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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: 11 Ta 148/09
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 42
GKG § 63
GKG § 68
Streitwertfestsetzung bei einer Bestandsstreitigkeit, bei der die Parteien unterschiedlicher Auffassung bezüglich des Umfangs der zeitlichen Arbeitsverpflichtung und der damit monatlich geschuldeten Vergütung sind. Zur Zulässigkeit einer Verschlechterung im Streitwertbeschwerdeverfahren.
Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS

11 Ta 148/09

In dem Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht München durch den Vorsitzenden der Kammer 11, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus, ohne mündliche Verhandlung am 22. Juni 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beklagtenvertreter vom 12. Januar 2009, bei Gericht am selben Tag eingegangen, gegen den am 9. Januar 2009 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts München, Az. 15 Ca 8990/08, wird zurückgewiesen.

2. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 9. Januar 2009, Az.: 15 Ca 8990/08 wird dahin gehend abgeändert, dass der Streitwert für das Verfahren auf 4.671,66 € festgesetzt wird.

Gründe:

I.

Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Arbeitsgericht München den Streitwert des Verfahrens, in dem es um die Feststellung ging, dass zwischen den Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 6,5 Stunden vereinbart sei, dass eine außerordentliche Arbeitgeberkündigung sowie eine sich gegebenenfalls hieraus ergebende ordentliche Kündigung unwirksam seien, und in dem es um eine Verurteilung des Beklagten zur Beschäftigung der Klägerin zu unveränderten Bedingungen ging, auf € 2.200,--festgesetzt.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Beklagtenvertreter vom 12. Januar 2009, die am selben Tag beim Arbeitsgericht München eingegangen ist mit der Begründung, die Bestandsschutzanträge seien mit dem (3 + 1 =) 4-fachen der von der Klägerin vor Beginn der Elternzeit erzielten Vergütung bewerten. Für den Beschäftigungsantrag sei ein weiterer Monatsverdienst in Höhe von € 3.300,-- anzusetzen.

Das Arbeitsgericht München hat der Beschwerde mit Beschluss vom 03.04.2009 teilweise abgeholfen und den Verfahrensstreitwert auf € 9.336,90 festgesetzt. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage sei der Streitwert insgesamt auf € 9.336,90 festzusetzen.

Bei Klageantrag Nr. 1 handele es sich um einen Bestandsschutzantrag, der gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG grundsätzlich mit dem dreifachen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst zu bewerten sei. Hierbei sei jedoch nicht von einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von € 440,-- auszugehen, sondern entsprechend dem Vortrag der Klägerin von einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 667,38, wobei noch ein 13. Monatsgehalt und eine erfolgsabhängige monatliche Bonusleistung zu berücksichtigen seien. Insgesamt errechne sich damit für diesen Klageantrag ein Streitwert in Höhe von € 2.002,14.

Der Klageantrag Nr. 2 sei als Kündigungsschutzantrag ebenfalls mit dem dreifachen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst zu berücksichtigen. Zwischen den Parteien sei streitig gewesen, ob das ursprüngliche Vollzeitarbeitsverhältnis der Klägerin anlässlich der Elternzeit endgültig in ein Teilzeitarbeitsverhältnis abgeändert worden sei und ob dieses Teilzeitarbeitsverhältnis nur zusätzlich neben dem während der Elternzeit ruhenden Vollzeitarbeitsverhältnis bestanden habe bzw. ob die Arbeitszeitreduzierung nur für die Dauer der Elternzeit vereinbart worden sei sowie ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. Juli 2008 wirksam beendet worden sei. Demzufolge sei zwischen den Parteien auch streitig gewesen, welches Bruttomonatsgehalt nach Ablauf der Elternzeit im Juli 2008 geschuldet gewesen sei. Diese Streitfrage habe im Verfahren nicht geklärt werden können, da der Rechtsstreit durch Abschluss eines Abfindungsvergleichs geendet habe. Zur Klärung der Rechtslage sei eine entsprechende Beweisaufnahme zu dem unterschiedlichen Sachvortrag der Parteien notwendig gewesen. Für die Streitwertfestsetzungen könne gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 3 ZPO im Wege des richterlichen Ermessens der Durchschnitt zwischen den beiden geltend gemachten Beträgen von € 3.000,-- für die Vollzeittätigkeit und € 667,38 für die Teilzeittätigkeit gebildet werden, was rechnerisch einem Betrag von € 1.833,69 entspreche. Unter Zugrundelegung dieses fiktiven Bruttomonatsgehalts ergebe sich für die Bewertung ein dreifacher Bruttomonatsverdienst in Höhe von € 5.501,07. Der Klageantrag Nr. 3 sei nicht zusätzlich streitwerterhöhend zu berücksichtigen, weil dieser wirtschaftlich identisch mit dem Kündigungsschutzantrag Nr. 2 sei. Der mit dem Klageantrag Nr. 4 unbedingt verfolgte weiter Beschäftigungsantrag sei gemäß § 3 ZPO mit einem weiteren Bruttomonatsgehalt zu bewerten. Hierbei sei wiederum von einem fiktiv berechneten Bruttomonatsgehalt von € 1.833,69 auszugehen.

Die Beschwerdeführer haben sich im Rahmen der Anhörung hierzu dahingehend geäußert, dass das richterliche Ermessen hier nicht die richtige Bemessungsgrundlage sei. Bezüglich der Nichtberücksichtigung des Klageantrags zu 3) könne der Auffassung des Arbeitsgerichts, dass eine wirtschaftliche Identität vorliege, nicht gefolgt werden. Bei ordentlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte nämlich das Arbeitsverhältnis nach Ausspruch der Kündigung noch mehrere Monate fortbestanden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die nach § 68 GKG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

Darüber hinaus wird gemäß § 63 Abs. 3 GKG die Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 3.4.2009 durch das Beschwerdegericht in der angegebenen Weise abgeändert.

1. Die begehrte Erhöhung der Streitwertfestsetzung über die im Teilabhilfebeschluss vom 03.04.2009 erfolgte hinaus ist rechtlich nicht begründet.

Aus Sicht des Beschwerdegerichts ist für die Wertfestsetzung auch bezüglich der Anträge Nr. 2 und 4 lediglich das von der Klägerin angegebene zeitliche Arbeitsvolumen des Arbeitsverhältnisses (6,5 Wochenstunden entsprechend einer monatlichen Vergütung von € 667,38 brutto) zu berücksichtigen.

Grundsätzlich gilt, dass sich die Wertberechnung gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG nach "dem Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts" richtet. Maßgebend ist dabei das Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer beim Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in den ersten 3 Monaten nach dem strittigen Beendigungszeitpunkt beanspruchen könnte. Bei einer Kündigung während der Elternzeit ist das Einkommen maßgebend, das nach Ablauf der Elternzeit gelten würde (GK-ArbGG-Wenzel, § 12 ArbGG, Rz. 269).

Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, differieren die Auffassungen der Parteien bezüglich des hierfür anzusetzenden Einkommens (€ 667,38 brutto einerseits, € 3.000,-- andererseits). Aus Sicht des Beschwerdegerichts ist bei der Festsetzung die Auffassung der Klägerin zu Grunde zu legen. Diese bestimmt durch ihre Antragstellung den Streitgegenstand. Letztlich kommt es damit auch auf das von ihr spezifizierte wirtschaftliche Interesse an. Dieses geht dahin, einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitsvolumen von 6,5 Wochenstunden zu sichern.

Eine andere Situation ergäbe sich dann, wenn der Beklagte die Verurteilung der Klägerin zur Arbeitsleistung auf der Basis der von ihm als richtig angenommenen Arbeitsverpflichtung oder die Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses mit einer Vollzeitarbeitsverpflichtung begehrt hätte. In diesem Fall wäre sein wirtschaftliches Interesse an der von ihm begehrten Verurteilung zur Arbeitsleistung bei der Wertfestsetzung eines diesbezüglichen Klageantrags zu Grunde zu legen gewesen.

Dem Arbeitsgericht ist im Übrigen zuzustimmen, wenn es den Klageantrag Nr. 3 nicht eigens berücksichtigt hat. Die Klägerin hat zwar - bezogen auf die Kündigung vom 24. Juli 2008 - zwei Feststellungsanträge gestellt. Die beiden Klageanträge richten sich jedoch nur gegen eine einzige Kündigungserklärung. Es bewendet daher bei der Bewertung mit einem Vierteljahreseinkommen (vgl. GK-ArbGG-Wenzel, § 12 ArbGG, Rz. 259 für den Fall, dass eine außerordentliche Kündigung hilfsweise auch zum nächstmöglichen Kündigungstermin ausgesprochen wurde).

Unter den gegebenen Umständen ist der Streitwert aus Sicht des Beschwerdegerichts wie folgt zu berechnen:

Klageantrag Nr. 1 3 mal € 667,38 = 2.002,14 €

Klageantrag Nr. 2 3 mal € 667,38 = 2.002,14 €

Klageantrag Nr. 3 Keine eigene Berücksichtigung

Klageantrag Nr. 4 667,38 = 667,38 €

Summe 4.671,66 €

2. Da der nach § 63 Abs. 2 GKG festgesetzte Verfahrenswert innerhalb des zeitlichen Rahmens von § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG vom Arbeitsgericht oder vom Beschwerdegericht nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG jederzeit abgeändert werden kann und da diese Abänderung nach § 23 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist, besteht im Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG weder eine Bindung an die gestellten Anträge nach § 308 ZPO, noch greift das sog. Verschlechterungsverbot ein. Das Beschwerdegericht kann also sowohl einen höheren als den beantragten Wert wie auch einen den vom Arbeitsgericht festgesetzten Wert unterschreitenden Wert festsetzen (vgl. (vgl. Thüringer Landesarbeitsgericht Beschluss vom 14.11.2000, Az.: 8 Ta 134/2000, MDR 2001,538, m.w.N.). Letzteres ist im vorliegenden Fall geschehen.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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