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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 12.11.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 498/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 613 a
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer noch längere Zeit nach einem vollzogenen Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses kann, wenn die Information nach § 613 a Abs.5 BGB unzureichend war. Hierzu vorgreiflich war zu prüfen, ob die vom Betriebsveräußerer den Mitarbeitern im konkreten Fall erteilte Information den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB entsprochen hat. Dies wurde verneint.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

11 Sa 498/08

Verkündet am: 12.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Frank und Traub

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. Februar 2008, Az.: 13 Ca 8806/07, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten - soweit Gegenstand dieses Berufungsverfahrens - über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war seit 01.01.1990 bei der Beklagten als Konstrukteur im Geschäftsbereich MD beschäftigt. Sein monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt € 5.749,--. Arbeitsort war der Betrieb München.

Wegen längerfristig defizitären Verlaufs ihrer Mobilfunksparte entschloss sich die Beklagte im Jahre 2005, die Sparte "C. MD" zu veräußern. Die Veräußerung erfolgte in einem so genannten "carve-out"-Vertrag. Hierbei handelt es sich um einen Rahmenvertrag zwischen der S. AG und der B. Corp., T., der sodann in zusätzlichen Einzelverträgen mit teilweise unterschiedlichen Vertragsparteien aus der jeweiligen Konzern-Gruppe umgesetzt wurde. Im carve-out-Vertrag war vorgesehen, dass sämtliche von S. gehaltenen, zu veräußernden Schutzrechte, Patente und Marken von der B. Corp. erworben und auf diese übergeleitet werden sollten. In Einzelverträgen wurden die zum Übertragungsstichtag vorhandenen und der Mobiltelefonsparte des S.-Konzerns zuzuordnenden Vermögensgegenstände veräußert. In diesem Zusammenhang hat die S.AG die in Deutschland belegenen Vermögensgegenstände in Erfüllung des Rahmenvertrags an die von der B. Corp., T., benannte Fa. B. M. GmbH & Co OHG als Käuferpartei veräußert. Zusätzlich wurden von den B.-Konzerngesellschaften, insbesondere von der B. M. GmbH & Co OHG auch diverse Verbindlichkeiten wie beispielsweise Pensionszusagen, Gewährleistungs- und Herstellerverpflichtungen übernommen. Als Ausgleich hierfür hat die Beklagte teilweise Geldzahlungen vereinbart, die vertragsgemäß der B. Corp. zustehen sollten.

Die B. M. GmbH & Co OHG (im Folgenden: B. M.) ist eine offene Handelsgesellschaft mit Sitz in M., ..., deren Gegenstand in der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Mobiltelefonen besteht. Die Gründung erfolgte mit privatschriftlichem Gesellschaftsvertrag vom 12. September 2005, erste Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 16. September 2005. Persönlich haftende Gesellschafter sind die B. M. Management GmbH sowie die B. W. GmbH, jeweils mit Sitz in M., ... mit einem Stammkapital von jeweils 25.000,00 €. Die Obergesellschaft der B.-Gruppe ist die B. Corp., T.. Diese wiederum ist alleinige Gesellschafterin der B. M. Holding B.V. mit Sitz in den N., welche wiederum die jeweils alleinige Gesellschafterin der beiden persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. M. ist.

Bereits mit Schreiben vom 29. August 2005 hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass der Geschäftsbereich C. MD zum 01.10.2005 auf die B. M. (im Folgenden B. M.) übergehe. Das Schreiben lautet:

"Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrter Herr H.,

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes C. MD (M. D.) zum 01.10.2005 in die B. M. (im Folgenden: B. M.) übertragen.

B. ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird B. M. in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt B. schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit S. kann B. seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. S. bietet B. eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West- und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält B. durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von S. Daneben bekommt B. einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von S.

Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B. M. Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB B. M. ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten ihres Arbeitsverhältnisses mit der S. AG eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit B. M. fortgeführt (insbesondere keine Veränderungen bei dem jeweiligen Einkommenssystem, Altersversorgung, Jubiläumsregelung, Dienstzeitregelung). Ebenso gelten die jeweiligen Tarifverträge (einschließlich des Ergänzungstarifvertrags Bocholt/Kamp-Lintfort) gem. § 613a BGB weiter.

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Einkommens bleibt ebenso wie eine bestehende freiwillige, widerrufliche Sonderzulage anlässlich des Betriebsübergangs unverändert.

Im Einzelnen gilt für sie die beiliegende, mit dem Gesamtbetriebsrat der S. AG vereinbarte Regelung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen (Überleitungsvereinbarung), die Bestandteil dieses Schreibens ist.

Die bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen und örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten bis zu einer eventuellen Neuregelung weiter, sofern in der Überleitungsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.

B. M. haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Zusätzlich haftet die S. AG für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 01.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

Eine Kündigung wegen des Betriebsüberganges ist gesetzlich gemäß § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Sie werden auch nach dem 01.10.2005 durch ihren bisherigen Betriebsrat weiter betreut; an den Standorten in U., B. und M. / G Str. gilt dies solange, bis durch Neuwahlen eigene Betriebsratsgremien gewählt sind, längstens bis zum 31.01.2006.

Für den Standort K.-L. wurde der örtliche Betriebsrat informiert, dass an diesem Standort aufgrund von Produktivitätssteigerungen in der Fertigung der Abbau von ca. 340 Mitarbeitern im Bereich der Lohngruppen 2 bis 7 geplant ist.

Dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf B. M. können sie nach § 613a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht auf B M. übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der S. AG, da die C. MD - Aktivitäten vollständig auf B. M. übertragen werden und damit diese Arbeitsplätze bei der S. AG entfallen, so dass es letztlich zu betriebsbedingten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann.

Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an Herrn R. B., C. HR CG, ... oder an Herrn Dr. V. E., ... zu richten.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung.

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei B. M. weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

S. AG

Gez. G. gez. M.

Anlage

Überleitungsvereinbarung Tarifkreis"

Ab 01.10.2005 erbrachte der Kläger seine Arbeitsleistung für die B. M. Am 20. September 2006 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit der B. M. ordentlich zum Ablauf des 31. Januar 2007. Am 28. September 2006 stellte die B.M. Antrag auf Insolvenzeröffnung. Das Amtsgericht München eröffnete unter dem Aktenzeichen 1503 IN 3270/06 mit Beschluss vom 01.01.2007 das Insolvenzverfahren. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. Martin Prager bestellt. Ebenfalls am 1.1.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. M. eröffnet.

Am 28. September 2006 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. M. schriftlich und wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass die Frist zum Einspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses wegen unzureichender Information nicht zu laufen begonnen habe.

Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 3. Juli 2007 eingegangenen Klage vom selben Tag hat der Kläger - soweit Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens -die gerichtliche Feststellung beantragt, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht zum 1. Oktober 2005 auf die B. M. übergegangen ist, ferner hat er die Verurteilung der Beklagten zur Beschäftigung des Klägers als Konstrukteur begehrt.

Zur Begründung hat er vorgetragen, der Widerspruch vom 28. September 2006 habe den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a BGB auf die B. M. verhindert. Zwar sei der Widerspruch nicht innerhalb von einem Monat nach Unterrichtung über den Betriebsübergang ausgesprochen worden, jedoch sei die Frist des § 613a Abs. 6 BGB nicht angelaufen, da die Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Insbesondere habe die Beklagte nicht ausreichend über die prekäre Situation des Bereichs C. MD unterrichtet. Es habe eine Verpflichtung zum Hinweis bestanden auf die damaligen hohen Verluste, auf einen Restrukturierungsaufwand von ca. 4 Milliarden Euro, auf die nicht ausreichende Leistungsfähigkeit der Konzernmutter, auf die Tatsache, dass Vermögenswerte wie Patente auf die Konzernmutter übertragen worden seien, auf die Überweisung der Rückstellungen von Pensionslasten an die t. Konzernmutter sowie auf den personenidentischen Übergang der zweiten und dritten Führungsebene. Weiterhin sei die Rechtsperson, auf die das Arbeitsverhältnis habe übergehen sollen, nicht hinreichend bezeichnet worden. So sei eine ladungsfähige Anschrift nicht mitgeteilt worden, sondern lediglich eine Stelle zur Abgabe eines möglichen Widerspruchs. Außerdem sei in dem Überleitungsschreiben zwar mitgeteilt worden, dass der Betriebsübergang im Wege eines Kaufvertrages stattfinde. Die Informationsverpflichtung gehe jedoch über die Angabe des Vertragstypus hinaus. Auch sei die Weitergeltung etwaiger Tarifverträge nicht hinreichend konkretisiert worden. Zudem habe die Beklagte nicht mitgeteilt, dass der Verkauf durch einen negativen Kaufpreis gekennzeichnet sei. In diesem Zusammenhang habe sie auch mitteilen müssen, wer diesen negativen Kaufpreis erhalten habe, die Konzernmutter in T. oder B. M. als Startkapital.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, das Beschäftigungsverhältnis des Klägers sei wirksam zum 1. Oktober 2005 auf B. M. übergegangen. Die Klage sei bereits unzulässig, denn der Kläger habe sein Klagerecht verwirkt, da er bis zur Klageerhebung zu viel Zeit habe verstreichen lassen. Er habe nach Kenntnisnahme von dem Betriebsübergang fast 21 Monate, nach Kenntnisnahme der Insolvenz von B. und Erklärung des Widerspruchs fast 9 Monate gewartet, bevor er Klage erhoben habe. Dies sei treuwidrig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses weder rechtzeitig noch in zulässiger Weise widersprochen habe. Der Widerspruch sei ein kollektiver Massenwiderspruch, der unzulässig sei, weil er nicht zur Sicherung der arbeitsvertraglichen Rechte eingesetzt worden sei. Primäres Ziel sei es gewesen, Druck auf die Beklagte ausüben, nicht aber den Arbeitgeberwechsel zu verhindern. Darüber hinaus sei das Widerspruchsrecht des Klägers gemäß § 242 BGB verwirkt. Infolge des langen Zuwartens durch den Kläger sei das Zeitmoment unzweifelhaft erfüllt. Da der Kläger seine Arbeitsleistung seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht mehr für die Beklagte erbracht habe, sondern sogar durch Änderungen der Arbeitsbedingungen zum Ausdruck gebracht habe, dass er B. als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiere, stelle der Widerspruch ein widersprüchliches Verhalten dar. Die Unterrichtung des Klägers durch das Schreiben vom 29. August 2004 sei im übrigen ordnungsgemäß im Sinne von § 613 a Absatz 5 BGB gewesen und habe die Widerspruchsfrist wirksam ausgelöst.

Das Arbeitsgericht München hat die Feststellungsklage mit Teilurteil vom 12. Februar 2008, das der Beklagten am 13. Mai 2008 zugestellt wurde, in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, das Klagerecht sei nicht verwirkt. Trotz des langen Zeitraums bis zur Klageerhebung seien nämlich die Voraussetzungen eines Vertrauenstatbestands nicht gegeben. Es liege auch kein unzulässiger Massenwiderspruch vor. Über die Tatsache der kollektiven Ausübung des Widerspruchsrechts hinaus seien keine Gesichtspunkte ersichtlich, die die Wahrnehmung dieses Rechts als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließen. Unabhängig davon sei die Widerspruchsfrist eingehalten. Der Widerspruch sei fristgemäß erfolgt, weil die Information nicht ordnungsgemäß gewesen sei und damit die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Ein Mangel des Widerspruchsschreibens liege darin, dass es den Grund für den Übergang nicht hinreichend erkennen lasse. Unter Kaufvertrag werde nämlich landläufig die Übertragung eines wirtschaftlichen Werts gegen Zahlung verstanden. Erhalte jedoch der Veräußerer - wie hier - keinen Gegenwert, habe dies den Arbeitnehmern verständlich zur Kenntnis gebracht werden müssen. Nur dann hätten die Arbeitnehmer die mit dem Betriebsübergang verbundenen wirtschaftlichen Risiken abschätzen können. Das Informationsschreiben sei insofern mangelhaft, als nicht ausreichend über die Identität des Erwerbers unterrichtet worden sei. Es sei nämlich lediglich in täuschender Weise über den Übergang des Betriebs auf die Fa. B. M. informiert worden. Das Widerspruchsrecht des Klägers sei auch nicht verwirkt. Es könne dahin gestellt bleiben, ob das Zeitmoment erfüllt sei, da zumindest das Umstandsmoment nicht gegeben sei. Das Widerspruchsrecht sei auch nicht auf Grund einer analogen Anwendung von § 144 BGB ausgeschlossen.

Gegen das Teilurteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 23. Mai 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom 20. Mai 2008, den sie mit Schriftsatz vom 28. Juli 2008, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Beklagte geltend, die landläufigen Vorstellungen von Arbeitnehmern seien entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts im Rahmen der Information nicht relevant.

Weder § 613 a Abs. 5 BGB noch die Rechtsprechung verlangten, dass die Ausgestaltung des Rechtsgeschäfts erläutert werde oder dass erklärt werde, was sich hinter den Begriffen Kaufvertrag, Pachtvertrag oder Outsourcingvertrag verberge. Die Beklagte habe auch nicht über die Identität des Erwerbers getäuscht, sondern sehr genau unterschieden zwischen B. und B. M.. Die differenzierte Verwendung der Begriffe B. und B. M. lasse deutlich erkennen, wer Erwerber sei. Das Arbeitsgericht habe außerdem zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass ein mit der IG Metall abgestimmtes Verhalten der widersprechenden Arbeitnehmer vorgelegen habe. Nach der Rechtsprechung komme im Zusammenhang mit der Verwirkung darauf an, dass sich der Verpflichtete habe darauf einrichten dürfen, dass der Berechtigte sein Recht in Zukunft nicht mehr geltend machen werde. Hierbei sei ein objektiver Beurteilungsmaßstab anzulegen. Es komme nicht darauf an, ob der Verpflichtete vom Recht des Berechtigten Kenntnis gehabt habe oder hätte haben können. Der Kläger sei bis zum Zeitpunkt des Widerspruchs untätig geblieben. Die Beklagte habe sich seit dem Betriebsübergang auch darauf eingestellt, dass es dabei bleiben werde. Durch die Erklärung des Widerspruchs verhalte sich der Kläger widersprüchlich. Rechtsprechung und Literatur sähen es als widersprüchlich an, wenn der Berechtigte bei gegenseitigen Verträgen zunächst die Gegenleistung oder sonstigen Vorteile aus dem Rechtszustand entgegen nehme, den er durch die spätere Ausübung eines Gestaltungsrechts beenden möchte. Durch die Kündigung vom 20.9.06 habe der Kläger außerdem deutlich zu erkennen gegeben, dass er B. M. als Arbeitgeber akzeptiert habe.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Teilurteil des Arbeitsgerichtes München, Az.: 13 Ca 8806/07, vom 12. Februar 2008 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Hilfsweise regt die Beklagte an, dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 Abs. 2 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

a. Ist Art. 8 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind?

b. Falls Frage 1 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 8 RL 2001/23/EB dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, rückwirkend zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind und die sich auch nicht durch Auslegung dieser Normen gewinnen lassen?

c. Falls auch Frage 2 mit Nein beantwortet wird:

Ist eine Auslegung des § 613a Abs. 5 BGB, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt wird, die Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben anzugeben, eine "für die Arbeitnehmer günstigere" Vorschrift im Sinne von Art. 8 RL 2001/23/EG?

d. Ist Art. 3 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein Widerspruch nicht mehr nach einem Betriebsübergang erklärt werden kann?

e. Falls Frage 4 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein nach dem Betriebsübergang erklärter Widerspruch eines Arbeitnehmers auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen beim Betriebsveräußerer fortbestanden hat und dem entsprechend die tatsächliche Beschäftigung beim Betriebserwerber rechtsgrundlos erfolgt ist?

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, bei der Abwägung der Chancen und Risiken des Übergangs des Arbeitsverhältnisses sei es für den Arbeitnehmer essenziell zu wissen, ob ein Kaufpreis vereinbart werde, der den Wert des Unternehmens beschreibe oder ob der Verkäufer noch zusätzliche Zahlungen leiste, weil die Kaufsache sonst unverkäuflich sei. Es bleibe bestritten, dass ein Kaufvertrag mit B. M. vorliege. Hiergegen spreche der von der Beklagten ins Feld geführte MSPA. Aus dem Informationsschreiben ergebe sich auch nicht eindeutig, wer der Erwerber sei. B. M. sei im Übrigen zum Zeitpunkt der Mitteilung noch nicht existent gewesen. Auf eine Bestimmbarkeit des Sitzes der Erwerberin komme es nicht an. Sei ein Informationsschreiben auslegungsfähig und auslegungsbedürftig, dann fehle es an der notwendigen Klarheit. Nachträgliche Informationen - hier durch spätere Schreiben mit Briefkopf - seien zwar möglich. Eine solche nachträgliche Information müsse jedoch ausdrücklich als solche bezeichnet werden, was nicht geschehen sei. Die Beklagte habe bezüglich der Behauptung eines rechtsmissbräuchlichen Massenwiderspruchs keine Umstände dargetan, die darauf schließen ließen, dass kein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers vorgelegen habe. Der Wirksamkeit des Widerspruchs stehe - wie das Arbeitsgericht zutreffend und mit überzeugender Begründung dargelegt habe - auch nicht entgegen, dass der Kläger am 8. August 2006 mit B. M. einen Aufhebungsvertrag geschlossen habe. Der Kläger schließe sich der Beurteilung des Arbeitsgerichts an, dass der Abschluss des Aufhebungsvertrags nicht auf einen konkludenten Willen des Klägers schließen lasse, auf ein mögliches noch bestehendes Widerspruchsrecht zu verzichten. Aus diesem Grund könne auch eine analoge Anwendung von § 144 BGB außer Betracht bleiben.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 c) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung der Klage im Feststellungsantrag stattgegeben, indem es festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund des Widerspruchs vom 28. September 2006 nicht zum 1. Oktober 2005 auf die B. M. GmbH & Co OHG übergegangen ist.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen folgendes auszuführen:

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht die von der Beklagten behauptete Verwirkung des Klagerechts entgegen. Eine solche ist nämlich nicht eingetreten.

Das Landesarbeitsgericht folgt der Beurteilung des Arbeitsgerichts dahin gehend, dass das Klagerecht nicht verwirkt ist, insbesondere dass es am erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Das Arbeitsgericht hat die von der Beklagten hervorgehobene Tatsache, dass zwischen Widerspruch und Klage ein verhältnismäßig langer Zeitraum, nämlich 9 Monate vergangen waren, in seine Erwägungen einbezogen. Die vom Arbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung wird von der Berufungskammer insbesondere auch deswegen geteilt, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, in welcher Weise das von ihr, der Beklagten, behauptete Vertrauen, dass der Kläger nicht mehr gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen werde, seinen Niederschlag gefunden hat. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass und in welcher Weise sie auf das Widerspruchsschreiben des Klägers reagiert hat.

Die Klage ist im Feststellungsantrag begründet, weil der Kläger infolge seines rechtzeitigen Widerspruchs in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten steht (§ 613 a Absatz 6 Satz 1 BGB). Das Arbeitsverhältnis ist nicht auf die Betriebsübernehmerin nach § 613 a Absatz 6 Satz 1 BGB übergegangen, da der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen hat. Voraussetzung ist eine fristgemäße schriftliche Widerspruchserklärung.

1. Eine schriftliche Erklärung des Klägers, mit der er sich gegen einen Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Betriebsübernehmerin aussprach, erfolgte am 28. September 2006. Die Frist für den Widerspruch ist eingehalten. Nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB hat er einen Monat nach der Unterrichtung im Sinn des § 613 a Abs. 5 BGB zu erfolgen. Vorliegend widersprach der Kläger 13 Monate nach dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung vom 29. August 2005. Die Frist begann jedoch nicht zu laufen, da die Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB fehlerhaft war (BAG, Urteil vom 13.7.2006, Az.: 8 AZR 305/05, NJW 2007,246).

a) Das Informationsschreiben erfüllt nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer zu erstrecken.

aa) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass im Falle eines Betriebsüberganges der Arbeitnehmer so zu informieren ist, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerrufsrechtes erhalten (BT-Drucks. 14/7760 S. 19). So soll insbesondere dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen und dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden.

Dabei hat sich der Inhalt der Unterrichtung nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung zu richten.

Der Kläger rügt, die durch die Beklagte erfolgte Unterrichtung entspreche deshalb nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, weil sie keine ausreichenden bzw. sogar irreführende und falsche Angaben zur wirtschaftlichen Lage der Betriebsübernehmerin bzw. der Vertragspartnerin des Rahmenvertrags enthalte.

bb) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass grundsätzlich zwar der bisherige Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, den Arbeitnehmer über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebsübernehmers im Einzelnen zu unterrichten, da deren Beurteilung grundsätzlich nicht eindeutig anhand objektiver Tatsachen erfolgen kann, sondern jeweils im Einzelfalle einer regelmäßig nicht justiziablen Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung unterliegt. Dies bedeutet, dass das wirtschaftliche Potential des Betriebserwerbers im Allgemeinen nicht Gegenstand der Informationspflicht ist.

§ 613a Abs. 5 BGB gebietet jedoch eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsüberganges, wenn durch diesen die Rechtspositionen des Arbeitnehmers zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsüberganges jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist (BAG, Urteil vom 31.01.2008, 8 AZR 1116/06, zit. n. Juris).

cc) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Das Informationsschreiben lässt nicht erkennen, dass die Übertragung des Betriebsteils C. MD der Beklagten lediglich Teil eines Veräußerungspakets ist, das mit der B. Corp. geschlossen wurde und bei dem wesentliche Vermögenswerte des zu übertragenden Geschäftsbereichs nicht der Übernehmerin, sondern der B. Corp. zufließen sollten. Hier sind zu nennen die Patent- und Markenrechte, die einen wesentlichen Teil des Firmenwerts ausmachen, sowie die sich aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen bei der Beklagten ergebenden Ausgleichszahlungsverpflichtungen an die Konzernmutter, die B. Corp. in T.. Das Informationsschreiben lässt weiterhin nicht erkennen, dass die Übertragung an eine im Zeitpunkt der Information noch gar nicht gegründete Offene Handelsgesellschaft erfolgen sollte, deren persönlich haftende Gesellschafterinnen Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren, deren Stammkapital gerade einmal je 25.000,00 € betrug.

Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung seines Widerspruchsrechtes nach § 613 a Abs. 6 BGB zu befinden, hätte die Beklagte den Kläger über diese Eckdaten der geplanten Transaktion unterrichten müssen. Durch die genannten Aspekte wurden zwar die Rechte und Pflichten aus dem nach § 613a Abs. 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber, die B. M., übergehenden Arbeitsverhältnis des Klägers nicht unmittelbar berührt. Sie hätten jedoch für die betroffenen Arbeitnehmer erkennen lassen, dass die von der Beklagten seinerzeit geplante Aktion mit erheblichen Risiken für ihre Arbeitsplatzsicherheit verbunden war.

Die gewählte Vertragsgestaltung führte nämlich dazu, dass Aktiva des zu veräußernden Geschäftsbereichs nur teilweise - nämlich insbesondere ohne die in dieser Branche ganz wesentlichen Patent- und Markenrechte - an eine Übernehmerin übertragen wurden, die im Zeitpunkt der Information der Mitarbeiter rechtlich noch gar nicht gegründet war und deren Haftungskapital in einem - zu vernachlässigenden - Gesamtbetrag von 50.000,00 € bestand. Sie führte weiter dazu, dass die Übernehmerin Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen übernahm, deren komplementäre aktiven Vermögenswerte - die Ausgleichzahlungen - nicht ihr, sondern der Konzernmutter versprochen wurden. Diese Teilaspekte müssen zusätzlich vor dem Hintergrund gewertet werden, dass der zu übertragende Geschäftsbereich im Übertragungszeitraum chronisch defizitär war. Diese Fakten in ihrer Gesamtheit - die Art der gesellschaftsrechtlichen Basis der Übernehmerin bzw. die Art ihrer Abhängigkeit von der Konzernmutter, ihre geringe Kapitalausstattung, ihr nur teilweiser Erwerb der Vermögenswerte des veräußerten Geschäftsbereichs - stellen Umstände dar, auf deren Kenntnis der Kläger Anspruch hatte, weil diese in einer Gesamtschau die Arbeitsplatzsicherheit in dem zu übertragenden Geschäftsbereich ernsthaft gefährdete.

b) Das Informationsschreiben erfüllt auch nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf den Grund für den Übergang zu erstrecken. Als Grund für den Übergang müssen die rechtsgeschäftliche Grundlage für den Betriebsübergang (z.B. Kauf, Pacht, Umwandlung) sowie die beteiligten Unternehmen mitgeteilt werden (APS-Steffan, 2. Aufl., § 613 a BGB Rz. 208).

Der Grund für den Übergang ist nicht hinreichend konkret bezeichnet worden.

Insbesondere lässt das Schreiben nicht erkennen, dass Vertragspartner des Rahmenvertrags, der wesentliche Teile des Veräußerungsgeschäfts sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Verkauf des Geschäftsbereichs C. MD an die B. M. zum Gegenstand hatte, die B. Corp. sowie die S. AG gewesen sind. Nur bei Kenntnis dieser Fakten kann davon die Rede sein, dass die Mitarbeiter über den "Grund" des Übergangs informiert waren. Die reduzierte Mitteilung, dass die Beklagte an B. M. verkauft habe, reicht jedenfalls nicht, um dem Mitarbeiter die für die Ausübung seines Widerspruchsrechts notwendige Wissensgrundlage zu verschaffen. Das gilt im vorliegenden Fall in besonderer Weise, weil die Veräußerung des Geschäftsbereichs C. MD keine Einzeltransaktion zwischen der Beklagten und der B. M. war, sondern Gegenstand eines Vertragspakets war, an dem außer der B. M. auch die Konzernmutter maßgeblich als Vertragspartnerin des "Master Sale and Purchase Agreements" beteiligt war, wobei dieser wesentliche Vermögenswerte des zu veräußernden Geschäftsbereichs versprochen wurden.

c) Unter den gegebenen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob das Fehlen einer Anschrift des Sitzes der Betriebsübernehmerin einen widerspruchsrelevanten Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß § 613 a Abs. 5 BGB beinhaltet und ob insoweit eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angezeigt wäre.

2. Das Widerspruchsrecht des Klägers war auch nicht verwirkt.

Der Widerspruch des Klägers vom 27.10.2006 ist nicht verwirkt, obwohl der Kläger erst ca. 14 Monate nach ihrer Kenntnis von dem Betriebsübergang und 13 Monate nach dem tatsächlichen Betriebsübergang diesem widersprochen hat.

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei muss das Interesse des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG vom 15.02.2007, 8 AZR 449/06, Rn. 42, zitiert nach Juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Kläger sein Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Dabei kann dahinstehen, ob das Zeitmoment erfüllt ist, da es jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment fehlt.

Der Kläger hat - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - mit Ausnahme der Tatsache der Weiterarbeit bei der B. M. ab dem 01.10.2005 keine Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten. Die bloße Weiterarbeit ist jedoch nicht geeignet, das Umstandsmoment zu verwirklichen (BAG Urteil vom 14.12.2006, 8 AZR 763/05).

b) Der Wirksamkeit des Widerspruchs steht - wie das Arbeitsgericht zutreffend und mit überzeugender Begründung dargelegt hat - auch nicht entgegen, dass der Kläger am 20. September 2006 sein Arbeitsverhältnis mit B. M. ordentlich gekündigt hat. Die Berufungskammer schließt sich der Beurteilung des Arbeitsgerichts an, dass die im Hinblick auf die sich abzeichnende wirtschaftlich Schieflage vom Kläger ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 31. März 2007 nicht auf einen konkludenten Willen des Klägers schließen lässt, auf ein mögliches noch bestehendes Widerspruchsrecht zu verzichten. Aus diesem Grund kann auch eine analoge Anwendung von § 144 BGB außer Betracht bleiben.

c) Angesichts der von der Beklagten den Arbeitnehmern erteilten irreführenden Information bezüglich des seinerzeit geplanten Betriebsübergangs ist im Übrigen das von der Beklagte behauptete Vertrauen in das Ausbleiben von späteren Widersprüchen nach Ablauf der ursprünglichen Widerspruchsfrist auch nicht schutzwürdig. Zumindest überwiegt vor dem bezeichneten Hintergrund das Interesse des Vertrauensschutzes der Verpflichteten - der Beklagten - nicht das Interesse der Berechtigten - des Klägers - an der Wahrnehmung seines Widerspruchsrechts. (vgl. auch LAG München, 4. Kammer, Urteil vom 17.4.2008, Az.: 4 Sa 1063/07, unter 4 a) am Ende).

3. Der Widerspruch des Klägers vom 29.09.2006 ist auch nicht deshalb unzulässig, weil er Teil eines - so die Einlassung der Beklagten - gemäß § 242 BGB unzulässigen kollektiven Massenwiderspruchs gewesen sei.

Zwar ist anerkannt, dass die Ausübung eines Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam sein kann. Ein Widerspruch darf nicht institutionell missbraucht werden und zur Erreichung unzulässiger Ziele dienen. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Rechtsausübung dann missbräuchlich sein kann, wenn kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt, sie als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder und unlauterer Zwecke dient oder nur den Zweck hat einem anderen Schaden zuzufügen. Übt eine Vielzahl von Arbeitnehmern das Widerspruchsrecht aus, kann sich demgemäß aus der Zweckrichtung der Widerspruchsausübung, soweit sie nicht im Schwerpunkt auf die Verhinderung des Arbeitgeberwechsels zielt, sondern beispielsweise von der Motivation getragen ist, den Betriebsübergang als solchen zu verhindern oder aber Vergünstigungen zu erzielen, auf die die Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch haben, ein rechtsmissbräuchliches Handeln ergeben (BAG vom 30.09.2004, 8 AZR 462/03).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann nicht festgestellt werden, dass der Widerspruch des Klägers nicht unwirksam ist.

Die Beklagte hat schon keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass kein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers vorlag. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Stellung des Insolvenzantrages durch B. M. widersprochen. Zu diesem Zeitpunkt war aus seiner Sicht die Fortführung dieses Betriebes mehr als gefährdet. Allein der Umstand, dass zur Widerspruchseinlegung von dritter Seite Formulierungshilfen geleistet bzw. ein Großteil der Widersprüche gebündelt abgegeben wurde, spricht nicht gegen ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers. Sofern von dritter Seite mit der Einlegung der Widersprüche Druck auf die Beklagte ausgeübt werden sollte und somit auch andere Zwecke verfolgt sein könnten, fehlt es an einem Vortrag der Beklagten, dass der Kläger an diesem Vorhaben beteiligt war oder aufgrund dieser Motivation gehandelt hat. Der Kläger verfolgte mit Einlegung des Widerspruchs die Sicherung seiner arbeitsvertraglichen Rechte.

Im Übrigen handelt es sich um einen nahe liegenden Geschehensablauf, wenn ein Arbeitnehmer - wie hier - aufgrund der Tatsache, dass auch viele Kollegen von derselben Situation betroffen sind, seinen Widerspruch gleichzeitig mit diesen Kollegen abgibt und bei der Formulierung auf Formulierungshilfen seiner vertretenden Gewerkschaft zurückgreift. Dies führt nicht zu einem institutionellen Missbrauch des Widerspruchsrechts.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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