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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 22.08.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 1277/06
Rechtsgebiete: BGB, TzBfG


Vorschriften:

BGB §§ 305 ff
BGB § 307
TzBfG § 15 Abs. 4
Eine Vertragsgestaltung im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die eine 6-monatige Kündigungsfrist zum Ablauf jeweils des 4. Beschäftigungsjahres vorsieht, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, wenn dem kein angemessener Ausgleich auf Seiten des die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendenden Arbeitgebers gegenübersteht.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 1277/06

Verkündet am: 22. August 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Fexer und Heinlein für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 24. Oktober 2006, Az.: 37 Ca 2331/06 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der von dem Beklagten mit Datum vom 29.12.2004 sowie vom 29.4.2005 erklärten Kündigungen, um Auskunftsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten sowie im Rahmen einer - noch in erster Instanz anhängigen - Widerklage über Zahlungsansprüche des Beklagten gegen die Klägerin.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin ist ein Unternehmen zur Beratung, Planung, Vorbereitung, Durchführung und Überwachung von Bauvorhaben. Der Beklagte war seit dem 01.07.2000 als Arbeitnehmer bei der Klägerin beschäftigt. Er ist Ingenieur. Zunächst war der Beklagte Fachbereichsleiter des Fachbereiches ... (...) im Geschäftsbereich T.. Als Fachbereichsleiter waren ihm die projektbezogenen und/oder örtlich zugeordneten Mitarbeiter unmittelbar unterstellt. Durch die Vereinbarung vom 11.12.2000 wurde der Beklagte mit Wirkung zum 01.01.2001 in die Geschäftsleitung des Standortbüros M. der Klägerin berufen und der Anstellungsvertrag vom 12.04.2000 wurde durch den Vertrag vom 11.12.2000 angepasst.

Bezüglich der Vertragslaufzeit und der Kündigung wurde im Vertrag vom 11.12.2002 folgendes geregelt:

"4. Ihr Vertrag wird einer auf Geschäftsleitungsebene bei C. üblichen 4-jährigen Laufzeitreglung unterworfen. Ihr Anstellungsvertrag wird also befristet bis zum 31.12.2004. Der Vertrag verlängert sich jeweils um weitere 4 Jahre, wenn er nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf der Vertragsdauer von einer der Parteien gekündigt wird. Während der Vertragsdauer ist beiderseitig lediglich eine Kündigung aus wichtigem Grund möglich."

Eine Erhöhung des Gehaltes wurde insoweit nicht geregelt.

Der Beklagte erklärte durch Schreiben vom 29.12.2004 die Kündigung zum 30.06.2005.

Zum 01.01.2005 gründeten die Gesellschafter der Klägerin ein weiteres Unternehmen mit dem Namen C. ... E. GmbH sowie mehrere Spartengesellschaften, derer sich die Klägerin seitdem zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient.

Mit Schreiben vom 29.04.2005 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis nochmals aus wichtigem Grund zum 30.06.2005. Bis zum 30.06.2005 wurde der Beklagte beschäftigt. Ab dem 01.07.2005 machte sich der Beklagte selbständig. Diese selbständige Tätigkeit beinhaltet Ingenieurleistungen, unter anderem im Bereich ...-planung.

Das Arbeitsgericht München hat im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens am 28.07.2005 dem Beklagten aufgegeben, sich jeglicher Konkurrenztätigkeit zu enthalten. Dieses Urteil wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichtes München aufgehoben.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 17. Februar 2006 eingegangenen Klage vom 16. Februar 2006 hat die Klägerin - unter Berücksichtigung späterer Klageänderung - die gerichtliche Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen vom 29.12.2004 sowie 29.4.2005 nicht beendet worden ist, ferner die Verurteilung des Beklagten zur Erteilung von Auskunft über Umfang und Inhalt seiner selbständigen Tätigkeit nach dem 1.7.2005.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Beklagte sei zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2005 nicht berechtigt gewesen. Nach dem Vertrag vom 11.12.2000 habe der Beklagte spätestens am 30.6.2004 zum 31.12.2004 kündigen müssen. Da dies nicht erfolgt sei, habe sich der Vertrag bis 31.12.2008 verlängert. Die Kündigung vom 29.12.2004 sei eine ordentliche Kündigung. Diese könne das Arbeitsverhältnis erst zum 31.12.2008 beenden. Die Kündigungserklärung lasse keine Auslegung als außerordentliche Kündigung zu. Die Kündigung vom 29.4.2005 sei rechtsunwirksam, da keine wichtigen Gründe für eine außerordentliche Kündigung vorlägen. Die Klageerweiterung auf Auskunftserteilung hat die Klägerin damit begründet, dass der Beklagte gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot verstoßen habe. Da das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigungen beendet worden sei, habe der Beklagte nicht in Konkurrenz zur Klägerin treten dürfen. Die Auskunft benötige man zur Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die Kündigung des Beklagten vom 29.12.2004, noch die Kündigung des Beklagten vom 29.04.2005 beendet wurde, sondern fortbesteht.

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Personen und Unternehmen er mit welchem Inhalt und zu welchen Preisen für eigene oder fremde Rechnung nach 01.07.2005 im Geschäftsbereich der Klägerin in geschäftliche Beziehungen getreten ist.

3. Der Beklagte wird verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit der Auskunft an Eides Statt zu versichern.

Der Beklagte hat beantragt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten 20.000 € brutto zu bezahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat zur Berechtigung seiner Kündigungen vorgetragen, dass ihm als Mitglied der Geschäftsleitung die Innere Führung und die Vertretung des Standortbüros der C. ... GmbH übertragen worden sei. Seit 1. Januar 2005 sei die Klägerin nicht mit der Lage gewesen, den zwischen den Parteien geltenden Vertrag zu erfüllen und ihn, den Beklagten entsprechend beschäftigen. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin habe nämlich Ende 2004 beschlossen, das gesamte operative Geschäft und die gesamte Aktivität am Markt einzustellen und die Geschäftstätigkeit der neu zu gründenden Gesellschaften zu überlassen . Die am 1.1.2005 gegründeten Spartengesellschaften entsprächen genau der vorherigen betrieblichen Organisation der Klägerin mit verschiedenen Geschäftsbereichen. Der Klägerin habe das Personal fast komplett abgebaut. Ursprünglich habe die Klägerin circa 400 Beschäftigte gehabt. Ab 31.12.2004 seien bei der Klägerin nur noch der Beklagte, ein Beschäftigter, der nicht übernommen werden sollte, eine Mitarbeiterin im Erziehungsurlaub sowie Mitarbeiter, die zum 30. Juni 2005 gekündigt worden seien, noch vorhanden gewesen. Geschäftsleitungsaufgaben habe es nicht mehr gegeben. Auch Mitverantwortung habe die Klägerin ihn, den Beklagten, nicht beschäftigen können, da die Projekte von den Sparten wahrgenommen würden. Da auch die Betriebsmittel und die Kundenbeziehungen auf die Spartengesellschaften übergegangen seien, handele es sich um Betriebsübergänge. Dies habe das Arbeitsgericht München im Verfahren 30 Ca 19515/04 auch angenommen.

Die Klägerin hat hierzu erwidert, dass der Beklagte durchaus habe vertragsgemäß beschäftigt werden können. Es seien keineswegs alle Geschäftsleitungsaufgaben der Klägerin auf die Spartengesellschaften übertragen worden. Die Klägerin sei zudem noch operativ am Markt tätig. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte noch bis 30.6.2005 beschäftigt worden sei. Auch habe der Beklagte problemlos in der Akquisition tätig sein können. Ein Betriebsübergang sei entgegen dem Urteil des Arbeitsgerichts München nicht erfolgt. Das Urteil sei nicht rechtskräftig geworden, da die Parteien sich im Berufungsverfahren verglichen hätten.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage mit Teilurteil vom 24. Oktober 2006, das der Klägerin am 22.10.2006 zugestellt wurde, abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung vom 24. Oktober 2006 sei wirksam und habe das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der vorgesehenen Frist beendet. Dem stehe auch nicht die Fristenvereinbarung im Anpassungsvertrag entgegen. Es handele sich insoweit um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff BGB. Dabei stelle sich die Kündigungsregelung als unzumutbare Kündigungserschwerung dar. Diese sei insbesondere mit dem Grundgedanken des Gesetzes nicht vereinbar, dass nach einer fünfjährigen Bindung jedenfalls eine Lösung vom Arbeitsverhältnis mit einer halbjährigen Kündigungsfrist möglich sein soll.

Gegen die Klageabweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 7. Dezember 2006 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Klage vom selben Tag.

Sie macht geltend, das Bundesarbeitsgericht habe im Jahr 1991 eine Befristungsklausel mit Verlängerungsmöglichkeit für die Dauer von fünf Jahren als unbedenklich eingestuft. Hiermit habe sich das Arbeitsgericht nicht auseinandergesetzt.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 24. Oktober 2006, Az.: 37 Ca 2331/06, wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die Kündigung des Beklagten vom 29.12.2004, noch durch die Kündigung des Beklagten vom 29.04.2005 beendet wurde, sondern fortbesteht.

3. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Personen und Unternehmen er mit welchem Inhalt und zu welchen Preisen für eigene oder fremde Rechnung nach dem 01.07.2005 im Geschäftsbereich der Klägerin in geschäftliche Beziehungen getreten ist.

4. Der Beklagte wird verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern.

5. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, die zeitliche Einschnürung des Kündigungsrechts auf die Endzeitpunkte bestimmter aneinander anschließender Zeitabschnitte von vier Jahren stelle eine ungleich stärkere Einschränkung für die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers dar als eine Bindung im Rahmen der §§ 624 BGB, 15 Absatz 4 Teilzeitbefristungsgesetz mit gegebenenfalls anschließendem dauerhaften Recht zur ordentlichen Kündigung. Die Benachteiligung des Beklagten sei unangemessen, weil die Klägerin durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Beklagten durchzusetzen versucht habe, ohne von vornherein auf dessen Belange hinreichend Rücksicht zu nehmen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu geben. Die Tatsache, dass die Klägerin nach der vereinbarten Vertragsklausel dieselben Kündigungsrechtsbeschränkungen zu beachten habe wie der Beklagte, stelle einen derartigen Ausgleich nicht dar. Insbesondere durch die §§ 624 BGB, 15 Absatz 4 Teilzeitbefristungsgesetz werde deutlich, dass der Arbeitnehmer in höherem Maße des Schutzes vor zu langer Bindung bedürfe als der Arbeitgeber. Der Kläger trägt weiter vor, aufgrund der neueren gesellschaftsrechtlichen Konstruktion und Aufgabenverteilung sei sein Arbeitsverhältnis sinnentleert worden. Sowohl im Bereich der Projektbearbeitung wie auch im Bereich der Leitungstätigkeit habe er keine Aufgaben mehr gehabt. Deshalb sei ihm nur die außerordentliche Kündigung geblieben.

Die Klägerin erwidert, der Beklagte habe wenigstens vorher eine Abmahnung aussprechen müssen. Außerdem habe er die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 286 ff; 331 ff; 361 ff) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 c ArbGG ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 29.12.2005 zum 30.6.2006 beendet worden ist.

Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nicht daran, dass die vertragliche Kündigungsfrist gemäß Ziffer 4. des Anpassungsvertrags vom 11. Dezember 2002 nicht eingehalten ist. Diese Vereinbarung ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie den Beklagten als Vertragspartner der das Instrument der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendenden Klägerin unangemessen benachteiligt.

a) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei dem Anpassungsvertrag vom 11. Dezember 2002 um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1, Satz 1, 2 BGB handelt. Die Klägerin hat die für eine Mehrzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen dem Beklagten in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Die Parteien haben die Vertragsbedingungen nicht ausgehandelt (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB).

b) Die Vereinbarung der verlängerten Kündigungsfrist stellt auch eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung dar (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Denn gesetzlich ist für den Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats vorgesehen § 622 Abs. 1 BGB). Außerdem sieht § 15 Abs. 4 TzBfG bei Arbeitsverhältnissen, die für länger als fünf Jahre eingegangen sind, eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vor. Die Vertragsklausel der Ziff. 4 des Vertrags vom 11. Dezember 2002 entspricht auch nicht einer tariflichen Bestimmung oder anderen Norm im Sinne des § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden könnte.

c) Verlängerte Kündigungsfristen können im Grundsatz auch in Formulararbeitsverträgen vereinbart werden. Die §§ 305 ff BGB enthalten keine Bestimmungen, die solche verlängerten Kündigungsfristen für unwirksam erklären.

Die Kündigungsregelung ist auch nicht überraschend oder ungewöhnlich im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB. Der Anpassungsvertrag hebt sie hinreichend hervor. Ihr ist ein eigener Punkt unter insgesamt 6 Regelungspunkten gewidmet.

Auch das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist beachtet. Die Voraussetzungen einer Trennung unter Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist sind klar ausformuliert.

d) Ziffer 4. des Anpassungsvertrags ist gleichwohl gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der verwendeten Vertragsklausel um eine unzumutbare Kündigungserschwerung für den Arbeitnehmer handelt. Es hat darauf hingewiesen, dass sich die Lebensumstände des Arbeitnehmers schnell ändern können, dass andererseits eine außerordentliche Kündigung aus privaten Gründen nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Eine Bindungsdauer, die bei einer unterstellten Beschäftigungsdauer von zwölf Jahren dahin geht, dass nur zu zwei Terminen ein Wechsel möglich ist, schränkt den Arbeitnehmer aus Sicht des Berufungsgerichts in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht in unzumutbarer Weise ein.

aa) Dem steht auch nicht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 1991, Az.: 2 AZR 363/91, NZA 1992, 543, entgegen. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht eine der hier streitgegenständlichen ähnliche Vertragsklausel mit fünfjähriger Bindung und einjähriger Kündigungsmöglichkeit als mit Art. 12 GG vereinbar eingestuft und argumentiert, zwar stehe den Arbeitsvertragsparteien auf der Grundlage der Privatautonomie zu, über ihre grundrechtlich geschützten Positionen ohne staatlichen Zwang zu verfügen; die Privatautonomie bestehe aber nur im Rahmen der geltenden Gesetze - hier § 624 BGB (nunmehr für Arbeitnehmer: § 15 Abs. 4 TzBfG) -, die ihrerseits an die Grundrechte gebunden seien. Insofern habe der BGB-Gesetzgeber dem Umfang des Schutzbereichs aus Art. 12 GG mit der Einführung eines Kündigungsrechts des Arbeitnehmers bei über fünf Jahre hinausgehenden Dauerverträgen zulässigerweise eine Grenze gezogen. Er habe dabei zu berücksichtigen gehabt, dass ein noch weitergehender Eingriff in die Privatautonomie, etwa in Form der Einräumung eines Kündigungsrechts unterhalb der Fünfjahresgrenze gleichzeitig wieder einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung des Unternehmers bedeutet hätte. Deshalb sei diese wertende Entscheidung des Gesetzgebers hinzunehmen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass eben dieselbe Vertragsfreiheit, auf die sich der Arbeitnehmer zum Zweck der Loslösung vom Vertragstext berufe, es dem Arbeitnehmer ermöglicht habe, den vorliegenden Vertrag überhaupt und in dieser Form abzuschließen. Im Ergebnis werde damit Grundsatz der Vertragstreue mit der Folge einer erheblichen Rechtsunsicherheit für beide Parteien hintangestellt, wenn man die vorliegende Vertragsform, obwohl sie sich einer im Gesetz zugelassenen Form (§ 620 BGB) bediene, entgegen der in § 624 BGB (nunmehr § 15 Abs. 4 TzBfG) zum Ausdruck kommenden Wertung als unzulässig ansehe.

bb) Diese Überlegungen treffen auf den vorliegenden Fall deshalb nicht zu, weil der seinerzeit zu entscheidende Fall nicht nach den Vorschriften des AGB-Gesetzes (nunmehr §§ 305 ff. BGB) zu beurteilen war. Die abweichende Beurteilung des vorliegenden Falls ergibt sich im Wesentlichen daraus, dass sich die seinerzeitige Argumentation des Bundesarbeitsgerichts darauf stützte, dass die berufliche Bewegungsfreiheit des Arbeitnehmers dem aus der Privatautonomie folgenden Prinzip der Vertragstreue wertend gegenüber zu stellen sei und dass diese Wertentscheidung vom Gesetzgeber in § 624 BGB dahin gehend getroffen sei, dass jedenfalls Verträge, die ein Bindung von fünf Jahren und weniger beinhalteten, nicht zu beanstanden seien. Demgegenüber zeichnet sich der vorliegende Fall dadurch aus, dass die zu beurteilende Vertragsklausel nicht Teil eines frei ausgehandelten Vertrags, sondern Teil eines vorformulierten Vertrags ist, der dem Beklagten gestellt wurde. Die Wertentscheidung des Gesetzgebers, die von autonom ausgehandelten Vertragsbedingungen ausgeht, passt daher nicht auf den vorliegenden Fall Allgemeiner Geschäftsbedingungen.

cc) Die vorliegende Vertragsklausel ist für den Beklagten besonders belastend, weil er in seiner beruflichen Bewegungsfreiheit sehr stark eingeschränkt wurde, ohne dass dem ein erkennbarer finanzieller oder sonstiger Ausgleich gegenübersteht. Die dem Beklagten zugemuteten Nachteile werden auch nicht dadurch kompensiert, dass die Klägerin einer gleich langen Bindung durch die Verlängerungsautomatik unterworfen ist. Das Arbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zutreffend darauf hingewiesen, dass für den Arbeitgeber jedenfalls die Möglichkeit eröffnet ist, aus betriebsbedingten Gründen eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zu erklären.

e) Die gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksame Vertragsklausel fällt im hier vorliegenden Fall trotz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 Abs. 2 BGB) nicht ersatzlos weg, weil der streitgegenständliche Anpassungsvertrag vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde. Auch wenn die Kündigungsbindung auf einen vierjährigen Zyklus rechtsunwirksam ist, fällt diese nicht in der Weise weg, dass es bei der Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB sein Bewenden hat.

aa) Da das Gesetz auch für Altverträge gilt (Art. 229 § 5 EGBGB) und dies hinsichtlich der Anforderungen an die Vertragsformulierung auf eine echte Rückwirkung hinausläuft, bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. u.a. Urt. vom 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04, NZA 2005,465) der verfassungskonformen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Auslegung und Anwendung. Das führt dazu, dass die unwirksame Klausel nicht gemäß § 306 Abs. 2 BGB ersatzlos wegfällt. Eine Kündigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers innerhalb der Fristen des § 622 Abs. 1 BGB würde unverhältnismäßig in die Privatautonomie eingreifen. Mit einer solchen Rechtsfolge konnte und musste niemand rechnen. Sie würde keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner Rechnung tragende Lösung bieten (BAG a.a.O.). Da der Verwender bei Abschluss des Arbeitsvertrags die §§ 307 f. BGB nicht berücksichtigen konnte und die Klausel nur deswegen unwirksam ist, weil sie den neuen Anforderungen nicht genügt, bedarf es zur Schließung der entstandenen Lücke der ergänzenden Vertragsauslegung. Es ist zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Kündigungsklausel bekannt gewesen wäre. Nur so wird die unverhältnismäßige Rückwirkung des § 306 Abs. 2 BGB verfassungskonform abgemildert und dem Willen und den Interessen der Vertragsparteien angemessen Rechnung getragen.

bb) Es spricht viel dafür, dass die Parteien bei Kenntnis der neuen gesetzlichen Anforderungen die Kündigungsfrist des Arbeitnehmers entsprechend § 15 Abs. 4 TzBfG in der Weise geregelt hätten, dass dem Beklagten eine Kündigungsfrist von sechs Monaten eingeräumt worden wäre. Der Beklagte hätte dem redlicherweise nicht widersprochen. Eine solche Bestimmung wäre für den Beklagten zumutbar gewesen und hätte ihn nicht benachteiligt.

2. Auch die gegen die weitere Arbeitnehmerkündigung vom 29.4.2006 gerichtete Feststellungsklage ist unbegründet. Die Begründetheit der Feststellungsklage setzt nämlich das Bestehen eines kündigungsfähigen Arbeitsverhältnisses zum vorgesehenen Beendigungszeitpunkt voraus, eine Voraussetzung, die hier nicht gegeben ist, weil das Arbeitsverhältnis bereits durch ordentliche Arbeitnehmerkündigung vom 29.12.2004 zum Ablauf des 30.6.2005 beendet worden ist.

3. Die Anträge Ziffer 2. und 3. der Klage hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung abgewiesen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Ersturteils wird Bezug genommen wird (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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