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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 01.10.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 49/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 5
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer noch längere Zeit nach einem vollzogenen Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen kann, wenn die Information nach § 613 a Abs. 5 BGB unzureichend war. Hierzu vorgreiflich war zu prüfen, ob die vom Betriebsveräußerer im konkreten Fall erteilte Information den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB entsprochen hat. Dies wurde verneint.
11 Sa 49/08

Verkündet am: 01.10.2008

In dem Rechtsstreit

erlässt die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Brylla und Lerchl im Namen des Volkes folgendes Urteil:

Tenor:

1. Die Berufung gegen das Teilurteil de Arbeitsgerichts München vom 23. November 2007, Az. 27 Ca 1488/07, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das ursprünglich zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis über den 30.9.2005 hinaus fortbesteht.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war vom 14.04.1986 bis zum 30.09.2005 als leitender Angestellter im Geschäftsbereich ... als Leiter ... bei der Beklagten zu einem Jahreszieleinkommen von 120.000,-- Euro beschäftigt. Arbeitsort war der Betrieb M...

Mit Vertrag vom 06.06.2007 verkaufte die Beklagte den Geschäftsbereich ... an die ... mit Sitz in .... Hierzu schlossen die Beklagte und die ... einen als "Master Sale and Purchase Agreement" ("MSPA") bezeichneten Vertrag, der sich auf weltweite Standorte bezog. Der Verkauf wurde am 30.09.2005 vollzogen. Hierzu sah der MSPA vor, dass die Vermögensgegenstände Land für Land in sogenannte "Local Asset Transfer Agreements" im Wege der Einzelrechtsnachfolge hierzu an eigens gegründete Landesgesellschaften der ... übertragen werden sollte. Die Beklagte stellte der ... mit Sitz in T. 350 Millionen Euro wegen des Restrukturierungsaufwandes zu Verfügung.

Unter dem 23.08.2005 traf die Beklagte "Regelungen für den Übergang der Beschäftigungsverhältnisse von Mitarbeitern der Vertragsgruppe OFK/DIRK der ... (Bl. 11 f. der Akte).

Mit Schreiben vom 29.08.2005 informierte die Beklagte den Kläger wie folgt:

Herrn U.M.

"Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrter Herr M.,

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes ... zum 01.10.2005 in die ... übertragen.

... ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird ... in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt ... schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit ... kann ...seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. ...bietet ... eine Globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West- und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält ... durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von .... Daneben bekommt ... einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von ....

Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf .... Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB ... ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Reche und Pflichten ihres Arbeitsverhältnisses mit der ... eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit ... fortgeführt.

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Jahreszieleinkommens bleibt anlässlich des Betriebsübergangs unverändert. Im Einzelnen gilt für sie die beiliegende Regelungen für den Übergang der Vertragsgruppen OFK/DIRK.

... haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Zusätzlich haftet die ... für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 01.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

Eine Kündigung wegen des Betriebsüberganges ist gesetzlich gemäß § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf ... können Sie nach § 613a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht auf ... übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der ..., da die ... - Aktivitäten vollständig auf ... übertragen werden und damit eine Beschäftigungsmöglichkeit bei der ... entfallen ist.

Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an Herrn R. B., ... oder an Herrn Dr. V. E, ... zu richten.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung.

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation ihre Arbeit bei ... weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

...

Gez. S. gez. M.

Anlage

Regelungen für Übergang OFK/DIRK"

Am 30.08.2005 wurden die Gesellschaftsverträge der ... und der ... geschlossen. Die ... und die ... als Gesellschafter der ... (im folgenden ...) wurden erst am 12.09.2005 in das Handelsregister eingetragen, die ... am 16.09.2005.

Ab 01.10.2005 arbeitete der Kläger für die .... Am 26.01.2006 wurde dem Kläger Handlungsvollmacht erteilt. Am 29. September 2006 stellte die ... Insolvenzantrag. Das Amtsgericht München hat unter dem Aktenzeichen ... am 01.01.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit Schreiben vom 13.12.2006 (Blatt 15 der Akte) widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die ... und forderte die Beklagte auf, bis spätestens Ende 2006 einen vergleichbaren und zumutbaren Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. In der Zeit vom 1.10.2006 bis 31.12.2006 erhielt der Kläger € 11.528,49 Insolvenzgeld.

Mit seiner beim Arbeitsgericht am 31. Januar 2007 eingegangenen Klage vom 30. Januar 2007 hat der Kläger die gerichtliche Feststellung beantragt, dass sein Arbeitsverhältnis trotz des Betriebsübergangs über den 30.9.2005 mit der Beklagten fortbestanden hat.

Zur Begründung hat er ausgeführt, sein Widerspruch vom 13. Dezember 2006 habe den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613 a BGB auf die ... verhindert. Die Frist des § 613 a Absatz 6 BGB sei nicht angelaufen, weil die Information gemäß § 613 a Absatz 5 BGB nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Die Beklagte habe nämlich keine ausreichenden Angaben zur Person des Betriebsübernehmers im Hinblick auf Firmensitz und Adresse gemacht. Außerdem sei der Grund des Betriebsübergangs nicht ausreichend dargestellt worden. Zwar sei damit zunächst das zu Grunde liegende Rechtsgeschäft gemeint, es müssten jedoch auch die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang schlagwortartig mitgeteilt werden. Hierfür hätte die Beklagte auf die umfangreiche und teure Restrukturierung hinweisen müssen. Hinsichtlich der Marktstellung der ... mit Sitz in T. sei ein völlig einseitiges Bild gezeichnet worden. Es seien nämlich nicht umsonst circa 350 Millionen € gezahlt worden. Außerdem sei der Sanierungsaufwand von der Beklagten mit einem Betrag von bis zu 4 Milliarden € eingeschätzt worden. Der Beklagte habe über einen Zusammenschluss zwischen ... und der Beklagten getäuscht, da tatsächlich eine weltweite Ausgliederung der Betriebe im Mobilfunkbereich aus der Beklagten stattgefunden habe. Dies sei eine völlige wirtschaftliche Abhängigkeit der ... allein von der ... in T. entstanden. Der Kläger hat ferner vorgetragen, sein Widerspruch sei auch nicht zersplittert, auch wenn er erst circa zweieinhalb Monate nach Stellung des Insolvenzantrages eingelegt worden sei. Er habe zwar bei der ... gearbeitet, doch nichts Weiteres getan, was bei der Beklagten das Vertrauen hätte entstehen lassen können, dass er keinen Widerspruch mehr einlegen werde.

Der Kläger hat erstinstanzlich - soweit Gegenstand des mit der Berufung angegriffenen Teilurteils - beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten über den 30. September 2005 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht wirksam widersprochen. Sein Widerspruch sei verfristet, weil die Beklagte ihn mit Schreiben vom 29 August 2005 ordnungsgemäß unterrichtet habe. Mit der Angabe der Übertragung des Geschäftsgebietes ... auf ... "aufgrund eines Kaufvertrages im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf ..." seien Zeitpunkt, Gegenstand und Grund des Übergangs benannt. Der Kläger sei auch ausreichend über die rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen informiert worden. Diese sollen nämlich schlagwortartig mitgeteilt worden. Die Information, dass der Geschäftsbereich ... vollständig auf die ... übertragen werde, habe beinhaltet, dass bei der Beklagten auf diesem Gebiet keine Arbeitsplätze mehr vorhanden seien. Es bestehe keine Verpflichtung, die den Betriebsübergang veranlassenden wirtschaftlichen Gründe den Arbeitnehmern mitzuteilen. Dem Kläger sei auch die Identität des Betriebserwerbers ausreichend mitgeteilt worden. Ihm sei die Firmenbezeichnung der ... genannt worden. Außerdem sei ihm mit der Anschrift ... auf Seite 2 des Unterrichtungsschreibens die Anschrift des Erwerbers ... dargestellt worden. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbiete es, dass das von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neu aufgestellte Kriterium der "Mitteilung der Anschrift des Betriebserwerbers" rückwirkend angewendet werde.

Hinzukomme, dass es sich bei dem Widerspruch des Klägers um einen unzulässigen Massenwiderspruch wandle, weil er nicht zur Sicherung der arbeitsvertraglichen Rechte eingesetzt werde. Es liege ein abgestimmtes Verhalten der Arbeitnehmer vor, da die Widersprüche mit weitestgehend gleich lautendem Wortlaut eingelegt worden seien und einen unzulässigen Zweck verfolgten. Das Widerspruchsrecht des Klägers sei im Übrigen auch gemäß § 242 BGB verwirkt. Das für eine Verwirkung notwendige Zeitmoment sei erfüllt, weil er erst 14,5 Monate nach Kenntnis des Betriebsübergangs und 15,5 Monate nach Zugang des Unterrichtungsschreibens Übergang widersprochen habe. Das Umstandsmoment sei erfüllt, weil der Kläger seine Arbeitsleistung seit dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges nicht mehr für die Beklagte erbracht und damit zum Ausdruck gebracht habe, dass er ... als seinen Arbeitgeber akzeptiert habe. Hierauf habe sich die Beklagte auch eingerichtet. Maßgeblich sei in diesem Zusammenhang die objektive Beurteilung, mithin das Verhalten des Klägers gegenüber dem Betriebserwerber. So habe der Kläger mit Wirkung zum 26. Januar 2006 Handlungsvollmacht erteilt bekommen. Die Beklagte hat weiter ausgeführt, der Kläger habe gegenüber den zuständigen Personen der Koordinationsstelle mitgeteilt, dass er keine Vermittlungsaktivitäten wünsche, da er sich selbstständig machen wolle. Die Beklagte bestreitet, dass dem Kläger durch die Koordinationsstelle mitgeteilt worden sei, man könne ihn nicht weiter vermitteln.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dass das Verfahren gemäß § 234 GG dem Europäischengerichtshof vorzulegen ist.

Bezüglich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht München hat der Klage durch Teilurteil vom 31.10.2007, das der Beklagten am 16. Januar 2008 zugestellt wurde, im Feststellungsantrag stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehe fort, da der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen habe. Der Widerspruch des Klägers sei fristgemäß gewesen, weil die Beklagte den Kläger mit ihrem Schreiben vom 29. August 2005 nicht ordnungsgemäß unterrichtet und damit auch nicht die einmonatige Widerspruchsfrist in Gang gesetzt habe (§ 613 a Absatz 1 BGB). Eine nicht ordnungsgemäße Information löse nämlich die Widerspruchsfrist nicht aus.

Die Information sei zunächst deshalb nicht ordnungsgemäß gewesen, weil die Beklagte die Firma des Übernehmers zwar korrekt mit ... bezeichnet habe, jedoch den Firmensitz und die Adresse nicht klar und eindeutig mitgeteilt habe. Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bestehe kein Anlass, weil das Bundesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der Informationspflichten des Arbeitgebers kein zusätzliches Kriterium aufgestellt hab, sondern lediglich verlangt habe, dass der Betriebsübernehmer als juristische oder natürliche Person ausreichend identifiziert werden können. Diese Identifizierung basiere ausschließlich auf der Auslegung von § 613 a BGB und stelle kein neues Erfordernis für die Unterrichtsverpflichtung dar.

Darüber hinaus sei das Informationsschreiben vom 29. August 2005 auch deshalb nicht ausreichend, weil der Grund des Betriebsüberganges nicht hinreichend bezeichnet worden sei. Im Gegensatz zur tatsächlichen Situation sei beim Empfänger des Informationsschreibens der Eindruck entstanden, dem Betriebsübergang läge ein klassischer Kaufvertrag zu Grunde. Tatsächlich habe jedoch eine weltweite Ausgliederung der Betriebe im Mobilfunkbereich stattgefunden, da die Erwerber in Deutschland erst noch zu gründen gewesen seien und da der Konzernmutter ein zusätzlicher Betrag von 350 Millionen € zur Restrukturierung bezahlt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat weiter ausgeführt, der Widerspruch des Klägers vom 13. Dezember 2006 sei auch nicht gemäß § 242 BGB unzulässig. Es sei zwar anerkannt, dass die Ausübung eines Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam sein könne. Hierfür lägen im vorliegenden Fall jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.

Das Widerspruchsrecht des Klägers sei auch nicht verwirkt, auch wenn er erst 15,5 Monate nach seiner Kenntnis vom Betriebsübergang und 14,5 Monate nach dem tatsächlichen Betriebsübergang widersprochen habe. Mit Ausnahme der Weiterarbeit bei ... ab dem 1. Oktober 2005 habe er keine Umstände gesetzt, die das für eine Verwirkung erforderliche Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger rechtfertigen könnten.

Gegen die gerichtliche Feststellung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 17. Januar 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag, die sie mit Schriftsatz vom 11. April 2008, der am 14. April 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Beklagte geltend, es habe keine Verpflichtung bestanden, den Kläger über die Adresse des Betriebserwerbers zu informieren. Es handele es sich um einen inländischen Erwerber, für den nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das zusätzliche Erfordernis der Angabe der Adresse nicht aufgestellt worden sei. Für die Arbeitnehmer sei im Übrigen ausreichend erkennbar gewesen, dass die im Informationsschreiben angegebene Adresse die Adresse der Betriebserwerberin gewesen sei. Außerdem sei der Kläger spätestens durch das Schreiben vom 26. Januar 2006, mit dem ihm die Handlungsvollmacht erteilt worden sei, über die Adresse der Betriebsübernehmerin informiert worden.

Außerdem verbiete der Grundsatz des Vertrauensschutzes, das von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neu aufgestellte Erfordernis der Information über die Adresse rückwirkend anzuwenden. Es handele sich um einen neuen Grundsatz und damit um eine Rechtsprechungsänderung.

Die Beklagte trägt weiter vor, das Arbeitsgericht versuche in der angefochtenen Entscheidung die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung damit zu begründen, dass der Kläger nicht ordnungsgemäß über den Grund des Betriebsübergangs informiert worden sei. Das sei jedoch unzutreffend. So sei im Informationsschreiben ausdrücklich mitgeteilt worden, dass der Betriebsübergang "auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf ... erfolge. Weiterhin sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass ein etwaiger Widerspruch keinen Arbeitsplatz bei der Beklagten sichern könne. Damit habe sie, die Beklagte, jene unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang mitgeteilt, die sich im Fall eines Widerspruchs auf ihren Arbeitsplatz hätten auswirken können. Das Arbeitsgericht argumentiere fehlerhaft, wenn es die angeblich unzureichende Information über den Grund des Betriebsübergangs damit begründe, der vorliegende Kaufvertrag habe nicht den "Vorstellungen der Allgemeinheit von einem Kaufvertrag" entsprochen. Die Rechtskenntnisse der Allgemeinheit seien im Rahmen der Information über den Rechtsgrund des Betriebsübergangs nämlich nicht relevant. Die Forderung des Arbeitsgerichts München, die Vorstellungen der "Allgemeinheit" von einem "Kaufvertrag im landläufigen Sinn" zu berücksichtigen, sei in Anbetracht der Vielzahl unterschiedlicher Rechtskenntnisse verschiedener Arbeitnehmer gar nicht realisierbar. Es sei auch nicht richtig, dass ein Kaufvertrag die Zahlung eines "positiven Kaufpreises" erfordere. Vielmehr seien Zahlungen des Verkäufers an den Käufer für die Übernahme von Verbindlichkeiten oder sonstigen Belastungen in der Praxis des Unternehmenskaufs durchaus üblich.

Im Übrigen habe sie, die Beklagte, auch hinreichend über die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang informiert. Erforderlich sei nämlich nicht, dass die betroffenen Arbeitnehmer über die "wirtschaftlichen Hintergründe" des Betriebsübergangs zu unterrichten sein. Vielmehr lasse es das Bundesarbeitsgericht genügen, dass diejenigen unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang mitgeteilt würden, die sich im Fall eines Widerspruchs auf den Arbeitsplatz des widersprechenden Arbeitnehmers auswirken könnten. Der Kläger habe aufgrund des Informationsschreibens gewusst, dass unternehmerischer Grund für den Betriebsübergang die vollständige Übertragung der ...-Aktivitäten auf ... sei, dass deshalb sämtliche Arbeitsplätze dieses Bereichs bei der Beklagten entfielen und damit sein Widerspruch unter Umständen die betriebsbedingte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zur Folge haben könne.

Das Arbeitsgericht habe weiterhin zu Unrecht einen Verwirkungstatbestand ausgeschlossen. Das Arbeitsgericht habe bei seiner Beurteilung des Umstandsmoments den Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger seine Arbeitsleistung seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht mehr für die Beklagte erbracht habe und zusätzliche durch Änderungen des Arbeitsvertrages zum Ausdruck gebracht habe, dass er ... als seinen Arbeitgeber akzeptiert habe, schließlich, dass dem Kläger mit Schreiben vom 26. Januar 2006 Handlungsvollmacht erteilt worden sei.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München, Az.: 27 Ca 1488/07, vom 23. November 2007 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Hilfsweise regt die Beklagte an, dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 Abs. 2 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

a. Ist Art. 8 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind?

b. Falls Frage 1 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 8 RL 2001/23/EB dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, rückwirkend zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind und die sich auch nicht durch Auslegung dieser Normen gewinnen lassen?

c. Falls auch Frage 2 mit Nein beantwortet wird:

Ist eine Auslegung des § 613a Abs. 5 BGB, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt wird, die Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben anzugeben, eine "für die Arbeitnehmer günstigere" Vorschrift im Sinne von Art. 8 RL 2001/23/EG?

d. Ist Art. 3 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein Widerspruch nicht mehr nach einem Betriebsübergang erklärt werden kann?

e. Falls Frage 4 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein nach dem Betriebsübergang erklärter Widerspruch eines Arbeitnehmers auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen beim Betriebsveräußerer fortbestanden hat und dem entsprechend die tatsächliche Beschäftigung beim Betriebserwerber rechtsgrundlos erfolgt ist?

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, er habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die ... mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 ordnungsgemäß widersprochen. Außer den vom Arbeitsgericht München bereits festgestellten Unvollständigkeiten, Fehlern und Täuschungen im Informationsschreiben der Beklagten vom 29. August 2005 habe dieses auch in weiteren Punkten nicht den Anforderungen des § 613 a Absatz 5 BGB entsprochen.

Im Informationsschreiben müsse gemäß § 613 a Absatz 5 Nummer 3 BGB der Betriebsübernehmer so genau bezeichnet sein, dass der betroffene Arbeitnehmer sich über die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebsübernehmers vergewissern könne. Dies sei nicht geschehen. Aus den Angaben des Informationsschreibens ergebe sich in keiner Weise, welchen Firmensitz und welche Adresse der Betriebserwerber haben solle. Diesem Punkt komme im vorliegenden Fall besondere Bedeutung zu, weil die ... der eigentliche Betriebserwerber gewesen sei und weil die ... zu dem Zeitpunkt des Informationsschreibens noch gar nicht gegründet gewesen sei. Im Informationsschreiben finde sich kein Hinweis, dass der Gesellschaftsvertrag über die ... zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geschlossen gewesen sei und dieses Unternehmen dementsprechend auch noch gar nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Im Hinblick darauf habe zumindest die Verpflichtung bestanden, die zukünftigen Gesellschafter mit Sitz und Anschriften näher zu bezeichnen. Hinzukomme, dass das Informationsschreiben nicht eindeutig erkennen lasse, wer der Erwerber des Geschäftsgebietes ... werde, da die Beklagte im Informationsschreiben abwechselnd die Firmenbezeichnungen ... verwende. Demnach habe aus Sicht des Arbeitnehmers Erwerber sowohl die noch zu gründe ... oder auch die ... oder auch die ... sein können. Zudem habe die Beklagte darüber getäuscht, es werde einen Zusammenschluss zwischen der Beklagten und der ... geben. Tatsächlich habe dann eine vollständige weltweite Ausgliederung der Betriebe im Mobilfunkbereich aus der Beklagten stattgefunden und es sei zu einer völligen wirtschaftlichen Abhängigkeit der ... allein von der ... gekommen.

Der Kläger trägt weiter vor, die Beklagte habe auch nicht in der erforderlichen Genauigkeit den Gegenstand des Betriebsübergangs bezeichnet. Insbesondere sei nicht klar geworden welcher konkrete Betrieb oder Betriebsteil übergehen solle.

Die Beklagte habe weiterhin auch den Grund für den Betriebsübergang nach § 613 a Absatz 5 Nummer 2 BGB nicht ausreichend benannt. Im Informationsschreiben werde als Grund für den Übergang ein Kaufvertrag genannt. Bei dem am 6. Juni 2005 geschlossenen Carve-Out-Vertrag mit der ... über die Veräußerung des Geschäftsgebietes ... habe es sich jedoch nicht um einen Kaufvertrag gehandelt. Dieser setze als Gegenleistung die Zahlung eines positiven Kaufpreises voraus. Tatsächlich habe die Beklagte das Geschäftsgebiet ... an die ... mit einem negativen Kaufpreis veräußert.

Der Kläger trägt weiter vor, die Beklagte habe in ihrem Informationsschreiben auch nicht korrekt über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs informiert. Darüber hinaus seien auch der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs unzureichend wiedergegeben worden. So sei nicht darüber informiert worden, dass die persönlich haftenden Gesellschafter der ... lediglich jeweils über ein Stammkapital in Höhe von 25.000 € verfügten, dem ein Finanzierungsbedarf von monatlich circa 250 Millionen € gegenübergestanden habe. Auch fehle ein Hinweis, dass bedeutende Unternehmenswerte in Form einer Vielzahl sehr elementarer Schutzrechte, Patente und Marken des Geschäftsgebietes ... auf die ... übertragen werden und nicht bei der ... verbleiben sollten. Zu dem werde in dem Informationsschreiben nicht darüber unterrichtet, dass weitere bedeutende Unternehmenswerte in Form von Grundstücken an die ... für circa 14 Millionen € verkauft werden sollten und nicht mehr als Sachwerte im Betriebsvermögen der ... zur Verfügung stellen sollten. Tatsächlich sei es dann doch noch anders gekommen. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die diesbezügliche Planung bestanden habe und man die Mitarbeiter hierüber hätte informieren müssen. Insgesamt habe die Beklagte im Informationsschreiben die Marktstellung der ... und die Effekte des Erwerbs des Geschäftsgebietes ... für ... derart positiv dargestellt, das Bedenken im Hinblick auf etwaige Gefahren für die Arbeitsplätze und die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Ansprüche durch die Erwerberfirma hätten als abwegig erscheinen müssen.

Der Kläger trägt weiter vor, das Arbeitsgericht München habe zutreffend erkannt, dass der Widerspruch des Klägers weder im Rahmen eines nicht zulässigen kollektiven Massenwiderspruchs erklärt noch nicht zur Sicherung arbeitsvertraglicher Rechte eingesetzt worden sei. Sein Recht zur Ausübung des Widerspruchs sei auch nicht verwirkt. Er, der Kläger, habe keinerlei Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 c) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Klage ist im Feststellungsantrag begründet, weil der Kläger infolge seines rechtzeitigen Widerspruchs in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten steht (§ 613 a Absatz 6 Satz 1 BGB). Das Arbeitsverhältnis ist nicht auf die Betriebsübernehmerin nach § 613 a Absatz 6 Satz 1 BGB übergegangen, da der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen hat. Voraussetzung ist eine fristgemäße schriftliche Widerspruchserklärung.

1. Eine schriftliche Erklärung des Klägers, mit der er sich gegen einen Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebsübernehmerin aussprach, erfolgte am 28. September 2006. Die Frist für den Widerspruch ist eingehalten. Nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB hat er einen Monat nach der Unterrichtung im Sinn des § 613 a Abs. 5 BGB zu erfolgen. Vorliegend widersprach der Kläger 13 Monate nach dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung vom 29. August 2005. Die Frist begann jedoch nicht zu laufen, da die Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB fehlerhaft war (BAG, Urteil vom 13.7.2006, Az.: 8 AZR 305/05, NJW 2007,246).

a) Das Informationsschreiben erfüllt nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer zu erstrecken.

aa) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass im Falle eines Betriebsüberganges der Arbeitnehmer so zu informieren ist, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerrufsrechtes erhalten (BT-Drucks. 14/7760 S. 19). So soll insbesondere dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen und dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden.

Dabei hat sich der Inhalt der Unterrichtung nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung zu richten.

bb) Der Kläger rügt zu Recht, die durch die Beklagte erfolgte Unterrichtung entspreche deshalb nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, weil sie keine ausreichenden bzw. sogar irreführende und falsche Angaben zur wirtschaftlichen Lage der Betriebsübernehmerin bzw. der Vertragspartnerin des Rahmenvertrags enthalte.

Grundsätzlich ist der bisherige Arbeitgeber zwar nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebsübernehmers im Einzelnen zu unterrichten, da deren Beurteilung grundsätzlich nicht eindeutig anhand objektiver Tatsachen erfolgen kann, sondern jeweils im Einzelfalle einer regelmäßig nicht justiziablen Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung unterliegt. Dies bedeutet, dass das wirtschaftliche Potential des Betriebserwerbers im Allgemeinen nicht Gegenstand der Informationspflicht ist.

§ 613a Abs. 5 BGB gebietet jedoch eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsüberganges, wenn durch diesen die Rechtspositionen des Arbeitnehmers zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsüberganges jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist (BAG, Urteil vom 31.01.2008, 8 AZR 1116/06, zit. n. Juris).

cc) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Das Informationsschreiben lässt nicht erkennen, dass die Übertragung des Betriebsteils ... der Beklagten lediglich Teil eines Veräußerungspakets ist, das mit der ...geschlossen wurde und bei dem wesentliche Vermögenswerte des zu übertragenden Geschäftsbereichs nicht der Übernehmerin, sondern der ... zufließen sollten. Hier sind zu nennen die Patent- und Markenrechte, die einen wesentlichen Teil des Firmenwerts ausmachen sowie die sich aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen bei der Beklagten ergebenden Ausgleichszahlungsverpflichtungen an die Konzernmutter, die .... Das Informationsschreiben lässt weiterhin nicht erkennen, dass die Übertragung an eine im Zeitpunkt der Information noch gar nicht gegründete Offene Handelsgesellschaft erfolgen sollte, deren persönlich haftende Gesellschafterinnen Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren, deren Stammkapital gerade einmal je 25.000,00 € betrug.

Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung seines Widerspruchsrechtes nach § 613 a Abs. 6 BGB zu befinden, hätte die Beklagte den Kläger über diese Eckdaten der geplanten Transaktion unterrichten müssen. Durch die genannten Aspekte wurden zwar die Rechte und Pflichten aus dem nach § 613a Abs. 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber, die ..., übergehenden Arbeitsverhältnis des Klägers nicht unmittelbar berührt. Sie hätten jedoch für die betroffenen Arbeitnehmer erkennen lassen, dass die von der Beklagten seinerzeit geplante Aktion mit erheblichen Risiken für ihre Arbeitsplatzsicherheit verbunden war.

Die gewählte Vertragsgestaltung führte nämlich dazu, dass Aktiva des zu veräußernden Geschäftsbereichs nur teilweise - nämlich insbesondere ohne die in dieser Branche ganz wesentlichen Patent- und Markenrechte - an eine Übernehmerin übertragen wurde, die im Zeitpunkt der Information der Mitarbeiter rechtlich noch gar nicht gegründet war und deren Haftungskapital in einem - zu vernachlässigenden - Gesamtbetrag von 50.000,00 € bestand. Sie führte weiter dazu, dass die Übernehmerin Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen übernahm, deren komplementäre aktiven Vermögenswerte - die Ausgleichzahlungen - nicht ihr, sondern der Konzernmutter versprochen wurden. Diese Teilaspekte müssen zusätzlich vor dem Hintergrund gewertet werden, dass der zu übertragende Geschäftsbereich im Übertragungszeitraum chronisch defizitär war. Diese Fakten in ihrer Gesamtheit - die Art der gesellschaftsrechtlichen Basis der Übernehmerin bzw. die Art ihrer Abhängigkeit von der Konzernmutter, ihre geringe Kapitalausstattung, ihr nur teilweiser Erwerb der Vermögenswerte des veräußerten Geschäftsbereichs - stellen Umstände dar, auf deren Kenntnis der Kläger Anspruch hatte, weil diese in einer Gesamtschau die Arbeitsplatzsicherheit in dem zu übertragenden Geschäftsbereich ernsthaft gefährdete.

b) Das Informationsschreiben erfüllt auch nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf den Grund für den Übergang zu erstrecken. Als Grund für den Übergang müssen die rechtsgeschäftliche Grundlage für den Betriebsübergang (z.B. Kauf, Pacht, Umwandlung) sowie die beteiligten Unternehmen mitgeteilt werden (APS-Steffan, 2. Aufl., § 613 a BGB Rz. 208).

Der Grund für den Übergang ist nicht hinreichend konkret bezeichnet worden.

Insbesondere lässt das Schreiben nicht erkennen, dass Vertragspartner des Rahmenvertrags, der wesentliche Teile des Veräußerungsgeschäfts sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Verkauf des Geschäftsbereichs ... an die ... zum Gegenstand hatte, die ... sowie die ... gewesen sind. Nur bei Kenntnis dieser Fakten wären die Mitarbeiter über den "Grund" des Übergangs ausreichend informiert gewesen. Die reduzierte Mitteilung, dass die Beklagte an ... verkauft habe, reicht jedenfalls nicht, um dem Mitarbeiter die für die Ausübung seines Widerspruchsrechts notwendige Wissensgrundlage zu verschaffen. Das gilt im vorliegenden Fall in besonderer Weise, weil die Veräußerung des Geschäftsbereichs ... keine Einzeltransaktion zwischen der Beklagten und der ..., sondern Gegenstand eines Vertragspakets war, an dem außer der ... auch die Konzernmutter maßgeblich als Vertragspartnerin des "Master Sale and Purchase Agreements" beteiligt war, wobei dieser wesentliche Vermögenswerte des zu veräußernden Geschäftsbereichs versprochen wurden.

c) Unter den gegebenen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob das Fehlen einer Anschrift des Sitzes der Betriebsübernehmerin einen widerspruchsrelevanten Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß § 613 a Abs. 5 BGB beinhaltet und ob insoweit eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angezeigt wäre.

2. Das Widerspruchsrecht des Klägers war auch nicht verwirkt.

Der Widerspruch des Klägers vom 29.09.2006 ist nicht verwirkt, obwohl der Kläger erst 13 Monate nach seiner Kenntnis von dem Betriebsübergang und 12 Monate nach dem tatsächlichen Betriebsübergang diesem widersprochen hat.

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei muss das Interesse des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG vom 15.02.2007, 8 AZR 449/06, Rn. 42, zitiert nach Juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Kläger sein Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Dabei kann dahinstehen, ob das Zeitmoment erfüllt ist, da es jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment fehlt.

Der Kläger hat - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - keine Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten. Die bloße Weiterarbeit ist nicht geeignet, das Umstandsmoment zu verwirklichen (BAG Urteil vom 14.12.2006, 8 AZR 763/05).

Angesichts der von der Beklagten den Arbeitnehmern erteilten irreführenden Information bezüglich des seinerzeit geplanten Betriebsübergangs ist im übrigen das von der Beklagte behauptete Vertrauen in das Ausbleiben von späteren Widersprüchen nach Ablauf der ursprünglichen Widerspruchsfrist auch nicht schutzwürdig. Zumindest überwiegt vor dem bezeichneten Hintergrund das Interesse des Vertrauensschutzes des Verpflichteten - der Beklagten - nicht das Interesse des Berechtigten - des Klägers - an der Ausübung seines Widerspruchsrechts. (vgl. auch LAG München, 4. Kammer, Urteil vom 17.4.2008, Az.: 4 Sa 1063/07, unter 4 a) am Ende).

b) Der Widerspruch des Klägers vom 29.09.2006 ist auch nicht deshalb unzulässig, weil er Teil eines - so die Einlassung der Beklagten - gemäß § 242 BGB unzulässigen kollektiven Massenwiderspruchs gewesen sei.

Zwar ist anerkannt, dass die Ausübung eines Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam sein kann. Ein Widerspruch darf nicht institutionell missbraucht werden und zur Erreichung unzulässiger Ziele dienen. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Rechtsausübung dann missbräuchlich sein kann, wenn kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt, sie als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder und unlauterer Zwecke dient oder nur den Zweck hat einem anderen Schaden zuzufügen. Übt eine Vielzahl von Arbeitnehmern das Widerspruchsrecht aus, kann sich demgemäß aus der Zweckrichtung der Widerspruchsausübung, soweit sie nicht im Schwerpunkt auf die Verhinderung des Arbeitgeberwechsels zielt, sondern beispielsweise von der Motivation getragen ist, den Betriebsübergang als solchen zu verhindern oder aber Vergünstigungen zu erzielen, auf die die Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch haben, ein rechtsmissbräuchliches Handeln ergeben (BAG vom 30.09.2004, 8 AZR 462/03).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann nicht festgestellt werden, dass der Widerspruch des Klägers unwirksam ist.

Die Beklagte hat schon keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass kein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers vorlag. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im zeitlichen Zusammenhang mit der Stellung des Insolvenzantrages durch ... und noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens widersprochen. Zu diesem Zeitpunkt war aus seiner Sicht die Fortführung dieses Betriebes mehr als gefährdet. Allein der Umstand, dass zur Widerspruchseinlegung von dritter Seite Formulierungshilfen geleistet bzw. ein Großteil der Widersprüche gebündelt abgegeben wurde, spricht nicht gegen ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers. Sofern von dritter Seite mit der Einlegung der Widersprüche Druck auf die Beklagte ausgeübt werden sollte und somit auch andere Zwecke verfolgt sein könnten, fehlt es an einem Vortrag der Beklagten, dass der Kläger an diesem Vorhaben beteiligt war oder aufgrund dieser Motivation gehandelt hat. Der Kläger verfolgte damit mit Einlegung des Widerspruchs die Sicherung seiner arbeitsvertraglichen Rechte.

Im Übrigen handelt es sich um einen nahe liegenden Geschehensablauf, wenn ein Arbeitnehmer - wie hier - aufgrund der Tatsache, dass auch viele Kollegen von derselben Situation betroffen sind, seinen Widerspruch gleichzeitig mit diesen Kollegen abgibt und bei der Formulierung auf Formulierungshilfen einer Gewerkschaft zurückgreift. Dies führt nicht zu einem institutionellen Missbrauch des Widerspruchsrechts.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 97 ZPO.

IV.

Gegen dieses Urteil kann die Beklagte Revision einlegen.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Ende der Entscheidung

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