Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 27.08.2009
Aktenzeichen: 7 Ta 296/09
Rechtsgebiete: BGB, GewO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 315
GewO § 106
ZPO § 935
ZPO § 940
1. Übernimmt der Arbeitnehmer einen ihm vom Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechts übertragenen Tätigkeitsbereich unter dem Vorbehalt, die Maßnahme auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen lassen zu wollen, so verpflichtet er sich damit, die Tätigkeit bis zum Abschluss der rechtlichen Überprüfung tatsächlich auszuüben.

2. Für eine einstweilige Verfügung, die darauf gerichtet ist, dem Arbeitgeber zu untersagen, dem Arbeitnehmer im Wege des Direktionsrechts eine bestimmte Tätigkeit zu übertragen, fehlt es regelmäßig an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse.


Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 05.08.2009 in Sachen 2 Ga 116/09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Verfügungsklägerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, es der Verfügungsbeklagten zu untersagen, sie in bestimmter Weise zu beschäftigen, hilfsweise die Verfügungsbeklagte zu verpflichten, die Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren "vertragsgemäß als Gruppenleiterin Stationäre Maßnahmen und als Abteilungsleiterin Leistungen an Versicherte oder mit vergleichbaren Aufgaben" zu beschäftigen.

Wegen des von der Verfügungsklägerin erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachverhalts, wegen der von ihr zur Entscheidung gestellten Anträge und wegen der Gründe, die das Arbeitsgericht Köln dazu bewogen haben, die Anträge der Klägerin zurückzuweisen, wird auf den angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts vom 05.08.2009 in Sachen 2 Ga 116/09 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat über die erstinstanzlichen Anträge der Verfügungsklägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden. Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde der Verfügungsklägerin am 14.08.2009 zugestellt. Sie hat hiergegen am 18.08.2009 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründen lassen.

Wegen der Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18.08.2009 nebst seinen Anlagen Bezug genommen.

Das Beschwerdegericht hat zur Entscheidung über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung anberaumt. Die Beschwerdeführerin/Verfügungsklägerin beantragt nunmehr,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 05.08.2009, 2 Ga 116/09, aufzuheben und dem Antrag der Klägerin vom 31.07.2009 vollumfänglich stattzugeben,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.):

die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin ab dem 27.07.2009 vertragsgemäß als Gruppenleiterin "Stationäre Maßnahmen" und als Abteilungsleiterin "Leistungen an Versicherte" oder mit vergleichbaren Aufgaben bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu beschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den ihre erstinstanzlichen Anträge zurückweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts vom 05.08.2009 ist zulässig. Insbesondere hat die Klägerin die Beschwerdefrist eingehalten.

Das Arbeitsgericht hat über die erstinstanzlichen Anträge der Verfügungsklägerin in zulässiger Weise ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden, vgl. § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG. Das Beschwerdegericht hat über die Verfahrensweise in der Beschwerdeinstanz nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen zu befinden und vorliegend die Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung für sachdienlich und geboten gehalten. In einem solchen Fall ist über die Beschwerde durch Endurteil zu entscheiden, §§ 936, 922 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

II. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Anträge der Verfügungsklägerin und Beschwerdeführerin keinen Erfolg haben konnten. Haupt- und Hilfsantrag der Verfügungsklägerin/Beschwerdeführerin sind bereits unzulässig. Sie sind darüber hinaus auch unbegründet. Schon dem eigenen Vorbringen der Verfügungsklägerin/Beschwerdeführerin kann nicht entnommen werden, dass für Haupt- und/oder Hilfsantrag ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund bestehen.

Da das Rechtsschutzbegehren der Verfügungsklägerin/Beschwerdeführerin schon auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens, ergänzt durch die mündlichen Erörterungen im Verhandlungstermin vor dem Beschwerdegericht, unschlüssig erscheint, kommt es auf den Inhalt der von der Beschwerdegegnerin dem Beschwerdegericht in der mündlichen Verhandlung übergebenen sogenannten Schutzschrift nicht an. Deren Inhalt ist nicht entscheidungserheblich.

1. Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin, es der Beschwerdegegnerin zu untersagen, ihr ab dem 27.07.2009 den Arbeitsplatz als Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen im Vertragszentrum W K zuzuweisen, erscheint bereits unzulässig. Es fehlt für einen solchen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gestellten Antrag an einem Rechtsschutzbedürfnis. Der Unterlassungsantrag gibt das eigentliche Rechtsschutzbegehren der Verfügungsklägerin nicht adäquat wieder.

a. Die Klägerin wurde von der Verfügungsbeklagten zum 01.11.2005 als Gruppenleiterin "Stationäre Maßnahmen" eingestellt und war zuletzt seit dem 01.10.2008 kommissarisch mit der Leitung der Abteilung "Leistungen an Versicherte" betraut. Im Zuge der zum 01.07.2009 erfolgten Fusion zwischen der M AG K B und der K erfolgten bei der Verfügungsbeklagten unstreitig umfangreiche organisatorische Umstrukturierungen. Diese hatten zur Folge, dass die von der Verfügungsklägerin bisher eingenommenen konkreten Arbeitsplätze in ihrem bisherigen organisatorischen Zuschnitt so nicht mehr existieren. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die an diesen Arbeitsplätzen zu erledigenden inhaltlichen Aufgaben im Zweifel weiter zu erledigen sind.

b. Bedingt durch diese Verhältnisse ist zwischen den Parteien eine Rechtsunsicherheit darüber eingetreten, auf welchem nach der Umstrukturierung infolge der Fusion real existierenden Arbeitsplatz die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin beschäftigen kann und darf. Einerseits hat die Verfügungsklägerin - wie jede Arbeitnehmerin - grundsätzlich einen Anspruch darauf, nach Maßgabe der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen beschäftigt zu werden. Andererseits gehört es zum Inhalt des dem Arbeitgeber zukommenden Direktionsrechts, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben an einem bestimmten Arbeitsplatz zuzuweisen, soweit sich diese Zuweisung im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen hält. Bei alledem sind die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien dadurch gekennzeichnet, dass sich die Verfügungsklägerin in § 2 des Arbeitsvertrages vom 13.09.2005 einer umfassenden Versetzungsklausel unterworfen hat, die die Arbeitgeberin u. a. berechtigt, "die Aufgaben jederzeit zu verändern und der Arbeitnehmerin andere Aufgaben zuzuweisen, die den Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen."

c. Würde nun dem Hauptantrag der Verfügungsklägerin stattgegeben, würde der Arbeitgeberin nur eine punktuelle Direktionsmaßnahme untersagt. Die Unsicherheit der Parteien darüber, auf welchem aktuellen Arbeitsplatz die Verfügungsklägerin beschäftigt werden kann oder darf, wäre dadurch in keiner Weise beseitigt. Das Rechtsschutzbegehren der Verfügungsklägerin ist nämlich, wie diese in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt hat, nicht etwa darauf gerichtet, von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt zu werden. Solange die Parteien jedoch über die inhaltliche Ausgestaltung einer aktuellen Beschäftigung kein Einvernehmen erzielen, bestünde auch nach Obsiegen der Klägerin mit ihrem Hauptantrag jederzeit die Gefahr, dass jede neue arbeitgeberseitige Direktionsmaßnahme über die Zuweisung einer Tätigkeit erneut auf ein Unterlassungsbegehren der Verfügungsklägerin - ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes - stoßen würde.

d. Ein Rechtsschutzantrag, der nicht geeignet ist, dem inhaltlichen Rechtsschutzbegehren zum Ziel zu verhelfen, ist unzulässig.

2. Selbst wenn man zugunsten der Verfügungsklägerin und Beschwerdeführerin jedoch einmal die Zulässigkeit ihres Hauptantrages unterstellte, wäre dieser mangels Begründetheit zurückzuweisen.

a. Aus dem eigenen Vorbringen der Verfügungsklägerin ergibt sich schon kein Verfügungsanspruch auf ein entsprechendes Unterlassen seitens der Verfügungsbeklagten.

aa. So ist nicht erkennbar, dass die Zuweisung des Arbeitsplatzes einer Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen deshalb rechtswidrig wäre, weil die Verfügungsklägerin einen Anspruch darauf hätte, weiterhin als Abteilungsleiterin beschäftigt zu werden. Ein solcher Anspruch ist zur Zeit nicht ersichtlich. Zwar war die Klägerin vom 01.10.2008 bis zu den Umstrukturierungsmaßnahmen im Juli 2009 als Leiterin der Abteilung "Leistungen an Versicherte" eingesetzt und Entsprechendes auch durch den Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 30.09.2008 vereinbart. Die Parteien haben in dem arbeitsvertraglichen Nachtrag aber ausdrücklich bestimmt, dass die Übernahme der Abteilungsleitung "kommissarisch" erfolgt. Kommissarisch bedeutet ,vorübergehend', ,einstweilig', ,vorläufig', ,vertretungsweise' o. ä. Der Sache nach handelt es sich bei der Berufung der Verfügungsklägerin zur kommissarischen Abteilungsleiterin um die vorübergehende Zuweisung einer höherwertigeren Tätigkeit. Dabei haben die Arbeitsvertragsparteien zwar die vorausgesetzte Tragweite des Begriffs "kommissarisch" arbeitsvertraglich nicht näher konkretisiert. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass die "kommissarische" Übernahme einer bestimmten Position spätestens dann endet, wenn die Position als solche, hier also die Position der Leitung der Abteilung "Leistungen an Versicherte", wie geschehen, organisatorisch aufgelöst wird.

Ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Beschäftigung als Abteilungsleiterin lässt sich aus dem Vorbringen der Verfügungsklägerin somit nicht ableiten.

bb. Allerdings ist die Verfügungsklägerin im Jahr 2005 laut Arbeitsvertrag vom 13.09.2005 ausdrücklich "als Gruppenleiterin eingestellt" worden. Daraus folgt grundsätzlich ein arbeitsvertraglicher Anspruch, auf dem Niveau der Tätigkeit einer Gruppenleiterin beschäftigt zu werden. Aus dem Vorbringen der Verfügungsklägerin und Beschwerdeführerin ergibt sich jedoch nicht ohne Weiteres, dass die ihr zugewiesene Tätigkeit einer Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen von ihrer Wertigkeit her unterhalb des Niveaus der Tätigkeit einer "Gruppenleiterin" angesiedelt wäre. Es wäre jedoch Sache der Verfügungsklägerin als Anspruchsstellerin gewesen, die Unterwertigkeit der ihr zugewiesenen Tätigkeit nachvollziehbar darzulegen. Dies ist ihr nicht gelungen. Die Verfügungsbeklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht ausführlich dargestellt, dass nach dem Vergütungssystem des Haustarifvertrags der K Gruppenleiter in die Vergütungsgruppen 7 und 8 eingruppiert sind, sogenannte Vertragsverhandler, eine Position, die derjenigen entspricht, die der Klägerin jetzt zugewiesen wurde, in die Vergütungsgruppen 6 bis 8. Diese Darlegungen hat die Klägerin nicht widerlegen können.

cc. Das von den Tarifvertragsparteien festgelegte Eingruppierungssystem eines Tarifvertrages kann als Maßstab der branchentypischen Anschauungen über die Wertigkeit bestimmter Tätigkeiten herangezogen werden. Sind aber sogenannte Vertragsverhandler nach dem Haustarifvertrag der Verfügungsbeklagten nicht generell niedriger eingruppiert als Gruppenleiter, kann die "Minderwertigkeit" einer solchen Tätigkeit nicht festgestellt werden.

dd. Daran ändert auch der unstreitige Umstand nichts, dass die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Gruppenleiterin Führungsverantwortung für sechs nachgeordnete Sachbearbeiter wahrzunehmen hatte, während ihr in der jetzt zugewiesenen Tätigkeit als Vertragsverhandlerin keine anderen Mitarbeiter unterstellt sind. Die Frage der Personalverantwortung bildet nur eine unter vielen Wertigkeitskriterien einer Arbeitsaufgabe. So kann z. B. eine qualitativ anspruchsvolle Spezialtätigkeit in den Augen der Branchenöffentlichkeit auch dann, wenn sie nicht mit der Unterstellung anderer Mitarbeiter verbunden ist, einer anderweitigen Standardtätigkeit mit Personalverantwortung ohne Weiteres gleichwertig sein.

b. Aus den Darlegungen der Verfügungsklägerin lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass der mit dem Hauptantrag verfolgte Verfügungsanspruch auf Unterlassung unter personalvertretungsrechtlichen Aspekten begründet wäre.

aa. Auch in personalvertretungsrechtlicher Hinsicht befindet sich das Unternehmen der Verfügungsbeklagten aufgrund der Fusion mit der ehemaligen M AG K B in einer organisationsrechtlich schwierig zu beurteilenden Übergangsphase. Während die Verfügungsklägerin befürchtet, durch die Zuweisung der Tätigkeit im Vertragszentrum W K ihre soeben erst als Nachrückerin erworbene Personalratsmitgliedschaft wieder zu verlieren, ist die Verfügungsbeklagte der Auffassung, dies sei nicht der Fall.

bb. Eine auch nur vorläufige Beurteilung dieser personalvertretungsrechtlichen Frage ist dem Beschwerdegericht auf der Grundlage des Sachvortrags der Antragsstellerin mangels erforderlicher Informationen nicht möglich. Selbst wenn dies anders wäre, könnte das Beschwerdegericht in dieser Frage keine verbindlichen Feststellungen treffen, da es für die Beurteilung solcher personalvertretungsrechtlicher Belange keine Kompetenz besitzt. Für die personalvertretungsrechtlichen Belange in organisatorischer Hinsicht sind im Unternehmen der Verfügungsbeklagten vielmehr die Verwaltungsgerichte zuständig. Hinzu kommt, dass es im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zunächst nur um die vorläufige tatsächliche Beschäftigung der Klägerin geht und somit ohnehin keine endgültige Zuordnung zu einer bestimmten Organisationseinheit im Unternehmen der Verfügungsbeklagten erfolgen kann. Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass, wie die Verfügungsbeklagte durch Vorlage zweier E-Mails im Termin zur mündlichen Verhandlung glaubhaft gemacht hat, sowohl der in K , S , angesiedelte Personalrat der K , wie auch der Hauptpersonalrat in H dem Einsatz der Verfügungsklägerin als Vertragsverhandlerin im Vertragskompetenzzentrum in K zugestimmt haben.

c. Ebenso wenig, wie somit schon auf der Grundlage des eigenen Sachvortrags der Verfügungsklägerin von einem zweifelsfrei vorhandenen Verfügungsanspruch ausgegangen werden könnte, kann auch ein Verfügungsgrund festgestellt werden. Es erscheint vielmehr aus verschiedenen Gründen keinesfalls unzumutbar, dass die Klägerin die ihr von der Beklagten übertragene Aufgabe einer Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen vorläufig bis zur Überprüfung der Rechtswirksamkeit der Maßnahme im Hauptsacheverfahren tatsächlich ausübt.

aa. Eine bereits bei summarischer Prüfung im Rahmen eines Eilverfahrens auf den ersten Blick offensichtliche Rechtswidrigkeit der Maßnahme liegt, wie sich aus den obigen Ausführungen zum Verfügungsanspruch ergibt, ersichtlich nicht vor.

bb. Die Klägerin hat auch nicht plausibel vermitteln können, dass sie durch einen vorläufigen tatsächlichen Einsatz auf der ihr zugewiesenen Stelle in ehrenrühriger Weise degradiert würde und aufgrund dessen einen nachhaltigen Ansehensverlust innerhalb der Betriebsöffentlichkeit bei der Verfügungsbeklagten zu befürchten hätte. Die Verfügungsklägerin hatte zuletzt (noch) keine feste Dauerstelle als Abteilungsleiterin inne, sondern war mit dieser höherwertigen Tätigkeit nur "kommissarisch" betraut. Dass die der Klägerin jetzt zugewiesene Stelle einer Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen im Vergleich zur Position einer Gruppenleiterin qualitativ minderwertig wäre, kann anhand des von der Verfügungsklägerin zur Entscheidung gestellten Sachverhalts nicht festgestellt und der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.

cc. In finanzieller Hinsicht erleidet die Verfügungsklägerin ohnehin keine Nachteile, da ihr das zwischen den Parteien frei vereinbarte übertarifliche Gehalt zur Zeit unvermindert fortgezahlt wird.

dd. Das weitere Argument der Verfügungsklägerin, wenn sich in einem Hauptsacheverfahren ihre Rechtsposition als zutreffend herausstelle, habe sie für die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung als Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen einen täglichen, nicht rückgängig zu machenden Rechtsverlust erlitten, erscheint zwar theoretisch zutreffend. Dennoch kann dieses Argument nicht entscheidungserheblich sein, da sich die Verfügungsbeklagte spiegelbildlich mit gleicher Berechtigung ebenso darauf berufen könnte. Auch die Verfügungsbeklagte erlitte nämlich einen nicht rückgängig zu machenden Rechtsverlust, wenn sie im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes daran gehindert würde, die Klägerin zur Zeit als Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen einzusetzen, sich in einem Hauptsacheverfahren später aber die Rechtsmäßigkeit einer solchen Tätigkeitszuweisung herausstellte.

ee. Maßgeblich gegen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes spricht aber insbesondere, dass die Verfügungsklägerin schon nach ihrem eigenen Sachvortrag die Zuweisung der Tätigkeit als Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen unter dem Vorbehalt der rechtlichen Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahme "angenommen" hat.

(1) Ein Arbeitnehmer, der eine ihm gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung unter dem Vorbehalt der rechtlichen Überprüfung annimmt, ist nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und arbeitsrechtlicher Literatur verpflichtet, bis zum Abschluss der rechtlichen Überprüfung den veränderten Arbeitsbedingungen zunächst nachzukommen. Dieser Auffassung liegt die Überlegung zugrunde, dass der Arbeitnehmer durch die Annahme der geänderten Vertragsbedingungen unter Vorbehalt eine sonst drohende Gefährdung des Bestandes seines Arbeitsverhältnisses von vorneherein vermeiden kann, ohne zugleich endgültig auf die Überprüfung der Rechtswirksamkeit der Maßnahme verzichten zu müssen, obwohl andererseits der Arbeitgeber nur bei geänderten Vertragsbedingungen überhaupt am Arbeitsverhältnis festhalten will.

(2) Auch wenn im vorliegenden Fall keine Änderungskündigung in Rede steht, erscheint die Interessenlage dennoch vergleichbar. Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Arbeitnehmer verpflichtet ist, einer rechtswidrigen Weisung seines Arbeitgebers nachzukommen. Die Verfügungsklägerin hätte somit die Aufnahme der ihr zugewiesenen Tätigkeit auch verweigern können, wenn sie von der Rechtswidrigkeit dieser Zuweisung fest überzeugt ist. In diesem Fall hätte sie allerdings, worauf sie selbst zurecht hinweist, einen möglicherweise den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdenden Konflikt heraufbeschworen, da die Verfügungsbeklagte bekanntlich von der Rechtmäßigkeit ihrer Maßnahme überzeugt ist. Mit guten Gründen hat sich die Verfügungsklägerin daher - ähnlich wie bei der Annahme einer Änderungskündigung unter Vorbehalt - dazu entschlossen, durch die vorläufige Aufnahme der ihr zugewiesenen Tätigkeit unter Vorbehalt einem den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdenden Konflikt aus dem Wege zu gehen.

(3) Sie hat damit aber zugleich zum Ausdruck gebracht, dass es ihr auf jeden Fall wert erscheint, an dem Arbeitsverhältnis auch für den Fall festzuhalten, dass sich die streitige Maßnahme des Arbeitgebers als rechtmäßig erweisen sollte. Wenn dem so ist, so verdeutlicht aber bereits das eigene Verhalten der Verfügungsklägerin, dass es ihr sehr wohl zumutbar erscheint, die zugewiesene Tätigkeit vorläufig auszuüben, bis die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in dem dafür vorgesehenen regulären Verfahren überprüft wurde.

3. Auch der von der Verfügungsklägerin zur Entscheidung gestellte Hilfsantrag erscheint sowohl unzulässig als auch mangels Verfügungsanspruchs und Verfügungsgrundes unbegründet.

a. Die Unzulässigkeit des Hilfsantrages erfolgt aus seiner mangelnden Bestimmtheit.

aa. So erscheint es bereits widersprüchlich, dass die Klägerin im Rahmen des Hilfsantrages die Verpflichtung der Beklagten begehrt, sie als Gruppenleiterin "Stationäre Maßnahmen" und als Abteilungsleiterin "Leistungen an Versicherte" zu beschäftigen. Die Verfügungsklägerin hat diese beiden Positionen in der Vergangenheit nacheinander ausgeübt und kann sie im Zweifel auch nicht beide gleichzeitig ausüben.

bb. Unklar und damit unbestimmt bleibt auch, ob sich die in dem Antrag enthaltene weitere Floskel "oder mit vergleichbaren Aufgaben" auf die Tätigkeit einer Gruppenleiterin oder auf die qualitativ davon zu unterscheidende Tätigkeit einer Abteilungsleiterin beziehen soll.

cc. Ein Entscheidungstenor, der die Verfügungsbeklagte im Sinne des Hilfsantrages der Beschwerdeführerin verurteilen würde, wäre nicht geeignet, den Rechtsstreit der Parteien beizulegen; denn unabhängig von dem unklaren Bezugspunkt ist auch aus sich heraus nicht definiert, was "vergleichbare Aufgaben" beinhalten müssten. So ist die Verfügungsbeklagte durchaus der Auffassung, dass sie mit der streitigen Zuweisung der Tätigkeit einer Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen einen Anspruch der Verfügungsklägerin erfüllt, mit Aufgaben beschäftigt zu werden, die von der Wertigkeit her denen einer Gruppenleiterin vergleichbar sind.

b. Darüber hinaus fehlt es auch für den Hilfsantrag an einem Verfügungsanspruch.

aa. Die von der Klägerin früher eingenommenen Arbeitsplätze als Gruppenleiterin "Stationäre Maßnahmen" und als kommissarische Abteilungsleiterin "Leistungen an Versicherte" sind in dem früheren organisatorischen Zuschnitt so nicht mehr vorhanden.

bb. Es ist der Beklagten auch nicht zuzumuten, die gesamte aufgrund der Fusion mit der M AG K B erfolgte Umstrukturierung, in deren Folge die an den früheren beiden Arbeitsplätzen der Verfügungsklägerin anfallenden Aufgaben und Tätigkeiten neu zugeordnet wurden, vorläufig wieder rückgängig zu machen.

cc. Darüber hinaus ergibt sich aus den Ausführungen der Verfügungsklägerin selbst nicht hinreichend, dass es sich bei der jetzt zugewiesenen Tätigkeit einer Spezialsachbearbeiterin Vertragsverhandlungen in Wirklichkeit nicht um eine den Aufgaben einer Gruppenleiterin vergleichbare Tätigkeit handelt.

c. Auf die oben zum Hauptantrag erfolgten Ausführungen zu Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund, die auch für den Hilfsantrag gelten, wird Bezug genommen.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG ist gegen ein Urteil, durch das über die Anordnung einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, die Revision von Gesetzes wegen nicht zulässig.

Ende der Entscheidung

Zurück