Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 06.08.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 124/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 145 ff
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 154 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 623
Streit darüber, ob ein außergerichtlicher Vergleich zustande gekommen ist, der den Rechtsstreit erledigt hat. Kläger macht insbesondere geltend, es lägen keine übereinstimmenden Willenserklärungen vor, außerdem scheitere ein wirksamer Vergleich an der fehlenden Protokollierung (§ 15 Abs. 2 BGB) und an § 623 BGB.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

2 Sa 124/09

Verkündet am: 06. August 2009

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz und die ehrenamtlichen Richter Rücker und Sonnleitner

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 20.9.2007 - 23 Ca 4290/07 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien folgender Vergleich zustande gekommen ist:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat.

2. Der Beklagte bezahlt an den Kläger, beginnend ab dem 1.9.2007, monatlich € 3.000,-- (in Worten: Euro dreitausend) zzgl. Mehrwertsteuer auf entsprechende Rechnungsstellung des Klägers und zwar für den Monat September und die folgenden 14 Monate jeweils am 1. eines Kalendermonats.

3. Der Beklagte erteilt dem Kläger ein Arbeitszeugnis, welches unter vollinhaltlicher Übernahme eines klägerischen Entwurfes unterschrieben von dem Beklagten auf Briefpapier der Gaststätte Hinterbrühl am See erstellt wird, die Beurteilungsnote 1 bis 2 enthält und eine Beschäftigungsdauer vom 15.3.2001 bis Oktober 2007 ausweist.

4. Mit diesem Vergleich sind alle finanziellen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.

5. Mit diesem Vergleich sind die Rechtsstreite 23 Ca 4290/07 und 6 Ca 7160/07 beim Arbeitsgericht München erledigt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits, auch des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, vorsorglichen ordentlichen Kündigung, die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers und in diesem Zusammenhang auch darüber, ob der Kläger als Arbeitnehmer für den Beklagten tätig war. Im Berufungsverfahren bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob ein außergerichtlicher Vergleich der Parteien zustande gekommen ist, durch den der Rechtsstreit erledigt ist.

Der Beklagte ist Inhaber eines Gasthofes mit etwa 40 Arbeitnehmern, in dem der Kläger seit 15.3.2001 als Betriebsleiter und Geschäftsführer tätig war. Der Kläger erhielt auf entsprechende Rechnungen eine monatliche Vergütung von € 5.112,92 zuzüglich Mehrwertsteuer. Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer wurden nicht abgeführt. Mit Schreiben vom 1.3.2007 kündigte der Beklagte "den bestehenden Dienstleistungsvertrag als selbständiger Betriebsleiter in unserem Gasthof mit sofortiger Wirkung, vorsorglich mit der ordentlichen Kündigungszeit von vier Wochen."

Mit der am 22.3.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei als Arbeitnehmer tätig gewesen. Er sei hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit weisungsgebunden und in die betriebliche Organisation eingegliedert gewesen. Weder in finanzieller noch in personeller Hinsicht habe er eine letzte Entscheidungskompetenz gehabt. Die Kündigung sei unwirksam. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend. Er sei auch nie abgemahnt worden.

Dagegen hat der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen, der Kläger sei kein Arbeitnehmer gewesen. Seine Tätigkeit habe auf einem Beratungsvertrag beruht. Er habe seine Dienstpläne sowie die Dienstpläne der anderen Geschäftsführer frei nach seinem Gutdünken gestaltet. Weiter habe er die Dienstpläne des Servicepersonals erstellt und sei dafür zuständig gewesen, dieses Personal sowie die Aushilfen für die Gaststätte ein- und auszustellen. Selbst Köche, Reinigungskräfte, Schankkellner und Hausmeister habe der Kläger selbständig ohne Rücksprache engagiert. Nahezu allen Mitarbeitern des Hauses habe er Abmahnungen erteilt. In die Betriebsorganisation sei er nicht eingebunden gewesen, sondern habe seine Anwesenheitszeiten selbst gestaltet. Gegenüber den Mitarbeitern sei er stets als Arbeitgeber aufgetreten. Die Kündigung beruhe darauf, dass der Kläger trotz des Hinweises, dass der Geschäftsführer P. unmöglich vom 12.1. bis 4.2.2007 in den Urlaub gehen könne, dessen Urlaubsschein unterschrieben habe. Außerdem habe sich das Ansehen der Gaststätte wegen des Klägers negativ entwickelt.

Im Kammertermin beim Arbeitsgericht schlossen die Parteien am 2.8.2007 folgenden widerruflichen Vergleich:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat.

Der Beklagte bezahlt an den Kläger, beginnend ab dem 1.9.2007, monatlich € 5.113,-- (fünftausendeinhundertdreizehn EURO) zuzüglich Mehrwertsteuer auf entsprechende Rechnungsstellung des Klägers und zwar für den Monat September und die folgenden fünf Monate jeweils am ersten eines Kalendermonats.

2. Mit diesem Vergleich sind alle finanziellen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.

3. Damit ist der Rechtstreit erledigt sowie das Verfahren 6 Ca 7160/07.

4. Dieser Vergleich kann von dem Kläger schriftsätzlich zum Arbeitsgericht München bis 16.8.2007 widerrufen werden.

Am 8.8.2007 teilte die Klägervertreterin dem Gericht mit, dass der Kläger den Vergleich widerrufe. Am 17.8.2007 informierte der Beklagtenvertreter das Gericht über Vorschläge der Parteien zur einvernehmlichen Beendigung des Rechtsstreits (Bl. 134 d.A.). Er bat um Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Daraufhin verlegte das Gericht den Entscheidungsverkündungstermin zunächst vom 30.8.2007 auf den 13.9.2007, um den Parteien ausreichend Zeit für eine gütliche Einigung zu geben, später auf den 20.9.2007.

Mit Faxschreiben vom 13.9.2007 (Bl. 243 d.A.) wandte sich der Kläger an den Beklagtenvertreter. Darin heißt es u.a.:

"Neues Verbindliches Angebot gültig bis Dienstag 18.9.07, 14.00 Uhr

Nun 9 Monate Abfindung zahlbar in 15 gleichbleibenden Raten zu je € 3.000,-- Netto am 3. jeden Monats Start der Zahlung Oktober 2007

Herr pp. erstellt sich ein Zeugnis selbst mit der Note 1-2. Unterschrieben von pp. persönlich auf Briefpapier von X. usw. Dauer von 15.3.2001 bis Oktober 2007 da noch keine wirksame Beendigung erzielt wurde."

Mit einem weiteren Faxschreiben an den Beklagtenvertreter, das am 13.9.2007 gegen 23.00 Uhr versandt wurde, verlangte der Kläger eine Absicherung durch eine Bankbürgschaft bzw. die Ehefrau des Beklagten (Bl. 326 d.A.). Am 17.9.2007 antwortete der Beklagtenvertreter der damaligen Klägervertreterin mit folgendem Schreiben (Bl. 244 d.A.).

"In obiger Angelegenheit nehme ich Bezug auf das verbindliche Vergleichsangebot Ihres Mandanten vom 13.9.2007.

Nach Rücksprache mit meinem Mandanten kann ich Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass mein Mandant das verbindliche Vergleichsangebot Ihres Herrn Mandanten annimmt. Ich darf damit das Zustandekommen eines den Rechtsstreit beendenden Vergleiches wie folgt unter Berücksichtigung des Vergleichstextes des Arbeitsgerichts München vom 2.7.2007 wie folgt bestätigen:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat.

Der Beklagte bezahlt an den Kläger, beginnend ab dem 1.10.2007, monatlich € 3.000,-- (dreitausend Euro) zzgl. Mehrwertsteuer auf entsprechende Rechnungsstellung des Klägers und zwar für den Monat Oktober und die folgenden 14 Monate jeweils am 1. eines Kalendermonats.

2. Der Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollendes gutes Zeugnis zu erteilen.

3. Mit diesem Vergleich sind alle finanziellen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.

4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt sowie das Verfahren 6 Ca 7160/07.

Ich darf Sie bitten, Ihren Herrn Mandanten zu veranlassen, den Zeugnisentwurf zu übermitteln, damit das Zeugnis entsprechend dem Vergleichsinhalt erstellt werden kann.

Das Arbeitsgericht München habe ich mittels des in der Anlage in Kopie zu Ihrer Kenntnisnahme beigefügten Schriftsatzes vom Inhalt des Vergleiches informiert und gebeten, das Zustandekommen des Vergleiches gem. § 278 Abs. 6 ZPO im Beschlusswege festzustellen."

Ebenfalls am 17.9.2007 wandte sich der Beklagtenvertreter an das Arbeitsgericht, teilte mit, die Parteien hätten sich geeinigt und bat, das Zustandekommen eines Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen. Danach führten die Parteivertreter ein Telefonat, in dem die Klägervertreterin mitteilte, der Kläger bestehe auf einer Bankbürgschaft oder einer Absicherung durch die Ehefrau des Beklagten.

Mit Endurteil vom 20.9.2007 hat das Arbeitsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 1.3.2007 nicht aufgelöst worden sei. Es hat den Beklagten verurteilt, den Kläger über den 29.3.2007 hinaus zu unveränderten Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. Einen Antrag auf Erstellung eines qualifizierten Zeugnisses hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, der Kläger sei als Arbeitnehmer tätig gewesen. Seine Weisungsabhängigkeit zeige sich an dem Kündigungsvorwurf. Entsprechend der Natur eines Gaststättenbetriebes sei der Kläger im Wesentlichen nach Arbeitsort und Arbeitszeit eingegliedert gewesen. Ein Kündigungsgrund gemäß § 1 KSchG sei nicht mit der erforderlichen Substantiiertheit vorgetragen worden. Die Urlaubsgenehmigung bezüglich des Herr P. sei bei Unterstellung als richtig als Abmahnungsfall einzustufen.

Gegen dieses den Beklagtenvertretern am 19.11.2007 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung des Beklagten vom 10.12.2007, die am 21.2.2008 begründet worden ist, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war. Der Beklagte ist der Auffassung, die Parteien hätten sich vergleichsweise auf eine Beendigung des Anstellungsverhältnisses geeinigt. Durch die Annahme vom 17.9.2007 sei ein Vergleich entsprechend dem Angebot des Klägers zustande gekommen. Dies habe der Beklagtenvertreter der Klägervertreterin auch telefonisch mitgeteilt. Dabei habe er mitgeteilt, dass der Formulierungsvorschlag bzgl. des Zeugnisses im Schreiben vom 17.9.2007 neutral formuliert worden sei, um nicht urkundlich festhalten zu müssen, dass der Kläger sich sein Zeugnis selbst erstellt habe. Er habe jedoch erklärt, dass sich die Vergleichsannahme auf exakt das Zeugnis beziehe, welches der Kläger gefordert habe. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht zu Unrecht eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers angenommen. Nach dem Inhalt des Beratungsvertrages sei der Kläger ausschließlich beratend tätig gewesen. Durch die Urlaubsgenehmigung habe er den Gaststättenbetrieb wirtschaftlich gefährdet.

Der Beklagte stellt folgende Anträge:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 20.9.2007, Az. 23 Ca 4290/07, wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien folgender Vergleich zustande gekommen ist:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat.

2. Der Beklagte bezahlt an den Kläger, beginnend ab dem 1.9.2007, monatlich € 3.000,-- (dreitausend Euro) zzgl Mehrwertsteuer auf entsprechende Rechnungsstellung des Klägers und zwar für den Monat September und für die folgenden 14 Monate jeweils am 1. eines Kalendermonats.

3. Der Beklagte erteilt dem Kläger ein Arbeitszeugnis, welches unter vollinhaltliche Übernahme eines klägerischen Entwurfes unterschreiben von dem Beklagten auf Briefpapier der Gaststätte X. erstellt wird und der Beurteilungsnote 1 bis 2 entspricht.

4. Mit diesem Vergleich sind alle finanziellen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.

III. Hilfsweise: Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für zutreffend. Insbesondere habe das Arbeitsgericht seine Arbeitnehmereigenschaft fehlerfrei festgestellt.

Das Verfahren sei nicht durch einen Vergleich erledigt worden. Das Angebot des Klägers vom 13.9.2007 habe weder eine Abgeltungsklausel noch einen Vorschlag hinsichtlich des Beendigungszeitpunktes noch hinsichtlich der Rechtsnatur des Beschäftigungsverhältnisses enthalten. Der Beklagte habe das Angebot mit mindestens zwei Änderungen angenommen. Nach § 150 Abs. 2 BGB handele es sich damit um ein neues Angebot, das der Kläger nicht angenommen habe. Die Annahmeerklärung des Beklagten enthalte abweichend vom Angebot des Klägers Regelungen über die Qualifizierungen des Beschäftigungsverhältnisses sowie eine Abgeltungsklausel. Außerdem weiche die Regelung über das Zeugnis vom Angebot des Klägers ab. Laut dem geänderten Vergleichstext sei der Beklagte lediglich zur Ausstellung eines guten Zeugnisses verpflichtet, während das Angebot des Klägers eine Note 1 bis 2 zum Inhalt gehabt habe. Schließlich fehle in dem Text des Beklagtenvertreters die Formulierung über die Ausstellung des Zeugnisses durch den Kläger. Ein Vergleich sei auch deshalb nicht zustande gekommen, weil der Kläger noch am 13.9.2007 eine Absicherung seiner Ansprüche gefordert habe und insoweit eine Einigung nicht zustande gekommen sei.

Bei dem Telefonat mit dem Beklagtenvertreter habe die Klägervertreterin gesagt, dass sie doch dies noch einmal mit dem Kläger besprechen müsse. Später habe sie den Beklagtenvertreter nochmals angerufen und ihm gesagt, dass man sich nicht einigen könne, weil der Kläger auf der Bürgschaft bestehe.

Außerdem könnten die Erklärungen der Parteien nicht so ausgelegt werden, wie dies der Beklagte tue, da die behauptete Einigung auf das Nichtvorliegen eines Arbeitsverhältnisses und auf die Zahlung einer Vergütung zuzüglich Mehrwertsteuer gegen höherrangiges Recht verstoße und damit gemäß § 134 BGB nichtig sei. Der Gesetzgeber habe festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Vertragsverhältnis zwangsläufig sozialversicherungspflichtig ist und hierbei die Regelungen gem. § 7 SGB IV aufgestellt. Eine Auslegung, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt und der Kläger berechtigt ist, Mehrwertsteuer abzuführen, verstoße gegen §§ 31, 32 SGB I sowie § 2 UStG.

Weiter scheiterte ein wirksamer Vergleichsschluss am § 154 Abs. 2 BGB. Wenn mindestens eine Partei eine gerichtliche Protokollierung wolle, sei ohne eine solche Protokollierung der Vertrag im Zweifel nicht geschlossen. Der Wille, den Vergleich protokollieren zu lassen, ergebe sich aus mehreren Schreiben des Beklagtenvertreters.

Schließlich sei ein wirksamer Vergleich deshalb nicht zustande gekommen, weil ein Auflösungsvertrag nach § 623 BGB der Schriftform bedürfe. Auch bei einer außergerichtlichen Einigung bezüglich einer Kündigung müsse die strenge Formvorschrift beachtet werden.

Mit Urteil vom 29.5.2008 hat das Landesarbeitsgericht das Endurteil des Arbeitsgerichts abgeändert und entsprechend dem Antrag des Beklagten festgestellt, dass ein Vergleich zustande gekommen sei. Dieses Urteil hat das Bundesarbeitsarbeitsgericht mit Beschluss vom 18.12.2008 aufgehoben und Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen (6 AZN 646/08).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 21.2.2008 und 29.5.2009, des Klägers vom 17.4.2008 und 8.5.2008 sowie den nachgelassenen Schriftsatz vom 23.6.2009 Bezug genommen, außerdem auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 18.12.2008 und die Sitzungsniederschriften vom 30.4.2008 und 18.6.2009.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass der Beklagte mit seinem Hauptantrag Feststellung beantragt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich mit einem bestimmten Wortlaut zustande gekommen sei. Insoweit handelt es sich um ein Minus gegenüber dem Antrag auf Klageabweisung. Der Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs stellt ein erledigendes Ereignis dar, das zwar den Rechtsstreit nicht beendet, die Klage jedoch unbegründet macht (Zöller-Stöber, ZPO, § 794 Rn 17; Zöller-Vollkommer, § 91 a Rn 58, Vergleich; BGH vom 7.3.2002 - III ZR 73/01 - NJW 2002, 1503). Der Feststellungsantrag gibt damit den Grund an, der nach Ansicht des Beklagten zur Erledigung und damit zur Unbegründetheit der Klage führt.

II.

Die Berufung ist begründet, denn der Rechtsstreit ist durch einen außergerichtlichen Vergleich vom 13./17.9.2007 erledigt. Eine Auslegung der beiderseitigen Erklärungen gemäß §§ 133, 157 BGB ergibt, dass die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich mit dem im Urteilstenor wiedergegebenen Inhalt geschlossen haben. Der Wirksamkeit des Vergleichs steht weder entgegen, dass er nicht gerichtlich protokolliert wurde (§ 154 Abs. 2 BGB) noch dass er nicht in Schriftform geschlossen wurde (§ 623 BGB).

1. Bei der Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen ist zunächst vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen. Dann sind auch außerhalb der Vereinbarung liegende Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, etwa die Vorgeschichte der Vereinbarung, der mit ihr verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage. Die Orientierung an Treu und Glauben (§ 157 BGB) bedeutet, dass im Zweifel ein Auslegungsergebnis anzustreben ist, das die berechtigten Belange beider Parteien angemessen berücksichtigt und mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs im Einklang steht (Palandt/Heinrichs, BGB, Rn 4 ff zu § 133 m.w.N.).

Das Schreiben des Klägers vom 13.9.2007 stellt ein annahmefähiges Angebot dar. Bei einem solchen Angebot müssen Gegenstand und Inhalt des Vertrages so bestimmt oder so bestimmbar angegeben werden, dass die Annahme durch ein einfaches Ja erfolgen kann (Palandt aaO, Rn 1 zu § 145). Der Bestimmtheit des Antrags des Klägers steht nicht entgegen, dass er wesentliche Streitpunkte nicht ausdrücklich anspricht, insbesondere die Rechtsnatur des Vertrages der Parteien und den Beendigungszeitpunkt. Der Antrag bezieht sich nämlich erkennbar auf den gerichtlichen Vergleich, den der Kläger widerrufen hatte, und spricht nur die Punkte an, die von den Regelungen des Vergleiches abweichen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Angebots selbst. Die Worte "Neues Verbindliches Angebot" und "Nun" verdeutlichen, dass es zuvor eine andere Regelung gegeben hatte, nämlich den gerichtlichen Vergleich mit einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von fünf Monatsverdiensten. Im Begleitschreiben vom 13.9.2007 wird außerdem mehrfach der Zeitablauf nach dem gerichtlichen Vergleich angesprochen. Dies soll erkennbar die erhöhte Forderung des Klägers begründen. Das Setzen einer Annahmefrist verdeutlicht den Willen des Klägers, ein annahmefähiges Angebot abzugeben.

Entgegen der Auffassung des Klägers hatte das Angebot nicht den Zweck, nur die ausdrücklich angesprochenen Punkte zu regeln und andere Punkte offen zulassen. Typischerweise haben die Vertragsparteien bei einem Rechtsstreit über die Rechtsnatur und die Beendigung eines Rechtsverhältnisses ein Interesse, das Schicksal des streitigen Vertragsverhältnisses insgesamt zu regeln. Hier macht beispielsweise die Vereinbarung einer Zahlungspflicht keinen Sinn, wenn der Vertrag gar nicht beendet wird und damit weitere Zahlungspflichten im Raume stehen. Das Angebot des Klägers berücksichtigt nur dann die Belange beider Parteien angemessen und steht mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs im Einklang, wenn es das gesamte streitige Rechtsverhältnis betrifft und bezüglich der nicht ausdrücklich angesprochenen Punkte das gilt, was hierzu in dem widerrufenen gerichtlichen Vergleich geregelt war.

Damit enthält das Angebot des Klägers weder bezüglich der Rechtsnatur des Vertrages noch bezüglich der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie der Lohnsteuer Lücken. Vielmehr konnte das Angebot des Klägers nur so verstanden werden, dass insoweit Ziffer 1 des widerrufenen Vergleichs gelten sollte. Darin hatten die Parteien ihre Übereinstimmung darüber festgelegt, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat. Wenn der Antrag des Klägers vom 13.9.2007 von "Raten zu je € 3.000,-- netto" spricht, weicht dies nicht von der Regelung in dem widerrufenen gerichtlichen Vergleich ab, sondern knüpft im Gegenteil an die dortige Regelung an. Die angebotene Nettozahlungspflicht bezieht sich - wie im Vergleich - auf die noch hinzukommende Mehrwertsteuer, nicht dagegen auf die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer. Ein Dissens liegt insoweit nicht vor, weil der Kläger erst im Laufe des Rechtsstreits seinem Angebot eine andere Bedeutung beimessen will als ursprünglich gewollt.

Auch bezüglich des Beendigungszeitpunkts bezieht sich das Angebot des Klägers auf den gerichtlichen Vergleich, in dem geregelt war, dass das Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist. Dem steht nicht entgegen, dass im zweiten Absatz von einer "Dauer vom 15.3.2001 bis Oktober 2007" die Rede ist. Diese Formulierung bezieht sich nach ihrem Wortlaut und ihrer Stellung nur auf das zu erstellende Zeugnis.

Die Bindung des Klägers an sein Angebot vom 13.9.2007 ist nicht dadurch weggefallen, dass er in der darauffolgenden Nacht mit einem weiteren Faxschreiben eine Absicherung durch eine Bankbürgschaft bzw. die Ehefrau des Beklagten forderte. Der Kläger hatte nämlich eine Annahmefrist bis Dienstag, 18.9.2007, 14.00 Uhr gesetzt und war deshalb bis zum Ablauf dieser Frist an seinen ursprünglichen Antrag gebunden (§§ 145, 148 BGB).

Der Beklagte hat das Angebot des Klägers mit dem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.9.2007 angenommen. Dies ergibt sich aus dem zweiten Satz dieses Schreibens, in dem mitgeteilt wird, dass der Beklagte das verbindliche Vergleichsangebot des Klägers annimmt. Die dann folgenden Ausführungen widersprechen dem Angebot des Klägers nicht. Sie stellen entgegen der Auffassung des Klägers keine Annahme unter Änderungen dar, die als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag gelten würde (§ 150 Abs. 2 BGB). Unter den Ziffern 1 bis 4 hat der Beklagtenvertreter einen Text als Grundlage für einen gerichtlichen Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO formuliert. Dies ergibt sich aus dem letzten Satz des Schreibens sowie aus der Bitte an das Gericht, das Zustandekommen des Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen. Aufgrund des oben beschriebenen Umstandes, dass das Angebot des Klägers nicht alle in einem gerichtlichen Vergleich zu regelnden Punkte ausdrücklich angesprochen hatte, konnte das Schreiben des Klägers vom 13.9.2007 einem Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO nicht zugrunde gelegt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass durch den ausformulierten Text das Angebot des Klägers geändert worden wäre. Wie ausgeführt deckt sich das Beendigungsdatum 31.5.2007 mit dem ausgelegten Angebot des Klägers. Auch die Formulierung über das Zeugnis in Ziffer 2 weicht nicht von dem Angebot des Klägers ab. Der Beklagte hat nämlich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass im maßgeblichen Verhältnis zwischen den Parteien nur das von ihm angenommene Angebot des Klägers gelten soll und nicht der Text des Vorschlags gem. § 278 Abs. 6 ZPO. Dies ergibt sich nicht nur aus dem 2. Satz des Schreibens vom 17.9.2007, sondern auch aus dem vorletzten Absatz dieses Schreibens, in dem um Übermittlung eines Zeugnisentwurfs gebeten wird. Hieraus wird die Bereitschaft des Beklagten deutlich, das Zeugnis so zu erteilen, wie dies der Kläger gefordert hatte, also mit einem von ihm selbst formulierten Text und mit seiner eigenen Beurteilung (Note 1 bis 2). Bestätigt wird dies durch das Telefonat, das die Parteivertreter jedenfalls noch vor Ablauf der Annahmefrist am 18.9.2007, 14.00 Uhr führten. Insoweit hat der Kläger nicht bestritten, dass der Beklagtenvertreter gegenüber der Klägervertreterin die Formulierung im Vergleichstext damit begründete, die Erstellung des Zeugnisses durch den Kläger selbst solle nicht urkundlich festgehalten werden. Angesichts der uneingeschränkten Annahme des Vorschlags des Klägers in Satz 2 des Schreibens vom 17.9.2007 und des vorletzten Absatzes dieses Schreibens konnte diese Motivation auch schon dem Schreiben des Beklagtenvertreters entnommen werden.

Die Abgeltungsklausel war aus den genannten Gründen schon Bestandteil des Angebots des Klägers.

Obwohl es nach Annahme des Angebots nicht entscheidend auf den Inhalt des Telefonats zwischen den Parteivertretern ankommt, wird darauf hingewiesen, dass auch nach dem Sachvortrag des Klägers nicht davon auszugehen ist, dass der Beklagtenvertreter mündlich das Angebot des Klägers bezüglich des Zeugnisses geändert hat. Wie ausgeführt hat der Kläger nicht bestritten, dass der Beklagtenvertreter die Formulierung des Vergleichstextes über das Zeugnis damit begründete, die Erstellung des Zeugnisses durch den Kläger solle nicht gleich ersichtlich sein. Dieser Sachverhalt gilt damit als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Dies gilt auch für den Sachvortrag des Beklagten, sein Prozessbevollmächtigter habe in dem Telefonat erklärt, der Beklagte werde das Zeugnis so wie vom Kläger gefordert unmittelbar nach Vergleichsschluss erstellen und unterzeichnen. Der Kläger hat lediglich eine Erklärung des Beklagtenvertreters vortragen lassen, bezüglich des Zeugnisses müsse der Vergleichstext anders formuliert werden wie vom Kläger angeboten. Wenn dies als zutreffend angenommen wird, so stellt es keine inhaltliche Änderung des Angebots des Klägers dar. Die Formulierung in den Vergleichstext betrifft nicht das von den Parteien übereinstimmend gewollte, sondern den Text eines Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO, der aus naheliegenden Gründen die Erstellung des Zeugnisses durch den Kläger nicht nach außen dokumentieren sollte.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers enthält der Vergleich, dessen Zustandekommen mit diesem Urteil festgestellt wird, keine Regelungen, die gegen höherrangiges Recht verstoßen und damit nichtig sind (§ 134 BGB). Weder §§ 31, 32 SGB I noch § 2 UStG stehen der vorgenommenen Auslegung entgegen. Nach § 32 Abs. 1 SGB I sind privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften des SGB abweichen, nichtig. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers annimmt, er sei tatsächlich in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig gewesen, ist die in dem Vergleich geregelte Einigkeit der Parteien, dass es sich bei dem Beschäftigungsverhältnis zwischen ihnen nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt, nicht nichtig. Das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bestimmt sich nach den gesetzlichen Vorschriften und steht nicht zur Disposition der Partei. Ein Wille der Parteien, eine die Sozialversicherungsträger bindende Regelung treffen zu wollen, kann nicht angenommen werden. Eine solche Bindung wäre gar nicht möglich. Wenn sich die Parteien einig sind, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt, bringen sie vielmehr lediglich ihre subjektive Einschätzung zum Ausdruck. Wenn diese mit der tatsächlichen Rechtslage nicht übereinstimmt, ist die tatsächliche Rechtslage maßgeblich und können dem Kläger außer der Vereinbarung keine Nachteile entstehen.

Aus ähnlichen Gründen ist dort auch die in Ziffer 2 des Vergleichs geregelte Zahlung einer Vergütung zuzüglich Mehrsteuer nicht nichtig. Der Vergleich regelt nur, wie die Parteien abrechnen wollen. Dagegen konnten und wollten die Parteien keine Bindung für die Finanzbehörden bewirken. Die Vereinbarung der Parteien kann sich gegenüber den steuerrechtlichen Vorschriften nicht durchsetzen, was die Vereinbarung jedoch nicht nichtig macht.

3. Der Vergleich bedurfte zu seiner Wirksamkeit keiner Protokollierung oder eines Vorgehens nach § 278 Abs. 6 ZPO.

Nach der gesetzlichen Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB ist bei Vereinbarung einer Vertragsbeurkundung im Zweifel anzunehmen, dass keine Vertragsbindung entsteht, solange die Beurkundung nicht erfolgt ist. Der Umstand, dass hier die Parteien weder einen gerichtlichen Vergleich protokolliert noch gem. § 278 Abs. 6 ZPO einen solchen Vergleich geschlossen haben, führt nicht dazu, dass kein wirksamer Vergleich geschlossen wurde.

Soll ein außergerichtlich vereinbarter Vergleich noch gerichtlich protokolliert werden, so ist in der Regel anzunehmen, dass der Vergleich erst mit der Protokollierung abgeschlossen ist (BAG vom 16.1.1997 - 2 AZR 35/96 - NZA 1997, 789).

Bei Anwendung des § 154 Abs. 2 BGB auf Prozessvergleiche ist die Doppelnatur des Prozessvergleichs zu beachten. Der Umstand, dass von den Parteien ein Vergleich als Prozessvergleich geschlossen wird, kann dabei bedeuten, dass die Parteien den materiell-rechtlichen Vergleich mit dem Prozessvergleich untrennbar verbinden wollten und einen bloßen materiell-rechtlichen Vergleich i.S.v. § 779 BGB ohne Abschluss im Wege des Prozessvergleichs nicht getätigt hätten. Von einem solchen Parteiwillen kann allerdings nicht ohne weiteres ausgegangen werden, weil sich beim Prozessvergleich die prozessualen Zwecke der Prozessbeendigung und der Schaffung eines vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO) einerseits und der Zweck der materiell-rechtlichen Regelung von Rechtsbeziehungen (§ 779 BGB) andererseits ohne weiteres trennen lassen (BAG aaO).

Ein Formabrede muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch durch schlüssiges Verhalten getroffen werden (Palandt/Heinrichs, BGB, Rn 4 zu § 154). Überwiegend wird außerdem angenommen, entgegen seinem Wortlaut sei § 154 Abs. 2 BGB auch anzuwenden, wenn die Beurkundung lediglich nach der Erklärung einer Partei erfolgen soll (MünchKomm BGB/Kramer, Rn 16 zu § 154; JurisPK-BGB/Backmann, Rn 15 zu § 154).

Hier hat der Kläger eine Beurkundung nicht verlangt. Er hat vielmehr sein "neues verbindliches Angebot" mit einer Annahmefrist versehen und damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es bis zum 18.9.2007 um 14.00 Uhr zu einer verbindlichen Einigung kommen soll. Vor diesem Hintergrund spricht auch der Umstand, dass sein Angebot Änderungen eines bei Gericht geschlossenen Vergleichs zum Inhalt hat, nicht dafür, dass der Vergleich nach seinem Willen nur wirksam sein sollte, wenn er gerichtlich geschlossen wird.

Das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 17.9.2007 bestätigt zwar "das Zustandekommen eines den Rechtsstreit beendenden Vergleichs" und spricht ein Vorgehen nach § 278 Abs. 6 ZPO an. Obwohl der Beklagte damit den Wunsch nach einem gerichtlichen Vergleich zum Ausdruck gebracht hat, kann nicht angenommen werden, dass er die Wirksamkeit des Vergleichs davon abhängig machen wollte. § 154 Abs. 2 BGB ist eine Auslegungsregel. Eine Auslegung nach §§ 133, 157 BGB kann auch zu dem abweichenden Ergebnis führen, dass die Protokollierung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung ist, sondern durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs das gerichtliche Verfahren zu einem Abschluss gebracht werden und der Vergleichsschluss Beweiszwecken dienen soll. Davon ist hier aufgrund des Schreibens des Beklagtenvertreters vom 17.9.2007 auszugehen. Darin wird zunächst die Annahme des Angebots des Klägers zum Ausdruck gebracht. Wie ausgeführt konnte dieses Angebot wirksam nur innerhalb der vom Kläger gesetzten Annahmefrist angenommen werden. Würde man annehmen, der Beklagte habe den Abschluss des Vergleichs bei Gericht als Wirksamkeitsvoraussetzung für dessen Zustandekommen angesehen, so würde dies bedeuten, dass er weiter von einer Unsicherheit über das Zustandekommen des Vergleichs hätte ausgehen müssen. Dass er dies nicht wollte, ergibt sich aus dem übrigen Inhalt des Schreibens vom 17.9.2007. Darin wird das Zustandekommen eines Vergleichs bestätigt und nicht gesagt, dass der Vergleich erst durch einen Abschluss bei Gericht wirksam werden soll. Schließlich spricht der Inhalt des Telefonats zwischen den Parteivertretern dafür, dass die Wirksamkeit des Vergleichs nicht vom Abschluss bei Gericht abhängen sollte. Wie ausgeführt sollte nach der Erklärung des Beklagtenvertreters das Zeugnis so erteilt werden, wie dies der Kläger gefordert hatte und nicht so, wie dies der Beklagtenvertreter dem Gericht mitteilen wollte.

4. Der Wirksamkeit des Vergleichs steht weiter nicht entgegen, dass er durch Erklärungen in verschiedenen Urkunden geschlossen und damit die für Aufhebungsverträge geltende Schriftform nicht gewahrt wurde (§§ 623, 126 Abs. 2 BGB). Zum einen ist es dem Kläger wegen widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) gem. § 242 BGB verwehrt, sich auf die Anwendbarkeit des § 623 BGB, der nur für Arbeitsverhältnisse und nicht für freie Dienstverhältnisse gilt, zu berufen.

Wer durch seine Erklärung oder durch sein Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen hat, auf die sich der andere Teil verlassen durfte und verlassen hat, darf den anderen Teil nicht in seinem Vertrauen enttäuschen. Er würde gegen Treu und Glauben verstoßen und das Vertrauen im Rechtsverkehr untergraben, wenn es erlaubt wäre, sich nach Belieben mit seinen früheren Erklärungen und seinem früheren Verhalten derart in Widerspruch zu setzen. Das Vertrauen des Vertragspartners, dass eine bestimmte Rechtslage gegeben ist, ist schutzwürdig (BAG vom 11.12.1996 - 5 AZR 855/95 - NZA 1997, 817).

Ein Formmangel kann nur ausnahmsweise nach § 242 BGB als unbeachtlich angesehen werden. Das kann unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens dann der Fall sein, wenn der Erklärungsgegner einen besonderen Grund hatte, auf die Gültigkeit der Erklärung trotz des Formmangels zu vertrauen und der Erklärende sich mit der Berufung auf den Formmangel zu eigenem vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt (BAG vom 16.9.2004 - 2 AZR 659/03 - NZA 2005, 162).

Wie unter 1. ausgeführt hatte das Angebot des Klägers zum Inhalt, dass es sich bei dem Beschäftigungsverhältnis der Parteien nicht um ein Arbeitsverhältnis handelte. Mit diesem Angebot setzt sich der Kläger in Widerspruch, wenn er nun die Unwirksamkeit der Vereinbarung nach § 623 BGB geltend macht. Das Vertrauen des Beklagten in die Wirksamkeit des Angebots des Klägers ist schutzwürdig. Dem Angebot des Klägers ging der Rechtsstreit in erster Instanz voraus, in der der Status des Klägers einen Schwerpunkt bildete. Schon der vom Kläger widerrufene Vergleich hatte eine Regelung zum Inhalt, dass der Kläger nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig war. Die Festlegung auf eine Beschäftigung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses war also weder überraschend noch spontan. Der Umstand, dass der Kläger sein Angebot als verbindlich bezeichnete und eine Annahmefrist setzte, konnte bei dem Beklagten ein Vertrauen dahingehend begründen, dass bei einer Annahme des Angebots eine bindende Vereinbarung zustande kommt.

Zum anderen wäre die Vereinbarung der Parteien auch dann wirksam, wenn man annähme, es läge ein Arbeitsverhältnis vor und der Kläger könne sich hierauf berufen. Die Vereinbarung der Parteien stellt keinen Aufhebungsvertrag i.S.v. § 623 BGB dar.

In Rechtsprechung und Literatur besteht keine völlige Einigkeit darüber, welche Verträge als Auflösungsverträge i.S.v. § 623 BGB anzusehen sind. Der Kläger kann sich auf die in Palandt/Weidenkaff BGB Rn 5 zu § 623 vertretene Aufffassung berufen. Danach ist Aufhebungsvertrag jeder Vertrag, durch den ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wird. Erfasst sei auch die Beendigung im Wege des Vergleichs bei vorangegangener Kündigung, um deren Wirksamkeit gestritten wird. Diese Auffassung deckt sich allerdings nicht mit der des Bundesarbeitsgerichts. Dessen Urteil vom 23.11.2006 (6 AZR 394/06 - NZA 2007, 466) betrifft einen gerichtlichen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO in einem Kündigungsschutzverfahren, in dem vereinbart wurde, dass das Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochene arbeitgeberseitige Kündigung endet. Nach Ansicht des 6. Senats begründet eine Vereinbarung der Parteien eines Kündigungsrechtsstreits, dass das Arbeitsverhältnis durch die angegriffene arbeitgeberseitige Kündigung endet, keine Formbedürftigkeit nach § 623 BGB. Dieser Auffassung ist jedenfalls dann zu folgen, wenn der Arbeitnehmer das Fehlen eines wichtigen Grundes nach § 626 BGB oder die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend macht. In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer durch Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage die Wirksamkeit der Kündigung herbeiführen (§§ 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Wenn sich die Parteien des Kündigungsschutzverfahrens auf die Rechtswirksamkeit der Kündigung verständigen, ist dies nicht anders zu behandeln als eine fehlende Klageerhebung. In beiden Fällen ist die schriftliche Kündigung der formwirksame Beendigungstatbestand nach § 623 BGB. Auch bei einer Vereinbarung über die Wirksamkeit einer Kündigung endet das Arbeitsverhältnis nicht durch die Vereinbarung, sondern durch die formwirksame Kündigung (ähnlich LAG Hamm vom 9.10.2003 - 11 Sa 515/03 - Juris; APS/Preiß Rn 9 zu § 623 BGB; ErfK/Müller-Glöge, Rn 8 zu § 623 BGB).

Der Vergleich der Parteien bezieht sich zwar nicht ausdrücklich auf die Kündigung des Beklagten vom 1.3.2007 und regelt eine Beendigung zu einem Termin, zu dem die Kündigung nicht ausgesprochen wurde. Gleichwohl handelt es sich nicht um einen Auflösungsvertrag nach § 623 BGB. Der Vergleich wurde nämlich zur Erledigung des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung ausgesprochen und regelt im Wege des gegenseitigen Nachgebens eine Beendigung zu einem späteren Termin als dem Ablauf der Kündigungsfrist. Damit knüpft die Vereinbarung an die formwirksame Kündigung an und bedarf nicht erneut der Schriftform.

Würde man die Einordnung als Auflösungs- oder Abwicklungsvertrag nur davon abhängig machen, ob in der Vereinbarung ausdrücklich die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung geregelt wird, so würde die Wirksamkeit der Vereinbarung von ihrem Inhalt im Einzelfall abhängen. Eine solche formale Differenzierung berücksichtigt nicht ausreichend, dass durch jede Vereinbarung über eine bereits ausgesprochene Kündigung die Modalitäten der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses geregelt werden und kein neuer Beendigungstatbestand geschaffen wird.

III.

Nach § 91 Abs. 1 ZPO trägt der unterliegende Kläger die Kosten des Rechtsstreits. Dazu gehören auch die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, denn diese ist letztlich erfolglos.

IV.

Dieses Urteil ist unanfechtbar, denn der Beklagte ist nicht beschwert und es besteht kein Grund, für den Kläger die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Insbesondere hängt die Entscheidung nicht von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage ab, deren Klärung von allgemeiner Bedeutung wäre oder zumindest größere Teile der Allgemeinheit berühren würde (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Es kann zu Gunsten des Klägers angenommen werden, dass auch nach dem oben angesprochenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.11.2006 (6 AZR 394/06) die Rechtsfragen i.V.m. § 623 BGB noch klärungsbedürftig sind. Auf diese Fragen kommt es aber in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich an, weil sich der Kläger gemäß § 242 BGB nicht auf die Anwendbarkeit des § 623 BGB berufen kann. Die Ausführungen dazu, ob die Vereinbarung der Parteien einen Aufhebungsvertrag darstellt, stellen lediglich Hilfserwägungen dar. Auf § 72 a ArbGG (Nichtzulassungsbeschwerde) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück