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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.02.2005
Aktenzeichen: 9 Ta 56/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117
Erkennt die beklagte Partei den Klageanspruch an und erlässt sodann das Arbeitsgericht auf Antrag der klagenden Partei noch vor dem Gütetermin ein Anerkenntnisurteil, so ist ein danach gestellter Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe auch dann zurückzuweisen, wenn die klagende Partei die verspätete Einreichung des Antrags und der Prozesskostenhilfeunterlagen nicht verschuldet hat und sie bei der Klageerhebung nicht mit einem Abschluss des Verfahrens bereits vor dem Gütetermin gerechnet hatte.
Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 6. Januar 2005 - 6 Ca 4795/04 G - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der anwaltlich vertretene Kläger reichte am 17. Dezember 2004 die auf den 13. Dezember 2004 datierte Klage auf Zahlung von rückständigem Lohn für die Monate Juni 2004 bis September 2004 beim Arbeitsgericht Siegburg ein. In der Klageschrift beantragte der Kläger, bei Anerkenntnis durch die Beklagte ein Anerkenntnisurteil ohne mündliche Verhandlung zu erlassen.

Noch vor dem auf den 5. Januar 2005 anberaumten Gütetermin erkannte die Beklagte die Klageforderung an und regte an, entsprechend dem klägerischen Antrag Anerkenntnisurteil ohne mündliche Verhandlung zu erlassen und den Termin aufzuheben.

Am 4. Januar 2005 erließ das Arbeitsgericht Siegburg entsprechend dem Klageantrag Anerkenntnisurteil und hob den Gütetermin auf.

Mit einem am 5. Januar 2005 beim Arbeitsgericht Siegburg per Telefax eingegangenen Schriftsatz wiederholte der Kläger seinen Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ohne mündliche Verhandlung und beantragte zugleich Prozesskostenhilfe. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse samt Belegen ist am 10. Januar 2005 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangen.

Durch Beschluss vom 6. Januar 2005 wies das Arbeitsgericht Siegburg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurück, der Antrag sei erst nach Abschluss der Instanz bei Gericht eingegangen. Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe könne nicht mehr in Betracht kommen. Der Beschluss ist dem Kläger zusammen mit der Ausfertigung des Anerkenntnisurteils am 7. Januar 2005 zugestellt worden.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 21. Januar 2005 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er trägt vor, er sei vor Weihnachten nicht mehr in der Lage gewesen, die für das Prozesskostenhilfegesuch erforderlichen Unterlagen zusammenzustellen. Ab Weihachten bis zum 3. Januar 2005 sei die Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten geschlossen gewesen. Am 4. Januar 2005 habe er die Unterlagen seinem Prozessbevollmächtigten übergeben, der sie dann an das Gericht weitergeleitet habe. Es sei für ihn nicht abzusehen gewesen, dass der Beklagte die Klageforderung anerkenne, zumal ein vorgerichtliches Aufforderungsschreiben unbeantwortet geblieben sei. Unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens der §§ 66 ff. SGB I sei Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die nach §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 569 ZPO statthafte und zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zu Recht von dem Arbeitsgericht Siegburg zurückgewiesen worden.

Prozesskostenhilfe kann grundsätzlich nicht mehr bewilligt werden, wenn das Verfahren abgeschlossen ist. Denn Prozesskostenhilfe wird nach § 114 ZPO für eine "beabsichtigte" Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gewährt, die Aussicht auf Erfolg bieten muss.

Rückwirkend kann Prozesskostenhilfe von dem Gericht frühestens ab dem Zeitpunkt bewilligt werden, in dem ihm der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe samt der erforderlichen Erklärungen und Unterlagen vorlag (vgl. Thomas-Putzo-Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 119 Rdn. 2 m.w.N.). Werden die Unterlagen erst nach einem vor Abschluss der Instanz eingegangenen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereicht, so kann ausnahmsweise eine auf den Zeitpunkt des Antragseingangs rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugelassen werden, wenn der Antragsteller vor Abschluss der Instanz das für die Bewilligung Erforderliche und Zumutbare getan hatte (vgl. BAG, Beschluss vom 2. Dezember 2004 - 3 AZB 14/04 - ).

Da sowohl der Antrag als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse samt Belegen bei dem Arbeitsgericht Siegburg erst eingegangen sind, nachdem das Anerkenntnisurteil erlassen worden war, mithin eine rückwirkende Bewilligung nur auf einen nach Abschluss des Verfahrens liegenden Zeitpunkt erfolgen könnte (10. Januar 2005), scheidet eine Prozesskostenhilfegewährung aus.

Die Verpflichtung, den Antrag samt der Erklärung und den Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor Instanz- oder Verfahrensende einzureichen, ist eine Obliegenheit des Antragstellers. Er hat die Bewilligungsvoraussetzungen rechtzeitig zu schaffen, so dass Billigkeitsgesichtspunkte keine Rolle spielen können. Aus dem Grund ist es auch unbeachtlich, ob der Antragsteller die verspätete Einreichung des Antrags und der Prozesskostenhilfeunterlagen verschuldet hat (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 8. November 2001 - 4 Ta 708/01 - und vom 19. Februar 2003 - 18 Ta 58/03 -; juris).

Danach ist es unerheblich, ob der Kläger mit einem Abschluss des Verfahrens vor dem auf den 5. Januar 2005 anberaumten Gütetermin rechnete. Allerdings ist anzumerken, dass er ausdrücklich in der Klageschrift beantragt hatte, bei einem Anerkenntnis der Beklagten ohne mündliche Verhandlung Anerkenntnisurteil zu erlassen. Dem ist der nach § 55 Abs. 1 Ziff. 3 ArbGG zuständige Kammervorsitzende zulässigerweise ohne mündliche Verhandlung (§ 55 Abs. 2 S. 1 ArbGG) gefolgt, nachdem die Beklagte schriftsätzlich das Anerkenntnis erklärt hatte (vgl. Schwab-Weth-Berscheid, ArbGG, § 55 Rdn. 23).

Über die Kosten der Beschwerde ist nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu entscheiden. Die Gerichtskosten trägt der Kläger, ohne dass es eines Ausspruchs bedarf (vgl. Thomas-Putzo-Reichold, a.a.O., § 127 Rdn. 11).

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

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