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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 1000/08
Rechtsgebiete: TVG


Vorschriften:

TVG § 3
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob eine Arbeitnehmerin, deren vor dem 1.1.2002 unterzeichneter Formulararbeitsvertrag eine dynamische Bezugnahmeklausel enthält, Ansprüche auf der Basis von Tarifverträgen geltend machen kann, die erst zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten sind, nachdem der Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten war. In diesem Zusammenhang war zusätzlich zu prüfen, ob und inwieweit ein anlässlich eines Betriebsinhaberwechsels vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Klägerin abgeschlossener sog. Personalüberleitungsvertrag, der sich mit der Geltung von Tarifverträgen befasste, eine veränderte Beurteilung bedingt.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

11 Sa 1000/08

Verkündet am: 27.05.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Batz und Wischhöfer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.10.2008, Az.: 14 Ca 17221/07, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über tarifvertragliche Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin war seit 01.08.2000 aufgrund Arbeitsvertrags vom 05.05.2000 bei der Beklagten als K. in Vollzeit beschäftigt. Die Klägerin ist tarifgebunden aufgrund ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft.

Der Arbeitsvertrag vom 05.05.2000 enthält in § 2 folgende Regelung:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung."

Die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Fachklinik mit etwa 400 Beschäftigten. Anlässlich des Betriebsübergangs von der Landesversicherungsanstalt Oberbayern (LVA) auf die Beklagte mit Wirkung zum 01.01.1999 schlossen die LVA und die Beklagte am 29.06.1998 einen Personalüberleitungsvertrag (PÜV), der u. a. folgende Regelungen enthält:

"§ 1

Übergang der Arbeitsverhältnisse

(1) Die Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden der Fachklinik M. - G., im folgenden Arbeitnehmer genannt, werden gemäß § 613 a BGB von A. übernommen.

(2) A. sichert zu, dass sich alle Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den jeweiligen Regelungen des Bundes - Angestelltentarifvertrages (BAT, Fassung Bund und Länder), des Manteltarifvertrages für Arbeiter / Arbeiterinnen der Mitglieder der TgRV (MTArb-TgRV), des Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen / Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes ausgebildet werden, und den sie ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie aus der für die Fachklinik M. - G. abgeschlossenen Dienstvereinbarung ergeben.

(3) Von Absatz 2 können sich im Hinblick auf § 4 Absatz 2 Abweichungen ergeben. A. verpflichtet sich, etwaige Verringerungen der Vergütungen (Lohn / Gehalt) der Arbeitnehmer im Wege des Besitzschutzes auszugleichen.

(4) Soweit in den nach § 1 Abs. 2 bzw. § 4 Abs. 2 anzuwendenden tariflichen Vorschriften (z.B. § 65 BAT, § 74 MTArb-TgRV) auf jeweils geltenden Bestimmungen des Arbeitgebers verwiesen wird, sind die entsprechenden Bestimmungen des Freistaats Bayern sinngemäß anzuwenden.

....

...

§ 4 Zusatzversorgung bei der ZVK

(1) A. verpflichtet sich, die bisher bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder für die übernommenen Arbeitnehmer bestehende Zusatzversorgung durch eine Beteiligung bei der Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden (ZVK) weiterzuführen.

(2) Zur Erfüllung dieser Verpflichtung hat A. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Beteiligung bei der ZVK zu schaffen. Dies gilt vor allem für die Mitgliedschaft beim Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. (KAV), für das anzuwendende Tarifrecht und für die Einrichtung eines Beirats mit maßgeblichem kommunalem Einfluss im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung des KAV.

...

...

§ 15 Laufzeit, weiterer Betriebsübergang

(1) Der Vertrag wird mit dem Übergabestichtag wirksam. Er wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

(2) Im Falle eines weiteren Betriebsüberganges sind die Rechte und Pflichten von A. aus diesem Vertrag auf den neuen Übernehmer zu übertragen mit der Pflicht zur Weiterübertragung.

...."

Vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2004 ist die Beklagte Vollmitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern e.V. (KAV) gewesen. Seit dem 01.01.1999, also seit dem Betriebsübergang, wandte sie bei ihren Mitarbeitern die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber an, also den BAT (VKA) und BMT-G (VKA). Dies erfolgte auch bei Mitarbeitern, die nach dem 01.01.1999 neu eingestellt wurden. Der BAT i. d. F. für Bund und Länder wurde dagegen ab 1999 nicht mehr angewandt. Zum 01.01.2005 wandelte die Beklagte ihre Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. in eine Gastmitgliedschaft ohne Tarifbindung um. Den am 01.10.2005 in Kraft getretenen TVöD wendet sie tatsächlich nicht an.

Für den kommunalen Bereich sah § 2 des Tarifvertrags über eine Einmalzahlung im Jahr 2005 für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) vom 09.02.2005 anstelle einer Erhöhung der Vergütung bei einer Vollzeittätigkeit einen Anspruch auf Einmalzahlung in Höhe von € 300,00 vor, die in Teilbeträgen in Höhe von jeweils € 100,00 mit den Bezügen für April, Juli und Oktober 2005 ausgezahlt wird. Aufgrund der Ablösung des BAT durch den TVöD trat am 01.10.2005 der Überleitungstarifvertrag VKA (TVÜ - VKA) in Kraft. § 21 TVÜ - VKA sieht eine Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 von jeweils € 300,00 vor, die in zwei Teilbeträgen in Höhe von jeweils € 150,00 mit den Bezügen für April und Juli der Jahre 2006 und 2007 ausgezahlt wird.

Für den Bereich des Bundes wurde gemäß "Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007 für den Bereich des Bundes vom 09.02.2005" jährlich eine Einmalzahlung in Höhe von € 300,00 ausgezahlt. Im Jahr 2005 erfolgte die Zahlung in Teilbeträgen in Höhe von jeweils € 100,00 mit den Bezügen für April, Juli und Oktober 2005, in den Jahren 2006 und 2007 in Teilbeträgen in Höhe von jeweils € 150,00 mit den Bezügen für April und Juli der Jahre 2006 und 2007.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 18.08.2005 einen Anspruch auf Einmalzahlung in Höhe von jeweils € 100,00 für April und Juli 2005 geltend gemacht sowie mit Schreiben vom 30.01.2007 in Höhe von jeweils € 100,00 für April und Juli 2006.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 17. Dezember 2007 eingegangenen Klage vom selben Tag hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von € 900,00 begehrt, und zur Begründung ausgeführt, ihr stünden die Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007 zu. Sie habe nämlich wegen der dynamischen Verweisung auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in ihrem Arbeitsvertrag und dem Personalüberleitungsvertrag einen Anspruch auf die Einmalzahlungen nach den für den Bund geltenden Regelungen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 900,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 100,00 seit dem 01. Mai 2005, aus € 100,00 seit dem 01. August 2005, aus € 100,00 seit dem 01. November 2005, aus € 150,00 seit dem 01. Mai 2006, aus € 150,00 seit dem 01. August 2006, aus € 150,00 seit dem 01. Mai 2007 und aus € 150,00 seit dem 01 August 2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, dass nach ihrem Austritt aus dem VKA zum 31.12.2004 die Tarifverträge nur noch statische Weitergeltung gehabt hätten und damit kein Anspruch aus den nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Regelungen über Einmalzahlungen bestehe. Zwar seien bei allen Arbeitnehmern dynamische Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen vorhanden. Diese seien aber zumindest bei Verträgen, die vor der Schuldrechtsreform bis zum 31.12.2001 abgeschlossen waren, als Gleichstellungsabrede auszulegen, so dass nach dem Austritt der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband die dynamische durch eine statische Fortgeltung der Tarifverträge abgelöst worden sei.

Die Beklagte hat weiter ausgeführt, die Klägerin könne auch keinen Anspruch aus dem PÜV herleiten. Dies folge bereits daraus, dass sie zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch nicht bei der Beklagten angestellt gewesen sei und daher schon nicht dem Anwendungsbereich des PÜV unterfalle. Dieser enthalte zudem keine dynamische Verweisung auf die Tarifverträge, sondern nur eine statische und beziehe die Tarifverträge Bund/Land mit ein, die am 01.01.1999 aufgrund der Mitgliedschaft der Beklagten im KAV keine Anwendung mehr gefunden hätten. Außerdem handele es sich beim PÜV nicht um einen Vertrag zugunsten Dritter. Weder habe eine Rechtsstellung für die Arbeitnehmer begründet werden sollen, noch handele es sich allein um eine begünstigende Regelung, die ohne Zustimmung der Arbeitnehmer Bestand haben könne. Bei einem Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband komme es aufgrund der Arbeitsverträge nur zu einer statischen Weitergeltung der Tarifverträge. Da sich Tarifverträge auch zuungunsten der Arbeitnehmer verändern könnten, sei die Vereinbarung einer dynamischen Weitergeltung hier mangels Einräumung eines Wahlrechts ein Vertrag zu Lasten der Arbeitnehmer und daher unwirksam.

Hilfsweise hat sich die Beklagte darauf berufen, dass die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche teilweise nicht mehr innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist erfolgt sei, die nach § 70 BAT, § 63 BAT / BMT - G (VKA) bzw. § 37 Abs. 1 TVöD zu beachten gewesen sei. Die Klägerin habe die - wenn überhaupt - zustehenden Einmalzahlungen jedenfalls in Höhe von € 150,00 für April 2007, in Höhe von jeweils € 150,00 für April und Juli 2006 sowie in Höhe von € 100,00 für Oktober 2005 nicht fristgerecht geltend gemacht.

Bezüglich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 7. Februar 2008 und vom 9. September 2008 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage mit Endurteil vom 14.10.2008, das der Klägerin am 23. Oktober 2008 zugestellt wurde, in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch der Klägerin ergebe sich nicht aus dem PÜV, da die Klägerin als erst nach dem Betriebsübergang eingestellte Mitarbeiterin der Beklagten nicht vom Anwendungsbereich des PÜV erfasst sei. Der Personalüberleitungsvertrag führe im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung des Tarifvertrags über eine Einmalzahlung im Jahre 2005 für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) vom 9. Februar 2005 bzw. des § 21 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (die TVÜ-VKA) für die Jahre 2006 und 2007, weil der PÜV die nach dem Betriebsübergang ab 1. Januar 1999 eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht erfasse. Das ergebe die Auslegung des Vertrags nach §§ 133, 157 BGB. Bereits der Wortlaut des Personalüberleitungsvertrags ergebe, dass er für künftig einzustellende Mitarbeiter keine unmittelbaren Rechte begründen solle. § 1 Absatz 1 PÜV beziehe sich auf die Arbeitnehmer, die aufgrund des Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB übernommen würden. Auch aus dem Zweck des Personalüberleitungsvertrags, insbesondere des § 1 Abs. 2 PÜV sowie den Interessen der Vertragspartner ergebe sich nicht, dass durch den PÜV Rechte künftig eintretender Arbeitnehmer hätten begründet werden sollen. Der Veräußerer könne ein Interesse daran haben, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang abzusichern. Dieses Interesse könne sich nicht nur aus seiner Fürsorge für die bisher bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer ergeben, sondern auch daraus, dass er Widersprüchen gegen den Betriebsübergang vorbeugen wolle. Dagegen sei nicht nachvollziehbar, warum sich ein Erwerber für künftig einzustellende Arbeitnehmer dauerhaft gegenüber dem Veräußerer binden und ein Veräußerer ein Interesse an einer solchen Regelung haben solle.

Das Arbeitsgericht hat weiter ausgeführt, ein Anspruch auf Gewährung der Einmalzahlungen könne auch nicht auf die arbeitsvertragliche dynamische Verweisungsklausel gestützt werden, da es sich hierbei lediglich um eine so genannte Gleichstellungsabrede handele. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur so genannten Gleichstellungsabrede gelte für die Auslegung von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln in bis zum 31. Dezember 2001 abgeschlossenen Arbeitsverträgen die Auslegungsregel, dass die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge regelmäßig als bloße Gleichstellungsabrede auszulegen sei, weil sie nur die Gleichstellung nicht tarifgebundener mit tarifgebundenen Arbeitnehmern bezwecke. Die vertragliche Anbindung an die dynamische Entwicklung der tariflich geregelten Arbeitsbedingungen ende, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer ende, zum Beispiel durch den Austritt des Arbeitgebers aus dem zuständigen Arbeitgeberverband. Aufgrund des Austrittes der Beklagten aus dem KAV mit Wirkung zum 1. Januar 2005 habe die Einbindung der Arbeitsvertragsparteien in die Tarifentwicklung ("Dynamik") geendet. Seit diesem Zeitpunkt habe die dynamische Verweisung im Arbeitsvertrag vom 5. Mai 2000 auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nur noch statische Wirkung gehabt.

Gegen die Klageabweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 24. November 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag, die sie mit Schriftsatz vom 23. Januar 2009, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Klägerin geltend, aus der Zusicherung der dynamischen Anwendbarkeit der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (VKA) könne die Klägerin unmittelbar Rechte herleiten, weil es sich um einen wirksamen Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 Absatz 1 BGB handele. Der PÜV diene der Sicherstellung der Rechtsposition der beschäftigten Mitarbeiter anlässlich des Betriebsübergangs. Hieraus folge, dass diese unmittelbar Rechte hieraus in Anspruch nehmen können. Es handelt sich auch nicht um einen unwirksamen Vertrag zulasten Dritter. Zwar könnten durch einen Vertrag keine Lasten für nicht am Vertrag beteiligte Dritte begründet werden. Deshalb könne zweifelhaft sein, ob ohne Zustimmung des Arbeitnehmers durch einen Vertrag, an dem er nicht beteiligt gewesen sei, die dynamische Anwendbarkeit eines Tarifvertrags oder Tarifwerks vereinbart werden könne. Hier gehe es jedoch nicht um eine erstmalige Unterwerfung des Arbeitsverhältnisses unter die Bedingungen eines Tarifvertrags durch einen Vertrag, an dem der Mitarbeiter nicht beteiligt sei. Vielmehr gehe es um die Sicherung der bisherigen dynamischen Anwendbarkeit der Tarifverträge trotz des Betriebsübergangs, der zu einer nur statischen Anwendbarkeit der Tarifverträge habe führen können. Ein Wahlrecht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dahingehend, ob die dynamische Weitergeltung Anwendung finden solle oder nicht, sei bei dieser Sachlage nicht zwingend erforderlich, um einen Nachteil auszuschließen. Durch die dynamische Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag habe eine Bindung der Klägerin an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in ihrer jeweils geltenden Fassung bestanden, von der Sie sich ihrerseits nicht habe lösen können. In einem solchen Fall stelle es keinen Nachteil für die Klägerin dar, wenn nach einem Austritt der Beklagten aus dem KAV aufgrund des PÜV die dynamische an Stelle einer statischen Weitergeltung der Tarifverträge herbeigeführt werde und hierdurch die bereits arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Geltung im Ergebnis fortgeführt werde.

Die Klägerin trägt weiter vor, der Personalüberleitungsvertrag vom 29. Juni 1998 finde auch auf Arbeitnehmer Anwendung, die - wie die Klägerin - in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2001 eingestellt worden seien. Während in § 1 Abs. 1 PÜV die Übernahme der bereits beschäftigten Arbeitnehmer geregelt werde, beziehe sich § 1 Abs. 2 PÜV auf alle Arbeitnehmer des Arbeitgebers, das heißt auch auf künftig einzustellende Arbeitnehmer. Der frühere Arbeitgeber sei tarifgebunden gewesen und habe für alle Arbeitnehmer die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst der Länder angewendet. Diese Tarifanwendung habe auch für die Zukunft für alle Arbeitnehmer durch die Verpflichtung der Beklagten sichergestellt werden sollen. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die ab dem 01. September 1999 neu eingestellten Arbeitnehmer von dieser Regelung hätten ausgenommen werden sollen.

Selbst bei Nichtanwendbarkeit des PÜV ergebe sich die Anwendbarkeit der Tarifverträge der VKA zumindest aus den arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln. Diese bewirkten, dass auch alle nach Abschluss des Arbeitsvertrags in Kraft tretenden Änderungen des BAT sowie alle den BAT ergänzen den oder ersetzenden Tarifverträgen zum Gegenstand des Arbeitsvertrags gemacht würden. Auch wenn man im Grundsatz der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folge, wonach die Bezugnahmeklauseln, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart wurden, im Grundsatz als Gleichstellungsabreden zu interpretieren und anzuwenden seien, sei hier im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Beklagte laut Personalüberleitungsvertrag verpflichtet sei, die entsprechenden Tarifverträge anzuwenden. Da man also hier von einer Gleichstellungsabrede ausgehe, könne dies nur heißen, dass die entsprechenden Arbeitnehmer nur den vom Vertrag geschützten Arbeitnehmern gleichzustellen seien, so dass der Personalüberleitungsvertrag zumindest auch indirekt über eine Gleichstellungsabrede anzuwenden sei.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.10.2008, Az. 14 Ca 17221/07, wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 900,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 100,00 seit dem 01. Mai 2005, aus € 100,00 seit dem 01. August 2005, aus € 100,00 seit dem 01. November 2005, aus € 150,00 seit dem 01. Mai 2006, aus € 150,00 seit dem 01. August 2006, aus € 150,00 seit dem 01. Mai 2007 und aus € 150,00 seit dem 01. August 2007 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, auf Grund des Verbandsaustritts ab 1.1.2005 bestehe ein Anspruch weder aus dem TV vom 09.02.2005 noch aus dem TVÜ-VKA. Zu diesen Zeitpunkten sei die Beklagte bereits aus dem Verband ausgetreten, so dass keine Tarifbindung mehr bestanden habe. Ein Anspruch auf Einmalzahlung 2005 bestehe deshalb nicht, weil zu diesem Zeitpunkt keine Tarifbindung der Beklagten mehr bestanden habe.

§ 1 TV des Tarifvertrags vom 09.02.2005 erfasse nur Personen, die unter den Geltungsbereich des BAT oder ab 1. Oktober 2005 des TVöD fielen. Der BAT wirke lediglich statisch fort. Der TVöD sei auch kein den BAT ersetzender Tarifvertrag. Im Übrigen sei der TVöD mangels Eröffnung des Geltungsbereichs auf die Klagepartei auch nicht unmittelbar anwendbar. Auch aus § 21 TVÜ-VKA könne kein Anspruch hergeleitet werden. Der TVÜ-VKA sei erst in Kraft getreten, als die Beklagte nicht mehr tarifgebunden gewesen sei. § 1 TVÜ-VKA erfasse ferner auch nur Arbeitsverhältnisse mit tarifgebundenen Arbeitgebern.

Die Beklagte trägt weiter vor, das Arbeitsgericht habe zutreffend erkannt, dass für die Klägerin, die gemäß ihrem Arbeitsvertrag vom 5. Mai 2000 zum 1. August 2000 eingestellt worden sei, der Personalüberleitungsvertrag als Rechtsgrundlage bereits deshalb nicht in Betracht, weil er lediglich auf Mitarbeiter der Beklagten anwendbar sei, die im Zeitpunkt des Betriebsüberganges (1. Januar 1999) bereits in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden hätten. In zutreffender Weise habe das Arbeitsgericht auch festgestellt, dass auch auf arbeitsvertraglicher Basis keine Ansprüche der Klagepartei auf die begehrten Einmalzahlungen bestünden. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme sei als Gleichstellung und zugleich als Tarifwechselklausel auszulegen. Hinsichtlich des Arbeitsvertrags der Klägerin, der am 5. Mai 2000 also vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sei, komme die bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2000 ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Tragen, dass Bezugnahmeklauseln auf im Betrieb kraft Tarifbindung geltende Tarifverträge regelmäßig als Gleichstellungsklauseln auszulegen seien. Mit dem Ende der Tarifbindung führten daher auch die arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln zu einer statischen Anwendung des letztmalig anwendbaren Tarifvertrages.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf die begehrten Einmalzahlungen im Gesamtbetrag von € 900,00 besteht nicht.

Das Berufungsgericht schließt sich der Begründung des Erstgerichts in vollem Umfang an.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich folgendes auszuführen:

1. Bezüglich der streitgegenständlichen Tarifverträge ist die Beklagte nicht tarifgebunden (§ 3 Abs. 1 TVG), denn sie ist im Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. ab 01.01.2005 nur noch Gastmitglied ohne Tarifbindung.

Alle im Verfahren von der Klägerin herangezogenen Tarifverträge, also der Tarifvertrag über eine Einmalzahlung im Jahr 2005 vom 09.02.2005 und der am 01.10.2005 in Kraft getretene Überleitungstarifvertrag VKA (jeweils für den kommunalen Bereich) oder alternativ der Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007 für den Bereich des Bundes vom 09.02.2005, wurden zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus der Bezugnahmeklausel in § 2 ihres Arbeitsvertrages vom 5. Mai 2000 i.V.m. den genannten Tarifverträgen.

Die genannte vertragliche Regelung ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Das bedeutet, dass eine solche Bezugnahmeklausel nur die Gleichstellung nicht tarifgebundener mit tarifgebundenen Arbeitnehmern bezweckt und dazu führen soll, dass sämtliche Arbeitnehmer Arbeitsverhältnisse mit dem Inhalt haben, wie er für tarifgebundene Arbeitnehmer gilt. Die vertragliche Anbindung an die dynamische Entwicklung der tarifgeregelten Arbeitsbedingungen endet aber, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer endet, z.B. durch den Austritt des Arbeitgebers aus dem zuständigen Arbeitgeberverband.

Dass die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge regelmäßig als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, also nur auf vertraglicher Ebene widerspiegeln soll, was auch tarifrechtlich gilt, entspricht der früheren ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG Urteil vom 14.12.2005 - 4 AZR 536/04, NZA 2006, Seite 607 m.w.N.).

Zwar hat das Bundesarbeitsgericht diese Auslegungsregel im Hinblick auf die zum 01.01.2002 in Kraft getretene Schuldrechtsreform für ab dem 01.01.2002 vereinbarte Arbeitsverträge zwischenzeitlich aufgegeben. Ist die Klausel jedoch - wie hier - vor dem 01.01.2002 vereinbart worden, ist sie aus Gründen des Vertrauensschutzes wie eine sog. "Gleichstellungsabrede" im Sinne der früheren Rechtsprechung auszulegen (BAG Urt. vom 18.04.2007 - 4 AZR 652/05, NZA 2007, Seite 965).

Beim Arbeitsvertrag der Klägerin handelt es sich um einen sog. Altvertrag. Die den Vertrag abschließende Beklagte war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden. Anhaltspunkte dafür, dass die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages abweichend von der für den Abschlusszeitpunkt in ständiger Rechtsprechung vom BAG angewandten Auslegungsregel zu verstehen ist, sind nicht ersichtlich.

Da hiernach die vertragliche Anbindung an die dynamische Entwicklung der tariflich geregelten Arbeitsbedingungen endet, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer endet, kann die Klägerin aus ihrer Bezugnahmeklausel keinen Anspruch aus Tarifverträgen ableiten, die nach Abschluss der Tarifbindung der Beklagten abgeschlossen wurden.

3. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich - wie das Arbeitsgericht zutreffend begründet hat - auch nicht aus dem Personalüberleitungsvertrag. Die Klägerin ist nämlich als erst nach dem Betriebsübergang eingestellte Mitarbeiterin der Beklagten nicht vom Anwendungsbereich des Personalüberleitungsvertrags erfasst.

Dies ergibt sich einmal aus einer Auslegung des § 1 PÜV wie auch insbesondere aus der gewählten Überschrift: "Personalüberleitungsvertrag". Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann nur bereits vorhandenes Personal nicht aber erst später einzustellendes Personal übergeleitet werden. Aus diesem und aus den vom Arbeitsgericht im angegriffenen Urteil sowie den von der 2. Kammer des LAG München in seiner Entscheidung vom 10. Januar 2008, Az.: 1 TaBV 83/07, genannten Gründen, kann die Klägerin weder direkt noch indirekt Rechte aus dem Personalüberleitungsvertrag vom 29. Juni 1998 herleiten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Gegen dieses Urteil kann die Klägerin Revision einlegen.

Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Ende der Entscheidung

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