicht entfallen lässt, liegt unstreitig nicht vor.

b. Zur Überzeugung des Berufungsgerichts haben die Parteien jedoch in ihrem Versorgungszusagevertrag vom 01.07.1978 die Anpassungsverpflichtung des § 16 BetrAVG wirksam abbedungen.

aa. In § 1 Abs. 2 des Vertrages über die Gewährung einer Versorgungszusage haben die Parteien vereinbart, dass die Berechnung des Ruhegehaltes und der Hinterbliebenenbezüge in sinngemäßer Anwendung der jeweils für die Beamten des L N -W geltenden Bestimmungen erfolgen wird. Die Parteien haben sich damit vertraglich den Regelungen unterworfen, die für Ruhestandsbeamte des L N -W jeweils gelten. Daraus folgt u. a., dass der Kläger immer dann einen vertraglichen Anspruch auf Erhöhung des ihm zustehenden Ruhegehaltes beanspruchen kann, wenn die Versorgungsbezüge der Beamten des L N -W nach oben angepasst werden.

bb. Der Vertrag der Parteien über die Gewährung von Versorgungszusagen vom 1. Juli 1978 enthält somit einen vertraglich vereinbarten Anpassungsmodus. Legen die Parteien eines Versorgungsvertrages in ihrer vertraglichen Vereinbarung einen vollgültigen und für beide verbindlichen Anpassungsmodus fest, so ist davon auszugehen, dass dieser an die Stelle der gesetzlichen Regelung in § 16 BetrAVG treten soll.

c. Die vertragliche Vereinbarung von von § 16 BetrAVG abweichenden Anpassungsmodalitäten ist grundsätzlich zulässig. Dies gilt anerkanntermaßen insbesondere auch für die Vereinbarung, dass die Entwicklung der vereinbarten Versorgungsleistungen den Entwicklungen von Beamtenpensionen entsprechen soll.

d. An die vertragliche Anpassungsvereinbarung im Versorgungsvertrag vom 01.07.1978 hat sich die Beklagte unstreitig gehalten. Soweit im Anspruchszeitraum die Versorgungsbezüge der Beamten des L N -W angepasst worden sind, hat die Beklagte dies zum gleichen Zeitpunkt und in gleicher Höhe an den Kläger weitergegeben. Die Beklagte hat ausdrücklich bestätigt, dass sie sich hieran auch in Zukunft halten wird.

e. Die § 16 BetrAVG verdrängende individualvertragliche Anpassungsvereinbarung ist auch nicht etwa deshalb unwirksam oder im vorliegenden Fall unbeachtlich, weil sie sich in dem hier in Rede stehenden Anspruchszeitraum seit dem 01.01.2004 bis zum 31.07.2007 zu Ungunsten des Klägers ausgewirkt hätte.

aa. Allerdings darf nach § 17 Abs. 3 BetrAVG von den Bestimmungen des § 16 BetrAVG nur im Rahmen von Tarifverträgen zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Vorliegend steht keine tarifvertragliche, sondern eine im Versorgungsvertrag vom 01.07.1978 enthaltene, also individualvertragliche Regelung über die Anpassungsmodalitäten der Ruhegehaltsbezüge in Rede.

bb. Die in § 1 Abs. 2 des Versorgungsvertrages vom 01.07.1978 enthaltene konkludente Anpassungsvereinbarung, wonach der Kläger eine Anpassung seines Ruhegehaltes immer dann, aber auch nur dann beanspruchen kann, wenn sich die Versorgungsbezüge der entsprechenden Beamten des L N -W erhöhen, bedeutet jedoch keine Abweichung von § 16 BetrAVG zu Ungunsten des Klägers.

aaa. Bei der Beurteilung der Frage, ob die individualvertragliche Anpassungsregelung in dem Versorgungsvertrag vom 01.07.1978 zu Ungunsten des Klägers von der gesetzlichen Anpassungsverpflichtung nach § 16 BetrAVG abweicht, darf nicht punktuell und atomisierend auf einzelne Monate oder einen bestimmten abgegrenzten Zeitraum abgestellt werden. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung, in die alle wertbildenden Faktoren der vertraglich vereinbarten Anpassungsregelung einzubeziehen sind.

bbb. Gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber (nur) alle 3 Jahre eine Anpassung der laufenden Leistung der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen. Nach § 1 Abs. 2 des Versorgungsvertrages der Parteien ist der Arbeitgeber dagegen verpflichtet, jede Erhöhung der Versorgungsbezüge entsprechender Beamten des L N -W an den Kläger weiterzugeben, auch wenn diese in kürzerem Abstand als drei Jahre vorgenommen werden.

ccc. Gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG darf der Arbeitgeber im Rahmen seiner alle drei Jahre relevant werdenden Anpassungsprüfungspflicht insbesondere seine eigene wirtschaftliche Lage in die Entscheidung mit einfließen lassen. Mit anderen Worten: Ist die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers angespannt oder gar schlecht, kann dies dazu führen, dass eine Anpassung unterbleibt oder niedrig ausfällt. Tritt dagegen der Anpassungsfall des § 1 Abs. 2 des Versorgungsvertrages ein, d. h. werden die Versorgungsbezüge entsprechender Beamten im L N -W erhöht, ist es der Beklagten von vornherein verwehrt, sich darauf zu berufen, ihre eigene wirtschaftliche Lage lasse eine Anpassung nicht, nicht zu diesem Zeitpunkt oder nicht in der entsprechenden Höhe zu.

ddd. Des Weiteren sieht § 16 Abs. 2 BetrAVG Obergrenzen für die gesetzliche Anpassungspflicht vor. Nach § 16 Abs. 2 BetrAVG gilt die Anpassungsprüfungspflicht als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als entweder der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für D oder der Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum. Maßgeblich als gesetzliche Obergrenze ist die niedrigere der beiden in § 16 Abs. 2 BetrAVG genannten Vergleichsgrößen. Kann der Arbeitgeber darauf verweisen, dass er den niedrigeren der beiden in

§ 16 Abs. 2 BetrAVG angesprochenen Werte eingehalten hat, kann er jedenfalls über § 16 BetrAVG nicht zu einer höheren Anpassung gezwungen werden. Gemäß § 1 Abs. 2 der Versorgungsvereinbarung ist die Beklagte dagegen verpflichtet, Erhöhungen der Beamtenversorgung im L N -W auch dann in vollem Umfang an den Kläger weiterzugeben, wenn die Erhöhung die Grenzen des § 16 Abs. 2 BetrAVG übersteigt.

f. Haben die Parteien eines Versorgungsvertrages, wie hier, Anpassungsmodalitäten in Anlehnung an die Regelungen des Beamtenrechts gewählt, so gilt überdies noch Folgendes zu beachten: Den öffentlichen Arbeitgeber trifft seiner Beamtenschaft gegenüber aus verfassungsrechtlichen Gründen eine besondere Fürsorgepflicht, die ihren Ausdruck u. a. auch in dem sog. Alimentationsprinzip findet. Aufgrund dieser gesteigerten Fürsorgepflicht ist es nicht in das völlige Belieben des öffentlichen Arbeitgebers gestellt, wie er die Versorgungsbezüge seiner Beamtenschaft ausstattet. Ein gewisser Mindeststandard darf vielmehr nicht unterschritten werden. Dies schlägt über

§ 1 Abs. 2 der Versorgungsvereinbarung vom 01.07.1978 vorliegend unmittelbar auch auf die betriebliche Altersversorgung des Klägers durch.

g. Dem widerspricht der Umstand, dass die Erhöhung der Beamtenbezüge im Lande N -W nunmehr schon seit mehreren Jahren hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurückgeblieben ist, nur scheinbar. Zu berücksichtigen ist nämlich auch, dass, wie die Beklagte zu Recht anführt, die laufende Anpassung auf einen vergleichsweise hohen Ausgangsversorgungsgrad des Ruhegehalts von 75 % aufsetzt und überdies der soziale Status des Ruhegehaltsempfängers durch seine Beihilfeberechtigung im Krankheitsfall zusätzlich abgesichert ist. Jedenfalls zur Zeit kann noch nicht festgestellt werden, dass die Anpassungsdefizite der vergangenen Jahre im öffentlichen Dienst über die in langen Vergleichszeiträumen üblichen periodischen Schwankungen hinausgehen.

h. Schließlich bleibt auch zu beachten, dass die Parteien des vorliegend zu beurteilenden Versorgungsvertrages die Anlehnung an die Verhältnisse der Beamten des L N -W nicht zufällig gewählt haben. Vielmehr handelt es sich bei der Beklagten um eine Institution, die öffentliche Aufgaben erfüllt und, wenn auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht letztlich privatrechtlich organisiert, doch dem Randbereich des öffentlichen Dienstes zuzurechnen ist. Diese funktionale Verwandtschaft lässt es vom Sinn und Zweck her ebenfalls als nicht willkürlich, sondern sachgerecht, jedenfalls aber vertretbar erscheinen, die Regelung des § 16 BetrAVG durch eine auf die Besoldungs- und Versorgungsvorschriften für entsprechende Beamte Bezug nehmende Anpassungsregelung zu ersetzen.

i. Die vorstehenden Ausführungen sprechen zugleich dafür, dass die Beklagte den ihr nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zustehenden Spielraum billigen Ermessens nicht verletzt hätte, wenn sie zwar in dem in § 16 Abs. 1 BetrAVG vorgeschriebenen 3-Jahres-Rhythmus eine Überprüfung der Anpassung des Ruhegehalts des Klägers vorgenommen hätte, dabei jedoch zu dem Ergebnis gekommen wäre, von einer Anpassung des Ruhegehalts des Klägers abzusehen, die über die Erhöhung der Versorgungsbezüge eines entsprechenden Beamten im Lande N -W hinausginge.

III. Die Berufung des Klägers und Berufungsklägers zu 2. ist hingegen unbegründet.

1. Soweit der Kläger seinen vermeintlichen Anspruch aus § 16 BetrAVG herleitet, folgt die Unbegründetheit seiner Berufung bereits aus den obigen Ausführungen zur Begründetheit der Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin zu 1.

2. Ebenso wenig kann der Kläger aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch darauf herleiten, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, im Zeitraum 01.01.2004 bis 31.07.2007 das an den Kläger zu zahlende Ruhegehalt prozentual im gleichen Umfang zu erhöhen, wie dies gegenüber solchen ehemaligen Geschäftsführern der Beklagten geschehen sein mag, die nach dem Jahr 2001 in Ruhestand gegangen sind.

a. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu unter I. a) seiner Entscheidungsgründe kann Bezug genommen werden.

b. Im Übrigen argumentiert der Kläger widersprüchlich, wenn er einerseits in der Berufungsinstanz zuzugestehen bereit ist, "dass die unterschiedlichen Versorgungszusagen gegenüber den vor 2002 und nach 2002 pensionierten Geschäftsführern unterschiedlich hohe Ruhegehälter zulassen" (Berufungsbegründungsschrift Seite 5), andererseits aber meint, im Rahmen einer nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zu treffenden Ermessensentscheidung habe sich das Arbeitsgericht zwingend daran zu orientieren, in welchem Umfang die Beklagte die Ruhegehälter der nach 2002 pensionierten Geschäftsführer erhöhe.

c. Abgesehen davon, dass nach den obigen Ausführungen zur Berufung der Beklagten dem Kläger § 16 BetrAVG schon "dem Grunde nach" nicht zugute kommen kann, verkennt der Kläger, dass die Beklagte schon seinem eigenen Sachvortrag nach auch gegenüber den seit 2002 pensionierten Geschäftsführern keine Ermessensentscheidung im Sinne des § 16 Abs. 1 BetrAVG getroffen hat, sondern sich diesen gegenüber in einer abgewandelten Form der Versorgungszusage verpflichtet hat, eine Anpassung der Ruhegehälter entsprechend der Entwicklung der Gehälter vergleichbarer aktiver Arbeitnehmer vorzunehmen. Dieser andersartige Inhalt der Versorgungsvereinbarung mit den später in Ruhestand gegangenen Geschäftsführern wirkte sich im Anspruchszeitraum zufällig dahin aus, dass sie in den Genuss höherer Anpassungen gelangen konnten als der Kläger. Anders als jene kann der Kläger hingegen seinerseits weiterhin einen Anspruch auf ein volles 13. Ruhegehalt pro Jahr für sich verbuchen.

3. Des Weiteren übersieht der Kläger, selbst wenn ihm § 16 BetrAVG zugute käme, Folgendes:

a. Er könnte mit seinen Vorstellungen über die Höhe der von der Beklagten zu leistenden Anpassungen nur Erfolg haben, wenn das bei der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zu beachtende billige Ermessen nur eine Anpassung in gleicher Höhe wie bei den ab 2002 in Ruhestand gegangenen Geschäftsführern zuließe und insoweit "auf Null reduziert" wäre. Warum dies so sein soll, obwohl, wie der Kläger selbst einräumt, jene Geschäftsführer mit Versorgungszusagen anderen Inhalts als der Kläger in Ruhestand gegangen sind, ist nicht ersichtlich.

b. Im Gegenteil: In § 16 Abs. 2 BetrAVG sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die Verpflichtung aus § 16 Abs. 1 BetrAVG als erfüllt gilt, wenn der Arbeitgeber eine Anpassung vornimmt, die nicht geringer ist als der jeweils niedrigere Wert entweder des Anstiegs des Verbraucherpreisindexes oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum. Hätte somit die Beklagte dem Kläger gegenüber die Entscheidung getroffen, eine Anpassung seines Ruhegehalts entsprechend dem Anstieg des Verbraucherpreisindexes vorzunehmen, hätte der Kläger nach der klaren gesetzlichen Anordnung des § 16 Abs. 2 BetrAVG jedenfalls aus § 16 BetrAVG keine höhere Anpassung für sich verlangen können. Warum dann das Arbeitsgericht in einer die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers ersetzenden Ermessensausübung nicht zu demselben Ergebnis hätte gelangen können, erschließt sich nicht.

c. Es spricht sogar Vieles dafür, dass das Arbeitsgericht, wenn es an Stelle des Arbeitgebers die Anpassungsentscheidung des § 16 Abs. 1 BetrAVG zu treffen gehabt hätte, über die in § 16 Abs. 2 BetrAVG festgelegten Obergrenzen gar nicht hätte hinausgehen dürfen.

d. Diese Frage kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat der Kläger selbst für den Fall, dass § 16 BetrAVG grundsätzlich zu seinen Gunsten anwendbar wäre, nicht schlüssig dargelegt, warum das Arbeitsgericht dann im Anspruchszeitraum sein Ruhegehalt in höherem Umfang hätte anpassen müssen, als es dem Tenor seines Urteils entspricht.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 91 ZPO dem Kläger aufzuerlegen, da nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts die Beklagte im Rechtsstreit in vollem Umfang obsiegt.

Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war gegen das vorliegende Urteil die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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