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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 16.11.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 249/05
Rechtsgebiete: BGB, BetrAVG


Vorschriften:

BGB § 242
BetrAVG § 2
BetrAVG § 16
1. Ein Arbeitgeber verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn er bei 13 von insgesamt 171 Arbeitnehmern nachträglich eine Abfindung aus einem Sozialplan erhöht, weil diese Arbeitnehmer im Gegensatz zu den anderen von dem Recht Gebrauch gemacht haben, die Abfindung in Raten statt eines Einmalbetrags in Anspruch zu nehmen.

2. Ein Anspruch auf Dynamisierung einer Rentenanwartschaft nach Ausscheiden des Arbeitnehmers besteht nur, wenn eine derartige Verpflichtung des Arbeitgebers ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart wurde.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 249/05

Verkündet am: 16.11.2005

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Moeller sowie die ehrenamtlichen Richter Reinhard Höfl und Jürgen Heinrich für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12.01.2005 (Az.: 16 Ca 1036/04) wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Parteien besteht Streit über die Erhöhung einer der Klägerin bereits bezahlten Abfindung sowie die Erhöhung einer Betriebsrentenanwartschaft der Klägerin.

Die 1948 geborene Klägerin war vom 17.08.1964 bis 31.12.2001 bei der Beklagten, einer Versicherungsgesellschaft, als Sachbearbeiterin (Tarifkreis) beschäftigt. Die Klägerin erzielte dabei zuletzt ein monatliches Gehalt von ca. DM 6.000,00.

Die Beklagte hat zum 31.03.2003 ihren Geschäftsbetrieb mit bisher etwa 400 Arbeitnehmern stillgelegt und beschäftigt seitdem keine Arbeitnehmer mehr. Aus diesem Anlass schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat am 05.01.2001 eine Betriebsvereinbarung "Neuordnung - Sozialplan" (Bl. 44 bis 64 d. A.). In dem Sozialplan wird u. a. bei Leistungen an Mitarbeiter ab Vollendung des 53. Lebensjahres und mindestens 15 Jahre Betriebszugehörigkeit und den Mitarbeitern, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, unterschieden (Ziffer 3.2.2). Für die älteren Mitarbeiter bestand u. a. ein Wahlrecht, ob sie die Abfindungszahlungen als Einmalbetrag oder in monatlichen Teilbeträgen in Anspruch nehmen. Die Klägerin hatte sich für eine Einmalzahlung entschieden und schied zum 31.12.2001 gegen Zahlung einer Abfindung von EUR 413.133,00 brutto aus.

Der Klägerin war eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, der die Bestimmungen für die Gewährung von Leistungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung durch die Versicherung AG zugrunde lagen (Auszug Bl. 19 bis 20 d. A.). Durch Hausmitteilung vom 16.08.2000 (Bl. 21 d. A.) teilte die Beklagte zuletzt mit, dass die Anwartschaften der aktiven Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tarifkreis um ca. weitere 3 % erhöht werden.

Die Klägerin ist mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft bei der Beklagten ausgeschieden, deren Höhe die Fa. AG mit Schreiben vom 26.02.2002 (Bl. 23 bis 24 d. A.) mit EUR 453,52 monatlich bekannt gab.

Mit Schreiben vom September 2002 (Bl. 22 d. A.) teilte die Fa. im Auftrag der Beklagten einer - zwischen den Parteien streitigen - Anzahl von Mitarbeitern mit, dass sie gem. § 16 BetrAVG eine turnusmäßige Anpassungsprüfung durchgeführt habe und sie als Ergebnis diesen Mitarbeitern mitteilen könne, dass deren künftige laufenden monatlichen Pensionsbezüge um 5,4 % angehoben würden.

In einem Schreiben vom 16.10.2003 (Bl. 65 d. A.) wandte sich die Fa. an die Klägerin und teilte dieser u. a. folgendes mit:

Der in unserem Schreiben vom 26.02.2002 gegebene Hinweis, nachdem der Ihnen genannte Betrag an den allgemeinen Pensionsanpassungen teilnimmt, die für aktive Mitarbeiter stattfinden, ist zu unserem Bedauern versehentlich aufgenommen worden.

Dieser Hinweis ist jedoch auch sachlich in soweit ohne Bedeutung, da die AG keine aktiven Mitarbeiter mehr beschäftigt und somit eine Anpassung für diesen Personenkreis nicht mehr erfolgen kann.

Aus den genannten Gründen bitten wir Sie, diesen Passus als gegenstandslos anzusehen.

Wir bedauern Ihnen dies mitteilen zu müssen und bitten für unser Versehen um Verständnis.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.11.2003 (Bl. 15 bis 17 d. A.) hat die Klägerin von der Beklagten sowohl eine Anpassung ihrer Versorgungsanwartschaft um 5,4 % als auch eine Erhöhung der Abfindung gefordert. Dies hat die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.01.2004 (Bl. 18 d. A.) abgelehnt.

Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe ein Anspruch auf Erhöhung ihrer Abfindung zu. Denn die Beklagte habe Mitarbeitern, die sich für die Auszahlung der Abfindung in Monatsraten entschieden haben eine um 5,4 % erhöhte Abfindung bezahlt. Dabei habe es sich um 4 Mitarbeiter des oberen Führungskreises, Herrn G. aus dem mittleren Führungskreis, Herrn B. aus dem Tarifkreis und Herrn G. gehandelt. Wenn die Beklagte die Klägerin von einer derartigen Erhöhung ausnehme, verstoße dies gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es liege keine Begünstigung eines kleinen Kreises vor. Ein Zinsnachteil bei einer Ratenzahlung der Abfindung habe bei der Erhöhung der Zahlung keine Rolle gespielt. Dies könne auch keinen Differenzierungsgrund darstellen, zumal die davon betroffenen Mitarbeiter erhebliche Steuervorteile genossen hätten. Der Klägerin stehe außerdem eine Erhöhung ihrer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft zu. Denn die Beklagte habe die Versorgungsanwartschaft auch in der Vergangenheit sowohl für Rentner wie für aktive Mitarbeiter angepasst und überprüft. Dies ergebe sich auch aus ihrem Schreiben vom 16.08.2000. Ebenso habe sie zum 01.09.2002 erneut eine turnusgemäße Anpassung vorgenommen und demgemäß die Anwartschaften um 5,4 % erhöht. Dies habe sich auch auf die ehemaligen Mitarbeiter bezogen. Denn die Erhöhung sei den gleichen Arbeitnehmern zugekommen, die auch eine erhöhte Abfindung erhalten haben.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 22.309,18 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Zinssatz seit dem 01.09.2002 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Betriebsrentenanwartschaft der Klägerin rückwirkend zum 01.09.2002 um 5,4 % zu erhöhen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Betriebsrente der Klägerin an zukünftigen turnusmäßigen Erhöhungen teilnehmen zu lassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Sie hat vorgetragen, dadurch, dass einige wenige Arbeitnehmer eine erhöhte Abfindung erhalten hätten, liege schon keine Ungleichbehandlung vor. Eine Besserstellung weniger Arbeitnehmer sei nicht verboten. Insgesamt habe es sich um 13 Arbeitnehmer von 171 gehandelt, die die ratierliche Auszahlung gewählt hätten. Im Übrigen habe der Grund für die erhöhte Zahlung darin gelegen, dass einige wenige Arbeitnehmer, die eine Ratenzahlung gewünscht haben, einen Zinsnachteil erlitten hätten. Steuervorteile seien dagegen unerheblich. Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Erhöhung ihrer Versorgungsanwartschaft zu. Eine solche ergebe sich weder aus den Richtlinien der Beklagten noch dem Schreiben vom 16.08.2000. Auch dem Schreiben der Fa. Siemens vom 26.02.2002 lasse sich kein Anspruch entnehmen. Die Beklagte habe bereits zum 01.09.2002 keine aktiven Mitarbeiter mehr beschäftigt. Im Übrigen habe die Firma Siemens mit Schreiben vom 16.10.2003 die Sachlage richtig gestellt.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 12.01.2005 die Klage abgewiesen. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 28.02.2005 zugestellte Urteil hat diese mit einem 07.03.2005 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und ihr Rechtsmittel durch einen am 17.03.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie trägt vor, ein Anspruch auf Erhöhung der Abfindung ergebe sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der von der Beklagten geltend gemachte Zinsnachteil für die Arbeitnehmer, die die erhöhte Zahlung erhalten haben, stelle eine bloße Behauptung dar. Auch die verweigerte Erhöhung der Versorgungsanwartschaft verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein Zinsnachteil könne hier gar keine Rolle spielen. Ein Irrtum der Beklagten liege nicht vor.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 22.309,18 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem jeweiligen Monatsersten zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Betriebsrentenanwartschaft der Klägerin rückwirkend zum 01.09.2002 um 5,4 % zu erhöhen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, zum Ausgleich eines Zinsnachteils habe sich die Beklagte Anfang 2002 entschlossen, den Arbeitnehmern, die sich für eine Abfindung in Raten entschiedene haben, einen pauschalen Ausgleich zu bezahlen. Dies sei nicht zu beanstanden. Ein Anspruch auf Erhöhung der Versorgungsanwartschaft bestehe für die Klägerin ebenfalls nicht. Einer Erhöhung dieser Leistungen für eine kleine Zahl von Mitarbeitern liege schon keine Entscheidung der Beklagten zugrunde.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 16.03.2005 (Bl. 128 bis 131 d. A.), der Beklagten vom 20.04.2005 (Bl. 139 bis 144 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 27.07.2005 (Bl. 151 bis 152 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Bezahlung eines Betrages i.H.v. EUR 22.309,18 als erhöhte Abfindung noch ein Anspruch auf Erhöhung ihrer Betriebsrentenanwartschaft um 5,4 % zu. Für derartige Ansprüche fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Dies hat das Arbeitsgericht richtig entschieden.

1. Ohne darauf näher einzugehen, hat das Arbeitsgericht dabei im Ergebnis zu Recht den auch in der Berufungsinstanz weiter verfolgten Feststellungsantrag der Klägerin allerdings nicht bereits als unzulässig angesehen. Denn für diesen Antrag sind die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt.

a) Bereits mit Entstehen einer Versorgungsanwartschaft wird ein betriebsrentenrechtliches Rechtsverhältnis begründet (vgl. BAG vom 28.07.1998 - AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG "Überversorgung"). Ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung eines derartigen Rechtsverhältnisses ist auch vor Eintritt des Versorgungsfalls in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BAG vom 09.11.1999 - AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG "Beamtenversorgung"; BAG vom 27.01.1998 - AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG "Unterstützungskasse"; BAG vom 25.04.1995 - AP Nr. 25 zu § 1 BetrAVG "Gleichbehandlung"). Der Arbeitnehmer kann nicht darauf verwiesen werden, erst nach Eintritt des Versorgungsfalles einen zeitraubenden Prozess gegen den Arbeitgeber über Inhalt und Umfang seiner Versorgungsrechte führen zu müssen. Für die Versorgungsberechtigten ist es wichtig, dass Meinungsverschiedenheiten über Bestand und Ausgestaltung von Versorgungsrechten möglichst vor Eintritt des Versorgungsfalles geklärt werden. Hiervon hängt es ab, in welchem Umfang Versorgungslücken entstehen. Auch ältere Arbeitnehmer können noch für ihren Ruhestand Vorsorge treffen. Sie können zumindest durch ihr Spar- und Konsumverhalten bestehenden Versorgungslücken Rechnung tragen (vgl. BAG vom 18.09.2001 - AP Nr. 230 zu § 613 a BGB; BAG vom 07.03.1995 - AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG "Gleichbehandlung").

b) Die Einzelheiten der von der Beklagten zukünftig zu erbringenden Leistungen müssen dabei noch nicht einmal feststehen (vgl. BAG vom 26.07.2001 - AP Nr. 63 zu § 256 ZPO 1977; BAG vom 20.03.2001 - AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG "Beamtenversorgung"; BAG vom 18.03.1997 - AP Nr. 8 zu § 17 BErzGG). Es genügt, wenn wie hier Klarheit geschaffen wird, welche Versorgung einmal später der Klägerin zu erbringen ist (vgl. BAG vom 17.10.2000 - AP Nr. 56 zu § 1 BetrAVG "Zusatzversorgungskassen"; BAG vom 27.01.1998 - AP Nr. 45 zu § 1 BetrAVG "Zusatzversorgungskassen"). Dies ist hier der Fall. Die Grundlage der Berechnung einer späteren Altersversorgung der Klägerin sind den Parteien bekannt und zwischen ihnen unstreitig. Mit der durch einen Feststellungsantrag bestimmten Größe würde ein der Klägerin zustehender Anspruch endgültig festgelegt.

2. Die Klage ist unbegründet.

a) Für einen Anspruch der Klägerin auf Bezahlung von EUR 22.309,18 als erhöhte Abfindung fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

aa) Darauf besteht weder ein vertraglicher Anspruch noch lässt sich dieser aus dem Sozialplan herleiten. Vielmehr steht der Klägerin nach dessen Bestimmungen unstreitig eine Abfindung i.H.v. EUR 413.133,00 zu, die die Beklagte auch bezahlt und damit den Anspruch erfüllt hat (§ 362 Abs. 1 BGB).

bb) Ein erhöhter Abfindungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Wie bereits die 8. Kammer (Urteil vom 11.05.2005 - 8 Sa 21/05), 4. Kammer (Urteile vom 12.05.2005 - 4 Sa 57 und 58/05), 7. Kammer (Urteil vom 29.06.2005 - 7 Sa 121/05) und 9. Kammer (Urteil vom 14.09.2005 - 9 Sa 437/05) entschieden haben, ist auch nach Überzeugung der erkennenden Kammer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt.

(1) Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer und Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. In jedem Fall setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer voraus (vgl. BAG vom 29.09.2004 - AP Nr. 192 zu § 242 BGB "Gleichbehandlung"; BAG vom 13.02.2002 - AP Nr. 184 zu § 242 BGB "Gleichbehandlung"). Eine Gruppenbildung muss dann sachlichen Kriterien entsprechen. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Liegt ein sachlicher Grund nicht vor, so kann der übergangene Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden (vgl. BAG vom 15.11.1994 - AP Nr. 121 zu § 242 BGB "Gleichbehandlung").

(2) Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

(a) Denn es fehlt bereits daran, dass die Beklagte bei Zahlung der erhöhten Abfindungen an eine Anzahl von Mitarbeitern nach einem bestimmten generalisierenden Prinzip verfahren ist. Erbringt der Arbeitgeber Leistungen an bestimmte Mitarbeiter, ohne dass diesen eine bestimmte Verpflichtung zugrunde liegt, stellt dieser Umstand allein noch keine Aufstellung eines generalisierenden Prinzips oder einer abstrakten Regelung dar. Einzelfälle können keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen (vgl. BAG vom 17.05.2001 - AP Nr. 85 zu §§ 22, 23 BAT "Lehrer"; LAG Hamm MDR 1999, 1449). Der Umstand der tatsächlichen Gewährung von Leistungen an Mitarbeiter verpflichtet den Arbeitgeber auch nicht, derartige abstrakte Regelungen aufzustellen (vgl. BAG vom 15.11.1994 - AP Nr. 121 zu § 242 BGB "Gleichbehandlung").

(b) Auch die beabsichtigte Begünstigung von einzelnen Arbeitnehmern erklaubt noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Erfolgt die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen. Es fehlt der notwendige kollektive Bezug als Anknüpfungspunkt dafür, einer Ungleichbehandlung entgegenzuwirken. Denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage befindlicher Arbeitnehmer, er verhindert jedoch nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer (vgl. BAG vom 29.09.2004 - AP Nr. 192 a. a. O.; BAG vom 13.02.2002 - AP Nr. 184 a. a. O.; BAG vom 19.06.2001 - 3 AZR 557/00).

(3) Danach liegt keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vor.

(a) Wenn - wie die Klägerin offenbar geltend machen will - die Beklagte ohne Grund allenfalls 13 von 171 möglichen Arbeitnehmern eine um 5,4 % höhere Abfindung zukommen hat lassen, fehlt es schon an einer Gruppenbildung. Dies würde einen außerordentlich kleinen Kreis von Mitarbeitern darstellen, der über die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer nicht hinausgeht. Die Bevorzugung dieser Mitarbeiter führt nicht zu einem Anspruch auf Gleichbehandlung der übrigen Mitarbeiter (vgl. BAG vom 13.02.2002 - AP Nr. 181 a. a. O.)

(b) Wird dagegen davon ausgegangen, die Beklagte habe eine Gruppenbildung vorgenommen, liegt auch danach keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vor.

(aa) Vergütet ein Arbeitgeber Arbeitnehmer mit ähnlicher Tätigkeit unterschiedlich, hat der Arbeitgeber darzulegen, wie groß der begünstigte Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazu gehört. Der Arbeitnehmer hat dann darzulegen, dass er die vom Arbeitgeber vorgegebenen Voraussetzungen erfüllt (vgl. BAG vom 29.09.2004 - AP Nr. 192 a. a. O.; BAG vom 18.02.2003 - AP Nr. 53 zu § 16 BetrAVG).

(bb) Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, dass die 13 ehemaligen Arbeitnehmer, bei denen eine Anhebung der Abfindung um 5,4 % erfolgt ist, alles ältere Mitarbeiter gemäß der Ziffern 3.2.2 und 5.2 der Betriebsvereinbarung "Neuordnung - Sozialplan" waren, die nach den dort vorgesehenen Regelungen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und die Abfindung in monatlichen Raten bezogen haben. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dass durch die Erhöhung der Abfindung ein dem Arbeitnehmer entstehender Zinsnachteil und der Beklagten entstandener Zinsvorteil ausgeglichen werden sollte. Mag die Klägerin auch derartige Gründe bestreiten, ist eine von der Beklagten nach diesen Überlegungen vorgenommene Gruppenbildung nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat damit eine ihrer Auffassung nach zutreffende Entscheidung getroffen, die nicht unsachlich erscheit, die die Klägerin hinzunehmen hat. Auch von dem Gericht ist sie nicht zu überprüfen (vgl. BAG vom 20.11.1996 - AP Nr. 31 zu § 1 BetrAVG "Gleichbehandlung"). Willkürlich ist diese Entscheidung der Beklagten nicht, so dass eine Unterscheidung durchaus gerechtfertigt ist. Ein Anspruch der Klägerin auf die Bezahlung von EUR 22.309,18 besteht daher nicht.

b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Erhöhung ihrer Betriebsrentenanwartschaft zum 01.09.2002 zu. Auch für einen derartigen Anspruch fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

aa) Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus den "Richtlinien der Versicherung AG zu Alters- und Hinterbliebenenversorgung" noch aus § 16 BetrAVG, wonach der Arbeitgeber im Turnus von 3 Jahren eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und gegebenenfalls nach billigem Ermessen anzuheben hat. Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Betriebsrentenanwartschaften.

bb) Mit der Klägerin kann auch davon ausgegangen werden, dass die Beklagte in der Vergangenheit nicht nur laufende Rentenleistungen gem. § 16 BetrAVG sondern auch die Rentenanwartschaften der aktiven Mitarbeiter alle 3 Jahre überprüft und angepasst hat, wie sich auch aus dem Schreiben vom 16.08.2000 (Bl. 21 d. A.) ergibt. Danach kann die zum 31.12.2001 ausgeschiedene Klägerin jedoch keinen Anspruch für die Zeit ab 01.09.2002 herleiten.

(1) Denn eine Anpassungsverpflichtung der Beklagten für aktive Mitarbeiter wäre zum 31.12.2001 beendet worden. Aus der gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG folgt, dass eine derartige Verpflichtung auf die Zeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses beschränkt ist. Diese Vorschrift trägt dem Prinzip Rechnung, dass eine volle Betriebsrente nur für die rechtlich mögliche Gesamtdauer der Beschäftigung bezahlt wird (vgl. LAG Köln NZA-RR 1998, 419). Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalles ist wegen der geringeren Gegenleistung daher das Ruhegehalt zu kürzen (vgl. BAG vom 12.03.1985 - AP Nr. 9 zu § 2 BetrAVG; LAG Hamm NZA-RR 1998, 370 m. w. N.).

(2) Zwar kann von den Regelungen des § 2 Abs. 1 BetrAVG zu Gunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden und der Arbeitgeber auf eine Beschränkung des Bezugs der Leistung auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses auch verzichten. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Weil die gesetzliche Regelung die Zusage einer Versorgungsleistung des Arbeitgebers bezogen auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses als selbstverständlich ansieht, muss vielmehr eine davon abweichende vertragliche Regelung deutlich und klar zum Ausdruck kommen (vgl. BAG vom 04.10.1994 - AP Nr. 22 zu § 2 BetrAVG; Blomeyer/Otto BetrAVG 3. Aufl. § 2 Rn. 25). Liegt eine solche abweichende Regelung nicht vor, hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf die den Bestand seines Arbeitsverhältnisses entsprechende Leistung (vgl. BAG vom 29.07.1997 - AP Nr. 24 zu § 6 BetrAVG). Eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien, dass eine Anpassung - noch dazu um 5,4 % - auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt, ist nicht getroffen worden.

cc) Ein Anspruch auf Erhöhung der Versorgungsanwartschaft folgt auch hier nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

(1) Wie die 7. Kammer des LAG München in ihrer Entscheidung vom 29.06.2005 ausgeführt hat, spricht bereits viel dafür, dass das Schreiben der Firma Siemens vom September 2002 (Bl. 22 d. A.) an die Mitarbeiter, die die Abfindung in Raten in Anspruch genommen haben, auf dem Irrtum beruhte, dass die Adressaten des Schreibens aufgrund der laufenden Zahlungen als weiterhin aktive Mitarbeiter angesehen wurden und die Firma Siemens daher davon ausging, zu einer Anpassung verpflichtet zu sein. Dann wäre ein Anspruch der Klägerin aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz schon deshalb zweifelhaft, weil dann die Beklagte mit der Anpassung Ansprüche aufgrund anderer Rechtsvorschriften erfüllen wollte, die offensichtlich nicht bestanden. Damit würde es an der für den Gleichbehandlungsgrundsatz erforderlichen Aufstellung einer eigenen abstrakten Ordnung ebenso fehlen (vgl. BAG vom 04.04.2000 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG "Gleichbehandlung"; BAG vom 17.04.1996 - AP Nr. 101 zu § 112 BetrVG 1972) wie eine Gleichbehandlung im Irrtum ausgeschlossen ist (vgl. BAG vom 18.08.1999 - 4 AZR 373/98; BAG vom 26.11.1998 - 6 AZR 335/97).

(2) Jedenfalls ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Erhöhung der Rentenanwartschaft um 5,4 % aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus den oben dargestellten Gründen in gleicher Weise wie hinsichtlich des Anspruchs auf Erhöhung der Abfindung. Es fehlt bereits an einer Gruppenbildung. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, wäre eine Bevorzugung der Mitarbeiter, die die Abfindung in Raten in Anspruch genommen haben, auch hinsichtlich der Anpassung der Rentenanwartschaft nicht zu beanstanden.

III.

Die Berufung der Klägerin war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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