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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 16.06.2003
Aktenzeichen: 10 Ta 252/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
1. Reisekosten einer Partei zur Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung sind auch dann erstattungsfähig, wenn diese anwaltlich vertreten ist und das Gericht das persönliche Erscheinen der Partei nicht angeordnet hat.

2. Dies gilt auch für die Teilnahme an einer Verhandlung, die das Revisionsgericht angeordnet hat.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

10 Ta 252/03

In Sachen

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München ohne mündliche Verhandlung am 16.3.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Moeller beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts München vom 8.5.2003 abgeändert:

Die von der Beklagten an den Kläger nach Ausgleichung gem. § 106 ZPO nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.9.2001 - 2 AZR 176/00 - zu erstattenden Kosten werden auf EUR 1.733,27 nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 % Punkten über den Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 19.3.2003 festgesetzt.

II. Im Übrigen werden die Beschwerde des Klägers sowie die Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts München vom 8.5.2003 zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf EUR 404,91 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen des Kostenausgleichsverfahrens darüber, ob Fahrtkosten der Parteien zu einem Termin vor dem Revisionsgericht zu berücksichtigen sind.

Beide Parteien haben gegen das im zugrunde liegenden Verfahren ergangene Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 1.10.1999 die dort zugelassene Revision zum Bundesarbeitsgericht eingelegt.

Im Termin vor dem Bundesarbeitsgericht vom 27.9.2001 waren neben den Prozessbevollmächtigten der Parteien der Kläger persönlich sowie für die Beklagte deren erschienen.

Durch Urteil vom gleichen Tag hat das Bundesarbeitsgericht die Revisionen beider Parteien zurückgewiesen und bei unverändertem Streitwert der Beklagten 2/3 und dem Kläger 1/3 der Kosten des Revisionsverfahrens auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 18.3.2003 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung der Kosten des Klägers auf insgesamt EUR 4.563,59 beantragt. Darin eingeschlossen waren Flugkosten München - Erfurt - München für den Kläger und den Prozessbevollmächtigten in Höhe von DM 1.600,-- netto, Übernachtungskosten für die gleichen Personen in Höhe von DM 290,23 netto sowie Taxikosten in Höhe von DM 69,25 netto.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.2.2003 die Festsetzung ihrer Kosten auf EUR 3.780,82 beantragt und dabei Kosten für eine Bahnfahrt ihres Prozessbevollmächtigten von München nach Erfurt und zurück in Höhe von DM 417,80, Taxikosten in Höhe von DM 15,-- und Übernachtungskosten in Höhe von DM 206,89 jeweils netto geltend gemacht.

Der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts München hat durch Beschluss vom 8.5.2003 die von der Beklagten an den Kläger nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu erstattenden Kosten auf insgesamt EUR 1.534,01 festgesetzt. Dabei wurden Fahrt- und Übernachtungskosten des Klägers persönlich nicht berücksichtigt.

Gegen den der Beklagten am 12.5.2003 und dem Kläger am 23.5.2003 zugestellten Beschluss haben die Beklagte mit einem am 26.5.2003 und der Kläger mit einem am 23.5.2003 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Kläger macht geltend, dass sein persönliches Erscheinen zum Termin in Erfurt erforderlich gewesen sei, da seinem Prozessbevollmächtigten zuvor telefonisch angekündigt worden sei, dass der Senat ein Vergleichsgespräch führen wolle und daher die Anwesenheit des Klägers als sinnvoll erachtet werde.

Die Beklagte meint, eine Teilnahme des Klägers am Termin sei mangels Ladung zum persönlichen Erscheinen nicht erforderlich gewesen. Sollten dessen Kosten dennoch erstattungsfähig sein, gelte dies aber auch für die Kosten des am Termin teilnehmenden Vertreters der Beklagten, . Dieser habe einen Stundenverdienst von EUR 82,34. Für 12 Stunden am 27.9.2001 seien daher EUR 988,08 sowie Reisekosten in Höhe von EUR 619,36 (Bl. 399 bis 400 d. A.) anzusetzen.

Der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts hat durch Beschluss vom 16.6.2003 der Beschwerde von Kläger und Beklagter nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die gem. §§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG statthaften Beschwerden des Klägers und der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspfleger des Arbeitsgerichts München vom 8.5.2003 sind auch sonst zulässig (§§ 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO).

2. Die Beschwerde des Klägers ist im Gegensatz zu derjenigen der Beklagten teilweise begründet.

Denn bei der Kostenausgleichung nach § 106 ZPO sind auch Reisekosten zu berücksichtigen, die durch Teilnahme des Klägers an dem Termin vor dem Bundesarbeitsgericht vom 27.9.2001 entstanden sind.

a) Es entspricht jedenfalls seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozessrechts zum 1.1.2002 weit überwiegender Auffassung, dass Reisekosten einer Partei zur Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung auch dann erstattungsfähig sind, wenn diese anwaltlich vertreten ist und das Gericht das persönliche Erscheinen der Parteien nicht angeordnet hat (vgl. OLG München JurBüro 2003, 645; OLG Celle NJW 2003, 2994; OLG Brandenburg MDR 2000, 1216; im Ergebnis auch schon: LAG München NZA-RR 2002, 161). Dabei ist auch die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung, die das Revisionsgericht angeordnet hat, kostenrechtlich eine notwendige Wahrnehmung von Terminen (vgl. OLG Stuttgart JurBüro 2002, 536). Jede Partei hat als Verfahrenssubjekt das Recht, den vom Gericht angesetzten Terminen in ihrem Prozess beizuwohnen.

b) Demgemäß sind die notwendigen Reisekosten des Klägers für die Wahrnehmung des Termins am 27.9.2001 auch zu berücksichtigen. Die Höhe der Kosten der Partei bestimmt sich allerdings nach den Sätzen des ZSEG (vgl. OLG Stuttgart - a. a. O.). Gem. § 9 Abs. 1 ZSEG ist danach für Fahrten das preiswerteste öffentliche Beförderungsmittel zu wählen. Demgemäß kommt - im Gegensatz zu den Reisekosten eines Rechtsanwalts (vgl. LAG Rheinland-Pfalz NZA-RR 2003, 261; LAG Hessen BB 2002, 104) - die Erstattung von Flugkosten nicht in Betracht. Der Höhe nach ergeben sich daher als Reisekosten für den Kläger allenfalls Kosten für eine Bahnfahrt, wie sie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit EUR 247,77 selbst geltend gemacht hat. Hinzu kommen die Übernachtungskosten in Höhe von EUR 84,36.

c) Sind demnach zu Gunsten des Klägers bei der Kostenausgleichung weitere EUR 332,13 zu berücksichtigen, gilt das auch für von der Beklagten geltend gemachte Reisekosten ihres Vertreters Meier. Denn auch seine Kosten für die Teilnahme an der Revisionsverhandlung sind erstattungsfähig. Allerdings sind diese der Höhe nach mit EUR 1.607,44 maßlos überzogen. Soweit darin eine Stundenvergütung von EUR 988,08 enthalten ist, fehlt es für eine Erstattung schon an jeglicher Rechtsgrundlage. Allgemeiner Aufwand der Partei für die Teilnahme am Prozess ist nicht erstattungsfähig (vgl. OLG Koblenz VersR 2003, 1593). Die Beklagte hätte den Verdienst für auch aufwenden müssen, wenn er nicht an der Verhandlung vom 27.9.2001 teilgenommen hätte. Zudem sind Reisekosten mit EUR 619,36 erkennbar nicht sachdienlich. Abgesehen davon, dass schon nicht ersichtlich ist, warum neben Flugkosten noch Mietwagenkosten und Parkgebühren in erheblichem Umfang aufgewandt worden sein sollen, erscheint schon mit der Angabe des Zwecks der Dienstreise "Erfurt/Nauen", dass die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung nicht der alleinige Zweck der Dienstreise des gewesen sein kann. Als erstattungsfähig anzusehen sind daher ebenso wie bei dem Kläger selbst sowie dem Prozessbevollmächtigten allenfalls die Übernachtungskosten in Höhe von EUR 66,47.

d) Insgesamt ergeben sich nach der ansonsten zwischen den Parteien unstreitigen Berechnungen des Rechtspflegers im Beschluss vom 8.5.2003 (Bl. 377 bis 378 d. A.) danach folgende bei der Kostenausgleichung zu berücksichtigende Kosten zu Gunsten des Klägers in Höhe von weiteren EUR 332,13 und zu Gunsten der Beklagten weitere EUR 66,47. Die Gesamtkosten belaufen sich daher auf insgesamt EUR 7.665,23, von denen die Beklagte 2/3 = EUR 5.110,15 zu tragen hat. Abzüglich ihrer eigenen Kosten von EUR 3.376,88 verbleibt ein an den Kläger zu erstattender Betrag von EUR 1.733,27.

III.

Der Beschluss des Rechtspflegers vom 8.5.2003 war daher entsprechend abzuändern. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgte gem. § 25 Abs. 2 GKG.

Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsmittel statthaft, da für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kein gesetzlich begründeter Anlass besteht.

Ende der Entscheidung

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