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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.02.2005
Aktenzeichen: 9 Ta 452/04
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 5 Abs. 1
1. Die Mittellosigkeit des Arbeitnehmers kommt als Hindernis für eine rechtzeitige Klageerhebung nicht in Betracht, da an die Klageerhebung nur geringe Anforderungen gestellt werden und die Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts zur Verfügung steht.

2. Der Arbeitnehmer und sein Prozessbevollmächtigter müssen die Wahrung der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG überwachen und können als Hinderungsgrund nicht geltend machen, sie hätten darauf vertraut, dass ihnen binnen der Klagefrist die Entscheidung über ein von dem Arbeitnehmer gestelltes Prozesskostenhilfegesuch zur Kenntnis gebracht werde und sie dann noch Zeit für eine Klageerhebung hätten.


Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 14. Oktober 2004 - 22 (21) Ca 4601/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage.

Er ist als Arbeitnehmer bei der Beklagten seit dem 1. Juni 2001 beschäftigt. Für die Beklagte sind in der Regel mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden tätig.

Mit Schreiben vom 31. März 2004, das dem Kläger an diesem Tag zugegangen ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. April 2004.

Mit einem am 7. April 2004 eingegangenen Schriftsatz beantragte der anwaltlich vertretene Kläger Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht Köln bewilligte durch Beschluss vom 8. April 2004 - 4 Ha 17/04 - dem Kläger Prozesskostenhilfe und ordnete ihm seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten bei. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 6. Mai 2004.

Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2004, eingegangen am 12. Mai 2004, hat der Kläger die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Köln eingereicht und zugleich nachträgliche Zulassung der Klage beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Klageeinreichung habe er davon abhängig gemacht, dass ihm Prozesskostenhilfe gewährt werde. Ihm sei verspätet mitgeteilt worden, dass Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei.

Durch Beschluss vom 14. Oktober 2004 hat das Arbeitsgericht Köln den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurückgewiesen mit der Begründung, der Kläger habe nicht unverschuldet die Klagefrist versäumt. Er habe nicht die Erhebung der Kündigungsschutzklage davon abhängig machen dürfen, ob ihm zuvor Prozesskostenhilfe bewilligt werde. Ein etwaiges Verschulden seines Prozessbevollmächtigten müsse er sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

Gegen den am 26. Oktober 2004 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit einem am 9. November 2004 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, er habe sich anwaltlicher Hilfe bedienen dürfen, zumal es sich um eine Klage gegen eine betriebsbedingte Kündigung handle. Die Arbeitgeberin lasse sich zudem regelmäßig durch Rechtsanwälte vertreten. Schon aus Kostengründen habe ihm nicht zugemutet werden können, vor der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch einen Rechtsanwalt mit der Klageerhebung zu beauftragen. Er habe nur deshalb die 3-Wochen-Klagefrist nicht gewahrt, weil das Arbeitsgericht Köln erst am 6. Mai 2004 den Beschluss vom 8. April 2004 zugestellt habe.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe nicht unverschuldet die 3-Wochen-Klagefrist versäumt. Er habe auf der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts Köln seine Klage aufgeben und damit ein Kostenrisiko vermeiden können. Im Übrigen hätte vor Ablauf der Klagefrist beim Arbeitsgericht Köln Auskunft darüber eingeholt werden können, ob Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei. Es sei allgemein bekannt, dass die Kanzlei des Arbeitsgerichts überlastet sei.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung über die statthafte (§ 5 Abs. 4 S. 2 KSchG) und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung (§ 78 S. 1 ArbGG, §§ 572 Abs. 4, 128 Abs. 4 ZPO) ergehen und wird vom Vorsitzenden allein getroffen (§ 78 S. 3 ArbGG).

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

§ 5 Abs. 1 KSchG setzt voraus, dass ein Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert ist, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben.

Ein ausreichender Zulassungsgrund ist nicht gegeben.

Die Mittellosigkeit des Klägers kommt als Hindernis für eine rechtzeitige Klageerhebung nicht in Betracht. An die Klageerhebung beim Arbeitsgericht werden nur geringe Anforderungen gestellt. Die Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts steht offen. Der klagende Arbeitnehmer hat keinen Gebührenvorschuss zu entrichten (vgl. LAG Köln, LAGE Nr. 34 zu § 4 KSchG, LAG Nürnberg, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - 7 Ta 174/03 - m.w.N.; KR-Friedrich, 6. Aufl., § 5 KSchG Rdn. 28). Angesichts dessen hätte der Kläger bei Wahrung zumutbarer Sorgfalt selbst rechtzeitig Klage erheben können, wenn er wegen seiner Mittellosigkeit einen Rechtsanwalt nur bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe beauftragen wollte.

Soweit der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter geltend machen, sie hätten darauf vertraut, dass binnen der Klagefrist die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch ihnen zur Kenntnis gebracht werde und sie dann noch Zeit für die Klageerhebung hätten, ist ebenfalls ein Zulassungsgrund nicht gegeben. Sie mussten auf jeden Fall die Wahrung der 3-Wochen-Klagefrist überwachen. Es war aus vielfachen Gründen möglich, dass binnen der Klagefrist keine Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch zuging. Die Entscheidung konnte noch nicht ergangen sein, zumal nach § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO vor der Bewilligung regelmäßig dem Gegner zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Zudem konnte es - wie im vorliegenden Fall - zu Verzögerungen bei der Ausfertigung der Entscheidung und deren Übermittlung kommen.

Sollten der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter davon ausgegangen sein, die Kündigungsschutzklage könne bei verspäteter Bekanntgabe des Bewilligungsbeschlusses nachträglich zugelassen werden, so rechtfertigt dies ebenfalls nicht die nachträgliche Zulassung. Darin läge ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten, der sich über die Rechtslage hätte unterrichten müssen. Dieses Verschulden müsste sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

Nach alledem ist die Beschwerde mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein gesetzlich begründeter Anlass (§§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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