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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.01.2008
Aktenzeichen: 8 Ta 377/07
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 2
ZPO § 569
ArbGG § 12 a
ArbGG § 78
Nach § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt Satz 1 nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstehen, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat. Für die Kosten ist die Erstattung vielmehr durch § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 91 ZPO geregelt.

§ 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG ist nicht zu entnehmen, dass erstattungsfähig nur sei die Differenz zwischen den Kosten, die dem Beklagten im Rechtsstreit tatsächlich entstanden sind und denjenigen, die ihm bei sofortiger Anrufung des zuständigen Gerichts entstanden wären. Diese Rechtsauffassung hat den Wortlaut der Norm gegen sich. § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG spricht nicht von "Mehrkosten", sondern von Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat (ebenso BAG, Beschluss v. 01.11.2004 - 3 AZB 10/04, NZA 2005, 429).


Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 15.08.2007 - 1 Ca 1720/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Beschwerdewert wird auf 1.960,85 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger hat zur Geltendmachung seiner Ansprüche gegen die Beklagte unter dem 24.03.2006 Klage vor dem Landgericht Bonn erhoben.

Das Landgericht Bonn hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 08.06.2006 an das Arbeitsgericht Siegburg verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat nach den zuletzt gestellten Klageanträgen erkannt.

In seinem Urteil vom 30.01.2007 hat es dem Kläger die durch Anrufung des Landgerichts Bonn entstandenen Kosten auferlegt.

Die gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung hat die Beklagte durch Erklärung zu Protokoll der Kammersitzung vom 11.07.2007 zurückgenommen.

Auf Antrag der Beklagten hat das Arbeitsgericht als durch die Anrufung des Landgerichts entstandene Kosten die Gebühren und Auslagen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Höhe von insgesamt 1.960,85 € auferlegt.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 02.10.2007 wurde dem Kläger am 05.10.2007 zugestellt.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde vom 12.10.2007.

Die Beschwerde macht geltend, dass die festgesetzten Kosten keine erstattungsfähigen Kosten seien.

Es seien nämlich "keine Kosten" entstanden, da kein Anwaltswechsel stattgefunden habe. Die Kosten seien vielmehr entstanden durch die Tätigkeit desselben Anwalts, der für den Kläger auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren tätig geworden sei.

Die sofortige Beschwerde macht geltend, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts daher abzuändern und der Antrag der Beklagten auf Kostenfestsetzung zurückzuweisen sei.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.

II.

1. Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 ZPO, 78 ArbGG statthafte Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist fristwahrend eingelegt und begründet worden.

2. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Festsetzung der Anwaltskosten und Auslagen der Beklagten, die durch Anrufung des unzuständigen Landgerichts Bonn entstanden sind, dem Kläger auferlegt.

Nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG besteht zwar im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist "eine andere Bestimmung" im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und bedingt daher die dort enthaltene Verweisung auf § 91 Abs. 1 ZPO ab.

Nach § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt Satz 1 jedoch nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstehen, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat. Für diese Kosten ist der Erstattung vielmehr weiterhin durch § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 91 ZPO geregelt.

Die hier nach dem Fall des Obsiegens des Klägers von diesem an die Beklagte zu erstattenden Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts umfassen entgegen der Auffassung des Klägers die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der Beklagten. Dies entspricht der am Wortlaut und der Systematik des Gesetzes ausgerichteten Auslegung von § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG (BAG Beschluss vom 01.11.2004 - 3 AZB 10/04 - NZA 2005, 429; Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 08.03.1999 - 9/6 Ta 651/98 - NZA - RR 1999, 498 bis 499; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG, 5. Auflage, § 12 a Rn 18; GK - ArbGG Wenzel, § 12 a Rn 52; HWK/Kalb § 12 a ArbGG Rn 12).

Soweit der Kläger die Rechtsauffassung vertritt, die von der Beklagten beantragte Kostenfestsetzung und Kostenerstattung habe auszuscheiden, weil für den Kläger vor den Arbeitsgerichten derselbe Prozessbevollmächtigte tätig geworden sei und daher diesbezüglich "Mehrkosten" der Anrufung des unzuständigen Gerichts gar nicht entstanden seien, ist dem nicht zu folgen.

§ 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG ist nicht zu entnehmen, dass erstattungsfähig nur sei die Differenz zwischen den Kosten, die dem Beklagten im Rechtsstreit tatsächlich entstanden sind und denjenigen, die ihm bei sofortiger Anrufung des zuständigen Gerichts entstanden wären. Diese Rechtsauffassung hat den Wortlaut der Norm gegen sich. § 12 a Abs. 1 Satz 3 spricht nicht von "Mehrkosten", sondern von Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat (ebenso BAG a. a. O).

Gegenteiliges vermag auch nicht aus § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG bzw. § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO abgeleitet werden. Die vorgenannten Vorschriften gehen nämlich vom Normalfall der Kostenerstattungspflicht der unterliegenden Partei aus und haben die Sonderregelung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht im Auge (ebenso BAG a. a. O. und Hessisches Landesarbeitsgericht a. a. O.).

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts wegen einer vor den ordentlichen Gerichten erhobenen Klage wird immer durch diese Klageerhebung verursacht. Damit sind die Kosten der Anwaltsbeauftragung im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht entstanden. Gerade diese will § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG erfassen. Weitere Voraussetzungen sind dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Damit hat das Arbeitsgericht auf den Antrag der Beklagten zutreffend die Kosten der anwaltlichen Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten, soweit sie durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind, dem Kläger auferlegt.

Der sofortigen Beschwerde war somit der Erfolg zu versagen.

III.

Die Kostenentscheidung des Rechtsstreits beruht auf § 97 ArbGG.

Der Beschwerdewert entspricht den auferlegten Kosten in Höhe von 1.960,85 €.

IV.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgte deshalb nicht, weil die Streitfrage zu § 12 a ArbGG durch die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts geklärt ist und keiner weiteren höchstrichterlichen Klärung bedarf.

Ende der Entscheidung

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