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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 28.07.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 718/05
Rechtsgebiete: KSchG, BGB


Vorschriften:

KSchG § 1
BGB § 611
Einzelfallentscheidung zu den Voraussetzungen einer sog. Austauschkündigung.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 718/05

Verkündet am: 28. Juli 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04.07.06 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Pracht und Hofer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 31. März 2005, Az: 32 Ca 1765/04 wird das bezeichnete Endurteil wie folgt abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.362,50 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. April 2004 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 23/25 und die Beklagte 2/25.

4. Der Streitwert wird auf 21.975,22 € festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit zweier ordentlicher Kündigungen, und über Annahmeverzugslohn in Höhe von 20.612,72 € und über Überstundenvergütung in Höhe von 1362,50 €.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war seit 01.11.2001 in Teilzeit (20 Std. pro Woche) als Systemadminstrator bei der Beklagten, bei der mehr als 5 Vollzeitkräfte tätig sind, beschäftigt. Nach dem von den Parteien am 12.11.01 unterzeichneten Arbeitsvertrag erhält der Kläger eine monatliche Bruttovergütung von 2.150 € zuzüglich einer freiwilligen Zulage (zuletzt 400 € brutto). Mit dieser Vergütung waren zusätzlich zur normalen Arbeitszeit von 20 Stunden 8 Überstunden monatlich abgegolten. (§ 3 Ziff. V. des Arbeitsvertrags). Darüber hinaus gehende Mehrarbeit, zu der der Kläger nach § 2 Ziff. III. des Arbeitsvertrags verpflichtet war, war mit 25 € pro Stunde zu vergüten (§ 3 Ziff. V. des Arbeitsvertrags). Gemäß § 2 Ziff. II. des Arbeitsvertrags war der Kläger verpflichtet, über Arbeitszeit und Arbeitsinhalt täglich einen Tätigkeitsnachweis zu führen und diesen mindestens einmal monatlich der Beklagten vorzulegen.

Mit Schreiben vom 26.01.04 und mit Schreiben vom 13.02.04 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.04.

Mit seiner am 03.02.04 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage und am 25.02.04 eingegangenen Klageerweiterung hat der Kläger die gerichtliche Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 26.01.04 noch durch die Kündigung vom 13.02.04 aufgelöst wurde. Mit einer weiteren am 07.04.04 eingegangenen Klageerweiterung hat der Kläger die Zahlung von Überstundenvergütung in Höhe von 1.362,50 €. begehrt

Zur Begründung hat er in der ersten Instanz vorgetragen, dass der Entscheidung der Beklagten, den bisherigen Aufgabenbereich des Klägers der Eickelschulte AG zu übertragen, kein nachvollziehbares unternehmerisches Konzept zugrunde liege, diese Übertragung nicht zum vollständigen Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers geführt habe und im Übrigen zum Zeitpunkt der Kündigung Neueinstellungen erfolgt seien und somit eine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit vorhanden gewesen sei. Die angefallenen Überstunden seien entweder auf Anordnung oder mit stillschweigender Billigung seines Vorgesetzten, Herrn H., geleistet worden. Sie seien im Übrigen insbesondere aufgrund von Ausfällen des Servers betrieblich dringend erforderlich gewesen.

Der Kläger hat in 1. Instanz zuletzt beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26.01.04 nicht aufgelöst worden ist, und darüber hinaus weiter fortbesteht.

2. Es wird festgestellt, dass auch die weitere Kündigung vom 13.02.04 unwirksam ist.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.362,50 € nebst 5 % über dem Basiszinssatz liegende Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. 4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.612,72 € Bruttolohn nebst 5 % über dem Basiszinssatz liegende Zinsen aus einem Betrag von 2.575,59 € seit dem 01. Mai 2004, aus einem Betrag von 5.135,18 € seit dem 01. Juni 2004, aus einem Betrag von 7.729, 77 € seit dem 01. Juli 2004, aus einem Betrag von 10.306,36 € seit dem 01. August 2004, aus einem Betrag von 12.882,92 € seit dem 01.September 2004 aus einem Betrag von 15.459,54 € seit dem 01. Oktober 2004, aus einem Betrag von 18.036,13 € seit dem 01. November 2004 und aus einem Betrag von 20.612,72 € seit dem 01. Dezember 2004 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung

Die Beklagte hat in der ersten Instanz vorgetragen, dass sie Ende 2003 ihren EDV-Bereich so umstrukturiert habe, dass mit Ausnahme der Inventarverwaltung sämtliche in diesem Bereich anfallenden Aufgaben von einer externen Dienstleistungsfirma, der Eickelschulte AG, wahrgenommen werden sollten. Der Arbeitsplatz des Klägers als Systemadminstrator sei dadurch weggefallen, die verbleibende Inventarverwaltung, die nur geringen Umfang einnehme, werde von einem Mitarbeiter der Back Offices erledigt. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gäbe es nicht, da die fachlichen Anforderungen an die vier im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung eingestellten neuen Mitarbeiter in keinerlei Zusammenhang mit denen eines EDV-Administrators stünden.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Überstunden angefallen seien und die betriebliche Notwendigkeit verneint. Im Übrigen sei dem Kläger im Sommer 2003 von Herrn Thomas H. mitgeteilt worden, dass nur ausdrücklich angewiesene oder genehmigte Überstunden abgerechnet werden dürften. Im Übrigen habe sie einen Teilbetrag von 350 € "kulanzhalber" mit einer im Januar 2004 trotz vorheriger "Streichung" noch gezahlten Zulage von 400 € verrechnet.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht aus, dass die Kündigung vom 26.01.04 als betriebsbedingt sozial gerechtfertigt sei. Die Auslagerung des EDV-Bereichs sei eine nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers geführt habe. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass neue Stellen im EDV-Bereich geschaffen worden seien, für die unstreitig neu besetzten Stellen habe er nicht die nötige Qualifikation. Die behaupteten Überstunden seien durch den insoweit beweislastpflichtigen Kläger weder schlüssig dargelegt noch unter Beweis gestellt worden.

Mit seiner am 08.07.2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom 06.07.2005 begehrt der Kläger die Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Münchens vom 31.03.05, zugestellt am 05.10.05 und wiederholt die in der ersten Instanz gestellten Anträge.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens in der 1. Instanz trägt der Kläger bezüglich der Wirksamkeit der Kündigung insbesondere unter Berufung auf den vom BAG entschiedenen "Crewing-Fall" vor (BAG vom 26.09.1996, Az.:2 AZR 200/96) vor, dass es sich hier um eine unzulässige Austauschkündigung handle, da die Leitung und Direktion der EDV-Tätigkeiten zu den Aufgaben von H. gehöre und damit weiterhin im Betrieb verblieben sei und nicht der externen Dienstleistungsfirma übertragen worden sei. Im Übrigen sei die Kündigung schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte überhaupt nicht geprüft habe, ob der Kläger für die im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung neu besetzten Stellen qualifiziert sei. Hierzu sei er, auch wenn diese Stellen nicht im EDV-Bereich lägen, verpflichtet.

Der Kläger trägt weiter vor, Im Oktober 2003 seien 14 bezahlungspflichtige Überstunden geleistet worden, im Dezember 2003 34 und im Januar 2004 6,5 Stunden. Er hat in diesem Zusammenhang eine Aufstellung der angefallenen Überstunden vorgelegt, aus der sich die Tage, an denen Überstunden geleistet wurden, nicht aber die genaue zeitliche Lage der Überstunden ergibt. Der Kläger führt ergänzend aus, er sei nach § 2 Ziff. II. des Arbeitsvertrags verpflichtet, einen Tätigkeitsnachweis zu führen und der Beklagten vorzulegen und bei der Beklagten abzugeben, was er für den streitigen Zeitraum auch getan habe. Die Beklagte habe daher Kenntnis von den Überstunden und könne diese nicht mit Nichtwissen bestreiten. Von einer angeblich im Sommer 2003 ausgesprochenen Anordnung, wonach Überstunden nur noch mit vorheriger Genehmigung von Herrn H. geleistet werden dürfen, wisse er nichts.

Der Kläger beantragt in 2. Instanz:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 31.03.05 Az: 32 Ca 1765/04 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 26.01.04 und 13.02.04 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.362,50 € brutto nebst 5 % über dem Basiszinssatz liegende Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.612,72 € Bruttolohn nebst 5 % über dem Basiszinssatz liegende Zinsen aus einem Betrag von 2.575,59 € seit dem 01. Mai 2004, aus einem Betrag von 5.135,18 € seit dem 01. Juni 2004, aus einem Betrag von 7.729, 77 € seit dem 01. Juli 2004, aus einem Betrag von 10.306,.36 € seit dem 01. August 2004, aus einem Betrag von 12.882,92 € seit dem 01.September 2004 aus einem Betrag von 15.459,54 € seit dem 01. Oktober 2004, aus einem Betrag von 18.036,13 € seit dem 01. November 2004 und aus einem Betrag von 20.612,72 € seit dem 01. Dezember 2004 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass eine mit dem "Crewing-Fall" vergleichbare unzulässige Austauschkündigung nicht vorläge. Denn der Beklagte habe bezüglich der Mitarbeiter der E. AG kein Direktionsrecht. Diese führe vielmehr die Arbeiten selbständig aus und habe nur einen Ansprechpartner für Abstimmungsfragen in der Firma. Im Übrigen habe sie konkret dargelegt, warum der Kläger nicht dem Anforderungsprofil der freiwerdenden Stellen entspräche.

Die Beklagte trägt weiter vor, dass der Kläger bezüglich der Überstunden seiner Darlegungslast nicht nachgekommen sei, da er die genaue zeitliche Lage der Überstunden nicht angeben könne. Im Übrigen beruft sich die Beklagte erneut auf die im Sommer 2003 ausgesprochene Anordnung von Herrn H., der der Kläger zuwider gehandelt habe.

Hinsichtlich des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2b und c ArbGG ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO.

II.

Die Berufung ist im Hinblick auf die Feststellungsanträge und den auf Zahlung von Annahmeverzugslohn gerichteten Antrag unbegründet, bezüglich der Klage auf Überstundenvergütung begründet.

1. Ordentliche Kündigung vom 26.01.04

Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die streitgegenständliche Kündigung vom 26.01.04 rechtswirksam ist und das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.03.2004 beendet hat, weil sie nicht sozial ungerechtfertigt i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist und weil auch nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) .

Zum Berufungsvorbringen wird im Einzelnen bemerkt.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt keine unzulässige Austauschkündigung vor. Das BAG hat in seinem "Crewing-Urteil" vom 26.09.1996 (Az: 2 AZR 200/96) entschieden, dass der Entschluss, die formale Arbeitgeberstellung durch Übertragung von Aufgaben an eine externe Firma aufzugeben, unter bestimmten Umständen keine die Kündigung bedingende freie Unternehmensentscheidung ist, sondern ein unzulässige Austauschkündigung. Zwar sei es grundsätzlich möglich, bisher im Betrieb durchgeführte Arbeiten an externe Firmen zu übertragen. Sofern der Arbeitgeber aber nur einen kleinen Teilbereich der typischen Arbeitgeberfunktionen (im "Crewing-Fall" nur die Auswahl und Zurverfügungstellung des Personals) übertrage und das Direktionsrecht bei der Ausübung der Tätigkeit vollständig beim Arbeitgeber verbleibe, handle es sich aber um eine die betriebsbedingte Kündigung rechtfertigende Unternehmerentscheidung, sondern um eine unzulässige Austauschkündigung.

Eine solche Austauschkündigung liegt hier jedoch nicht vor. Die E. AG erledigt sämtliche bei der Beklagten anfallenden EDV-Aufgaben eigenständig und eigenverantwortlich. Ein bei der Beklagten verbleibendes Direktionsrechts gegenüber den von der E. AG mit der der Erfüllung der Aufgaben aus dem Dienstleistungsvertrag mit der Beklagten betrauten Mitarbeitern ist nicht ersichtlich. Allein aus der Tatsache, dass diesen Mitarbeitern in Person des Herrn H. ein Ansprechpartner für Abstimmungsfragen zur Verfügung steht, folgt kein arbeitgeberähnliches Direktionsrecht. Es gehört zum Wesen des von der Beklagten gewählten Wegs eines Werkvertrags mit einem Dienstleister, dass die EDV-Betreuung nicht ohne jede Abstimmung in Einzelfragen - auch auf unterer Hierarchieebene - erfolgen kann. Dies ist aber nicht vergleichbar mit einem beim ursprünglichen Arbeitgeber verbleibenden Direktionsrecht gegenüber einzelnen Mitarbeitern der externen Dienstleistungsfirma. Ein solches Direktionsrecht wäre nur dann zu bejahen, wenn die Beklagte z. B. über die Arbeitszeit der Mitarbeiter der E. AG hätte bestimmen und über deren Urlaub entscheiden können oder einen Einfluss darauf hätte, welcher Mitarbeiter der Firma E. AG welche Aufgaben übernimmt. All dies ist hier nicht ersichtlich.

Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger liegt nicht vor. Sind wie im vorliegenden Fall im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung neue Stellen zu besetzen, hat der Arbeitgeber anhand des Anforderungsprofils der freiwerdenden Stellen darzulegen, warum der Kläger hierfür die erforderliche Qualifikation nicht besitzt. Die Festlegung des Anforderungsprofils unterliegt der vom Gericht nur auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden freien Unternehmerdisposition (BAG vom 24.04.04, AZ: 2 AZR 326/03). Wie im erstinstanzlichen Urteil zutreffend entschieden, ist die Beklagte ihrer insoweit bestehenden Darlegungslast ausreichend nachgekommen, indem sie das Anforderungsprofil für die vier freien Stellen vorgelegt hat und nachvollziehbar begründet hat, dass dieses Anforderungsprofil in keiner Weise vergleichbar ist mit dem eines Systemadministrators.

Eine weitergehende Darlegungslast ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger zitierten BAG-Urteil vom 22.07.1982 (Az.:2 AZR 30/81), das im übrigen eine andere Fallkonstellation betrifft. Der Arbeitgeber hat in dem vom BAG entschiedenen Fall trotz substantiierten Vortrags des Beklagten überhaupt nicht dazu Stellung genommen, warum der Kläger für eine bestimmte freie Stelle nicht geeignet war.

Nachdem die Beklagte aber hier ihrer Darlegungslast durch Vorlage des Anforderungsprofils nachgekommen ist, müsste nunmehr der Kläger darlegen, warum er die erforderliche Qualifikation für die freiwerdenden Stellen doch besitzt. Es kann nicht Aufgabe des Arbeitgebers sein, sich über sämtliche Qualifikationen des Arbeitnehmers, die in keinem Zusammenhang mit seiner bisherigen Tätigkeit stehen, zu informieren. Der lapidare Vortrag in der Berufungsbegründung, wonach der Kläger für die Stellen- die unstreitig nicht im EDV-Bereich lagen, qualifiziert sei - genügt diesen Anforderungen in keiner Weise.

2. Ordentliche Kündigung vom 13. Februar 2004

Die gegen die zweite Kündigung gerichtete Feststellungsklage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis ist bereits durch die Kündigung vom 26. Januar 2004 ordentlich zum Ablauf des 31. März 2004 beendet worden, so dass für die zweite Kündigung ein kündigungsfähiges Arbeitsverhältnis nicht mehr vorlag.

3. Annahmeverzugslohn

Nachdem das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.3.2004 wirksam beendet wurde, stehen dem Kläger hierauf gerichtete Verzugs Lohnansprüchen in Höhe von 1.365 € nicht zu. Die gegen die insoweit erfolgte Abweisung der Klage gerichtete Berufung ist unbegründet

4. Anspruch auf Überstundenvergütung

Dem Kläger steht auf der Rechtsgrundlage des Arbeitsvertrages vom 12.11.2001 (§ 2 Ziff. V Satz 2) eine Überstundenvergütung von 1362,50 € aufgrund von insgesamt in den Monaten Oktober 2003, Dezember 2003 und Januar 2004 geleisteten 54, 5 Stunden zu, die laut Arbeitsvertrag mit 25 € pro Stunden zu vergüten sind.

Der Kläger hat die Anzahl der geleisteten Überstunden ausreichend dargelegt, die Beklagte hat die Ableistung der Überstunden nicht substantiiert bestritten.

Zwar genügt ein Arbeitnehmer, der die Bezahlung von Überstunden fordert, nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (z. B. Urteil vom 17.04.2002 Az.: 5 AZR 644/00) seiner Darlegungslast nur, wenn auch er im Einzelnen darlegt, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat.

Hier hat der Kläger zwar eine Aufstellung vorgelegt über die Tage, an denen er Überstunden geleistet hat, nicht aber über die genauen Tageszeiten. Nach Auffassung des BAG ermöglicht es aber nur eine Aufschlüsselung der Überstunden nach Tagen und Tageszeiten dem Arbeitgeber, den Anspruch des Arbeitnehmers auf Überstunden im Einzelnen nachzuprüfen und zur Forderung auf Bezahlung der einzelnen geltend gemachten Überstunden Stellung zu nehmen. (BAG vom 25.11.1993 2 AZR 517/93). Sinn und Zweck dieser abgestuften Beweis- und Darlegungslast kann es jedoch nicht sein, dass ein Arbeitgeber, der über einen längeren Zeitraum Überstunden, zu denen der Arbeitnehmer nach Arbeitsvertrag verpflichtet ist, anstandslos abrechnet, die Bezahlung nach einer Kündigung oder anderweitigen Differenzen allein mit der Begründung verweigert, der Arbeitgeber könne die genaue Tageszeit der geleisteten Überstunden nicht nachweisen. Dies muss umso mehr dann gelten, wenn dem Arbeitgeber Aufzeichnungen über die geleisteten Überstunden vorliegen und er diese unwidersprochen hinnimmt. (vgl. auch BAG vom 06.05.1981 Az: 5 AZR 73/79)

Der Kläger ist seit 01.11.2001 bei der Beklagten tätig. Er ist laut § 2 Ziff. III. des Arbeitsvertrags verpflichtet, Überstunden zu leisten. Eine Vergütung in Höhe von 25 € brutto pro Stunde für die Überstunden ist ebenfalls arbeitsvertraglich festgelegt. Der Kläger ist nach § 2 Ziff. II. des Arbeitsvertrags verpflichtet, täglich einen Tätigkeitsnachweis über Arbeitszeit und Arbeitsinhalt zu führen und diesen bei der Beklagten einmal monatlich abzugeben. Es ist unstreitig, dass der der Kläger diesen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nachgekommen ist und die bis September 2004 angefallenen Überstunden auf dieser Grundlage ohne Probleme abgerechnet wurden. Bei dieser Konstellation kann es dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass er die von ihm geführten Tätigkeitsnachweise nicht aufbewahrt hat und deshalb die genauen Zeiten der ab Oktober 2004 angefallenen Stunden nicht nachweisen kann, zumal er die Tage, an denen die Überstunden geleistet wurden, genau auflistet. Dies gilt um so mehr als der Beklagten die Tätigkeitsnachweise vorliegen und sie auch im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung nie bestritten hat, dass die Überstunden tatsächlich angefallen sind, sondern sich stets nur auf eine Anordnung von Herrn H. bezogen hat, wonach Überstunden stets vorher zu genehmigen seien.

Die Überstunden waren betrieblich erforderlich und wurden von der Beklagten zumindest stillschweigend geduldet. Die betriebliche Erforderlichkeit der Überstunden wird von der Beklagten auch nicht substantiiert bestritten. Die Beklagte beruft sich vielmehr auf eine mündliche Anordnung von Herrn H. vom "Sommer 2003" wonach Überstunden grundsätzlich vorab mit ihm abzustimmen seien. Aus diesem Vortrag ergibt sich zunächst implizit, dass bis zum Sommer 2003 eine vorherige Genehmigung für Überstunden nicht erforderlich war.

Die Berufung auf die mündliche Anordnung von Herrn H. ist jedoch nicht hinreichend spezifisch, da die Beklagte die Umstände dieses Gesprächs weder nach dem zeitlichen noch dem örtlichen noch dem persönlichen Kontext näher konkretisieren und der Kläger sich demgemäß hierauf auch nicht spezifiziert einlassen konnte.

Eine Verrechnung der im Januar 2004 noch ausbezahlten Zulage mit der Überstundenvergütung konnte nicht erfolgen, da eine Rechtsgrundlage für die Streichung der Zulage nicht ersichtlich ist.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288 Abs. 1; 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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