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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 9 Ta 298/07
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 42 Abs. 4 S. 1
ZPO § 3
1. Bei mehreren Beendigungstatbeständen (Befristungen/Kündigungen) ist der Wert der Klage, die den ersten Beendigungstatbestand betrifft, mit drei Monatsbezügen und der Wert der Klage, die den späteren Beendigungstatbestand betrifft, nach der Zeitdifferenz zwischen den Beendigungstatbeständen zu bemessen (Anschluss an LAG Köln, Beschlüsse vom 8.3.1989 - 5 Ta 3/89 -, 23.4.1999 - 10 Ta 69/99 -, 29.12.2006 - 3 Ta 409/06 -).

2. Der neben dem Kündigungsschutzantrag gestellte Antrag auf allgemeine Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, erhöht den Gegenstandswert nicht (Anschluss an LAG Köln, Beschlüsse vom 29.2.2000 - 5 Ta 57/00 -, 28.7.2000 - 6 Ta 171/00 -, 29.5.2006 - 11 (14) Ta 110/06 -).

3. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Sozialplanabfindung ist gesondert zu berücksichtigen, da er nicht der Regelung des § 42 Abs. 4 GKG unterfällt (Anschluss an LAG Köln, Beschlüsse vom 16.9.2004 - 5 Ta 290/04 -, 12.5.2005 - 3 Ta 142/05 -).

4. Der Gegenstandswert für eine Klage auf Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits ist regelmäßig mit einem Monatsbezug zu bemessen (Anschluss an LAG Köln, Beschlüsse vom 18.12.2001 - 13 Ta 303/01 -, 27.4.2005 - 11 Ta 7/05 -, 13.1.2006 - 5 Ta 460/05 -):


Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 24. März 2006 - 3 Ca 2669/05 - abgeändert:

Der Streitwert wird für das Verfahren auf EUR 35.643,89 und für den Vergleich auf EUR 43.756,43 festgesetzt.

Gründe:

I. Der Kläger war als Arbeitspädagoge und Trainer bei der Beklagten beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis war befristet abgeschlossen worden, zuletzt durch Vereinbarung vom 5. Februar 2003 für die Zeit bis zum 31. März 2005.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. Juni 2006 unter Hinweis auf betriebsbedingte Gründe.

Mit der Klage vom 18. März 2005 hat der Kläger Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Zudem hat er im Hinblick auf etwaige weitere Kündigungen während des Klageverfahrens Feststellung verlangt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30. Juni 2005 hinaus fortbesteht. Für den Fall des Obsiegens mit der Kündigungsschutzklage hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung weiter zu beschäftigen. Für den Fall, dass der Kündigungsschutzklage und dem Feststellungsantrag nicht stattgegeben wird, hat er begehrt, die Beklagte zu verurteilen, nach einem zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat abgeschlossenen Sozialplan eine Abfindung in Höhe von EUR 9.000,00 an ihn zu zahlen.

Mit Klageerweiterung vom 21. April 2005 hat er vorsorglich Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristungsabrede vom 5. Februar 2003 zum 31. März 2005 beendet worden ist.

Der Rechtsstreit ist durch gerichtlichen Vergleich vom 7. Februar 2006 dahin erledigt worden, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 30. Juni 2005 beendet worden ist, die Beklagte an den Kläger eine Abfindung in Höhe von EUR 43.000,00 unter Anrechnung auf den Sozialplananspruch zahlt, die Beklagte eine Urlaubsbescheinigung erteilt, der Kläger Stillschweigen über den Inhalt der Vereinbarung wahrt und die Beklagte gegenüber den Ansprüchen des Klägers weder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann noch die Aufrechnung mit Gegenansprüchen erklären kann.

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für das Verfahren auf EUR 19.031,35 festgesetzt und dabei für die Kündigungsschutzklage drei Monatsbezüge in Ansatz gebracht. Den allgemeinen Feststellungsantrag hat es nicht streitwerterhöhend berücksichtigt mit dem Hinweis, ein anderer Beendigungstatbestand bis auf die gesondert zu bewertende Befristungsklage sei nicht streitig gewesen. Die Weiterbeschäftigungsklage sei mit einem Monatsbezug zu bewerten. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Abfindung nach dem Sozialplan sei nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen. Die Klage gegen die Befristung sei mit einem Monatsbezug zu bewerten, zumal der Kläger selbst vorgetragen habe, dass die Beklagte mündlich anerkannt habe, dass zum Kündigungszeitpunkt das Arbeitsverhältnis unbefristet bestanden habe.

Den Streitwert für den Vergleich hat es auf EUR 27.143,89 festgesetzt und dazu ausgeführt, der Mehrwert in Höhe von EUR 8.112,54 ergebe sich dadurch, dass Verpflichtungen auf Erteilung einer Urlaubsbescheinigung und auf Verschwiegenheit über den Inhalt des Vergleichs mitgeregelt worden seien sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und die Aufrechenbarkeit ausgeschlossen worden seien.

Gegen den am 18. April 2006 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers am 2. Mai 2006 Beschwerde eingelegt. Sie sind der Ansicht, der allgemeine Feststellungsantrag sei mit drei Monatsbezüge zu bewerten, da die Beklagte trotz Aufforderung nicht erklärt habe, weitere Beendigungstatbestände lägen nicht vor. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei mit zwei Monatsgehältern zu bemessen. Den hilfsweise geltend gemachten Abfindungsanspruch habe das Arbeitsgericht ebenfalls nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Schließlich sei die Befristungsklage mit drei Monatsbezügen in Ansatz zu bringen. Den Mehrwert für den Vergleich habe das Arbeitsgericht zutreffend bemessen.

Mit Beschluss vom 6. Juni 2007 hat das Arbeitsgerichts Köln entschieden, der Beschwerde nicht abzuhelfen. Am 20. September 2007 hat die zuständige Kammervorsitzende verfügt, die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht vorzulegen.

II. 1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist nach § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und auch binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses vom 24. März 2006 beim Arbeitsgericht Köln eingelegt worden (§ 33 Abs. 3 S. 3 RVG).

2. Die Beschwerde ist auch teilweise begründet.

a. Der Streitwert für das Verfahren wird auf EUR 35.643,89 festgesetzt.

aa. Sowohl die Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung vom 5. Februar 2003 nicht zum 31. März 2005 beendet worden ist, als auch die Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 25. Februar 2005 nicht zum 30. Juni 2005 beendet worden ist, sind jeweils mit drei Monatsbezügen nach § 42 Abs. 4 S. 1 GKG zu bemessen

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts, dass bei mehreren Beendigungstatbeständen (Befristungen, Kündigungen) der Wert der Klage, die den ersten Beendigungstatbestand betrifft, mit drei Monatsbezügen und der Wert der Klage, die den späteren Beendigungstatbestand betrifft, nach der Zeitdifferenz zwischen den Beendigungstatbeständen zu bemessen ist (vgl. dazu: LAG Köln, Beschlüsse vom 8. März 1989 - 5 Ta 3/89 -, 23. April 1999 - 10 Ta 69/99 -, 29. Dezember 2006 - 3 Ta 409/06 -; Wenzel in GK-ArbGG, § 12 Rdn. 261 m. w. N.).

Zwischen den Beendigungstatbeständen 31. März 2005 (Befristungsabrede) und 30. Juni 2005 (Kündigung) liegt eine Zeitdifferenz von drei Monaten.

bb. Zutreffend hat das Arbeitsgericht den allgemeinen Feststellungsantrag nicht streitwerterhöhend berücksichtigt.

Die fehlende Berücksichtigung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts. Danach ist der neben dem Kündigungsschutzantrag gestellte allgemeine Feststellungsantrag dann nicht gegenstandswerterhöhend, wenn die Parteien im Prozess keinen Streit über einen konkreten weiteren Beendigungstatbestand geführt haben (vgl. LAG Köln, Beschlüsse vom 29. Februar 2000 - 5 Ta 57/00 -, 28. Juli 2000 - 6 Ta 171/00 -, 29. Mai 2006 - 11(14) Ta 110/06 -; so auch: LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. August 2007 - 1 Ta 181/07 -).

cc. Der hilfsweise geltend gemachte Sozialplanabfindungsanspruch ist dagegen gesondert zu berücksichtigen. Nach § 45 Abs. 1 S. 2 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Wird der Rechtsstreit - wie hier - durch Vergleich erledigt, ist diese Regelung entsprechend anzuwenden (§ 45 Abs. 4 GKG). Der Anspruch auf Sozialplanabfindung unterfällt auch nicht der Regelung des § 42 Abs. 4 GKG, da ein solcher Anspruch gegenüber dem Kündigungsschutzverfahren einen eigenen Streitgegenstand hat (vgl. LAG Köln, Beschlüsse vom 16. September 2004 - 5 Ta 290/04 - und vom 12. Mai 2005 - 3 Ta 142/05 -; Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, § 12 Rdn. 193).

dd. Es entspricht der inzwischen ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts, den Gegenstandswert für die Klage auf Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits regelmäßig mit einem Monatsbezug zu bemessen. Eine Bewertung des Beschäftigungsantrag mit nur einem Monatsbezug entspricht der erheblich geringeren Bedeutung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs im Verhältnis zur Kündigungsschutzklage und berücksichtigt den Zweck der gesetzlichen Regelung in § 42 Abs. 4 GKG, die Kosten in Bestandsschutzstreitigkeiten begrenzt zu halten (LAG Köln, Beschlüsse vom 18. Dezember 2001 - 13 Ta 303/01 -, 27. April 2005 - 11 Ta 7/05 -, vom 13. Januar 2006 - 5 Ta 460/05 -).

Danach berechnet sich der Streitwert für das Verfahren wie folgt: 7 x EUR 3.806,27 = EUR 26.643,89 + EUR 9.000,00 = EUR 35.643,89.

b. Die Bemessung des Mehrwerts des Vergleichs mit EUR 8.112,54 ist nicht beanstandet worden, so dass der Streitwert für den Vergleich EUR 43.756,43 beträgt.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

Ende der Entscheidung

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