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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.01.2008
Aktenzeichen: 7 TaBV 25/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 2 Abs. 1
BetrVG § 40
BetrVG § 40 Abs. 2
BetrVG § 87
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3
BetrVG § 99
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners/Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.03.2007 in Sachen 1 BV 134/06 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Drogeriemarktkette, welche bundesweit aufgegliedert in etwa 400 Betriebe ca. 10.000 Verkaufsstellen unterhält. Die Verkaufsstellen verfügen über elektronische Kassen, die mit der Zentrale der Antragsgegnerin online vernetzt sind. Die Antragsgegnerin unterhält ein ihrer Zentrale zugeordnetes eigenes Rechenzentrum.

Die Antragsgegnerin handelt auch selbst mit PCs.

Antragsteller ist der siebenköpfige Betriebsrat des Bezirks M . Der Antragsteller ist für ca. 130 Mitarbeiter zuständig, die sich auf 30 Filialen verteilen, die in einem Gebiet mit einem Radius von ca. 70 km angesiedelt sind.

Der Antragsteller hält wöchentliche Betriebsratssitzungen ab. Er übersendet einmal monatlich ein Informationsblatt über die Betriebsratsarbeit an die Mitarbeiter und versendet aus gegebenen betrieblichen Anlässen regelmäßig monatlich mehrere weitere Rundschreiben. Erster Ansprechpartner des Betriebsrats in personellen und sozialen Angelegenheiten der §§ 87, 99 BetrVG auf Arbeitgeberseite ist der sog. Bezirksleiter. Dieser verfügt über kein eigenes Büro, sondern über ein Dienstfahrzeug. Den Bezirksleitern übergeordnet sind sog. Verkaufsleiter, denen jedenfalls bis Ende 2007 ein EDV-mäßig voll ausgestattetes Büro mit Sekretärinnen zur Verfügung stand. Wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Anhörung vom 09.01.2008 mitgeteilt hat, habe Ende 2007 eine Umorganisation des Vertriebsbereichs dergestalt stattgefunden, dass die Verkaufsbüros bundesweit in vier Vertriebsbüros zusammengefasst wurden, welche jeweils einem Geschäftsführer unterstehen. Die Verkaufsleiter sollen seitdem über keine eigenen Büros mehr verfügen, haben jedoch einen dienstlichen Laptop zur Verfügung.

Der Antragsteller ist mit einer elektrischen Schreibmaschine mit Korrekturband ausgestattet. Außerdem kann er ein Kopiergerät benutzen.

Die Antragsgegnerin gewährt den bei ihr gewählten Betriebsräten nach eigenem Bekunden im Anhörungstermin vor dem Beschwerdegericht einen eigenen PC mit entsprechendem Zubehör grundsätzlich nur, wenn dies durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung erstritten wird.

Der Betriebsrat des Bezirks M der Antragsgegnerin hatte bereits in dem Verfahren Arbeitsgericht Siegburg 1 BV 21/01 = Landesarbeitsgericht Köln 5 TaBV 22/02 beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm u. a. einen PC nebst Zubehör zur Verfügung zu stellen. Zum damaligen Zeitpunkt war der Betriebsrat des Bezirks M für 21 Verkaufsstellen mit im Vergleich zu heute entsprechend geringerer Belegschaft zuständig. Der damalige Antrag wurde mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 06.06.2002 (5 TaBV 22/02) rechtskräftig zurückgewiesen.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Betriebsrat des Bezirks M der Antragsgegnerin erneut, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm einen PC nebst einschlägigen Peripheriegeräten und zugehöriger Software zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Entscheidung des Landesarbeitsgericht Köln vom 06.06.2002 stehe dem neuerlichen Antrag nicht entgegen, da sich die tatsächlichen Verhältnisse insbesondere aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Erweiterung seines Zuständigkeitsbereichs maßgeblich geändert hätten.

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, er benötige den PC nebst Zubehör, da er in erheblichem Umfang Schriftverkehr zu erledigen habe und eine personelle Büroausstattung nicht zur Verfügung stehe. So müssten die Einladungen zu den wöchentlichen Betriebsratssitzungen geschrieben, vervielfältigt und zum Versand vorbereitet werden. Das Gleiche gelte für die sich durchschnittlich auf 7 bis 8 Seiten belaufenden Sitzungsprotokolle. Ferner sei der Arbeitgeber in einem Umfang von ca. 3 bis 4 Briefen pro Woche über die getroffenen Betriebsratsbeschlüsse zu informieren. Auch die regelmäßig anfallenden Rundschreiben und Informationsblätter für die Belegschaft müssten angefertigt, vervielfältigt und zum Versand vorbereitet werden. Darüber hinaus benötige er den PC für die Erstellung von Formularen, zur elektronischen Ablage des Schriftverkehrs, insbesondere aber auch für die durch die Möglichkeit der Tabellenkalkulation eröffnete Option der Datenauswertung und Erstellung von Berechnungen.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, dem antragstellenden Betriebsrat folgende sachliche Mittel zur Verfügung zu stellen:

a. einen derzeit handelsüblichen Personalcomputer (entsprechend Leistungsmerkmale Pentium IV oder gleichartiges Gerät mit Disketten- und CH-Laufwerk);

b. entsprechende Peripheriegeräte wie Monitor (17 Zoll), Tastatur, Maus, Tintenstrahldrucker schwarz-weiß mittlerer Art und Güte mit 2 Druckerpatronen schwarz-weiß, 3 m Druckerkabel und

c. hierzu gehörige Software neben dem Betriebssystem für den Personalcomputer wie Windows XP, Excel oder Word oder gleichwertig.

Die Antragsgegnerin/Beteiligte zu 2 hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat zunächst geltend gemacht, der Zulässigkeit des vorliegenden Antrags stehe die rechtskräftige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 06.06.2002 entgegen.

In der Sache hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, dass die vom Betriebsrat gewünschte Ausstattung mit PC nebst Zubehör weder erforderlich noch betriebsüblich sei. Auch der Bezirksleiter als Ansprechpartner des Betriebsrats auf Arbeitgeberseite verfüge über keinen dienstlichen PC. Auf einen zeitgemäßen allgemeinen Bürostandard komme es nach § 40 BetrVG nicht an.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat Beweis erhoben über die PC-Ausstattung auf Arbeitgeberseite durch Vernehmung der Zeugin M . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 29.03.2007 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht Siegburg hat dem Antrag sodann im Wesentlichen stattgegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 29.03.2007 Bezug genommen.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde der Antragsgegnerin am 04.05.2007 zugestellt. Sie hat hiergegen am 14.05.2007 Beschwerde eingelegt und diese am 18.05.2007 begründen lassen.

Die Antragsgegnerin hält die Anträge des Betriebsrats weiterhin für unzulässig und unbegründet, da die gewünschte Ausstattung mit einem PC nebst Zubehör nicht erforderlich sei.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.03.2007 1 BV 134/06 abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde der Gegenseite zurückzuweisen.

Der Antragsteller und Beschwerdegegner verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss und hebt hervor, dass sein Antrag insbesondere auch in Anbetracht der Grundsätze, die das BAG in seiner Entscheidung vom 16.05.2007, 7 ABR 45/06, aufgestellt habe, begründet sei. Im mündlichen Anhörungstermin vor dem Beschwerdegericht hat der Antragsteller und Beschwerdegegner seinen Sachvortrag dahingehend ergänzt - und durch Vorlage entsprechender Unterlagen zur Einsicht dokumentiert -, dass in allen wichtigeren Angelegenheiten, so z. B. auch beim Ausspruch von Kündigungen, nicht der Bezirksleiter, sondern der übergeordnete Verkaufsleiter sein Ansprechpartner sei. Betriebsvereinbarungen würden gar auf Geschäftsführerebene abgeschlossen. Darüber hinaus hat der Antragsteller und Beschwerdegegner u.a. ausgeführt, er habe sich während der laufenden Wahlperiode veranlasst gesehen, eine Statistik über die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern seines Bezirks im Laufe der Zeit abgeleistete Mehrarbeit zu erstellen und auszuwerten. Dies habe sich in Anbetracht der Vielzahl der Mitarbeiter und Verkaufsstellen sowie der unterschiedlichen arbeitsvertraglichen Ausgangsbedingungen der Mitarbeiter jedoch als dermaßen zeitaufwendig erwiesen, dass der Versuch schließlich habe abgebrochen werden müssen.

II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.03.2007 ist zulässig, aber unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat den vorliegenden Rechtsstreit richtig entschieden. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Betriebsrat des Bezirks M die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG für erforderlich hält. Der Ausstattungswunsch des Betriebsrats entspricht in dem Umfang, in dem ihm durch die arbeitsgerichtliche Entscheidung stattgegeben wurde, den Vorgaben des § 40 Abs. 2 BetrVG. Die Antragsgegnerin ist daher verpflichtet, dem entsprechenden Ausstattungswunsch auf ihre Kosten Folge zu leisten.

1. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin ist das vorliegende Antragsverfahren nicht unzulässig. Die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 06.06.2002 in Sachen 5 TaBV 22/02 steht, wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend erläutert hat, dem im vorliegenden Verfahren geltend gemachten neuerlichen Antrag des Betriebsrats nicht entgegen. Dies folgt aus gleich mehreren Gründen:

a. Zum Einen hat seit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 06.06.2002 mindestens eine reguläre Betriebsratsneuwahl stattgefunden. Nach ständiger Rechtsprechung der BAG obliegt die Prüfung, ob ein vom Betriebsrat verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitsgeber zur Verfügung zu stellen ist, zuerst dem Betriebsrat selbst (BAG vom 16.05.2007, 7 ABR 45/06; LAG Köln vom 06.06.2002, 5 TaBV 22/02). Ein neu gewählter Betriebsrat kann in seiner Betriebsratsarbeit andere Schwerpunkte setzen als sein Amtsvorgänger. Dabei können sich auch gerechtfertigte Verschiebungen in der Begründung der Erforderlichkeit der Ausstattung mit bestimmten Sachmitteln ergeben. Spätere Betriebsräte können nicht für alle Zeiten an die Begründung der Erforderlichkeit eines Sachmittels gebunden sein, mit denen ein früherer Betriebsrat eine bestimmte Ausstattung verlangt hat und damit gerichtlich unterlegen ist. Schon dies spricht tendenziell gegen eine Rechtskraftwirkung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Köln vom 06.06.2002.

b. Maßgebend dafür, dass die Rechtskraft der Entscheidung vom 06.06.2002 dem vorliegend zu beurteilenden neuerlichen Antrag des Betriebsrats nicht entgegenstehen kann, ist jedoch, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seither in mehrerlei Hinsicht entscheidungserheblich verändert haben: So weist der Betriebsrat zu Recht darauf hin, dass sich sein Zuständigkeitsbereich räumlich wie personell erheblich erweitert hat. Der Betriebsrat des Bezirks M inzwischen nicht mehr für nur 21 Verkaufsstellen, sondern für 30 Verkaufsstellen zuständig mit entsprechend gestiegener Kopfzahl der zu betreuenden Belegschaft.

c. Hinzu kommt aber auch noch, dass sich in technischer Hinsicht die Verhältnisse ebenfalls erheblich geändert haben. In Anbetracht der exorbitant schnellen und nachhaltigen Weiterentwicklung der Computertechnik, die sich nicht nur auf die Einsatzmöglichkeiten eines Computers bezieht, sondern die auch eine erhebliche Kostenreduzierung zur Folge hat, sind die Rahmenbedingungen für die Beantwortung der Frage nach der Erforderlichkeit einer PC-Ausstattung eines Betriebsrats im Jahr 2008 anders zu beurteilen als im Jahr 2002.

2. Das Arbeitsgericht hat das Antragsbegehren des Betriebsrats jedoch nicht nur zu Recht als zulässig angesehen, sondern auch dessen Begründetheit zutreffend bejaht.

a. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung im erforderlichen Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Zu der in § 40 Abs. 2 BetrVG in der ab 28.07.2001 geltenden Fassung erstmals ausdrücklich erwähnten Informations- und Kommunikationstechnik gehören insbesondere Computer mit entsprechender Software (BAG vom 16.05.2007, 7 ABR 45/06).

b. Nach der Auffassung des BAG kann auch nach der Neufassung des § 40 Abs. 2 BetrVG der Betriebsrat die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software allerdings nach wie vor nur dann verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich erscheint (BAG, a. a. O. m. w. N.).

c. Nach ganz herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung des BAG obliegt die Prüfung, ob ein vom Betriebsrat verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, zu allererst dem Betriebsrat selbst (BAG a. a. O.; LAG München vom 19.12.2007, 11 Ta BV 45/07). Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit wird vom Betriebsrat allerdings verlangt, dass er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, andererseits gegeneinander abzuwägen hat (BAG a. a. O. m. w. N.).

d. Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle, die jedoch auf die Prüfung beschränkt ist, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen (BAG, a. a. O.; BAG AP § 40 BetrVG 1972 Nr. 82; BAG AP § 40 BetrVG 1972 Nr. 66).

e. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann es zur Überzeugung des Beschwerdegerichts keinem Zweifel unterliegen, dass im vorliegenden Fall der Betriebsrat des Bezirks M der Antragsgegnerin die Frage, ob für seine tägliche Arbeit ein PC nebst Zubehör erforderlich ist, im Einklang mit den betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben sach- und interessengerecht bejaht hat. Dies ergibt sich aus Folgendem:

aa. In seiner Entscheidung vom 16.05.2007 hat das BAG es nicht beanstandet, dass das dort als Vorinstanz entscheidende Landesarbeitsgericht Hamm angenommen hat, um die Erforderlichkeit eines Sachmittels zu bejahen, reiche es nicht aus, dass durch seinen Einsatz die Geschäftsführung des Betriebsrats lediglich erleichtert wird oder sich rationeller gestalten lasse. Aus Gründen der Effektivität der Betriebsratsarbeit werde daher ein Sachmittel erst dann erforderlich, wenn ohne seinen Einsatz die Wahrnehmung anderer Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt werden müsste (BAG, a. a. O.).

bb. Genauso liegt der Fall hier: Im Anhörungstermin vor dem Beschwerdegericht hat die Vorsitzende des Antragstellers anschaulich und nachvollziehbar geschildert, dass der Betriebsrat den Versuch, eine Übersichtsstatistik über von den einzelnen Mitarbeitern seines Bezirks über einen längeren Zeitraum hinweg geleisteten Überstunden "von Hand" zu erstellen, abgebrochen werden musste, weil sich herausstellte, dass die Aufstellung und Pflege einer solchen Übersicht ohne Zuhilfenahme eines PC mit einem unvertretbar hohem Zeitaufwand verbunden war. In Anbetracht der sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG ergebenen Mitbestimmungsrechte stellt der Wille des Betriebsrats, eine entsprechende Überstundenübersicht aufzustellen und zu pflegen, ein legitimes Anliegen im Rahmen seines ihm gesetzlich übertragenen Aufgabenspektrums dar. Die aufgrund praktischer Erfahrung gewonnene Einschätzung des Betriebsrats, dass die Erstellung und Pflege einer entsprechenden Übersicht nicht an dem damit verbundenen exorbitanten zeitlichen Aufwand hätte scheitern müssen, wenn dem Betriebsrat ein PC nebst Zubehör als Hilfsmittel zur Verfügung gestanden hätte, ist nicht nur nicht zu beanstanden, sondern nahe liegend. Es bietet ein Beispiel dafür, dass der Betriebsrat sich schließlich gezwungen sah, von ihm in sachgerechter Weise für wünschenswert gehaltene Maßnahmen mangels hinreichend effektiver technischer Ausstattung vernachlässigen zu müssen.

cc. Damit steht im vorliegenden Fall der Wunsch des Betriebsrats nach einer Ausstattung mit PC nebst üblichem Zubehör in voller Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die das BAG in seiner Entscheidung vom 16.05.2007, 7 ABR 45/06, aufgestellt hat.

3. Die vom BAG in der vorgenannten Entscheidung benutzte Formel zur Bestimmung des Merkmals der Erforderlichkeit, wonach der Betriebsrat aus Effektivitätsgründen die Überlassung eines PC nur für erforderlich halten dürfe, wenn er ohne diese technische Ausstattung ihm obliegende Aufgaben vernachlässigen müsste, bietet zur Überzeugung des Beschwerdegerichts allerdings Anlass zu Missverständnissen, denen entgegen zu treten ist:

a. So darf die Formel nicht einem verabsolutierten Sinne verstanden werden.

aa. Anderenfalls gelangt man nämlich zu dem Ergebnis, dass selbst die Bereitstellung einer elektrischen Schreibmaschine nicht erforderlich ist; denn es unterliegt keinem Zweifel, dass rein theoretisch jedwedes Schreibwerk auch von Hand verrichtet werden kann, wobei die Korrektur durch Tintenkiller und Radiergummi kaum größeren Aufwand verursacht als die Benutzung eines Korrekturbandes einer elektrischen Schreibmaschine.

bb. Beim Schreiben und Vervielfältigen von Texten besteht der Vorzug der PC-Technik insbesondere in der mit deren Benutzung verbundenen exorbitanten Zeitersparnis bei gleichzeitig gesteigerter Qualität des Endprodukts. Typischerweise gehen Unternehmen und Verwaltungen gerade deshalb dazu über, ihre Büros mit EDV auszustatten, weil dadurch mittel- und langfristig Personal eingespart werden kann. Der Einsatz von PC-Technik dient also im Büro nicht zuletzt dazu, menschliche Arbeitszeit einzusparen.

cc. Der Betriebsrat hat ein berechtigtes Interesse daran, dass ihm dieser dem heute allgemein üblichen Standard der Bürotechnik entsprechende Vorteil ebenfalls zu Gute kommt.

aaa. Dabei ist zum Einen zu berücksichtigen, dass ein Filialbetrieb von der Eigenart derjenigen, die die Antragsgegnerin unterhält, besonders erhöhte Anforderungen an die Bürokommunikation stellt. Anders als in einem an einem Ort konzentrierten Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb hat vorliegend der Betriebsrat eine Belegschaft zu betreuen, die auf eine Fülle kleiner und räumlich nicht unerheblich voneinander getrennter Arbeitseinheiten verstreut sind. Dies erschwert nicht nur die Kommunikation mit der zu betreuenden Belegschaft erheblich, sondern im Zweifel auch die Kommunikation der sieben Betriebsratsmitglieder untereinander. Der Betriebsrat hat nachvollziehbar dokumentiert, dass allein das von ihm regelmäßig zu verrichtende Schreibwerk - Einladung mit Tagesordnung zu den wöchentlichen Betriebsratssitzungen; Anfertigen und Versenden der im Schnitt 7- bis 8-seitigen Protokolle der wöchentlichen Betriebsratssitzungen; Schriftverkehr mit der Arbeitgeberin über die Ergebnisse der Betriebsratssitzung; monatliche Informationsschreiben und regelmäßige Rundschreiben aus gegebenem Anlass - einen hohen Umfang erreicht und in zeitlich bedeutender Weise menschliche Arbeitskraft bindet. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Erledigung dieses Schreibwerks inklusive Vervielfältigung und Versandvorbereitung ohne Zuhilfenahme eines PC mit Zubehör um ein Vielfaches mehr Zeit in Anspruch nimmt als wenn der Betriebsrat mit dem einem dem heute üblichen Bürostandard entsprechenden PC ausgestattet wäre.

bbb. Zum Anderen ermöglicht die PC-Technik es aber auch, Daten in jeder Zeit nach sinnvollen Kriterien abrufbarer Weise zu archivieren, aber auch - z. B. mit Hilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen - nach den verschiedensten Suchkriterien hin auszuwerten. Insbesondere bei der Datenauswertung ist die durch den PC eröffnete Zeitersparnis regelmäßig so exorbitant, dass eine entsprechende Auswertung "von Hand" häufig wegen des damit einhergehenden, im Arbeitsalltag nicht mehr vertretbaren Arbeitsaufwandes gar nicht erst in Frage kommt. Dies verdeutlicht wiederum das von der Betriebsratsvorsitzenden erwähnte Beispiel der Überstundenübersicht besonders sinnfällig.

b. Bei alledem ist aber auch zu beachten, dass sich das Aufgabenspektrum des Betriebsrats keineswegs darauf beschränkt, auf arbeitgeberseitige Maßnahmen zu reagieren. Vielmehr gehört es zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats, im Rahmen der ihm zustehenden Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsrechte auch eigene Initiativen zu entwickeln. Es liegt geradezu zwingend auf der Hand, dass die Zeit, die dem Betriebsrat dadurch verloren geht, dass er für seine tägliche Büroarbeit auf technisch veraltete Hilfsmittel zurückgreifen muss, in erheblicher Weise seine Möglichkeiten beschneidet, eigene betriebsverfassungsrelevante Initiativen zu ergreifen. In einem Betrieb, der so strukturiert ist wie vorliegend, liegt es geradezu auf der Hand, dass allein aufgrund der fehlenden technischen Ausstattung mit einem PC der Betriebsrat seine betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben nur in geringerem Umfang und mit geringerer Intensität wahrnehmen kann, als dies bei technisch aktueller Ausstattung möglich wäre.

c. Die vorangegangenen Überlegungen verdeutlichen, dass der Betriebsrat im vorliegenden Fall von seiner Einschätzungsprärogative zum Kriterium der Erforderlichkeit, die ihm nach ständiger BAG-Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung in der Literatur zukommt, in voller Übereinstimmung auch mit der Entscheidung vom 16.05.2007 sachgerecht Gebrauch gemacht hat.

d. Zwar führt das BAG in seiner Entscheidung vom 16.05.2007 aus, dass

§ 40 Abs. 2 BetrVG nicht ohne Weiteres einen Anspruch des Betriebsrats auf Überlassung einer nicht näher definierten "Normalausstattung" gewährt. Der berechtigte Hinweis darauf, dass die Ausstattung mit PC und Zubehör im Jahre 2008 selbst in kleinen Büros und Unternehmen zur allgemein üblichen Standardbüroausstattung gehört - eine Sekretärin, die sich im Jahre 2008 auf eine Bürostelle bewirbt, ohne über PC-Kenntnisse zu verfügen oder die Absicht kund zu tun, diese alsbald zu erwerben, hat nicht die geringste Vermittlungschance -, mag zwar für sich allein betrachtet noch nicht ausreichen, um das Merkmal der Erforderlichkeit in § 40 BetrVG auszufüllen. Er spricht aber tendenziell dafür, dass der Betriebsrat bei der von ihm vorzunehmenden Interessenabwägung keine einseitigen, unsachgerechten Maßstäbe angelegt hat.

e. Demgegenüber kann sich die Antragsgegnerin auch nicht darauf berufen, dass aber in ihrem Unternehmen die Ausstattung mit PC und Zubehör nicht betriebsüblich sei. Diese Aussage ist ersichtlich unzutreffend.

aa. Schon das Arbeitsgericht hat in der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass die Bezirksleiterin, welche in Alltagsangelegenheiten im Allgemeinen als erste Ansprechpartnerin des Betriebsrats auf Arbeitgeberseite fungierte, zwar nicht über einen eigenen dienstlichen PC verfügte. Gleichwohl hat sie sich nach eigener Aussage veranlasst gesehen, zur Erstellung der Einsatzpläne mit Duldung ihrer Arbeitgeberin auf ihren privaten PC zurückzugreifen. Darüberhinaus hatte sie jederzeit bei Bedarf Zugriff auf die Ressourcen des nicht nur mit PCs, sondern auch mit Sekretärinnen ausgestatteten Verkaufsbüros.

bb. Vor allem hat sich aber herausgestellt, dass in allen wichtigeren Angelegenheiten, zum Beispiel beim Ausspruch von Kündigungen, insbesondere aber beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen, nicht die Bezirksleiterin als Gegenüber des Betriebsrats auf Arbeitgeberseite fungierte, sondern der übergeordnete Verkaufsleiter oder gar - bei Betriebsvereinbarungen - die Geschäftsführerebene. In allen Angelegenheiten von herausgehobener Wichtigkeit können die Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite somit sehr wohl auf ein im Sinne des heutigen Standards der Technik vollständig ausgestattetes Büro zurückgreifen.

cc. Es kann dahin gestellt bleiben, ob ein Arbeitgeber einem Betriebsrat im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung ernsthaft entgegen halten könnte, dass nach einer der Steinzeit der Bürokommunikation verpflichteten Unternehmensphilosophie die Ausstattung mit elektronischer Datenverarbeitung unternehmensunüblich sei. Die Antragsgegnerin verfolgt in ihren eigenen Belangen nämlich keineswegs eine solche Unternehmensphilosophie. So verfügt die Antragsgegnerin nicht nur über ein modernes Rechenzentrum und über ein online vernetztes Kassensystem, sondern vertreibt sogar selber PCs nebst Zubehör an den Endverbraucher.

f. Es ist auch auf der anderen Seite nicht ersichtlich, welche berechtigten arbeitgeberseitigen Interessen der Betriebsrat bei seiner Entscheidung, eine Ausstattung mit PC für erforderlich zu halten, missachtet hätte.

aa. Nicht einmal der Arbeitgeber selbst bemüht im vorliegenden Verfahren in konkreter Darlegung das Kostenargument. Dies dürfte in stichhaltiger Form auch nicht möglich sein; denn zumindest mittel- und langfristig dürfte die Ausstattung des Betriebsrats nebst PC und Zubehör für den Arbeitgeber nicht kostenungünstiger sein als die jetzige Situation.

bb. Dabei ist nicht nur an den Preisverfall auf dem PC-Sektor zu denken und daran, dass die Antragsgegnerin, die selbst mit PCs handelt, im Zweifel über kostengünstige Beschaffungsmöglichkeiten verfügt.

cc. Vielmehr wurde bereits darauf hingewiesen, dass aus mangelhafter technischer Büroausstattung ein erheblicher Mehraufwand an menschlicher Arbeitskraft resultiert, der kostenmäßig wiederum ebenso zu Lasten der Arbeitgeberin geht. So lange nämlich Betriebsratsmitglieder unnötig zeitaufwendige Büroarbeiten zu verrichten haben, verringert sich die Zeit, in denen sie der Arbeitgeberin für ihre eigentlichen arbeitsvertraglichen Aufgaben zur Verfügung stehen bis hin zu der Gefahr, dass aufgrund zeitaufwendiger Betriebsratsarbeit Kosten für Überstunden entstehen.

dd. Andere aus der berechtigten Interessenlage der Arbeitgeberin resultierende Gesichtspunkte, die den Betriebsrat hätten veranlassen müssen, sein Ermessen bei der Bestimmung des Merkmals der Erforderlichkeit anders auszuüben als zu geschehen, sind schlechthin nicht ersichtlich.

g. In Anbetracht all dessen wirkt sich die Entscheidung der Antragsgegnerin, sich dem ermessensfehlerfrei begründeten Wunsch des Betriebsrats nach Ausstattung mit einem PC nebst Zubehör zu widersetzen, im Ergebnis - objektiv betrachtet - wie eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit aus (sehr instruktiv zum Ganzen auch LAG München vom 19.12.2007, 11 TaBV 45/07). Eine solche ist auch mit dem in § 2 Abs. 1 BetrVG angeordneten Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Betriebspartner letztlich nicht zu vereinbaren.

III. Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegt nicht vor. Die vorliegende Entscheidung steht im Einklang mit den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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