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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 26.09.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 540/06
Rechtsgebiete: LugÜ


Vorschriften:

LugÜ Art. 5
LugÜ Art. 17
LugÜ Art. 18
1. Eine vor der Entstehung der Streitigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung entfaltet nach Art. 17 Abs. 5 LugÜ auch dann keine Wirkung, wenn ein Arbeitnehmer sie geltend macht, um ein anderes als das am Wohnsitz des Beklagten oder das in Art. 5 Nr. 1 LugÜ bezeichnete Gericht anzurufen. Es ist auch nicht entscheidend, ob die Unwirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung für den klagenden Arbeitnehmer objektiv von Vorteil ist oder nicht.

2. Die unter Art. 17 Abs. 5 LugÜ angeordnete Unwirksamkeit einer vorherigen Gerichtsstandsvereinbarung verbietet es, der klagenden Partei ein auf Vertrauensgesichtspunkte gestütztes Recht einzuräumen, doch an dem vereinbarten Gerichtsstand zu klagen. Ebenso verbietet es sich, eine tatsächlich nicht erfolgte rügelose Einlassung der beklagten Partei zu fingieren.

3. Bei der Bestimmung, wo ein in Belgien wohnender deutscher Außendienstmitarbeiter, der ausschließlich Kunden in Deutschland zu besuchen hat, und dem die Arbeitgeberin ein Büro in seiner Wohnung (Home-Office) eingerichtet hat, gewöhnlich seine Arbeit im Sinne von Art. 5 Nr. 1 LugÜ verrichtet, ist mangels anderer Kriterien auf den Ort abzustellen, an dem der Arbeitnehmer den größten Teil seiner Arbeitszeit leistet. Dabei ist die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Kundenbesuchen als eine einheitliche Tätigkeit anzusehen.

4. Lässt sich nach der Arbeitszeit weder der Wohnort in Belgien, an dem das Home-Office eingerichtet ist, noch einer der Besuchsorte in Deutschland als Hauptbezugsort bestimmen, so kann der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber wahlweise vor dem Gericht des Ortes der Niederlassung, die ihn eingestellt hat, oder vor den Gerichten des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitgeber seinen Sitz hat (hier: Schweiz) verklagen.


Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 15. März 2006 - 6 Ca 1771/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung und hierbei über die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Aachen bzw. eines anderen deutschen Arbeitsgerichts.

Der Kläger, geboren am 6. Januar 1969, ist bzw. war bei der Beklagten seit dem 1. März 2004 als Sales Development Manager Germanic Area beschäftigt zu einem Jahresgehalt in Höhe von EUR 58.000,00 brutto. Die Beklagte hat ihren Sitz in Lachen in der Schweiz.

In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien u. a. Folgendes:

"...Ziff. 6: Diese Vereinbarung wird in Deutschland (im Ausnahmefall in jedem anderen Land von BANDAG EHRD) als abgeschlossen und durchzuführen betrachtet.

Ziff. 18: Diese Vereinbarung wird in ihrer Gesamtheit in Übereinstimmung mit den Gesetzen von Deutschland getroffen und unterliegt diesen Gesetzen. Gerichtsstand für diesen Arbeitsvertrag ist Deutschland..."

Die Beklagte vertreibt runderneute Reifen. Aufgabe des Klägers war es, Kunden der Beklagten in Deutschland zu betreuen und neue Kunden zu werben.

Der Kläger, dessen Wohnsitz in Eynatten schon vor Vertragsbeginn lag, hatte in seiner Wohnung ein sogenanntes Home-Office. Die Beklagte stellte ihm für seine dienstliche Tätigkeit in dem Home-Office Arbeitsmittel zur Verfügung, und zwar einen Computer mit Software, ein Faxgerät und einen Drucker. Zudem überließ sie ihm ein Mobiltelefon und erstattete die Telefonkosten, die durch die Benutzung des Festnetzanschlusses dem Kläger entstanden.

Bei seiner Tätigkeit suchte der Kläger von zuhause aus Kunden auf, die an verschiedenen Orten in Nord-, Süd- und Ostdeutschland ihren Standort haben. Sofern der Standort weit von zuhause entfernt war, übernachtete er dort in einem Hotel.

Mit Schreiben vom 5. April 2005 und vom 30. Mai 2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht.

Mit der vorliegenden Klage, die am 18. April 2005 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangen ist, und mit der am 7. Juni 2005 dort eingegangenen Klageerweiterung wendet sich der Kläger gegen diese Kündigungen. Zudem verlangt er von der Beklagten, ihm eine Arbeits- und eine Urlaubsbescheinigung zu erteilen.

Der Kläger ist der Ansicht, für den vorliegenden Rechtsstreit seien die deutschen Arbeitsgerichte nach Art. 5 Ziff. 1 des Lugano Überreinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: LugÜ) zuständig. Etwaige Schwierigkeiten bei der Ermittlung des in Deutschland örtlich zuständigen Gerichts könnten nichts an dieser internationalen Zuständigkeit ändern. Sofern bei der Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts darauf abgestellt werde, wo er schwerpunktmäßig gearbeitet habe, sei das Arbeitsgericht Gelsenkirchen zuständig. Er habe überwiegend einen Großkunden der Beklagten in Deutschland an verschiedenen Standorten besucht, und zwar die Firma T - und deren Tochtergesellschaft T S GmbH. Monatlich sei er mehrfach in der Niederlassung der T S GmbH in Gelsenkirchen gewesen, da der dortige Filialleiter als Leiter Europa West für das gesamte Bundesgebiet die Einkaufsentscheidungen getroffen habe.

Unabhängig davon sei die Beklagte jedenfalls nach Treu und Glauben verpflichtet, sich auf die Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte einzulassen. Durch den von ihr vorformulierten Arbeitsvertrag habe sie bei ihm das Vertrauen begründet, einen Rechtsstreit über das Arbeitsverhältnis vor einem deutschen Gericht führen zu können.

Die Klage habe er beim Arbeitsgericht Aachen eingereicht, weil es sich um das seinem Wohnort nächstgelegene deutsche Arbeitsgericht handle.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ihm am 7. April 2005 zugegangene Kündigung der Beklagten vom 5. April 2005 weder fristlos noch fristgerecht beendet worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ihm am 1. Juni 2005 zugegangene Kündigung der Beklagten vom 30. Mai 2005 weder fristlos noch fristgerecht beendet worden ist,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III sowie das Formular E 301 und eine Bescheinigung über den im Jahr 2006 erteilten Urlaub zu erteilen,

4. hilfsweise den zutreffenden deutschen Gerichtsstand zu bestimmen,

5. äußerst hilfsweise das Verfahren an das örtlich zuständige deutsche Arbeitsgericht abzugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, für den vorliegenden Rechtsstreit sei die Zuständigkeit eines deutschen Arbeitsgerichts nicht gegeben. Die getroffene Gerichtsstandsvereinbarung sei unwirksam. Auch nach Art. 5 Ziff. 1 LugÜ sei kein deutsches Arbeitsgericht zuständig, da der einheitliche Erfüllungsort nicht in Deutschland, sondern in Belgien gelegen habe.

Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Urteil vom 15. März 2006 die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die von den Parteien im Arbeitsvertrag getroffene Gerichtsstandsvereinbarung sei nach Art. 17 Abs. 5 LugÜ unwirksam, da sie vor der Entstehung des Rechtsstreits getroffen worden sei. Diese Rechtsfolge sei abschließend und könne nicht mit Grundsätzen des nationalen deutschen Rechts wie Treu und Glauben umgekehrt werden. Die Zuständigkeit ergebe sich auch nicht nach Art. 5 Ziff. 1 LugÜ. Einheitlicher Erfüllungsort sei im Sinne dieser Bestimmung der Ort, an dem der Kläger den größten Teil seiner Arbeitszeit verbracht habe. Dies sei sein Wohnort in Belgien, von dem er aus als Reisender seine Dienstreisen nach Deutschland angetreten habe. Jedenfalls ergebe sich aus dem Vortrag des Klägers kein Ort in Deutschland, der einen hinreichend festen und intensiven Bezug zu der vom Kläger geleisteten Arbeit aufweise und deshalb als Hauptbezugsort gelten könne. Der Rechtsstreit sei nicht dem Landesarbeitsgericht zur Bestimmung des zuständigen Arbeitsgerichts nach § 36 ZPO vorzulegen, da dies voraussetze, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben sei. Gleiches gelte für den äußerst hilfsweise gestellten Verweisungsantrag.

Das Urteil ist dem Kläger am 11. April 2006 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 9. Mai 2006 Berufung einlegen und diese am 12. Juni 2006 (Montag) begründen lassen.

Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, nach dem LugÜ sei das Arbeitsgericht Aachen für den Rechtsstreit zuständig. Jedenfalls sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte zu bejahen. Da er für das gesamte Bundesgebiet zuständig gewesen sei, spreche nichts dagegen, jedes deutsche Arbeitsgericht als zuständig anzusehen. Wenn nach qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten beurteilt werde, wo er schwerpunktmäßig seine Arbeit verrichtet habe, sei die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen gegeben.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 15. März 2006 - 6 Ca 1771/05 - nach den erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist weiterhin der Ansicht, für den vorliegenden Rechtsstreit sei die Zuständigkeit eines deutschen Arbeitsgerichts nicht gegeben. Weder sei eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung getroffen worden, noch könne mit den Grundsätzen von Treu und Glauben eine Verpflichtung der Beklagten begründet werden, die Zuständigkeit eines deutschen Arbeitsgerichts herbeizuführen. Da der Kläger seine Tätigkeit nicht schwerpunktmäßig an einem bestimmten Ort in Deutschland verrichtet habe, bestehe auch keine Zuständigkeit nach Art. 5 Ziff. 1 LugÜ. Regelmäßiger Arbeitsort sei vielmehr sein Wohnort in Belgien gewesen, von wo aus er die Kunden telefonisch, per E-Mail oder per Fax betreut habe und von wo aus er seine Kunden in Deutschland besucht habe. Er habe nicht schwerpunktmäßig seine Arbeitsleistung bei einem Kunden in Gelsenkirchen verrichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist aber nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die deutschen Gerichte sind nicht international zuständig.

1. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen für den vorliegenden Rechtsstreit nur aus dem Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ) ergeben kann, da die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz hat. Das LugÜ ist in Deutschland am 1. März 1995 in Kraft getreten. In der Schweiz gilt es seit dem 1. Januar 1992. Das LugÜ verdrängt in seinem Anwendungsbereich als spezielleres Recht das allgemeine Zivilprozessrecht (vgl. BAG, Urteil vom 20. August 2003 - 5 AZR 45/03 -).

2. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen kann nicht mit der arbeitsvertraglichen Abmachung der Parteien begründet werden, wonach Gerichtsstand für den Arbeitsvertrag Deutschland ist.

Zwar können nach Art. 17 Abs. 1 LugÜ Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, vereinbaren, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen. Jedoch gilt nach Art. 17 Abs. 5 LugÜ bei individuellen Arbeitsverträgen die Einschränkung, dass die Gerichtsstandsvereinbarung nur dann rechtliche Wirkung hat, wenn sie nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen worden ist. Anders als nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9. Oktober 1978 (EuGVÜ), zu dem das LugÜ bewusst als Parallelabkommen zwischen den EG-Staaten und den EFTA-Staaten konzipiert worden ist, entfaltet nach dem LugÜ die vorher getroffene Gerichtsstandsvereinbarung auch dann keine Wirkung, wenn ein Arbeitnehmer sie geltend macht, um ein anderes Gericht als das am Wohnsitz des Beklagten oder das in Art. 5 Nr. 1 LugÜ bezeichnete Gericht anzurufen. Es ist auch nicht entscheidend, ob die Unwirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung für den klagenden Arbeitnehmer objektiv von Vorteil ist oder nicht.

Da die Parteien die Gerichtsstandsvereinbarung vor der Entstehung der Streitigkeit getroffen haben, kann sie nach § 17 Abs. 5 LugÜ nicht zuständigkeitsbegründend sein.

3. Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 18 LugÜ begründet worden, da sich die Beklagte nicht rügelos auf das Verfahren eingelassen hat. Sie hat schon in der ersten Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren gerügt, die deutschen Gerichte seien international nicht zuständig. Diese Rüge hat sie auch im Berufungsverfahren aufrechterhalten.

4. Die Beklagte muss sich im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht so behandeln lassen, als wenn eine nach Art. 17 Abs. 5 LugÜ wirksame Gerichtsstandsvereinbarung abgeschlossen worden wäre oder sie sich rügelos auf den Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Aachen eingelassen hätte.

Die unter Art. 17 Abs. 5 LugÜ angeordnete Unwirksamkeit einer vorherigen Gerichtstandsvereinbarung würde jegliche Bedeutung verlieren, wenn die klagende Partei gestützt auf Vertrauensgesichtspunkte doch im Ergebnis die beklagte Partei vor dem in der unwirksamen Gerichtsvereinbarung bezeichneten Gericht verklagen könnte. Gleiches würde gelten, wenn eine solche unwirksame Gerichtsstandsvereinbarung dazu führen würde, eine tatsächlich nicht erfolgte rügelose Einlassung der beklagten Partei zu fingieren.

Abgesehen davon kann eine besondere Schutzbedürftigkeit des Klägers auch nicht anerkannt werden. Als Vertragspartei war er wie auch die Beklagte gehalten, sich vor der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages selbst darüber zu vergewissern, ob die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung mit den geltenden Zuständigkeitsregeln im Einklang stand.

5. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte kann schließlich auch nicht aus Art. 5 Nr. 1 LugÜ hergeleitet werden.

Nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, wenn ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden. Diese besondere Zuständigkeitsregelung verdrängt den in Art. 2 LugÜ bestimmten allgemeinen Gerichtsstand, wonach Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen sind.

Die besondere Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ ist durch die enge Verknüpfung zwischen dem Rechtsstreit und dem zu seiner Entscheidung berufenen Gericht gerechtfertigt. Das Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer die vereinbarte Tätigkeit auszuüben hat, ist regelmäßig am besten zur Entscheidung des Rechtsstreits in der Lage. Hinzu kommt das Ziel der Zuständigkeitsregelung, der sozial schwächeren Partei die Möglichkeit zu eröffnen, an dem Ort, an dem sie ihre Arbeitspflichten zu erfüllen hat, Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet i.S.v. Art. 5 Nr. 1 LugÜ, ist der Ort, den der Arbeitnehmer als tatsächlichen Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit gewählt hat oder von dem aus er den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt (vgl. EUGH 9. Januar 1997 - Rs C 383/95 - Rutten). Dies gilt nicht nur, wenn der Arbeitnehmer in verschiedenen Staaten tätig ist, sondern auch, wenn er nur in einem Vertragsstaat an verschiedenen Arbeitsorten arbeitet (vgl. BAG, Urteil vom 29. Mai 2002 - 5 AZR 141/01 -).

Bei einem Arbeitsvertrag, zu dessen Erfüllung der Arbeitnehmer für seinen Arbeitgeber dieselben Tätigkeiten in mehr als einem Vertragsstaat ausübt, ist grundsätzlich die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses für die Bestimmung des Ortes, an dem der Betroffene im Sinne der genannten Vorschrift gewöhnlich seine Arbeit verrichtet hat, zu berücksichtigen. Mangels anderer Kriterien ist dies der Ort, an dem der Arbeitnehmer den größten Teil seiner Arbeitszeit geleistet hat. Erlauben es die vom EuGH aufgestellten Kriterien nicht, den gewöhnlichen Arbeitsort i.S.v. Art. 5 Nr. 1 LugÜ zu bestimmen, so kann der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber wahlweise vor dem Gericht des Ortes der Niederlassung, die ihn eingestellt hat, oder vor den Gerichten des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat, verklagen (vgl. EUGH, Urteil vom 27. Februar 2002 - Rs C 37/00 Weber).

Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger eine einheitliche Tätigkeit verrichtet hat: Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Kundenbesuchen. Da es im vorliegenden Fall um den Bestand des Arbeitsverhältnisses geht, kann für die Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsortes nur darauf abgestellt werden, wo der Kläger den größten Teil seiner Arbeitszeit geleistet hat.

Der Kläger hat nicht substantiiert dargetan, dass er den größten Teil seiner Arbeitszeit an einem bestimmten Ort in Deutschland geleistet hat. Er besucht Kunden an verschiedenen Orten im Bundesgebiet. Die meiste Zeit will er bei einem Kunden in dessen Filiale in Gelsenkirchen verbracht haben. Aus seinem Vorbringen, er habe diese Filiale "mehrmals" im Monat besucht, ergibt sich, dass keine Rede davon sein kann, er habe den größten Teil seiner Arbeitszeit dort verbracht.

Es spricht mehr dafür, nach den vom EuGH aufgestellten Kriterien den Wohnort des Klägers in Belgien als Hauptbezugsort anzusehen. Unter Hinweis auf frühere Entscheidungen hat der EuGH in der Entscheidung vom 27. Februar 2002 ausgeführt, dass als gewöhnlicher Arbeitsort der Wohnsitz des Arbeitnehmers gelten kann, wenn er dort ein Büro hat, von dem aus er seine Tätigkeit für seinen Arbeitsgeber organisiert und wohin er nach jeder im Zusammenhang mit seiner Arbeit stehenden Geschäftsreise zurückkehrt. Der Kläger hat seine Besuchstätigkeit in Deutschland von seinem Home-Office in Eynatten aus vorbereitet, organisiert und nachbereitet. Die dafür erforderlichen Kommunikationseinrichtungen hat ihm die Beklagte zur Verfügung gestellt bzw. durfte er auf deren Kosten betreiben. Seine Besuche erfolgten stets von Eynatten aus, wohin er auch stets nach Abschluss der Geschäftsreise zurückkehrte.

Letztlich kann aber offen bleiben, ob der Wohnsitz des Klägers als gewöhnlicher Arbeitsort zu gelten hat oder ob ihm keine stärkere Bedeutung zukommt als den verschiedenen Besuchsorten in Deutschland. Nach der genannten Entscheidung des EuGH vom 27. Februar 2002 stellt die Zuständigkeit nach Art. 5 Ziff. 1 LugÜ lediglich eine zusätzliche Option für den Kläger dar, die nur dann zum Zuge kommen kann, wenn sich aufgrund der Arbeitszeit ein Hauptbezugsort ergibt. Gibt es dagegen (nur) mehrere gleich bedeutende Arbeitsorte, so muss es, auch um die Häufung von Gerichtsständen zu vermeiden, dabei bleiben, dass der Arbeitnehmer wahlweise nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ den Arbeitgeber vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung befindet, die ihn eingestellt hat, oder, sofern sich daraus ein anderer Gerichtsstand ergibt, nach Art. 2 Abs. 1 LugÜ vor den Gerichten des Vertragsstaats verklagen kann, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.

6. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch den Hilfsantrag des Klägers auf Vorlage an die dafür zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln zur Bestimmung des zutreffenden deutschen Gerichtsstandes und den weiteren Hilfsantrag auf Verweisung an das örtlich zuständige Gericht zurückgewiesen, da die Anträge voraussetzen, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte gegeben ist.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge nach § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die sich stellenden Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.

Ende der Entscheidung

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