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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 22.08.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 1168/06
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, ArbGG, ZPO, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 134
BGB §§ 305 ff.
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 315
KSchG § 4
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2 b
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 2
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 5
ZPO § 519 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 222
BetrVG § 99
1. Die Entscheidung befasst sich zunächst mit der Frage, ob und inwieweit ein von ihnen schriftlich abgefasster Arbeitsvertrag durch spätere mündliche Erklärungen bzw. konkludente Verhaltensweisen wirksam abgeändert worden ist.

2. Weiterhin ist Gegenstand der Entscheidung die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, wonach sich der in der Vergangenheit bei deutlich über 50 % der Gesamtvergütung liegende Provisionsanteil an der Vergütung des als Autoverkäufer beschäftigten Arbeitnehmers sich nach den "jeweils geltenden Provisionsbestimmungen richtet, die Bestandteil des Vertrags sind".


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 1168/06

Verkündet am: 22. August 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter von Neumann-Cosel und Bianco für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 28.9.2006, Az.: 23 Ca 7821/05 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten - soweit Gegenstand dieses Berufungsurteils - über die vertraglichen Grundlagen des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der am 00. Dezember 1967 geborene Kläger ist seit 2. Januar 1995 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als PKW-Verkäufer beschäftigt. Er ist derzeit Mitglied des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates.

Der am 15. November 1994 unterzeichnete Arbeitsvertrag enthält unter Ziffer 2. folgende Vergütungsregelung:

"2. Vergütung

Das monatliche Bruttoentgelt des Mitarbeiters setzt sich zusammen aus:

a) einem Fixum in Höhe von 1.000,00 DM

b) Provisionen gemäß den jeweils geltenden Provisionsbestimmungen, die Bestandteil des Vertrages sind.

Dem Mitarbeiter wird ein jährliches Provisionseinkommen von DM 34.380,00 garantiert. Auf die monatliche Garantieprovision in Höhe von DM 2.865,00 werden die im gleichen Monat zur Auszahlung fälligen Provisionen (incl. Ausgleichszahlung) angerechnet.

Übersteigt innerhalb des Kalenderjahres nach Zahlung einer Garantieprovision eine monatliche Provision (incl. Ausgleichszahlung) die garantierte Provision, wird der übersteigende Betrag mit gezahlter Garantieprovision verrechnet.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle anfallenden Provisionen mit im gleichen Kalenderjahr gezahlten Garantieprovisionen verrechnet.

Fallen Fixum oder Garantieprovision für Zeiträume von weniger als einem Kalendermonat an, so ist pro Tag 1/30 des Monatsbetrages zu zahlen.

Seite 3 von 11 Die Vergütung wird jeweils am Monatsende bargeldlos gezahlt."

Im Jahr 1999 übernahm die Beklagte den Beschäftigungsbetrieb von der früheren Betriebsinhaberin. Nach der Betriebsübernahme führte die Beklagte ein verändertes Provisionssystem mit Wirkung vom 1. Juni 2000 ein, auf dessen Grundlage die Vergütung des Klägers wie auch der anderen bei der Beklagten beschäftigten PKW-Verkäufer abgerechnet wurde.

Im Jahre 2000 legte die Beklagte darüber hinaus ihren Autoverkäufern einen neuen Arbeitsvertragstext vor, dessen Unterzeichnung jedoch vom Kläger abgelehnt wurde. In § 2 Abs. 2 dieses Entwurfs (vgl. Bl. 48 ff d.A.) heißt es:

Die Höhe des Fixums, der Provisionen und der Erfolgsbeteiligung richten sich nach den jeweils geltenden Regelungen zur Vergütung von Verkäufern. Aus ihnen ergibt sich auch die Höhe des monatlich garantierten Provisionseinkommens (siehe Regelungen und Anlagen).

Mit Wirkung vom 1.7.2004 legte die Beklagte ein neues Provisionssystem vor, dessen Rechtsverbindlichkeit vom Kläger jedoch bestritten wurde und bestritten wird. Dementsprechend richtete er an die Beklagte folgendes auf den 6.8.2004 datierte Schreiben:

"Sehr geehrte Herren,

ich widerspreche der nicht vertragskonformen Berechnung der Provisionen, die am 01. Juli zur Auszahlung gekommen sind. Ich bitte Sie dringend, die Provisionen bis zum 20.08.2004 neu zu berechnen und mir die geänderte Abrechnung zukommen zu lassen."

Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 30.5.2005 eingegangenen Klage vom 24.5.2005 hat der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsvertrag mit der früheren Betriebsinhaberin zu unveränderten Bedingungen weiter besteht unter Berücksichtigung der mit der Beklagten zum 1.6.2000 vereinbarten Provisionsregelung, ferner die Verurteilung der Beklagten zur Provisionsabrechnung ab 1.7.2004 sowie zur Zahlung der Differenz zwischen bereits bezahlter und geschuldeter Provision.

Zur Begründung hat er vorgetragen, der Arbeitsvertragsentwurf aus dem Jahre 2000 sei mit ihm nicht wirksam vereinbart worden. Damit habe der Arbeitsvertrag vom 15. November 1994 für sein Arbeitsverhältnis weiterhin Gültigkeit. Außerdem sei die Beklagte nicht zur eigenmächtigen Abänderung von Provisionsvereinbarungen berechtigt gewesen. Im Hinblick darauf seien die Provisionsbestimmungen vom 1.6.2000, mit denen er sich einverstanden erklärt habe, weiterhin gültig. Der Kläger hat weiterhin vorgetragen, das neue Provisionssystem der Beklagten aus dem Jahre 2004 widerspreche im Hinblick auf seine Kompliziertheit dem Transparenzgebot und stelle im Hinblick auf die hierdurch bewirkten Einkommenseinbußen eine unangemessene Benachteiligung dar.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass der Arbeitsvertrag des Klägers mit der W. GmbH und Co. A. KG zu unveränderten Bedingungen weiter besteht unter Berücksichtigung der mit der Beklagten zum 01.06.2000 vereinbarten Provisionsregelung.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Provisionen ab dem 01.07.2004 abzurechnen und den Differenzbetrag zwischen bereits bezahlter Provision und geschuldeter Provision für die Zeit vom 01.07.2004 - 31.08.2006 zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 24.05.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich erwidert, sie sei aus wirtschaftlichen Gründen zur Flexibilisierung der Vergütung der Autoverkäufer gezwungen gewesen. Andere Autoverkäufer hätten das neue Provisionssystem und auch den neuen Arbeitsvertrag akzeptiert. Eine ordentliche Änderungskündigung sei gegenüber dem Kläger als Betriebsratsmitglied nicht durchsetzbar. Allerdings sei der neue Arbeitsvertrag aus dem Jahre 2000 trotz der fehlenden Unterschrift des Klägers gelebt und angewandt worden. Im Hinblick auf die Anpassungsklauseln des ursprünglichen Arbeitsvertrags sowie des Arbeitsvertrags aus dem Jahr 2000 sei sie zur einseitigen Änderungen der Provisionsbestimmungen berechtigt gewesen.

Bezüglich des Weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 1 ff; 47 ff; 57 ff; 74 ff.; 78 ff; 90 ff) ergänzend Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht München hat der Klage mit Teilurteil vom 28.9.2006, das der Beklagten am 6.10.2006 zugestellt wurde, in Ziffer 1. stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, Grundlage des Arbeitsverhältnisses sei der Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1994. Der vorgelegte neue Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2000 sei nicht Vertragsinhalt geworden, weil dem die vertragliche Schriftformklausel entgegenstehe. Es sei auch keine konkludente Abbedingung erfolgt. Die Beklagte habe nämlich keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass der Arbeitsvertrag 2000 gelebt und angewendet worden sei.

Bezüglich der Provisionsregelung sei davon auszugehen, dass insoweit eine konkludente Abbedingung der Schriftform des Arbeitsvertrags vorgelegen habe und somit die Provisionsregelung 2000 in Ablösung der vorhergehenden Provisionsregelungen rechtswirksam Vertragsbestandteil geworden sei.

Diese Beurteilung - so das Arbeitsgericht weiter - sei nicht auf die Provisionsbestimmungen 2004 zu übertragen. Diese seien nämlich vom Kläger schon nach der ersten entsprechenden Abrechnung Anfang August 2004 ausdrücklich schriftlich abgelehnt worden. Die Meinung der Beklagten, zu einer einseitigen Einführung neuer Provisionsregelungen berechtigt zu sein, widerspreche wesentlichen Arbeitsrechtsgrundsätzen. Die Anpassungsklauseln beider Arbeitsverträge seien, wenn man sie als einseitige Ermächtigung verstehe, wegen Umgehung des Gebots einer Änderungskündigung und sowohl wegen unangemessener Benachteiligung als auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Absatz 1 des BGB unwirksam. Es stelle zumindest eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar, wenn man ihn in eine Position bringe, in der er bezüglich des überwiegenden Teils seiner Vergütung auf das Ermessen des Arbeitgebers angewiesen sei.

Gegen die Klageabweisung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 2. November 2006 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Beklagte geltend, entgegen der Argumentation des Arbeitsgerichts sei sowohl der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2000 Vertragsinhalt zwischen den Parteien geworden als auch habe er den Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1994 abgelöst. Die Beklagte habe somit zutreffend die Provisionsbestimmungen aus dem Jahr 2004, zu deren Einführung sie einseitig legitimiert gewesen sei, zur Grundlage der klägerischen Vergütung gemacht. Wenn das Arbeitsgericht zutreffend feststelle, dass die Erneuerung der Provisionsregelung ab dem 1.6.2000 aufgrund Einverständnisses des Klägers sowie aufgrund tatsächlicher Anwendung Wirksamkeit erlangt habe, habe dies auch zur Folge, dass der im Jahr 2000 vorgelegte Arbeitsvertrag Wirksamkeit erlangt habe und Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien geworden sei. Dies begründe sich darin, dass die arbeitsvertragliche Regelung aus dem Jahr 2000 unter den Streitteilen gelebt worden sei und somit aufgrund konkludenten Handelns Wirksamkeit erlangt habe. Selbst wenn man mit dem Arbeitsgericht zu dem Ergebnis komme, dass der Arbeitsvertrag 2000 nicht Vertragsinhalt geworden sei, müsse man zu dem Ergebnis gelangen, dass auch auf der Grundlage des Altvertrags die Beklagte legitimiert gewesen sei, die Provisionsbestimmungen jeweils zu gestalten. Es liege auch weder eine unangemessene Benachteiligung noch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Absatz 1 BGB vor. Wenn der Kläger mit einem Regelungswerk, wie gegenständlich, nicht einverstanden sei, habe er, was jedoch nicht erfolgt sei, das Rechtsmittel einer Klageerhebung in der Frist des § 4 KSchG einlegen müssen.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Teilurteil des Arbeitsgerichtes München, Az.: 23 Ca 7821/05, vom 28.9.065, zugestellt am 6.10. 06, wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, er bestreite nach wie vor, dass der Arbeitsvertragsentwurf 2004 gelebt worden sei. Der Vortrag der Beklagten, er, der Kläger, habe Kündigungsschutzklage gegen eine Änderungskündigung einlegen müssen, sei grob rechtsfehlerhaft. Die einseitige Abänderung von Vertragsbedingungen stelle keine Änderungskündigung dar, weil diese gerade die schriftförmliche Erklärung verlange, bei fehlender Einigung auf die vorgeschlagenen Änderungen des Vertrages mit einer Beendigung des Anstellungsverhältnisses zu reagieren. Der Kläger trägt weiter vor, das neue Provisionssystem führe dazu, dass er eine um circa 2/3 verringerte Provision erhalte. Das Arbeitsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Beklagte bezüglich der Provisionsbedingungen kein einseitiges Abänderungsrecht habe. Selbst wenn ein solches bestehe, sei die vorgenommene Kürzung der Provisionen offensichtlich willkürlich. Der bloße Hinweis auf eine schlechte wirtschaftliche Situation oder das formelle Abstellen auf neue tarifliche Umstände seien nicht ausreichend und damit willkürlich.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 199 ff; 203 ff; 255 ff.) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit in der Grundaussage zutreffender Begründung der Klage in Ziffer 1. stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien richtet sich nach den im Arbeitsvertrag vom 15.11.1994 festgehaltenen Bedingungen mit der Maßgabe, dass die zwischen den Parteien im Jahre 2000 vereinbarten Provisionsbedingungen Geltung haben.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass der schriftliche Arbeitsvertrag vom 15.11.1994 nicht durch den Arbeitsvertragsentwurf 2000 abgelöst worden ist.

1. Dieser Entwurf enthält 16 im Einzelnen sorgfältig ausformulierte Paragrafen, deren vom Vertrag vom 15.11.1994 abweichender Regelungsgehalt erst durch eingehende Analyse - mit keineswegs immer eindeutigem Ergebnis - festgestellt werden kann. Die Beklagte hat auch in zweiter Instanz nicht im Ansatz nachvollziehbar gemacht, woraus sich der auf eine Zustimmung zu dem ihm unterbreiteten - in einer Vielzahl von Einzelpunkten vom bisher geltenden Vertrag abweichenden - Vertragstext gerichtete Erklärungswille des Klägers ergeben soll. Der Abschluss eines Vertrags wie auch dessen Änderung setzen jedoch diesbezüglich übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Die von der Beklagten behauptete Änderung der arbeitsvertraglichen Grundlage des Arbeitsverhältnisses beinhaltet eine Fülle von einzelnen Änderungen. Bezüglich jeder dieser Änderungen muss Willensübereinstimmung bestehen, deren Vorliegen für das Gericht jedoch nicht erkennbar geworden ist.

2. Die zwischen den Parteien hauptsächlich in Streit stehenden von der Beklagten einseitig ab 1. Juli 2004 eingeführten Provisionsbedingungen sind nicht rechtswirksam an die Stelle der im Jahre 2000 zwischen den Parteien vereinbarten Provisionsbedingungen getreten, weil die Beklagte insoweit kein einseitiges Recht zur Gestaltung der Vertragsbedingungen hatte.

Die Beklagte hat sich zur Begründung ihrer Rechtsauffassung auf Ziffer 2. des Arbeitsvertrags vom 15. November 1994 berufen, wonach das monatliche Bruttoentgelt des Klägers neben einem Fixum von 1.000 DM pro Monat noch aus "Provisionen gemäß den jeweils geltenden Provisionsbestimmungen, die Bestandteil des Vertrags sind," besteht.

Diese Bestimmung ist unwirksam, weil sie einen gegen zwingende kündigungsschutzrechtliche Vorschriften verstoßenden Widerrufsvorbehalt enthält.

a) Ist einem Vertragspartner das Recht eingeräumt, einzelne Vertragsbedingungen einseitig zu ändern, so handelt es sich - unabhängig von der gewählten Bezeichnung - um einen Widerrufsvorbehalt. Dieser kann seine Rechtsgrundlage im Arbeitsvertrag selbst, aber auch in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag haben.

Die Vereinbarung eines solchen Widerrufsvorbehaltes, d.h. eines Rechts zur einseitigen Änderung einzelner Vertragsbedingungen, ist grundsätzlich zulässig. Sie ist nur dann gemäß § 134 BGB nichtig, wenn sie zur Umgehung des zwingenden Kündigungsschutzes führt. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages einer einseitigen Änderung unterliegen sollen, durch die das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört würde.

Die Ausübung des vereinbarten Widerrufs hat gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen. Sie kann der Beteiligung des Betriebsrates, etwa nach § 99 BetrVG, unterliegen.

Ist danach die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehaltes unzulässig oder ein vereinbarter Widerrufsvorbehalt nichtig, so kann die erstrebte Änderung des Arbeitsvertrages nur mit dem Mittel der Änderungskündigung erreicht werden. (BAG, Urteil vom 7. Okt. 1982, Az. 2 AZR 455/80, DB 1983, 1368).

b) Der zwischen den Parteien vereinbarte Widerrufsvorbehalt ist nichtig, weil durch die Ausübung desselben das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend der einseitigen Disposition des Arbeitgebers unterworfen wird.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteilen vom 13. Mai 1987 (BAGE 55, 275 = AP Nr. 4 zu § 305 BGB Billigkeitskontrolle) und vom 21. April 1993 (7 AZR 297/92 - AP Nr. 34 zu § 2 KSchG 1969) eine solche grundlegende Störung des Leistungsgleichgewichts und damit einen Eingriff in den kündigungsschutzrechtlich geschützten Kernbereich in Fällen verneint, in denen sich das Widerrufsrecht bei unveränderter Tätigkeit auf Zulagen in Höhe von 25 bis 30 % bzw. 15 % der Tarifvergütung erstreckte.

Weiter hat das Bundesarbeitsgericht Widerrufsklauseln für zulässig gehalten, die sich auf 15 bzw.20 % der Gesamtbezüge bezogen und im Zusammenhang mit Klauseln standen, mit denen sich der Arbeitgeber die Änderung des Verkaufsbereichs von Außendienstmitarbeitern bzw. den Entzug einer Zusatzaufgabe vorbehalten hatte (Urteil vom 15. November 1995 - 2 AZR 521/95 - AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa). Nach dieser Rechtsprechung ist die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts nur dann zulässig, wenn der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehend widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes unter 25 % liegt und der Tariflohn nicht unterschritten wird (BAG, Urt. vom 11.10.2006, Az.: 5 AZR 721/05).

c) Vorliegend ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der durch die Provisionsbedingungen geregelte Teil des Gesamteinkommens mehr als 50 % des Gesamteinkommens des Klägers beträgt. Der Widerrufsvorbehalt bewegt sich damit deutlich außerhalb des vom Bundesarbeitsgericht in den zitierten Entscheidungen für zulässig gehaltenen Bereichs und ist damit nichtig.

Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob und inwieweit es sich bei diesem Vorbehalt um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinn von §§ 305 ff. BGB handelt - was zu bejahen ist - und ob und inwieweit bei sog. Altverträgen - wie dem vorliegenden - eine modifizierte geltungserhaltende Reduktion in der Weise stattzufinden hat, dass die entstandene Regelungslücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist (vgl. BAG a.a.O.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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