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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 1242/05
Rechtsgebiete: AVR


Vorschriften:

AVR § 8 Abs. 3 Unterabsatz 3 Anlage 5
1. Nach § 8 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Anlage 5 zu den AVR hat der Arbeitgeber ein dauerhaftes Bestimmungsrecht zwischen einer Abgeltung durch Vergütung und Freizeitausgleich, wobei auch beide Abgeltungsformen miteinander kombiniert werden können.

2. Der Arbeitgeber verletzt nicht die Grundsätze billigen Ermessens i. S. d. § 315 Abs. 3 BGB, wenn er auf dem Hintergrund der Krise im Gesundheitswesen die Bedingungen für alle Beschäftigten eines Krankenhauses verschlechtert und dabei für die Beschäftigten in der technischen Abteilung die Abgeltung der Rufbereitschaft ändert (Freizeitausgleich statt Überstundenvergütung).


Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 09.06.2005 - 4 Ca 348/05 G - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, wie die Rufbereitschaft des Klägers zu vergüten ist.

Der Kläger ist bei der Beklagten, die Träger des S Krankenhauses in W ist, als Angestellter im technischen Dienst seit 1976 beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. März 1977 ist vereinbart, dass auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutsches Caritas Verbandes (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Zudem ist vereinbart, dass sich der Kläger am Rufbereitschaftsdienst beteiligt. Der technischen Abteilung in dem Krankenhaus sind 7 Mitarbeiter einschließlich des Klägers zugeordnet, von denen 3 (einschließlich des Klägers) in der Vergangenheit regelmäßig Rufbereitschaftsdienste geleistet haben.

Im Jahr 1983 teilte die Beklagte den Mitarbeitern des technischen Dienstes mit , ab 1. Januar 1983 werde sie die Rufbereitschaftsdienste und die innerhalb der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste wie folgt vergüten: Gemäß § 8 Abs. 3 AVR werde die Zeit der Rufbereitschaft mit 12,5 % als Arbeitszeit vergütet, und zwar durch Freizeitausgleich. Sofern ein solcher Freizeitausgleich nicht möglich sei, werde für die Rufbereitschaft Überstundenvergütung gezahlt, wobei ebenfalls die Zeit der Rufbereitschaft mit 12,5 % als Arbeitszeit gewertet werde. Für tatsächlich geleistete Dienste einschließlich der Wegezeit werde daneben Überstundenvergütung gezahlt. Sodann wurden in dem Schreiben Pauschalsätze für die Vergütung sowohl der Rufbereitschaftsdienste als auch der tatsächlich geleisteten Dienste ausgewiesen, wobei die tatsächlichen Dienste für jeden Tag der Rufbereitschaft mit 2 Stunden in Ansatz gebracht wurden, unabhängig davon, ob solche überhaupt geleistet worden waren. Nach diesem pauschalisierten Verfahren wurde in der Folgezeit Vergütung sowohl für die Rufbereitschaft als auch für die tatsächlich geleisteten Dienste gezahlt, wobei in den Gehaltsabrechnungen aus abrechnungstechnischen Gründen so verfahren wurde, dass der sich danach errechnende Betrag als Produkt aus einer fiktiven Zahl von Rufbereitschaftsstunden, die mit 12,5 % als Arbeitszeit bewertet wurden, und dem Stundenlohn ergab. So wurden beispielsweise für September 2004 528 und für Oktober 2004 480 Rufbereitschaftsstunden in den Gehaltsabrechnungen ausgewiesen. Daneben wurden regelmäßige Kontrolltätigkeiten des Klägers außerhalb der normalen Arbeitszeit als Überstundenarbeit gesondert vergütet.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2005 teilte die Beklagte den technischen Mitarbeitern mit, aus Kostengründen werde sie ab 1. Februar 2005 die tatsächlich geleisteten Dienste durch Freizeit ausgleichen und die Rufbereitschaft weiterhin als Überstundenarbeit vergüten. Dabei werde die Rufbereitschaftszeit mit 12,5 % als Arbeitszeit gewertet.

Ab Mai 2005 teilt die Beklagte einen weiteren Mitarbeiter des technischen Dienstes für den Rufbereitschaftsdienst ein mit der Folge, dass sich die Anzahl der Rufbereitschaftsdienste des Klägers verringerte.

Mit der vorliegenden Klage, die am 26. Januar 2005 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangen ist, wendet sich der Kläger sowohl gegen einen Ausgleich der während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste durch Freizeit als auch gegen eine Verringerung der von ihm zu verrichtenden Rufbereitschaftsdienste durch die Berücksichtigung eines weiteren Mitarbeiters bei der Verteilung dieser Dienste.

Er hat vorgetragen, zu diesen Änderungen sei die Beklagte nicht berechtigt. Es werde in den Kernbereich seines Arbeitsverhältnisses eingegriffen, da er monatliche Vergütungseinbußen in Höhe von etwa EUR 1.000,00 erleide und sich damit seine Gesamtbezüge um etwa 27 % verringerten. Die über 28-jährige Praxis verschaffe ihm einen Anspruch darauf, dass die Beklagte weiterhin wie bis Januar 2005 abrechne und ihn zu Rufbereitschaftsdiensten heranziehe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, einseitig zu bestimmen, dass anrechenbare Arbeitszeit (= tatsächlich geleistete Zeit) während des Rufbereitschaftsdienstes durch Freizeit ausgeglichen wird,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm anrechenbare Arbeitszeit während des Rufbereitschaftsdienstes als Arbeitzeit zu vergüten,

3. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, ohne Zustimmung des Klägers bzw. der Mitarbeitervertretung den Umfang des Rufbereitschaftsdienstes des Klägers dadurch zu kürzen, dass weitere Personen am Rufbereitschaftsdienst beteiligt werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, sie sei aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, Personalkosten dadurch einzusparen, dass die während des Rufbereitschaftsdienstes tatsächlich geleisteten Dienste seit dem 1. Februar 2005 durch Freizeit ausgeglichen würden. Sie sei auch dazu berechtigt, die Anzahl der Rufbereitschaftsdienste zu kürzen oder aber die Rufbereitschaft ganz entfallen zu lassen.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat durch Urteil vom 9. Juni 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für den Antrag zu 1) fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, da sich aus der begehrten Feststellung keine konkreten Folgerungen ergäben. Der Antrag zu 2) sei unbegründet, weil die Beklagte nach § 8 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Anlage 5 zu den AVR berechtigt sei, die während der Rufbereitschaft geleisteten tatsächlichen Dienste durch Freizeit auszugleichen. Nach den AVR stehe ihr ein Wahlrecht zu, ob sie diese Dienste vergüte oder durch Freizeit ausgleiche. Dieses Wahlrecht sei durch die langjährige Praxis, die Dienste zu vergüten, nicht eingeschränkt. Aus berechtigten wirtschaftlichen Gründen habe die Beklagte nunmehr entschieden, die tatsächlich geleisteten Dienste durch Freizeit auszugleichen. Streitgegenstand sei nicht die weitere Umstellung, die sich daraus ergebe, dass nicht mehr wie in der Vergangenheit pauschalisiert abgerechnet werde. Auch der Antrag zu 3) sei unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch darauf habe, in einem bestimmten Umfang Rufbereitschaftsdienste leisten zu können.

Das Urteil ist dem Kläger am 12. August 2005 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 8. September 2005 Berufung einlegen und diese zugleich begründen lassen.

Der Kläger ist der Ansicht, für den Klageantrag zu 1) fehle nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Es gehe um die Grenzen des Direktionsrechts der Beklagten. Der Klageantrag zu 2) sei begründet, da seit mehr als 28 Jahren die während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste vergütet und nicht durch Freizeit ausgeglichen worden seien. Die Beklagte sei nicht berechtigt, diese Handhabung einseitig zu ändern. Schließlich sei auch der Klageantrag zu 3) begründet. Die Beklagte habe nicht das Recht, die Zahl seiner Rufbereitschaftsdienste dadurch zu vermindern, dass sie einen weiteren technischen Mitarbeiter für Rufbereitschaften heranziehe. Seine monatlichen Bezüge verringerten sich durch diese Maßnahmen von durchschnittlich EUR 2.500,-- netto auf durchschnittlich EUR 2.000,00 netto. Zudem zahle die Beklagte an die beiden technischen Mitarbeiter V und M nach wie vor Überstundenvergütung für die während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste. Ihn benachteilige sie, weil er die vorliegende Klage erhoben habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 9. Juni 2005 - 4 Ca 348/05 - entsprechend den erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Es treffe zu, dass ein Teil der während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste Herrn M und Herrn V vergütet worden seien, weil sie aufgrund ihrer Funktion als Abteilungsleiter und stellvertretender Abteilungsleiter nur sehr eingeschränkt Freizeitausgleich nehmen könnten. Dies ändere nichts daran, dass auch sie ebenso wie der seit Mai 2005 zusätzlich für Rufbereitschaften eingesetzte Arbeitnehmer G grundsätzlich gehalten seien, Überstunden durch Freizeit auszugleichen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt und begründet worden.

II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht Siegburg erkannt, dass der Kläger weder einen Anspruch darauf hat, dass die während der Rufbereitschaft geleisteten Dienste als Überstundenarbeit vergütet werden, noch dass die Anzahl der von ihm geleisteten Rufbereitschaftsdienste beibehalten wird.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht Siegburg ausgeführt, dass der Feststellungsantrag zu 1) bereits unzulässig ist. Es fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste durch Freizeit ausgeglichen oder als Überstundenarbeit vergütet werden müssen. Eine Entscheidung, dass diese Dienste als Überstundenarbeit zu vergüten sind, bedeutet gleichzeitig auch, dass ein Freizeitausgleich nicht vorgenommen werden kann. Folglich besteht für die negative Feststellung, dass ein Freizeitausgleich nicht stattfinden kann, kein Feststellungsinteresse, da die mit dem Antrag zu 2) begehrte positive Feststellung, dass eine Vergütung als Überstundenarbeit zu erfolgen hat, zu einer umfassenden Klärung führt (vgl. dazu: Thomas-Putzo-Reichold, ZPO, § 256 Rdn. 19).

2. Der zulässige Klageantrag zu 2) ist nicht begründet.

Nach § 8 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Anlage 5 zu den AVR ist die Beklagte berechtigt, die während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste durch Freizeit auszugleichen.

a. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien die AVR in Bezug genommen, in deren Anlage 5 u. a. Folgendes bestimmt ist:

§ 8 Abs. 2 Unterabsatz 3:

Die danach errechnete Arbeitszeit kann statt dessen bis zum Ende des dritten Kalendermonats durch entsprechende Freizeit abgegolten werden (Freizeitausgleich). Für den Freizeitausgleich ist eine angefangene halbe Stunde, die sich bei der Berechnung ergeben hat, auf eine halbe Stunde aufzurunden. Für die Zeit des Freizeitausgleichs werden die Dienstbezüge (Abschnitt II der Anlage 1 zu den AVR) und die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen fortgezahlt.

§ 8 Abs. 3:

Zum Zwecke der Vergütungsberechnung wird die Zeit der Rufbereitschaft mit 12,5 v.H. als Arbeitszeit gewertet und mit der Überstundenvergütung (§ 1 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Anlage 6 a zu den AVR) vergütet.

Für angefallene Arbeit einschließlich einer etwaigen Wegezeit wird daneben die Überstundenvergütung gezahlt. Für eine Heranziehung zur Arbeit außerhalb des Aufenthaltsortes werden mindestens drei Stunden angesetzt. Wird der Mitarbeiter während der Rufbereitschaft mehrmals zur Arbeit herangezogen, wird die Stundengarantie nur einmal, und zwar für die kürzeste Inanspruchnahme, angesetzt.

Die Überstundenvergütung für die sich nach Unterabsatz 2 ergebenden Stunden entfällt, soweit entsprechende Arbeitsbefreiung erteilt wird (Freizeitausgleich). Für den Freizeitausgleich gilt Absatz 2 Unterabsatz 3 entsprechend.

§ 8 Abs. 4:

Bei Mitarbeitern, die ständig zu Bereitschaftsdiensten bzw. Rufbereitschaften herangezogen werden, kann ein Ausgleich durch eine pauschale Abgeltung erfolgen. Die pauschale Abgeltung kann sowohl als zusätzliche Freizeit wie auch als zusätzliche Vergütung gewährt werden. Die Höhe der pauschalen Abgeltung soll grundsätzlich der Einzelberechnung der durchschnittlich in den Kalendermonaten für den Mitarbeiter anfallenden Bereitschaftsdienste bzw. Rufbereitschaften entsprechen.

b. Ausweislich der Dienstanweisung vom 6. Januar 1983 hat die Beklagte ab dem 1. Januar 1983 sowohl die Rufbereitschaft als auch die während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste entsprechend § 8 Abs. 4 der Anlage 5 zu den AVR pauschal abgegolten, und zwar durch zusätzliche Vergütung.

Wie in der mündlichen Verhandlung am 17. Januar 2006 vor dem Berufungsgericht klargestellt worden ist, hat sich an der pauschalen Abgeltung auch in dem Zeitraum, der bis zur letzten mündlichen Verhandlung abzurechnen war, nichts geändert. Die für die Zukunft geplante Änderung, wonach die während der Rufbereitschaft geleisteten tatsächlichen Dienste nicht mehr pauschal abgegolten werden sollen, sondern nach der konkret angefallenen Arbeitszeit einschließlich Wegezeit, ist hier nicht zu beurteilen.

Geändert hat sich bisher nur, dass die Pauschalabgeltung nicht mehr ausschließlich durch zusätzliche Vergütung erfolgt. Vielmehr wird nur die Rufbereitschaft entsprechend § 8 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Unterabsatz 4 S. 2 der Anlage 5 zu den AVR weiterhin mit der Überstundenvergütung vergütet. Dagegen werden die während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste entsprechend § 8 Abs. 3 Unterabsatz 3 und Unterabsatz 4 S. 2 der Anlage 5 zu den AVR durch Arbeitsbefreiung ausgeglichen.

c. Die Änderung der Abgeltungsform (Freizeitausgleich statt Vergütung) ist zulässig. Aus den AVR ergibt sich nicht, dass eine einmal gewählte Abgeltungsform beizubehalten ist. Vielmehr wird ausweislich § 8 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Anlage 5 zu den AVR dem Arbeitgeber ein dauerhaftes Bestimmungsrecht zwischen einer Abgeltung durch Vergütung und Freizeitausgleich eingeräumt, wobei auch beide Abgeltungsformen miteinander kombiniert werden können. Dies folgt aus Wendung "... soweit entsprechende Arbeitsbefreiung erteilt wird ....". Dieses Wahlrecht besteht ausweislich § 8 Abs. 4 S. 2 der Anlage 5 zu den AVR auch bei der pauschalen Abgeltung.

Die Beklagte hat ihr einseitiges Bestimmungsrecht nicht durch die Dienstanweisung vom 6. Januar 1983 eingeschränkt. In dieser Dienstanweisung hat sie ausdrücklich auf § 8 Abs. 3 der Anlage 5 zu den AVR verwiesen und damit klargestellt, dass es ihr ausschließlich darum ging, diese Richtlinie umzusetzen. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass sie nur Unklarheiten beseitigen wollte, nicht aber Anlass für eine Abänderung der Anwendbarkeit der Richtlinien auf das Arbeitsverhältnis des Klägers hatte, zu der es ohnehin der Zustimmung des Klägers bedurft hätte.

Auch die langjährige Praxis, die während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste durch Überstundenvergütung abzugelten, führt nicht dazu, dass die Beklagte von dem ihr nach § 8 Abs. 3 Unterabsatz 3 und Abs. 4 S. 2 der Anlage 5 zu den AVR zustehenden Bestimmungsrecht keinen Gebrauch mehr machen kann. Ein besonderer Vertrauenstatbestand auf Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes konnte sich für den Kläger nicht entwickeln. Denn dazu hätte es über die tatsächliche Übung hinaus zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte bedurft (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, z. B. BAG, Urteil vom 24. November 1993 - 5 AZR 206/93 -). Diese fehlen jedoch.

d. Die Beklagte hat durch die Änderung der Abgeltungsform die Grundsätze billigen Ermessens nicht verletzt.

Soweit dem Arbeitgeber ein einseitiges Bestimmungsrecht zukommt, darf er es nur nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB ausüben. Die Grundsätze der Billigkeit sind gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind (vgl. BAG, Urteil vom 24. November 1993 - 5 AZR 206/93 -).

Die Beklagte hat schon in dem Schreiben an den Kläger vom 17. Januar 2005 dargelegt, dass sie auf dem Hintergrund der Krise im Gesundheitswesen die Bedingungen für alle Beschäftigten des Krankenhauses verschlechtern musste. Dabei musste sie auch die Beschäftigten in der technischen Abteilung einschließen, wobei sich für sie die finanzielle Verschlechterung durch die genannte Änderung der Abgeltungsform als eine die Arbeitnehmer geringer belastende Maßnahme im Vergleich zu einer befristeten Reduzierung der Stellen in der Abteilung darstellte.

Es trifft zu, dass sich aus der Änderung der Abgeltungsform eine erhebliche finanzielle Einbuße für den Kläger ergibt. Jedoch ist zu beachten, dass nach den AVR, auf deren Geltung sich die Parteien verständigt haben, der Freizeitausgleich als gleichwertige Abgeltungsform anzusehen ist. Zudem war dieser Verdienstbestandteil ohnehin nicht garantiert. Die Rufbereitschaft und die während der Rufbereitschaft geleisteten tatsächlichen Dienste konnten sich verringern oder sogar wegfallen. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält keine Regelung darüber, dass der Kläger in einem bestimmten Umfang zur Rufbereitschaft verpflichtet oder berechtigt ist. Die vertraglich eingeräumte Möglichkeit für den Arbeitgeber, Rufbereitschaft anzuordnen, enthält nicht gleichzeitig auch seine Pflicht, Rufbereitschaft anzuordnen. Daher kann der Arbeitnehmer, wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart ist, auch nicht verlangen, in einem bestimmten Umfang Rufbereitschaft zu leisten (vgl. BAG, Urteil vom 24. November 1993 - 5 AZR 206/93 -). Auch eine langjährige tatsächliche Heranziehung zur Rufbereitschaft führt nicht dazu, dass sich das Arbeitsverhältnis dahin konkretisiert. Vielmehr bedarf es neben der tatsächlichen Übung zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte (vgl. BAG, Urteil vom 24. November 1993 - 5 AZR 206/93 -), die hier fehlen.

Angesichts dieser Umstände kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die Grundsätze der Billigkeit nicht gewahrt hat, als sie bestimmte, dass ab dem 1. Februar 2005 die während der Rufbereitschaft tatsächlich geleisteten Dienste mit Freizeit ausgeglichen werden.

e. Begründete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte nur dem Kläger Freizeitausgleich gewährt, hingegen den anderen 3 technischen Mitarbeitern Überstundenvergütung für die während der Rufbereitschaft geleisteten tatsächlichen Dienste gewährt, bestehen nicht. Sie hat dargelegt, dass sie auch den anderen Mitarbeitern in erster Linie Freizeitausgleich gewährt. Soweit sie 2 Mitarbeitern auch nach dem 1. Februar 2005 für solche Dienste Überstundenvergütung gewährt hat, beruht dies darauf, dass ihnen aufgrund ihrer Funktion als Abteilungsleiter bzw. stellvertretender Abteilungsleiter nicht innerhalb des 3-monatigen Ausgleichszeitraums Freizeitausgleich gewährt werden konnte.

3. Der zulässige Klageantrag zu 3) ist ebenfalls nicht begründet.

a. Wie vorstehend ausgeführt, hat der Kläger weder nach dem Arbeitsvertrag noch aufgrund der langjährigen Handhabung einen Anspruch darauf, in einem bestimmten Umfang zur Rufbereitschaft herangezogen zu werden.

b. Soweit überhaupt Mitbestimmungsrechte der Mitarbeitervertretung durch die Einteilung eines weiteren technischen Mitarbeiters für die Rufbereitschaftsdienste betroffen und verletzt sein sollten, folgt daraus nicht, dass der Kläger einen individualrechtlichen Anspruch auf einen Einsatz im Rufbereitschaftsdienst in unverändertem Umfang hat. Die Wahrnehmung etwaiger kollektivrechtlicher Ansprüche ist eine Angelegenheit der Mitarbeitervertretung.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge nach § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Zu den sich stellenden Rechtsfragen besteht höchstrichterliche Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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