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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 704/05
Rechtsgebiete: BUrlG, BGB, InsO


Vorschriften:

BUrlG § 7 Abs. 4
BGB § 242
InsO § 55
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 704/05

Verkündet am: 18. Januar 2006

In dem Rechtsstreit

hat die zehnte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Moeller sowie die ehrenamtlichen Richter Stocker und Hinzmann für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 31.05.2005 (Az.: 21 Ca 4171/04) wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Bezahlung eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung, den die Klägerin für das Jahr 2002 von dem Beklagten verlangt.

Die 1961 geborene Klägerin war seit 01.02.1990 bei der Fa. F.D. GmbH als technische Graphikerin beschäftigt. Sie erzielte dabei zuletzt ein monatliches Bruttogehalt von ca. € 4.418,--.

Zwischen dem Betriebsrat der Fa. F.D. GmbH und dieser wurde am 12.12.2001 eine Betriebsvereinbarung "Betriebskalender 2002" (Bl. 51 bis 53 d. A.) geschlossen, in der festgelegt wurde, dass an bestimmten Brückentagen überwiegend nicht gearbeitet werde und wie ein Ausgleich dieser Tage erfolgt. In der Betriebsvereinbarung heißt es dabei unter Ziff. 3.:

3. Ausgleich

...

Für Mitarbeiter, die nicht an der Zeiterfassung teilnehmen, gelten die Brückentage im Jahr 2002 als eingearbeitet. Bei Übertragung von Resturlaub über den 31.03.02 hinaus werden bei Mitarbeitern, die nicht an der Zeiterfassung teilnehmen, zunächst sämtliche Brückentage des laufenden Jahres vom Resturlaub abgezogen.

...

Am gleichen Tag haben die Betriebsparteien eine weitere Betriebsvereinbarung "Resturlaub 2001" (Bl. 75 bis 76 d. A.) geschlossen, in der u. a. folgende Regelungen enthalten sind:

2. Gewährung

Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.

Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 BUrlG).

Diese Übertragung gilt für das Jahr 2002 bereits als vereinbart.

3. Übertragung von Resturlaub 2001

Im Fall dringender betrieblicher Erfordernisse kann nach Beantragung durch den Vorgesetzten - abweichend von der Regelung unter Pkt. 2 -Resturlaub 2001 über den 31.03.2002 hinaus bis zum 31.08.2002 übertragen werden. Die Beantragung erfolgt bei der Personalabteilung.

Eine Übertragung des Urlaubsanspruchs über den 31.03.2002 hinaus kann jedoch nur erfolgen, wenn es bis zu diesem Stichtag betrieblich nicht möglich war, diesen Resturlaub abzubauen.

...

Über das Vermögen der Fa. F.D. GmbH wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Weilheim am 01.07.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 30.09.2002. Nach einer Erklärung der Klägerin vom 01.07.2002 (Bl. 4 d. A.) nahm diese in der Zeit vom 01.07. bis 30.09.2002 an einer Sozialplanmaßnahme teil, während der die wöchentliche individuelle Arbeitszeit 30,5 Stunden und das Bruttoarbeitsentgelt € 3.535,-- monatlich betrug.

Mit Schreiben vom 19.07.2002 (Bl. 55 bis 56 d. A.) ließ der Beklagte der Klägerin mitteilen, dass die individuellen Ansprüche, die zur Insolvenztabelle angemeldet werden müssen, durch die Personalabteilung und den Betriebsrat ermittelt würden und das Ergebnis der Klägerin mitgeteilt werde.

Mit Schreiben vom 05.08.2005 (Bl. 57 d. A.) teilte die Gemeinschuldnerin der Klägerin mit, dass sie die Forderungen der Klägerin gesammelt habe und sie gebeten, diese nach Überprüfung und Unterzeichnung zurückzusenden.

In der für die Klägerin vorformulierten und von ihr am 14.08.2002 unterzeichneten Forderungsanmeldung (Bl. 8 bis 10 d. A.) machte sie insgesamt eine Forderung in Höhe von € 8.575,36 geltend, von der € 6.058,26 auf "Resturlaub lfd. Jahr" entfielen.

Mit Schreiben vom 23.08.2002 (Bl. 58 bis 59 d. A.) ließ der Beklagte mitteilen, dass mit dem Betriebsrat vereinbart und umgesetzt sei, dass alle Forderungen der Arbeitnehmer, die bekannt seien, auch zur Insolvenztabelle angemeldet worden seien.

Im Prüfungstermin vom 15.10.2002 wurde eine Forderung der Klägerin in Höhe von € 2.528,37 zur Insolvenztabelle festgestellt und der Rest vom Verwalter bestritten. In dem für die Klägerin beglaubigten Tabellenauszug des Amtsgerichts Weilheim vom 15.10.2002 (Bl. 53 bis 54 d. A.) heißt es dabei:

Urlaub von Mitarbeitern, die über den 30.06.02 hinaus aktiv waren, kann nicht zur Tabelle angemeldet werden.

...

Hinweise für Gläubiger bestrittener Insolvenzforderungen

Eine Feststellung Ihrer angemeldeten Forderung erfolgte nicht, weil sie von der/dem im Tabellenauszug Genannten bestritten worden ist.

Ohne Forderungsfeststellung ist jedoch eine Berücksichtigung Ihrer Ansprüche im Insolvenzverfahren nicht möglich.

Um eine nachträgliche Anerkennung Ihrer bestrittenen Forderung zu erreichen, bleibt es Ihnen überlassen, die Feststellung gegen die/den Bestreitende/n zu betreiben. Dazu müssten Sie, falls eine gütliche Einigung mit der/dem Bestreitenden nicht erreicht wird, auf Feststellung im ordentlichen Verfahren klagen bzw. die Feststellung durch Aufnahme eines bereits anhängigen Rechtsstreits verfolgen. ...

Mit einer am 11.03.2004 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, ihr stehe ein Anspruch auf Bezahlung einer Abgeltung der 30 Tage Urlaub aus dem Jahr 2002 gegen den Beklagten zu. Denn zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätten ihr noch 30 Urlaubstage zugestanden. Dieser Urlaub sei nicht zum 31.12.2002 erloschen. Denn es habe die Praxis bestanden, dass Resturlaubsansprüche auch nach dem 31.03. des Folgejahres genommen werden könne. Dies ergebe sich auch aus der Betriebsvereinbarung "Betriebskalender 2002". Zudem habe praktisch auch eine Urlaubssperre bestanden, nachdem bei Teilnahme an der Sozialplanmaßnahme kein Urlaub möglich gewesen sei. Mit der vorformulierten Forderungsanmeldung habe der Beklagte die Forderung der Klägerin anerkannt. Damit habe die Klägerin ihre Forderung jedenfalls geltend gemacht. Wenn der Beklagte die Forderung nunmehr bestreite, sei dies treuwidrig. Auch wenn die Klägerin die Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet habe, handle es sich richtigerweise um eine Masseverbindlichkeit, sodass ein Zahlungsantrag gerechtfertigt sei. Hinsichtlich der Berechnung des Urlaubsanspruchs sei von einem Monatsgehalt von € 4.418,07 auszugehen, da es sich bei der Verdienstkürzung während der Sozialplanmaßnahme praktisch um Kurzarbeit gehandelt habe. Nachdem der Beklagte in der Forderungsanmeldung selbst von € 6.058,26 ausgegangen sei, sei auch dieser Betrag zu Grunde zu legen.

Die Klägerin hat beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, € 6.058,26 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2003 an die Klägerin zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, nachdem die Klägerin im Januar 2002 drei Urlaubstage eingebracht habe, könnte selbst nach ihrem Standpunkt allenfalls ein Urlaubsanspruch von 27 Tagen à € 163,15 = € 4.405,15 offen sein. Kurzarbeit habe während der Sozialplanmaßnahme nicht stattgefunden. Die Sozialplanmaßnahme sei auch einem Urlaubswunsch der Klägerin nicht entgegengestanden. Ein Abgeltungsanspruch sei durch den Beklagten auch mit der Forderungsanmeldung nicht anerkannt worden. Diese sei vom Beklagten nicht unterzeichnet worden. Ein Abgeltungsanspruch der Klägerin sei zum 31.12.2002 erloschen. Über den 31.03. des Folgejahres hinaus sei Urlaub nie übertragen worden, wie sich aus der Betriebsvereinbarung "Resturlaub 2001" ergebe. Auch ein Schadensersatzanspruch könne der Klägerin daher nicht zustehen. Sie habe ihre Forderung bereits nicht ordnungsgemäß geltend gemacht. Die Anforderung einer Geldsumme sei keine Geltendmachung von Urlaub. Das Verhalten des Beklagten sei auch nicht treuwidrig. Bereits in einem der Klägerin kurz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugestellten Merkblatt (Bl. 79 bis 80 d. A.) sei darauf hingewiesen worden, dass nicht vom Insolvenzverwalter festgestellte Forderungen auf dem gesetzlichen Rechtsweg geltend gemacht werden müssten. Darauf sei die Klägerin auch nach dem Prüfungstermin nochmals ausdrücklich hingewiesen worden, ohne dass sie in der Folge ihren Anspruch vor der vorliegenden Klage geltend gemacht hätte.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 15.06.2005 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 05.07.2005 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und ihr Rechtsmittel mit einem am 11.08.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie trägt vor, eine Geltendmachung der Urlaubsabgeltung sei bereits am 14.08.2002 erfolgt. Jedenfalls im Prüfungstermin vom 15.10.2002 sei eine Geltendmachung erfolgt, weil sonst eine Prüfung gar nicht möglich gewesen wäre. Auf einen Verfall des Anspruchs könne der Beklagte sich schon nach Treu und Glauben nicht stützen. Schließlich sei die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Surrogattheorie des Urlaubsabgeltungsanspruchs unzutreffend.

Die Klägerin beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 31.03.2005 (Az.: 21 Ca 4171/04) wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, € 6.058,26 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.10.2002 an die Klägerin zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Anmeldung vom 14.08.2002 sei schon deshalb keine Geltendmachung des Abgeltungsanspruchs, weil lediglich eine Geldsumme gefordert worden sei. Ein Abgeltungsanspruch sei auch noch gar nicht entstanden. Vorher könne aber kein Verzug begründet werden. Auch im Prüfungstermin sei eine Geltendmachung des Urlaubs nicht erfolgt. Dort werde nur über die formale Zulässigkeit der Forderung entschieden. Keineswegs verstoße der Beklagte gegen Treu und Glauben. Die Klägerin habe aus dem Tabellenauszug nach dem Prüfungstermin klar ersehen können, dass der Anspruch nicht festgestellt worden sei und daher hätte geltend gemacht werden müssen. Darauf sei die Klägerin gerade auch bereits im Schreiben vom 05.08.2002 hingewiesen worden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Urlaubsabgeltungsanspruch als Surrogat des Urlaubsanspruchs sei zutreffend. Schließlich sei der Anspruch der Klägerin auch fehlerhaft berechnet.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 11.08.2005 (Bl. 116 bis 126 d. A.) und 03.01.2006 (Bl. 183 bis 186 d. A.), des Beklagten vom 04.10.2005 (Bl. 148 bis 163 d. A.), 22.12.2005 (Bl. 177 bis 178 d. A.) und 05.01.2006 (Bl. 191 bis 194 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 13.01.2006 (Bl. 195 bis 196 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Denn die Klägerin hat es versäumt, den Urlaubsabgeltungsanspruch rechtzeitig geltend zu machen. Er ist daher ersatzlos untergegangen. Dem steht auch kein treuwidriges Verhalten des Beklagten entgegen.

1. Die Klage ist allerdings als Zahlungsklage zulässig. Ihr steht nicht entgegen, dass die Klägerin den Anspruch zunächst als Insolvenzforderung nach § 174 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet hat und nach Bestreiten dieser Forderung durch den Beklagten die Klägerin danach gehalten wäre, die Forderung gerichtlich zur Insolvenztabelle feststellen zu lassen. Die Rechtskraftwirkung zur Tabelle festgestellter Forderungen nach § 178 Abs. 3 InsO beschränkt sich aber auf Insolvenzforderungen. Werden dagegen irrtümlich Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet, die tatsächlich Masseforderungen sind, tritt diese Wirkung nicht ein. Daher steht die Anmeldung zur Insolvenztabelle der Geltendmachung dieser Forderung als Masseforderung nicht entgegen (vgl. BAG vom 04.12.2002 - 10 AZR 16/02 = AP Nr. 2 zu § 38 InsO; BAG vom 15.05.1987 - 8 AZR 506/85 = AP Nr. 35 zu § 7 BUrlG "Abgeltung").

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Abgeltung ihres Jahresurlaubs für das Jahr 2002 gem. § 7 Abs. 4 BUrlG zu. Dabei kann dahinstehen, ob für das Jahr 2002 von einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen oder nur noch von 27 Tagen auszugehen wäre, ob dieser mit einem Betrag von € 6.058,26 richtig berechnet wäre oder ob dies schon deshalb nicht der Fall ist, weil für dessen Berechnung gem. § 11 BUrlG auf den Verdienst der Klägerin während der Teilnahme an der Sozialplanmaßnahme abzustellen wäre. Ein Anspruch besteht bereits deshalb nicht, weil ein Urlaubsabgeltungsanspruch spätestens zum 31.03.2003 erloschen ist.

a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass sich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 4 BUrlG ein bis dahin noch nicht erfüllter Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers in einen Abgeltungsanspruch umwandelt, ohne dass es dazu weiterer Handlungen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers bedarf (vgl. BAG vom 21.09.1999 - 9 AZR 705/98 = AP Nr. 77 zu § 7 BUrlG "Abgeltung"; BAG vom 17.01.1995 - 9 AZR 664/93 = AP Nr. 66 zu § 7 BUrlG "Abgeltung"). Dieser Abgeltungsanspruch ist dabei nicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub im Sinne der §§ 1, 3 BUrlG beschränkt, sondern erfasst auch den vertraglichen Anspruch des Arbeitnehmers, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht erfüllt war (vgl. BAG vom 09.08.1994 - 9 AZR 346/92 = AP Nr. 65 zu § 7 BUrlG "Abgeltung"). Danach ist für die Klägerin zum 30.09.2002 ein Abgeltungsanspruch für zumindest 27 Tage entstanden.

b) Dieser Anspruch ist jedoch spätestens mit Ablauf des Übertragungszeitraums des § 7 Abs. 3 BUrlG am 31.03.2003 untergegangen.

aa) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Abgeltungsanspruch ein Ersatz für die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr mögliche Befreiung von der Arbeitspflicht ist. Er setzt deshalb voraus, dass der geschuldete Urlaubsanspruch gewährt werden müsste, wenn das Arbeitsverhältnis fortbestünde (vgl. BAG vom 21.09.1999 - a. a. O.; BAG vom 17.01.1995 - a. a. O.). Der gesetzliche Urlaubsanspruch entsteht als Ersatz für die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr mögliche Befreiung von der Arbeitspflicht. Er entsteht nicht als Abfindungsanspruch, für den es als einfachen Geldanspruch auf die urlaubsrechtlichen Merkmale wie Bestand und Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs nicht ankäme. Abgesehen von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Abgeltungsanspruch daher als Ersatz für den Urlaubsanspruch an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie der Urlaubsanspruch selbst. Er setzt demnach voraus, dass der Urlaubsanspruch noch erfüllt werden könnte, wenn das Arbeitsverhältnis weiter bestünde.

bb) Von dieser seit 1983 feststehenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abzuweichen, besteht kein Anlass. Das Bundesarbeitsgericht hat diese "Surrogat-Rechtsprechung" über Jahrzehnte hinweg verteidigt und sich dabei mit sämtlichen nunmehr auch von der Klägerin vorgetragenen divergierenden Auffassungen auseinandergesetzt und diese verworfen. Abgesehen davon, dass die Kammer sich dieser Begründung des Bundesarbeitsgerichts ausdrücklich anschließt, würden es schon die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens erfordern, dieser langjährigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu folgen (vgl. BayObLG MDR 1989, 918; LAG Rheinland-Pfalz 1987, 535). Es bleibt daher dabei, dass ein Abgeltungsanspruch nur besteht, wenn bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis auch noch ein Urlaubsanspruch erfüllt werden könnte (vgl. BAG vom 25.03.2003 - 9 AZR 174/02 = AP Nr. 4 zu § 55 InsO; BAG vom 21.09.1999 - a. a. O.; BAG vom 20.01.1998 - 9 AZR 812/96 = AP Nr. 45 zu § 13 BUrlG; BAG vom 05.12.1995 - 9 AZR 871/94 = AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG "Abgeltung"; BAG vom 17.01.1995 - a. a. O.; BAG vom 09.08.1994 - 9 AZR 346/92 = AP Nr. 65 zu § 7 BUrlG "Abgeltung"; BAG vom 19.01.1993 - 9 AZR 8/92 = AP Nr. 63 zu § 7 BUrlG "Abgeltung"; BAG vom 03.11.1988 - 8 AZR 409/86 = AP Nr. 43 zu § 7 BUrlG "Abgeltung").

cc) Danach ist der Abgeltungsanspruch der Klägerin zum 31.03.2003 untergegangen. Denn dass ein Urlaubsanspruch auch über diesen Zeitpunkt hinaus übertragen werden konnte, ist nicht ersichtlich. Dies ergibt sich bereits aus der Betriebsvereinbarung "Betriebskalender 2002" (Bl. 51 bis 52 d. A.), die ohnehin nicht den Zeitraum nach dem 31.03.2003 erfasst. Einer wie auch immer überhaupt denkbaren betrieblichen Übung der Gemeinschuldnerin stünde zudem die Betriebsvereinbarung "Resturlaub 2001" entgegen.

c) Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz für den untergegangenen Abgeltungsanspruch zu. Zwar kann ein Arbeitnehmer einen der Urlaubsabgeltung entsprechenden Geldbetrag als Schadensersatz für den zwischenzeitlich in Folge Fristablaufs erloschenen Anspruch fordern, soweit er seinen Arbeitgeber zuvor in Verzug gesetzt hatte (§ 284 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Satz 1 BGB a. F.). Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber durch die Forderung der Urlaubsgewährung im Urlaubsjahr oder spätestens im Übertragungszeitraum in Verzug gesetzt hat (vgl. BAG vom 21.09.1999 - a. a. O.; BAG vom 20.01.1998 - 9 AZR 812/96 = AP Nr. 45 zu § 13 BUrlG). Daran fehlt es. Die Klägerin hat weder während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten einen Urlaubsanspruch noch nach ihrem Ausscheiden bis zum 31.03.2003 einen Urlaubsabgeltungsanspruch geltend gemacht.

aa) Soweit die Klägerin meint, eine Geltendmachung sei durch die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren erfolgt, kann dem nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat darin eine Hauptforderung u. a. mit der Bezeichnung Urlaub und der Angabe eines Geldbetrages angemeldet. Es kann dahinstehen, ob dies einer ordnungsgemäßen Anmeldung nach insolvenzrechtlichen Voraussetzungen genügt (vgl. dazu: BAG vom 03.12.1985 - AP Nr. 3 zu § 146 KO). Der Arbeitgeber gerät mit der Erfüllung des Urlaubsanspruchs jedenfalls nur dann in Verzug, wenn der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch ihm gegenüber auch wirksam geltend macht (vgl. BAG vom 24.09.1996 - 9 AZR 364/95 = AP Nr. 22 zu § 7 BUrlG "Abgeltung"). Dies setzt das Verlangen nach der zeitlichen Festlegung der Befreiung von der Arbeitspflicht voraus (vgl. BAG vom 26.06.1986 - 8 AZR 266/84 = AP Nr. 6 zu § 44 SchwbG; LAG München vom 05.04.2005 - 8 Sa 829/04). Dies kann der Forderungsanmeldung der Klägerin keinesfalls entnommen werden.

bb) Die Klägerin hat auch einen Abgeltungsanspruch nicht innerhalb des Kalenderjahres oder spätestens innerhalb des Übertragungszeitraums bis 31.03.2003 geltend gemacht. Die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren ist keine wirksame Geltendmachung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs. Denn zum Zeitpunkt der Forderungsanmeldung am 14.08.2002 bestand noch gar kein Urlaubsabgeltungsanspruch. Vielmehr entstand dieser erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2002 (vgl. BAG vom 25.03.2003 - AP Nr. 4 zu § 55 InsO). Ein Abgeltungsanspruch konnte im August schon deshalb nicht existieren, weil noch gar nicht feststand, dass bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub nicht in Natur eingebracht wird (vgl. LAG München vom 05.04.2005 - 8 Sa 829/04). Dann kann die Forderungsanmeldung eine verzugsbegründende Geltendmachung schon deshalb nicht darstellen, weil die Forderung zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erfüllbar war, sodass es dem Beklagten als Schuldner auch nicht möglich gewesen wäre, die Leistung unverzüglich zu bewirken (vgl. LAG Hessen NZA-RR 1997, 247).

cc) Eine spätere Geltendmachung der Urlaubsabgeltung ist nicht mehr erfolgt. Im Prüfungstermin, der mit dem Bestreiten der Forderung der Klägerin endete, kann nur die Prüfung der Forderung erfolgt sein, die die Klägerin bereits am 14.08.2002 geltend gemacht hat. Eine weitere Geltendmachung ist bis zur erst am 11.04.2004 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage nicht erfolgt. Damit ist der Abgeltungsanspruch der Klägerin erloschen.

d) Dagegen kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf ein treuwidriges Verhalten des Beklagten berufen (§ 242 BGB). Zwar kann zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass durch die Schreiben des Beklagten vom 19.07.2002 und 23.08.2002, der Gemeinschuldnerin vom 05.08.2002 sowie der Unterstützung der Klägerin durch den Beklagten wie der Gemeinschuldnerin bei der Forderungsanmeldung vom 14.08.2002 aus Sicht der Klägerin durchaus der Eindruck entstanden ist, dass zum einen sie alles Erforderliche zur Geltendmachung ihrer Forderung unternommen hat und zum anderen dies vom Beklagten auch so akzeptiert wurde. Dies änderte sich jedoch mit Durchführung der Prüfungsverhandlung vor dem Insolvenzgericht. Aus dem der Klägerin übermittelten Auszug des Amtsgerichts aus der Insolvenztabelle und dem dazu beigefügten Hinweis (Bl. 53 bis 54 d. A.) war für die Klägerin nicht nur klar, dass der Beklagte die Forderung der Klägerin gerade im Hinblick auf den Urlaub nicht akzeptiert und ausdrücklich bestreitet, sondern dass sie auch gehalten war, nunmehr ihre Forderung gerichtlich geltend zu machen, weil sonst eine Berücksichtigung ihres Anspruchs nicht erfolgt. Ein etwaiges Vertrauen der Klägerin darauf, der Beklagte werde ihren Anspruch erfüllen, bestand für die Klägerin nicht mehr. Danach bestand für sie in der Zeit vom 15.10.2002 bis 31.03.2003 ausreichend Gelegenheit, ihre Forderung nunmehr rechtzeitig geltend zu machen.

Dass sie davon erst mehr als ein Jahr später Gebrauch gemacht hat, ist nicht auf ein treuwidriges Verhalten des Beklagten zurückzuführen.

III.

Die Berufung der Klägerin war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen nach § 72 a ArbGG die Klägerin hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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