Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 15.08.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 107/07
Rechtsgebiete: SGB III, TzBfG, AFG, BGB


Vorschriften:

SGB III §§ 217 f.
SGB III § 217 S. 1
SGB III § 235 a
SGB III § 235 a Abs. 1
SGB III § 235 a Abs. 3
SGB III §§ 260 ff.
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 1
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2
TzBfG § 14 Abs. 2
TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2
TzBfG § 23
AFG §§ 91 ff.
AFG § 91 Abs. 2 S. 1
AFG § 93 Abs. 1 S. 1
AFG § 97 Abs. 1
BGB § 611 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.12.2006 - 4 Ca 1202/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des zwischen ihnen begründeten Arbeitsverhältnisses.

Die Parteien vereinbarten zunächst für die Zeit vom 01.03.2003 bis 31.05.2003 eine befristete Beschäftigung des Klägers als Zeitangestellter.

Als Befristungsgrund führt der Arbeitsvertrag aus, dass sich dieser aus den für den Befristungszeitraum von Seiten der Bundesanstalt für Arbeit zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel (Zuschuss zur Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter) darstelle.

Unter dem 15.05.2003 vereinbarten die Parteien im gleich bleibender Aufgabenwahrnehmung die Fortsetzung des befristeten Vertrages, befristet für die Zeit vom 01.06.2003 bis zum 31.05.2006.

Der Arbeitsvertrag weist als Befristungsgrund wiederum auf für den Befristungszeitraum von Seiten der Bundesanstalt für Arbeit zur Verfügung gestellte Haushaltsmittel (Zuschuss zur Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter) hin.

Am 04.11.2003 bewilligte die Bundesanstalt für Arbeit dem B für die Weiterbildung des Klägers einen Zuschuss zur Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter für die Dauer 01.06.2003 bis 31.05.2006, längstens jedoch bis zur Beendigung der Weiterbildung in Höhe von 70 % der berücksichtigungsfähigen Vergütung einschließlich des pauschalierten Arbeitgeberanteils von 20 % am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von monatlich 682,99 €.

Mit seiner am 19.04.2006 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Befristung.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 15.05.2003 nicht zum 31.05.2006 beendet wird;

2. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger ab dem 01.06.2006 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollbeschäftigten wissenschaftlichen Angestellten nach der Vergütungsgruppe TVöD 14 weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht zur Wirksamkeit der Befristung geltend, der Kläger sei zur Fort- und/oder Weiterbildung befristet beschäftigt worden.

Man habe dem Kläger die Möglichkeit eröffnen wollen, die Voraussetzungen für die Anerkennung als Biometriker zu erlangen und sich insoweit weiter zu qualifizieren, um seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Weder das Studium des Klägers noch sein Diplom als Mathematiker noch sein Nebenfach Wirtschaftswissenschaften qualifizierten ihn nämlich als Biometriker.

Erst auf der Grundlage der Beschäftigung bei der Beklagten habe er eine entsprechende Qualifikation erlangen können.

Der Kläger ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt.

Das Arbeitsgericht hat den Klageanträgen entsprechend festgestellt, dass das Arbeitsvertragsverhältnis der Parteien durch die Befristung nicht beendet worden sei und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verurteilt.

Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Befristung rechtfertige sich nicht aus zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel. Die Mittel der Bundesanstalt für Arbeit seien nicht haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt. Es handele sich bei diesen Mitteln vielmehr um eine Förderungsmaßnahme für schwerbehinderte Menschen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Bundesarbeitsgericht habe insbesondere entschieden, dass eine Förderung nach §§ 217 f. SGB III keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme darstelle; die Förderung werde vielmehr nach § 217 S. 1 SGB III zum Ausgleich von Minderleistungen gewährt.

Diese Erwägungen gälten auch für Maßnahmen auf der Grundlage des § 235 a SGB III. Diese Maßnahmen dienten ebenfalls nicht der Arbeitsbeschaffung.

Zielrichtung der Förderung sei die, für den unterstützten Arbeitnehmer einen Dauerarbeitsplatz zu schaffen und nicht den Arbeitnehmer im Rahmen einer Arbeitsbeschaffung zusätzlich für einen begrenzten Zeitraum zu beschäftigen.

Damit rechtfertige sich die Befristung nicht durch die zur Verfügung stehenden Mittel der Arbeitsverwaltung.

Die Beklagte könne sich auch nicht auf den neben den einzelnen sachlichen Gründen in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG anerkannten Sachgrund der Aus- und Weiterbildung berufen. Eine Fortbildung rechtfertige im Interesse des Arbeitnehmers dann eine Befristung, wenn der Arbeitnehmer derart zur Fortbildung beschäftigt werde, dass ihm durch die Tätigkeit zusätzliche Erfahrungen oder Kenntnisse vermittelt werden, die durch die übliche Berufstätigkeit nicht erworben werden können. Weiterhin sei erforderlich, dass sich die gewählte Dauer des Vertrages am Sachgrund der Befristung orientiere und mit ihr in Einklang stehe. Dies könne bezogen auf die befristete Beschäftigung des Klägers nicht angenommen werden. Zum Erwerb des Zertifikats "Biometrie in der Medizin" sei eine mindestens fünfjährige praktische Tätigkeit Voraussetzung, um als Biometriker anerkannt zu werden. Aufgrund der lediglich dreijährigen Befristungsdauer bestehe eine derartig erhebliche zeitliche Divergenz, dass von einem auffallenden Missverhältnis auszugehen sei, so dass die Befristung zur Aus- oder Weiterbildung nicht sachlich gerechtfertigt erscheine.

Wegen der fehlenden sachlichen Rechtfertigung der Befristung sei die Beklagte antragsgemäß zur Weiterbeschäftigung zu verurteilen.

Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils erster Instanz Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 03.01.2007 zugestellte Urteil erster Instanz am 29.01.2007 Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.03.2007 am 29.03.2007 begründet.

Die Berufung macht unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags sachliche Gründe für die vereinbarte Befristung geltend:

Sofern der Sachgrund für die Rechtfertigung der Befristungsvereinbarung nicht bereits unmittelbar aus § 235 a Abs. 1 SGB III i. V. m. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG erfolge, so ergebe sich jedenfalls die sachliche Rechtfertigung der befristeten Beschäftigung des Klägers aus dem Sachgrund des Zwecks einer Weiterbildung.

Es könne dahinstehen, ob § 235 a SGB III eine besondere gesetzliche Regelung für befristete Arbeitsverträge im Sinne von § 23 TzBfG sei. Die Befristung sei durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, weil der Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Kläger erst durch die Gewährung des Zuschusses der Bundesanstalt für Arbeit zugunsten der Beklagten auf der Grundlage von § 235 a SGB III ermöglicht worden sei. Ohne die Gewährung dieses Zuschusses wäre mit dem Kläger ein Arbeitsverhältnis nicht begründet worden.

Bereits der Zweck, zu dem allein die Zuschüsse der Bundesagentur gewährt werden (können), lege es nahe, dass damit zugleich die Möglichkeit eines befristeten Arbeitsvertrages ermöglicht werden solle. Die Förderungsaufgabe der Bundesagentur würde jedenfalls nicht erleichtert, wenn die Gewährung des Zuschusses nicht gleichzeitig die Befristung des Arbeitsvertrages rechtfertigte. Bei Abschluss eines unbefristeten Vertrags mit einem schwerbehinderten Menschen würde nämlich die Gewährung eines Zuschusses vom Arbeitgeber typischerweise nicht als Kompensation, sondern als ganz unzureichender Ausgleich für die "Belastung" durch den besonderen Kündigungsschutz betrachtet werden.

Der Förderzweck der Mittel nach § 235 a SGB III, einer Ausbildung zu dienen, die "sonst nicht zu erreichen ist" würde stark beschnitten, wenn damit maximal zweijährige Befristungen nach Maßgabe von § 14 Abs. 2 TzBfG einhergehen könnten.

Auch ergebe sich aus § 235 a Abs. 3 SGB III, dass das Gesetz vom Typus eines befristeten, der Aus- oder Weiterbildung dienenden Arbeitsverhältnisses ausgehe. Unstreitig sei der Beklagten mit Bescheid vom 04.11.2003 ein Zuschuss exakt bis zum 31.05.2006 gewährt worden. Diese Bewilligung beruhe auf einen Qualifizierungsplan, der der Beklagten vorab telefonisch mitgeteilt worden sei.

Hinzu komme, dass nur durch diese Förderungsmittel eine zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger eröffnet worden sei, da der Kläger nach Maßgabe der so genannten "Bestenauslese" nicht der qualifizierteste Bewerber für die seinerzeit ausgeschriebene Stelle gewesen sei.

Jedenfalls ergebe sich unabhängig von einer Rechtfertigung der Befristung durch die zur Verfügung stehenden Mittel nach § 235 a SGB III die sachliche Rechtfertigung der Befristung aus dem Aus- und Weiterbildungszweck des mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrages.

Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts leite ab, dass gerade Aus- und/oder Weiterbildung die Befristung eines Arbeitsvertrages jedenfalls dann rechtfertigen könne, wenn die hierdurch vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten auch außerhalb der Betriebsorganisation des Klägers verwertbar seien. Zweifel ergäben sich an der Befristung nicht, wie das Arbeitsgericht angenommen habe, aus der gewählten Befristungsdauer. Diese Zweifel könnten nicht mit dem Arbeitsgericht daran geknüpft werden, dass mit dem befristeten Arbeitsvertrag des Klägers auf drei Jahre lediglich 3/5 der erforderlichen praktischen Kenntnisse für die Zusatzqualifikation zum Biometriker vermittelt würden. Von einem "auffallenden Missverhältnis" könne nur dann die Rede sein, wenn die Befristung eines Arbeitsvertrages zum Zweck der Aus- und/oder Weiterbildung ausschließlich dann sachlich gerechtfertigt sein könnte, wenn sie im Rahmen einer regulären Aus- und/oder Weiterbildung und dann stets nur für die gesamte Dauer der Ausbildung zulässig wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.12.2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt unter Vertiefung seines Vortrags erster Instanz das Urteil des Arbeitsgerichts.

Wegen des sonstigen Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der Akten sowie die gewechselten Schriftsätze beider Instanzen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 03.01.2007 zugestellte Urteil erster Instanz fristwahrend am 29.01.2007 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat sodann nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.03.2007 fristwahrend am 29.03.2007 die Berufung begründet.

Die Berufungsbegründung setzt sich im Einzelnen mit dem Urteil erster Instanz auseinander und erweist sich damit als ein ordnungsgemäß eingelegtes Rechtsmittel.

II. Die Berufung ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung festgestellt, dass es an einem ausreichenden Sachgrund für die vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger fehlt.

Der Sachgrund leitet nicht aus den zur Verfügung stehenden Fördermittel der Bundesagentur nach § 235 a SGB III ab.

Ebenso wenig vermag ein Sachgrund anerkannt werden nach Maßgabe der von der Beklagten in Anspruch genommenen Aus- und Weiterbildung des Klägers zum Biometriker.

Wegen des Fehlens eines Sachgrundes für die vereinbarte Befristung ist festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristeter Arbeitsvertrag besteht.

Antragsgemäß hat das Arbeitsgericht zutreffend die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich der befristete Arbeitsvertrag der Parteien nicht nach Maßgabe der der Beklagte zur Verfügung stehende Mittel gemäß § 235 a SGB III in seiner Befristung als sachlich gerechtfertigt, weil - wie die Beklagte im Anspruch nimmt - ohne die Gewährung dieses Zuschusses mit dem Kläger kein Arbeitsverhältnis begründet worden wäre.

Die hierzu der Beklagten zur Verfügung stehenden Mittel sind nicht geeignet als Sachgrund anerkannt zu werden.

Zur Rechtfertigung der Befristung vermag sich die Beklagte hierbei insbesondere nicht auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.02.1995 (7 AZR 680/94, EzA BGB § 620 Nr. 130) zu stützen. Die Zuschussgewährung der dortigen Fallkonstellation nach § 97 Abs. 1 i. V. m. § 93 Abs. 1 S. 1 AFG betraf Zuschüsse, die nach § 91 Abs. 2 S. 1 AFG nur für Arbeiten gewährt wurden, die sonst nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt worden wären.

Die Regelungen in §§ 91 ff. AFG dienten daher der zumindest zeitweiligen Beschaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und der Eröffnung vorübergehender Beschäftigungsmöglichkeit für leistungsschwächere Arbeitnehmer (BAG, Urteil vom 11.12.1991 - 7 AZR 170/91 - EzA BGB § 620 Nr. 111).

Der Arbeitgeber stellte daher in diesen Fällen Arbeitnehmer regelmäßig nur im Vertrauen auf die zeitlich begrenzte Förderungszusage ein, ohne die er entweder keinen oder einen leistungsfähigeren Arbeitnehmer eingestellt hätte. Dies rechtfertigte ausnahmsweise die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem zugewiesenen Arbeitnehmer für die Dauer der Förderung.

Anders liegt dies demgegenüber bei Förderungen nach Maßgabe des § 235 a SGB III.

Ebenso wie Förderungen nach § 217 SGB III handelt es bei diesen Förderungen nicht um eine Förderung für Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung.

Die Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung sind in SGB III 5. Kapital, 5. Abschnitt in den §§ 260 ff. SGB III geregelt.

Demgegenüber dienen Leistungen nach §§ 217 ff. SGB III der Eingliederung von Arbeitnehmern und Mittel nach § 235 a SGB III der beruflichen Ausbildung, beruflichen Weiterbildung als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Es handelt sich wie bei den Leistungen nach § 217 SGB III auch bei den Leistungen nach § 235 a SGB III um Lohnkostenzuschüsse mit dem Förderungsziel, die berufliche Qualifizierung im Sinne einer Aus- oder Weiterbildung, die "sonst nicht zu erreichen" ist. Damit handelt es sich um Maßnahmen zur dauernden Wiedereingliederung. Dies steht der Argumentation der Beklagten entgegen, derartige Lohnkostenzuschüsse als sachlichen Grund für einer Befristung des Arbeitsverhältnisses anzuerkennen (ebenso Küttner-Kania, Lohnkostenzuschüsse, Rn. 2; Küttner-Kania, befristetes Arbeitsverhältnis, Rn. 24).

Für die Förderung nach §§ 217 ff. SGB III ist durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausdrücklich geklärt, dass hierdurch keine eigenständigen Befristungsmöglichkeiten geschaffen werden (vgl. zum Einarbeitungszuschuss nach § 49 AFG BAG, Urteil vom 11.12.1991 - 7 AZR 170/91 - EzA BGB § 620 Nr. 111).

Die Förderung nach §§ 217 ff. SGB III ebenso die Förderung nach § 235 a SGB III setzen nicht voraus, dass der Arbeitnehmer zusätzlich eingestellt und beschäftigt wird. Die Förderung dient daher weder der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und Beschäftigungsmöglichkeiten noch der Finanzierung von Arbeitsplätzen. Die Förderung wird vielmehr zum Ausgleich von Minderleistungen gewährt. Dementsprechend richten sich Dauer und Höhe der Förderung nach dem Umfang der Minderleistung des Arbeitnehmers und den jeweiligen Eingliederungserfordernissen. Mit dieser Zwecksetzung rechtfertigt die Gewährung eines Eingliederungszuschusses auch nach Maßgabe des § 235 a SGB III die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem geförderten Arbeitnehmern nicht. Die Förderung hindert den Arbeitgeber gerade nicht, den Arbeitnehmer auf einem Dauerarbeitsplatz einzusetzen, der ohnehin besetzt worden wäre (so ausdrücklich für § 217 ff. SGB III BAG, Urteil vom 04.06.2003 - 7 AZR 489/02 - NZA 2003, 1143 - 1145).

Die sachliche Rechtfertigung der Befristung lässt sich somit nicht darauf stützen, dass der Beklagten zeitlich befriste Fördermittel nach § 235 a SGB III zur Verfügung gestanden haben.

2. Die Befristung rechtfertigt sich auch nicht als Befristung zur Aus- und Weiterbildung des Klägers zum Biometriker.

Es ist der Beklagten bereits nach Maßgabe der arbeitsvertraglich getroffenen Vereinbarungen nicht zu gestatten, sich auf diesen Befristungsgrund zu berufen.

Dies ergibt sich aus den eindeutigen Festlegungen in den mit dem Kläger getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, die von der Beklagten vorformuliert sind.

In beiden befristeten Arbeitsverträgen dem für die Dauer der Probezeit bis zum 31.05.2003 und sodann dem Vertrag vom 15.05.2003 für die Befristung bis zum 31.05.2006 ist nämlich ein ausdrücklicher Befristungsgrund angegeben wie folgt:

Der Befristungsgrund ergibt sich aus den für den oben genannten Zeitraum von Seiten der Bundesanstalt für Arbeit (ZAV) zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln (Zuschuss zur Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter).

Damit liegt eine Festlegung durch die Beklagte selbst auf den Befristungsgrund nach Maßgabe zur Verfügung stehenden Mittel gemäß § 235 a SBG III vor, der - wie dargestellt - die Befristung nicht trägt.

3. Will man entgegen der Auffassung der Kammer die Beklagte dennoch für berechtigt ansehen, sich zur Rechtfertigung auf den Sachgrund Aus- und Weiterbildung im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG berufen zu können, so trägt auch dies die Befristung des mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrages nicht.

Unterstellt man, dem Kläger sei nach Maßgabe eines konkreten Ausbildungs- und Qualifizierungsplans - dies bestreitet der Kläger im von der Beklagten behaupteten Umfang - die Möglichkeit der Aus- und Weiterbildung zum Biometriker eröffnet worden, so trägt auch dies unter Berücksichtung der Umstände des Einzelfalles nicht eine sachlich begründete Befristung des mit dem Kläger vereinbarten Arbeitsvertrages.

Dass die Aus-, Fort- oder Weiterbildung als spezifischer Vertragszweck auch eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann, ist grundsätzlich anerkannt (APS-Backhaus, § 14 TzBfG, Rn. 145; Hoß/Lohr MDR 1998, 318; ArbRBGB/Dörner, § 620 BGB Rn. 201; Staudinger/Preiss, § 620 BGB, Rn. 148).

Dafür ist zunächst erforderlich, dass der Arbeitnehmer derart zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung beschäftigt wird, dass ihm durch die Tätigkeit zusätzliche Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt werden, die durch die übliche Berufstätigkeit nicht erworben werden können (BAG, Urteil vom 18.12.1986 - 2 AZR 717/85 - n. v.).

Hiervon mag im Hinblick auf die Aus- und Weiterbildung zum Biometriker ausgegangen werden.

Allerdings bleibt der befristete Arbeitsvertrag - darauf hat das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen - in seiner Befristungsdauer erheblich von den Voraussetzungen der Vergabeordnung der Fachgesellschaft für das Zertifikat "Biometrie in der Medizin" ab, wonach eine mindestens fünfjährige praktische Tätigkeit Voraussetzung ist, um als Biometriker anerkannt zu werden.

Zwar ist das bloße Zurückbleiben der Dauer eines Arbeitsvertrages hinter dem voraussichtlichen Bestand des Sachgrundes der Befristung nicht stets geeignet, den angegebenen Sachgrund in Frage zu stellen. Dies ist allerdings dann der Fall, wenn die Dauer des Arbeitsvertrag derart hinter der voraussichtlichen Dauer der den Befristungsgrund tragenden Aus- und Weiterbildung zurück bleibt, dass eine sinnvolle, den Sachgrund der Befristung entsprechende Ausübung der Aus- und Weiterbildung des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint (ebenso BAG, Urteil vom 26.08.1988 - AP BGB 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 124).

Die Befristung des mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrages auf den 31.05.2006 orientiert sich gerade nicht hinreichend an der Dauer der angestrebten Aus- und Weiterbildung von 5 Jahren und steht mit ihr deshalb nicht in Einklang

Bleibt wie im vorliegenden Fall die arbeitsvertragliche Befristung erheblich hinter dem Zeitraum, für den der Sachgrund der Befristung aus der Sicht, wie er sich bei Abschluss des Arbeitsvertrages darstellt, zurück und steht dies daher mit dem Zweck der Aus- und Weiterbildung nicht ausreichend in Einklang, so leitet hieraus die fehlende sachliche Rechtfertigung für die Befristung des Arbeitsverhältnisses ab (vgl. auch BAG, Urteil vom 21.02.2001, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 226).

Dies muss vorliegend insbesondere deshalb gelten, weil es sich um eine Qualifizierung eines behinderten Menschen handelt, die nach Maßgabe zur Verfügung gestellter Mittel gemäß § 235 a SBG III gefördert war.

Damit trägt auch der Befristungsgrund Aus- und Weiterbildung nicht die vereinbarte Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien auf den 31.05.2006.

4. Sonstige Gründe für die sachliche Rechtfertigung des befristeten Arbeitsvertrages der Parteien sind nicht ersichtlich.

5. Fehlt es an einem ausreichenden Sachgrund für die Befristung des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages, so führt dies bei einer Zeitdauer die den Rahmen einer sachgrundlos gestatteten Befristung von 2 Jahren übersteigt, dazu, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien als unbefristet fortbestehend gilt.

Dies ist vom Arbeitsgericht im Urteil vom 06.12.2006 zutreffend festgestellt worden.

6. Den darüber hinaus geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits zu seinen bisherigen Arbeitsbedingungen hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung zuerkannt. Aus § 611 Abs. 1 BGB und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt, dass nach dem Obsiegen mit dem Feststellungsbegehren, den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses betreffend, auch dem Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu entsprechen war (BAG, Urteil vom 13.06.1985 - 2 AZR 410/84 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 19; Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 16.12.2003 - 13 Sa 525/03 - NZA-RR 2004, 503, 504).

7. Die Berufung der Beklagten ist somit insgesamt unbegründet und führt nicht zu einer Abänderung des Urteils erster Instanz.

III. Die Beklagte ist mit dem Rechtsmittel der Berufung unterlegen und hat daher die Kosten der Berufung zu tragen, § 97 ZPO.

IV. Die Kammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück