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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 889/05
Rechtsgebiete: RTV ASEAG


Vorschriften:

RTV ASEAG § 12 Abs. 2
1. Mit der tariflichen Zulage wird bezweckt, die sich aus der Wechselschicht und aus der Leistung einer bestimmten Mindestzahl von Nachtschichten ergebende generelle Belastung zu vergüten.

2. Werden Parkwächter in mehreren Parkhäusern eingesetzt, so ist nicht erforderlich, dass in allen Schichten jeweils mit derselben personellen Stärke der Dienst verrichtet wird. Entscheidend ist vielmehr, dass zu jeder Tages- und Nachtzeit zumindest in einem der Parkhäuser nach dem Turnusplan mindestens ein Parkwächter arbeitet.


Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 14.04.2005 - 7 Ca 5569/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine Wechselschichtzulage zu zahlen hat.

Der Kläger ist seit 1990 bei der Beklagten als Parkwart beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme der Rahmentarifvertrag und der Vergütungstarifvertrag Anwendung, die die Beklagte mit der Gewerkschaft Ö bzw. v .i abgeschlossen hat.

Der Kläger wird von der Beklagten nach Abstimmung mit der A P G (A ), einer Tochtergesellschaft der Beklagten, in 5 Parkhäusern in Aachen gemeinsam mit 16 anderen Parkwächtern, von denen 6 bei der Beklagten und 10 bei der A angestellt sind, eingesetzt. Diese Parkhäuser, deren Betreiber die A ist, sind täglich an 24 Stunden geöffnet. Zwei Parkhäuser sind ständig mit Parkwächtern besetzt. Weitere zwei Parkhäuser sind zwar täglich besetzt, aber nicht ganztägig. Ein Parkhaus ist nicht täglich besetzt und - wenn es besetzt ist - nicht ganztägig.

Der Einsatz des Klägers und der 16 anderen Parkwächter erfolgt nach einem gemeinsamen Schichtplan in einem 17-Wochen-Turnus (vgl. Bl. 122 d. A.). Danach wird er im Wechsel in Früh-, Spät- und Nachtdienst eingesetzt. Nachtdienst hat er regelmäßig in der 2., 4., 5., 9., 10., 12., 14. und 16. und ggf. als Springer auch in der 8. Turnuswoche zu verrichten.

Die Beklagte zahlt dem Kläger eine Schichtzulage, nicht aber die höhere Wechselschichtzulage.

Mit der vorliegenden Klage, die am 29. Oktober 2004 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangen ist, verlangt der Kläger von der Beklagten Zahlung von EUR 289,32 brutto als Differenz zwischen der Schichtzulage und der Wechselschichtzulage für die Monate März 2004 bis einschließlich August 2004 und von EUR 161,01 brutto als Differenz für die Monate September 2004 bis einschließlich Dezember 2004.

Die Beklagte hat vorgetragen, bei den Parkhäusern, die von der APAG betrieben würden, handle es sich nicht um eine Betriebsabteilung der Beklagten. Da nicht an allen Tagen während 24 Stunden Parkwächter, die bei ihr beschäftigt seien, den Dienst in den Parkhäusern verrichteten, sei kein Anspruch auf eine Wechselschichtzulage gegeben.

Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Urteil vom 14. April 2005 der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die beiden Parkhäuser, die durchgehend bei Tag und Nacht mit Parkwächtern besetzt seien, seien als Betriebsabteilung anzusehen, in denen ununterbrochen Wechseldienst geleistet werde. Der Kläger sei ausweislich des Schichtplans auch jeden Monat zur Nachtschicht herangezogen worden, so dass die tariflichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Wechselschichtzulage erfüllt seien. Den Differenzbetrag habe der Kläger zutreffend nach dem Vergütungstarifvertrag berechnet.

Das Urteil ist der Beklagten am 6. Juni 2005 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 1. Juli 2005 Berufung einlegen und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. August 2005 - am 26. August 2005 begründen lassen.

Sie trägt vor, die handschriftlichen Aufzeichnungen des Klägers über seinen Einsatz in den Monaten März 2004 bis Dezember 2004 seien für sie nicht nachvollziehbar. Bei den 2 Parkhäusern, die Tag und Nacht mit Parkwächtern besetzt seien, handle es sich nicht um eine gesonderte Betriebsabteilung. Vielmehr sei auf alle 5 Parkhäuser abzustellen. Die bei ihr beschäftigen Parkwächter würden nicht so eingesetzt, dass während des ganzen Jahres zu jeder Stunde zumindest ein Parkwächter im Einsatz in den 5 Parkhäusern sei. Es könne nicht darauf abgestellt werden, dass neben den bei ihr beschäftigten Parkwächtern auch Parkwächter der A in den 5 Parkhäusern eingesetzt würden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 14. April 2005 - 7 Ca 5569/04 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf den Turnusplan und trägt vor, bei den 5 Parkhäusern handle es sich um eine Betriebsabteilung, in der die Arbeit an allen Tagen des Jahres ohne Unterbrechung vonstatten gehe. Anhand des geltenden Turnusplanes könne die Beklagte selbst nachvollziehen, wie sich sein Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen der Wechselschichtzulage und der gezahlten Schichtzulage für den Klagezeitraum berechne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 lit. a ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis hat das Arbeitsgericht zu Recht entschieden, dass dem Kläger der Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen der Wechselschichtzulage und der Schichtzulage für die Monate März 2004 bis Dezember 2004 zusteht.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden zumindest kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme im Arbeitsvertrag sowohl der Rahmentarifvertrag als auch der Vergütungstarifvertrag der ASEAG Anwendung.

Nach § 12 Abs. 2 des Rahmentarifvertrages (im Folgenden: RTV) erhalten sowohl Arbeitnehmer in Schichtarbeit als auch Arbeitnehmer in Wechselschichtarbeit einen (unterschiedlich hohen) Schichtzuschlag.

a. Nach § 26 Nr. 20 RTV verrichten Arbeitnehmer Schichtarbeit, wenn sie in einem/einer Betriebsteil-/abteilung mit mehreren Schichten arbeiten und wenn ihre eigentliche Arbeitszeit nach dem Schichtplan im regelmäßigen Wechsel von höchstens einem Monat zu einem anderen Zeitpunkt beginnt und endet.

Damit haben die Parteien den Begriff der Schichtarbeit in seiner allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung bestimmt. Danach ist wesentlich, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tatsächliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus erfüllt und daher von mehreren Arbeitnehmern (oder Arbeitnehmergruppen) in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit erbracht wird. Bei der Schichtarbeit arbeiten nicht sämtliche Beschäftigte zur selben Zeit, sondern ein Teil arbeitet, während der andere arbeitsfreie Zeit hat, wobei beide Teile sich regelmäßig nach einem feststehenden und überschaubaren Schichtplan ablösen. Dabei muss eine übereinstimmende Arbeitsaufgabe von untereinander nach ihrer Qualifikation austauschbaren Arbeitnehmern erfüllt werden (vgl. BAG, Urteil vom 20. April 2005 - 10 AZR 302/04 -).

b. Nach § 26 Nr. 27 RTV verrichten Arbeitnehmer Wechselschichtarbeit, wenn sie in Betrieben oder Betriebsabteilungen mit wechselnden Schichten arbeiten, in denen die Arbeit ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags vonstatten geht und der Arbeitnehmer längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht (Nachtschichtfolge) hinzugezogen wird.

Während nach § 2 Abs. 1 Ziff. 4 des für den Klagezeitraum geltenden Vergütungstarifvertrages der Schichtzuschlag EUR 3,71 pro Schicht beträgt, beläuft er sich für Arbeitnehmer in Wechselschicht, wenn sie am Schichtwechsel beteiligt sind, auf EUR 6,19 pro Schicht.

Erkennbarer Sinn und Zweck der tariflichen Regelung ist es, die sich aus der Wechselschicht und aus der Leistung einer bestimmten Mindestzahl von Nachtschichten ergebende generelle Belastung zu vergüten. Es handelt sich mithin um eine Erschwerniszulage (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 9. Dezember 1998 - 10 AZR 207/98 -).

2. Die 5 Parkhäuser bilden eine gemeinsam von der Beklagten und der APAG betriebene organisatorische Einheit, in der ein arbeitstechnischer Zweck verfolgt wird. Ihr sind Arbeitnehmer zugeordnet, die ausschließlich in diesem Bereich arbeiten nach einem Dienstplan, der nur für die Parkhäuser erstellt worden ist. Da diese Arbeitnehmer nach einem einheitlichen Schichtplan eingesetzt werden, muss es eine gemeinsam abgestimmte Leitung geben. Ob beide Unternehmen auch nach außen hin gemeinsam als Betreiber der 5 Parkhäuser auftreten oder ob die Beklagte oder ihre Tochtergesellschaft APAG allein nach außen hin auftreten, ist dagegen nicht erheblich.

In dieser organisatorischen Einheit (Betrieb) geht die Arbeit ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags vonstatten. Dies folgt bereits daraus, dass zwei der fünf Parkhäuser ständig bei Tag und Nacht mit Parkwächtern besetzt sind. Nach dem RTV ist nicht erforderlich, dass in allen Schichten jeweils mit derselben personellen Stärke der Dienst verrichtet wird. Entscheidend ist vielmehr, dass zu jeder Tages- und Nachtzeit zumindest in einem der Parkhäuser nach dem von der Beklagten in Abstimmung mit der A festgelegten Turnusplan mindestens ein Parkwächter arbeitet. Unter dem Gesichtspunkt der Erschwernis spielt es keine Rolle, ob sie dadurch begründet wird, dass in allen Parkhäusern an allen Tag 24 Stunden gearbeitet wird oder ob sie darauf beruht, dass nur ein Teil der Parkhäuser in diesem zeitlichen Umfang personell besetzt ist.

In diesen 5 Parkhäusern arbeitet der Kläger ausweislich des von ihm vorgelegten Turnusplans in wechselnden Schichten, und zwar in Früh-, Spät- und Nachtschicht. Dabei wird nach dem RTV nicht vorausgesetzt, dass der Anteil der wechselnden Arbeitsschichten im zeitlichen Umfang etwa gleich sein muss. Vielmehr ist die Wechselschichtzulage nur vom Wechsel der täglichen Arbeitszeit nach dem Schichtplan und dem tariflich erforderlichen Umfang der Nachtarbeit abhängig (vgl. zu der ähnlichen Regelung nach § 33 a Abs. 1 BAT: BAG, Urteil vom 9. Dezember 1998 - 10 AZR 207/98 -).

Aus dem Turnusplan ergibt sich schließlich, dass der Kläger in dem tariflich erforderlichen Maße zu Nachtarbeit hinzugezogen wird.

3. Der Anspruch ist auch der Höhe nach begründet. Da die Beklagte selbst den Schichtplan erstellt oder miterstellt hat, war sie nicht auf die handschriftliche Aufstellung des Klägers für den Klagezeitraum angewiesen, um zu prüfen, wie viele Schichten angefallen sind und wie sich folglich der Differenzbetrag errechnete. Angesichts dessen ist ihr nicht substantiiertes Bestreiten rechtlich unerheblich.

4. Der Zinsanspruch ist nach § 291 BGB gerechtfertigt.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge nach § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die sich stellenden Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für ähnlich lautende tarifliche Regelungen beantwortet. Die Beklagte hat ohnehin nicht die Zulassung der Revision beantragt, als dies in der Berufungsverhandlung erörtert wurde.

Ende der Entscheidung

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