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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 01.08.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 303/06
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 1 Abs. 1
1. Wird einem 37-jährigen Arbeitnehmer eine "Altersrente" ab Vollendung des 55. Lebensjahres zugesagt, dann dient sie bei Fehlen weiterer Umstände der betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 Abs. 1 BetrAVG erst ab dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitnehmer die frühestmögliche gesetzliche Altersgrenze erreicht hat.

2. Bei vernünftiger Lebensplanung kann sich ein Arbeitnehmer in diesem Alter mit Unterhaltspflichten gegenüber Ehefrau und Kind regelmäßig nicht auf einen Beginn des Ruhestandes mit Vollendung des 55. Lebensjahres festlegen, sondern muss seine Planung von der weiteren privaten und beruflichen Entwicklung abhängig machen.

3. Für den davor liegenden Zeitraum dient sie dem Arbeitnehmer als sonstige Zuwendung, z. B. zur Vermögensbildung, Überbrückung einer Arbeitslosigkeit oder Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes.


Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21. Dezember 2005 - 9 Ca 3418/05 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger fordert vom beklagten P -S -V (P ) Insolvenzschutz für eine monatliche Rente, die ihm seine früher Arbeitgeberin für die Zeit ab Vollendung des 55. Lebensjahres zugesagt hatte.

Der am 2. Juli 1946 geborene Kläger war vom 1. April 1971 bis zum 31. Oktober 1987 bei der P S D GmbH & Co. KG in Hannover (im Weiteren: Arbeitgeberin) als Arbeitnehmer beschäftigt. Er ist gelernter Schriftsetzer. Der Arbeitsvertrag enthielt nach Angaben des Klägers keine Vereinbarung über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters.

Am 28. Dezember 1983 schloss die Arbeitgeberin mit dem Kläger einen Pensionsvertrag. Darin sagte sie ihm als Versorgungsleistungen eine Invaliditätsrente, eine Altersrente und eine Witwen- und Waisenrente zu. In dem Vertrag wurde festgelegt, dass der Anspruch auf Altersrente mit dem Ausscheiden des Klägers bei der Arbeitgeberin nach Vollendung des 55. Lebensjahres entstehen sollte. Die Altersrente sollte wie die Invaliditätsrente monatlich DM 6.000,00 betragen. Es wurde festgelegt, dass bei einem vorzeitigen Ausscheiden vor Fälligkeit einer Versorgungsleistung die Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes anwendbar sein sollten.

Der Kläger schied am 31. Oktober 1987 bei der Arbeitgeberin aus.

Ab dem 1. November 1987 bis zum 31. Dezember 2003 war er zunächst als Arbeitnehmer und später als Geschäftsführer für die D P GmbH in Hannover tätig. In dem unbefristeten Geschäftsführervertrag vom 6. Februar 1992 (Bl. 107 - 109 d. A.) war keine Altersgrenze vereinbart. In dem Aufhebungsvertrag vom 19. Dezember 2003 (Bl. 110 - 111 d. A.) heißt es unter § 1, der Kläger habe das Angebot einer frühzeitigen Pensionierung angenommen.

Nachdem sich die P S D GmbH & Co. KG geweigert hatte, dem Kläger ab dem 2. Juli 2001 (Vollendung des 55. Lebensjahres) eine wegen des vorzeitigen Ausscheidens auf DM 3.289,20 gekürzte Altersrente zu zahlen, erhob der Kläger im Jahr 2000 Feststellungsklage vor dem Arbeitsgericht Hannover, der durch Urteil vom 30. Oktober 2000 stattgegeben wurde. Die dagegen eingelegte Berufung wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Mai 2001 im Wesentlichen zurückgewiesen. Darin heißt es, für die von der Arbeitgeberin vorgenommene Auslegung der Pensionsvereinbarung, wonach lediglich eine Absicherung des Klägers für den Fall eines vor Erreichen des Rentenalters, aber nach dem 55. Lebensjahr erfolgenden Ausscheidens aus dem Betrieb habe vorgenommen werden sollen, ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Es hätte nahegelegen, andernfalls zu regeln, mit welchem Zeitpunkt der volle Pensionsanspruch erworben sein solle. Die Verwendung des Wortes "nach" und nicht des Wortes "mit" Vollendung des 55. Lebensjahres mache nicht deutlich, dass ein Rentenbeginn erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen sei und dass damit ein bestimmter Zeitpunkt für das Entstehen der Altersrente habe festgelegt werden sollen. Soweit die Regelung im Pensionsvertrag nicht als völlig eindeutig angesehen werde, gehe dies zu Lasten der Arbeitgeberin, die den Vertrag formuliert habe.

Die Arbeitgeberin zahlte an den Kläger Betriebsrente in Höhe von monatlich DM 3.289,20 für die Zeit bis einschließlich Dezember 2003. Wegen finanzieller Schwierigkeiten stellte sie ab Januar 2004 die Zahlung der Betriebsrente ein. Durch Beschluss vom 21. Juli 2004 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin mangels Masse abgewiesen.

Der Beklagte teilte dem Kläger mit, er werde die Insolvenzsicherungsleistung erbringen, sobald der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet habe. Bei den Zahlungen, die von der Arbeitgeberin erbracht worden seien, habe es sich tatsächlich um ein Übergangsgeld gehandelt. Mit Wirkung gegenüber ihm könne eine feste Altersgrenze regelmäßig nicht auf einen Zeitpunkt vor Vollendung des 60. Lebensjahres festgelegt werden. Er erteilte dem Kläger einen Anwartschaftsausweis über eine gesicherte Leistung in Höhe von monatlich EUR 1.443,11 ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Diesen Betrag errechnete durch Kürzung des möglichen Versorgungsanspruchs in Höhe von EUR 3.067,75 (= DM 6.000,00) nach dem Verhältnis tatsächliche Betriebszugehörigkeit vom 1. April 1971 bis zum 31. Oktober 1987 zur möglichen Betriebszughörigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres am 2. Juli 2006 (Zeitwertfaktor: 0,470412).

Mit der vorliegenden Klage, die am 8. April 2005 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, verlangt der Kläger, den Beklagten zu verurteilen, ihm ab dem 1. Februar 2004 eine monatliche Altersrente in Höhe von EUR 1.681,74 zu zahlen.

Er hat vorgetragen, nach dem Pensionsvertrag habe er Anspruch auf eine Altersrente nach Vollendung des 55. Lebensjahres. Es sei das 55. Lebensjahr als Altersgrenze gewählt worden, weil er ein großes Arbeitspensum bei der Arbeitgeberin bewältigt habe. Er habe zunächst 12 Stunden und später 10 Stunden pro Arbeitstag gearbeitet. Auch samstags sei er von der Arbeitgeberin eingesetzt worden. In den ersten sechs Jahren habe er im Hinblick auf betriebliche Gründe auf seinen Jahresurlaub verzichtet. Die körperliche Arbeit sei sehr belastend gewesen. Herr P , Geschäftsführer der Arbeitgeberin, habe ihm vorgeschlagen, das 55. Lebensjahr als Altersgrenze zu wählen.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn Altersrente nach seinem Pensionsvertrag mit der P S D GmbH & Co. KG, Hannover, vom 28. Dezember 1983 in Höhe von EUR 1.681,74 pro Monat seit dem 1. Februar 2004 zu zahlen,

2. hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der Höhe der Altersrente das 55. Lebensjahr als Altersgrenze zugrunde zu legen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, es handle sich nicht um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, soweit dem Kläger vor Vollendung des 60. Lebensjahres Leistungen zugesagt worden seien. Eine frühere Altersgrenze könne nur dann anerkannt werden, wenn sie in einer kollektiven Regelung festgelegt worden sei und mit ihr den besonderen Anforderungen und Belastungen in bestimmten Berufen wie z. B. beim Bordpersonal von Luftfahrtunternehmen Rechnung getragen werde.

Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 21. Dezember 2005 der Klage hinsichtlich des Hauptantrags stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zusage der Arbeitgeberin stelle eine betriebliche Altersversorgung dar, die den Beklagten verpflichte, ab dem 1. Februar 2004 die Insolvenzsicherungsleistung zu erbringen. Es sei dem Kläger keine Überbrückungshilfe bis zum Übergang in einen anderen Beruf oder bis zum Ruhestand versprochen worden, sondern eine Altersversorgung. Nach dem Pensionsvertrag sei die Leistung nur davon abhängig, dass der Kläger nach Vollendung des 55. Lebensjahres bei der Arbeitgeberin ausgeschieden sei.

Darauf habe sich der Kläger bei seiner Versorgungsplanung einrichten dürfen. Aus sachgerechten, sozialen Gründen sei die Altersgrenze auf die Vollendung des 55. Lebensjahres festgelegt worden. Sowohl durch den Umfang der Arbeitszeit als auch durch körperliche Belastungen sei der Kläger außergewöhnlich beansprucht worden während seiner Tätigkeit für die Arbeitgeberin. Bei der Ermittlung der Höhe der Leistung sei die Vollendung des 55. Lebensjahres als feste Altersgrenze zugrunde zu legen.

Das Urteil ist dem Beklagten am 16. Februar 2006 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 13. März 2006 Berufung einlegen und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. Mai 2006 - am 12. Mai 2006 begründen lassen.

Er ist weiterhin der Ansicht, dass es sich um ein Übergangsgeld handelt, soweit dem Kläger vor Vollendung des 60. Lebensjahres Leistungen zugesagt worden sind. Es diene der Überbrückung zwischen dem Ausscheiden aus dem Betrieb und dem Einsetzen der Altersversorgungsleistungen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Leistung einheitlich als "Altersrente" in dem Pensionsvertrag bezeichnet worden sei. Entscheidend sei vielmehr, dass eine betriebliche Altersversorgung die Versorgung des Arbeitnehmers nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sichere. Er bestreite, dass die Arbeitsvertragsparteien bei Abschluss des Pensionsvertrages davon ausgegangen seien, der Kläger werde mit Vollendung des 55. Lebensjahres nicht nur aus dem Arbeitsverhältnis, sondern endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Damals sei der Kläger erst 37 Jahre alt gewesen. Dagegen spreche auch die spätere Entwicklung. Der Kläger sei über das 55. Lebensjahr hinaus als Geschäftsführer der D P GmbH tätig gewesen. Im Übrigen bestreite er, dass der Kläger durch die berufliche Tätigkeit bei der Arbeitgeberin vergleichbaren Belastungen ausgesetzt gewesen sei, wie sie für Beschäftigte in Berufen gelten würden, für die in Kollektivvereinbarungen eine Altersgrenze vor Vollendung des 60. Lebensjahres festgelegt sei. Der Kläger sei überwiegend mit kaufmännischen Tätigkeiten beschäftigt worden. Nach der Verkehrsanschauung schieden Arbeitnehmer mit kaufmännischer wie auch mit handwerklicher Tätigkeit nicht bereits mit Erreichen des 55. Lebensjahres aus dem Erwerbsleben aus.

Die anderen bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer, die als Drucker tätig gewesen und der vom Kläger für sich selbst geltend gemachten körperlichen Belastung ebenfalls ausgesetzt gewesen seien, hätten eine vergleichbare Zusage nicht erhalten. Bei der Berechnung der Höhe der Insolvenzsicherungsleistung habe er schon zugunsten des Klägers auf die Vollendung des 60. Lebensjahres und nicht des 65. Lebensjahres als Altersgrenze abgestellt.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 21. Dezember 2005 - 9 Ca 3418/05 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat - von dem Beklagten mit Nichtwissen bestritten - schriftsätzlich und bei seiner Anhörung am 1. August 2006 vorgetragen, er sei nicht an der P S D k GmbH & Co. KG beteiligt gewesen. Vor seiner Anstellung sei das Unternehmen neu gegründet worden. Er sei als Geschäftsleiter und Prokurist eingestellt worden. Er habe während 90 % seiner Arbeitszeit als Drucker und während der restlichen 10 % in der Kundenberatung gearbeitet. Nahezu alle Preise seien vorgegeben gewesen, so dass nur für etwa 2 % der Aufträge eine Einzelkalkulation habe erfolgen müssen. Im Jahr 1971 hätten insgesamt vier Arbeitnehmer in der Druckerei gearbeitet, in der ähnlich wie in den heutigen Copy-Shops die Kunden nach einer kurzen Wartezeit die Drucksachen wie Glückwunschkarten, Visitenkarten usw. hätten mitnehmen können. Er habe zu Beginn seiner Tätigkeit montags bis freitags von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr und samstags von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr gearbeitet. Er habe die Arbeit vorbereitet, Druckplatten erstellt, Druckaufträge ausgeführt sowie die gefertigten Drucke geschnitten und eingeschweißt, also alle Arbeiten bis zur Auslieferung an den Kunden erledigt. Dabei habe er auch schwere Transportarbeiten ausgeführt. Er sei erheblichen Lärm, den Emissionen von Lösungsmitteln, Entwickler, Fixierer, Farben und Lacken sowie einem erheblichen Termindruck ausgesetzt gewesen. Später habe er montags bis freitags von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr sowie samstags von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und bei Bedarf auch an Feiertagen gearbeitet. In den ersten 6 Jahren der Beschäftigung habe er auf den gesamten Jahresurlaub verzichtet.

Er habe nach 2 bis 3 Jahren seit der Einstellung ein Jahreseinkommen in Höhe von DM 146.000,00 brutto bezogen, auch im Jahr 1983. Herr P habe ihm im Jahr 1983 zunächst eine Pensionszusage für die Zeit ab dem 60. Lebensjahr erteilen wollen mit der Begründung, er habe viel für das Unternehmen gearbeitet und er solle zusätzliches Geld zu seiner späteren Altersversorgung haben. Da er bereits damals die feste Absicht gehabt habe, mit Vollendung des 55. Lebensjahres den Altersruhestand zu beginnen, habe er mit dieser Begründung die zunächst angebotene Pensionszusage abgelehnt. Herr P habe daraufhin Rücksprache mit einem Versicherungsvertreter genommen, der Bedenken geäußert habe, ob eine Altersrente ab Vollendung des 55. Lebensjahres möglich sei. Nachdem schließlich Herr P erklärt habe, er erteile die Zusage für eine Altersrente ab Vollendung des 55. Lebensjahres, sei der Pensionsvertrag abgeschlossen worden, der eine Altersrente und kein Überbrückungsgeld vorsehe. Diese Altersrente und Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung in Höhe von DM 85.000,00 hätten es ihm ermöglicht, ab Vollendung des 55. Lebensjahres in den Altersruhestand zu treten. Die Altersrente sei auf DM 6.000,00 festgesetzt worden, nachdem er gegenüber Herrn P erklärt habe, er könne mit DM 6.000,00 pro Monat gut leben. Dabei habe er sich an den Monatsbezügen im Jahr 1983 orientiert. Zunächst habe er im Jahr 1971 ein Monatsgehalt in Höhe von DM 2.700,00 und eine 2 %ige Umsatzbeteiligung erhalten. Später sei das feste Gehalt erhöht und die Umsatzbeteiligung auf 1 % reduziert worden. Als er im Jahr 1987 bei der Arbeitgeberin aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit Herrn P , die nicht den Pensionsvertrag betroffen hätten, ausgeschieden sei, habe sie insgesamt 34 Arbeitnehmer beschäftigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist auch begründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Insbesondere steht das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Mai 2001 - 3 Sa 2145/00 B - der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat in der Entscheidung über Ansprüche auf Altersrente des Klägers gegen die Arbeitgeberin entschieden. Im vorliegenden Fall macht der Kläger einen Insolvenzsicherungsanspruch gegen den Beklagten geltend. Weder die Parteien noch der Streitgegenstand stimmen überein. Der Insolvenzsicherungsanspruch ist zwar auf die Erbringung von Versorgungsleistungen gerichtet, aber nicht mit dem Versorgungsanspruch identisch (vgl. BAG, Urteil vom 23. März 1999 - 3 AZR 625/97 -).

2. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Insolvenzsicherungsleistungen vor Vollendung des 60. Lebensjahres.

Bei der dem Kläger in dem Pensionsvertrag vom 28. Dezember 1983 zugesagten Altersrente mit dem Ausscheiden nach Vollendung des 55. Lebensjahres handelt es sich nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes, soweit sie den Zeitraum vor Vollendung des 60. Lebensjahres betrifft. Für den Zeitraum ab Vollendung des 60. Lebensjahres hat der Beklagte eine unverfallbare Anwartschaft des Klägers auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch Mitteilung vom 7. Januar 2005 bestätigt. Davon ist der Beklagte auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht abgerückt. Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, die einheitlich als "Altersrente" bezeichneten Leistungen für die Zeit bis zur frühestmöglichen gesetzlichen Altersgrenze anders zu qualifizieren als für die Zeit danach (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 2. August 1983 - 3 AZR 370781 -).

a. Eine Einstandspflicht des Beklagten nach § 7 BetrAVG besteht nur für Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes (vgl. BAG, Urteil vom 3. November 1998 - 3 AZR 454/97 -).

Wann eine betriebliche Altersversorgung zugesagt ist, für welche die besonderen Schutzbestimmungen des Betriebsrentengesetzes gelten, ist in § 1 Abs. 1 BetrAVG abschließend festgelegt. Es muss eine Leistung zum Zwecke der Versorgung versprochen worden sein; der Versorgungsanspruch muss durch eines der biologischen Ereignisse Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden; schließlich muss die Zusage aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses von einem Arbeitgeber erteilt worden sein (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, z. B. Urteil vom 3. November 1998 - 3 AZR 454/97 - und Urteil vom 18. März 2001 - 3 AZR 313/02).

b. Zwar sollte der Anspruch auf die Leistungen durch ein bestimmtes biologisches Ereignis ausgelöst werden, nämlich die Vollendung des 55. Lebensjahres. Erst ab diesem Zeitpunkt sollte der Kläger die Rente erhalten, sofern das Arbeitsverhältnis bis dahin beendet worden war.

Jedoch steht nicht fest, dass sie bereits ab Vollendung des 55. Lebensjahres der Altersversorgung des Klägers diente, also der Sicherung des Lebensstandards nach seinem Ausscheiden aus dem Berufs- oder aus dem Erwerbsleben. Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen wie z. B. Leistungen zur Vermögensbildung, zur Überbrückung einer Arbeitslosigkeit und Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. BAG, Urteil vom 8. Mai 1990 - 3 AZR 121/89 -). Aus dieser allgemeinen Begriffsbestimmung lässt sich zwar kein fester Zeitpunkt, etwa der Vollendung des 65. Lebensjahres, bestimmen, von dem an betriebliche Altersversorgung überhaupt nur in Betracht kommt. Die Wahl einer früheren Altersgrenze muss jedoch auf sachlichen, nicht außerhalb des Arbeitsverhältnisses liegenden Gründen beruhen. Es muss auch bei der Wahl einer früheren Altersgrenze bei dem Zweck bleiben, dass die Versorgungsleistung dazu dienen soll, einem aus dem aktiven Arbeitsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmer bei der Sicherung des Lebensstandards im Alter zu helfen. Das wir in aller Regel bei der Festlegung eines Lebensalters der Fall sein, das nach der Verkehrsanschauung als Beginn des Ruhestandes gilt (vgl. BAG, Urteil vom 3. November 1998 - 3 AZR 454/97 -).

c. Aus der Bezeichnung "Altersrente" kann nicht gefolgert werden, dass die Vertragsparteien bei Abschluss des Pensionsvertrages übereinstimmend davon ausgingen, der Kläger werde mit Vollendung des 55. Lebensjahres aus dem Berufs- oder Erwerbsleben ausscheiden.

Es mag zwar sein, dass der Kläger bei Abschluss des Pensionsvertrages die Absicht hatte, nicht bis zum Beginn der frühestmöglichen gesetzlichen Rente zu arbeiten, jedenfalls nicht bei der Arbeitgeberin unter den erschwerten Arbeitsbedingungen. Jedoch kann sich bei vernünftiger Lebensplanung ein 37-jähriger Arbeitnehmer mit Unterhaltspflichten gegenüber Ehefrau und Kind regelmäßig nicht auf einen Beginn des Ruhestandes mit Vollendung des 55. Lebensjahres festlegen, sondern muss seine Planung von der weiteren privaten und beruflichen Entwicklung abhängig machen. Es sprechen gewichtige Umstände dafür, dass auch der Kläger im Jahr 1983 nicht abschließend für sich entschieden hatte, mit Vollendung des 55. Lebensjahres aus dem Berufsleben auszuscheiden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass offensichtlich keine Änderung des bei der Anstellung abgeschlossenen Arbeitsvertrages erfolgte, der nach eigenem Vorbringen des Klägers eine Altersbefristung nicht enthielt. Auch spricht die weitere berufliche Entwicklung des Klägers gegen eine solche Entscheidung. Nach dem Ausscheiden bei der Beklagten hat er ohne Unterbrechung seine berufliche Tätigkeit bei der D P GmbH zunächst als Arbeitnehmer und dann als Geschäftsführer fortgesetzt, ohne dass in dem Dienstvertrag vom 6. Februar 1992 eine Befristung bis zum Erreichen eines bestimmten Lebensalters erfolgte. Der Kläger hat auch tatsächlich seine Tätigkeit über das 55. Lebensjahr hinaus bei dieser Gesellschaft bis zum 31. Dezember 2003 fortgesetzt, sei es auch nur als "Frühstücksdirektor", um seine Nachfolgerin zu beraten. Dass ein Ausscheiden des Klägers bei der D P GmbH bereits bei Vollendung des 55. Lebensjahres nicht den mit den Klägern getroffenen Absprachen entsprach, ergibt sich insbesondere daraus, dass sich diese Gesellschaft in dem schriftlichen Aufhebungsvertrag ausdrücklich von dem Klägern bestätigen ließ, er habe das Angebot einer zu diesem Zeitpunkt noch "frühzeitigen Pensionierung" angenommen.

Aber nicht nur die Gestaltung der Arbeitsverträge, sondern auch der Pensionsvertrag selbst zeigt, dass die Arbeitsvertragsparteien nicht davon ausgegangen sind, der Kläger werde nach Vollendung des 55. Lebensjahres aus dem Berufs- oder Erwerbsleben ausscheiden. Denn sie haben nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Arbeitgeberin nach Vollendung des 55. Lebensjahres zur Voraussetzung für einen Anspruch auf "Altersrente" festgelegt, nicht aber (zusätzlich) den Eintritt in den Ruhestand. Letzteres ist aber gerade entscheidend bei der Einordnung einer solchen Zusage als betriebliche Altersversorgungsregelung (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 28. September 1981 - II ZR 181/80 -). Dass nach Ansicht des Klägers bei einem Ausscheiden nach Vollendung des 55. Lebensjahres der Anspruch auf "Altersrente" auch dann bestehen sollte, wenn er weiter beruflich tätig war, und er dabei auch keiner Einkommensbegrenzung unterliegen sollte, zeigt der von ihm gegen die Arbeitgeberin in den Jahren 2000 und 2001 geführte Rechtsstreit. In diesem Rechtsstreit hat er den Anspruch auf Zahlung der "Altersrente" ab Vollendung des 55. Lebensjahres nicht auf den Zeitraum ab Eintritt in den Ruhestand beschränkt.

Nach alledem stellt die "Altersrente", soweit sie vor Vollendung des 60. Lebensjahres zu zahlen war, eine Abfindung dar, mit der der große Arbeitseinsatz des Klägers bei der Arbeitgeberin belohnt werden sollte. Es stand dem Kläger frei, ob er sie neben einem anderweitig erzielten Verdienst als zusätzliches Einkommen verwandte oder ob sie ihm - zusammen mit dem von der Lebensversicherung ausgezahlten Betrag - als Überbrückungshilfe bis zum Bezug der gesetzlichen Rente ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt, was nur die Vollendung des 60. Lebensjahres sein konnte, diente (vgl. dazu auch: BAG, Urteil vom 28. Januar 1986 - 3 AZR 312/84 -).

d. Abgesehen davon sind im vorliegenden Fall auch keine besonderen Umstände gegeben, die es rechtfertigen der betrieblichen Zusage Versorgungscharakter im Sinne der betrieblichen Altersversorgung bereits vor Erreichen des 60. Lebensjahres beizumessen.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist noch nicht im Einzelnen geklärt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine vor Vollendung des 60. Lebensjahres einsetzende Altersrente als betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes anerkannt werden kann. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, die Wahl einer vor dem 65. Lebensjahr liegenden Altersgrenze müsse auf sachlich nicht außerhalb des Dienstverhältnisses liegenden Gründen beruhen (vgl. Urteil vom 2. August 1983 - 3 AZR 370/81 -). Es hat dabei darauf hingewiesen, dass für manche Berufe mit Rücksicht auf die besondere körperliche und geistige Beanspruchung von vornherein ein vorgezogener Ruhestand vereinbart werde. Auch der Bundesgerichtshof brauchte in seinem Urteil vom 28. September 1981 - II ZR 181/80 - die Voraussetzungen nicht im Einzelnen zu klären. Er hat ausgeführt, ob unter ganz besonderen Voraussetzungen (z. B. aufgrund außergewöhnlicher beruflicher Beanspruchung) auch eine vor Vollendung des 60. Lebensjahres einsetzende Altersrente als betriebliche Altersversorgung anerkannt werden könne, bedürfe in dem von ihm zu entscheidenden Fall keiner Erörterung.

Der Kläger, der nach eigenen Angaben während 90 % seiner Arbeitszeit als Drucker und während der verbleibenden 10 % in der Kundenberatung gearbeitet hat, führt als besondere Umstände den Arbeitseinsatz und die Arbeitsbelastung bei der Arbeitgeberin an.

Zunächst ist festzustellen, dass für Drucker keine frühere gesetzliche Altersgrenze gilt. Auch die Tarifverträge für den Bereich Druck sehen keine frühere Altersgrenze vor. Die Belastungen durch die Tätigkeit sind auch nicht so schwerwiegend, dass die Drucker regelmäßig bereits ab dem 55. Lebensjahr nicht mehr ihrer Arbeit nachkommen können. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Kläger bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ohnehin nach dem Pensionsvertrag Anspruch auf die Leistung in voller Höhe haben sollte.

Soweit der Kläger anführt, er habe weit über die vertragliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet, sei besonderen Belastungen ausgesetzt gewesen und habe in den ersten 6 Jahren seinen Jahresurlaub nicht genommen, ist zunächst festzuhalten, dass er mit jährlichen Bezügen in Höhe von DM 146.000,00 weit mehr verdiente als es damals dem üblichen Lohn eines Druckers in einem Kleinbetrieb entsprach. Es ist davon auszugehen, dass seine Leistung schon durch diese Bezüge angemessen honoriert worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass seine Gesundheit stärker angegriffen war als die eines anderen in Wechselschicht arbeitenden Druckers, sind nicht vorgetragen worden. Vielmehr zeigt die weitere Entwicklung, dass der Kläger über das 55. Lebensjahr hinaus die im Vergleich zu seinen Aufgaben bei der Arbeitgeberin verantwortlichere Tätigkeit eines Geschäftsführers und Gesellschafters eines anderen Druckunternehmens ausüben konnte. So war denn auch - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 1. August 2006 - ausgeführt hat, seine Vorstellung, mit dem 55. Lebensjahr bei der Beklagten auszuscheiden, insbesondere wegen des frühen Todes seines Vaters entstanden.

3. Die Klage ist auch unbegründet, soweit der Kläger hilfsweise geltend macht, der Beklagte sei verpflichtet, bei der Berechnung der ab Vollendung des 60. Lebensjahres zu erbringenden Insolvenzsicherungsleistungen von dem 55. Lebensjahr als fester Altersgrenze auszugehen.

Nach §§ 2 Abs. 1 S. 1, 7 Abs. 2 S. 3 BetrAVG hat der Kläger als vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer einen Anspruch in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres entspricht; an die Stelle des 65. Lebensjahres tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist. Die Anwendbarkeit dieser gesetzlichen Regelung hatten die Arbeitsvertragsparteien in dem Pensionsvertrag ausdrücklich unter Ziff. 5 Absatz 2 vereinbart.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Arbeitsvertragsparteien keine vor dem 60. Lebensjahr liegende feste Altersgrenze vereinbart haben. Sie haben nicht erwartet, dass der Kläger ohne berufs- oder erwerbsunfähig zu sein mit Vollendung des 55. Lebensjahres seine Erwerbstätigkeit gänzlich beendete (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 28. Januar 1986 - 3 AZR 312/84 -).

Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Altersrente ab Vollendung des 55. Lebensjahres als betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes anerkannt werden kann, war die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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