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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 27.11.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 165/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
Ein Anspruch aus betrieblicher Übung wird verneint, weil die Beklagte nie in drei aufeinanderfolgenden Jahren den Eindruck erweckt habe, beim Rentnerweihnachtsgeld bestehe eine dauerhafte Bindung (Auslegung eines Schreibens an Betriebsrentner zum Weihnachtsgeld; Streit, ob ein solches Schreiben in einem Jahr verschickt wurde).
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

2 Sa 165/08

Verkündet am: 27.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz sowie die ehrenamtlichen Richter Setz und Herrmann

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 6.4.2004 - 14 Ca 9858/03 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Er trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über ein Weihnachtsgeld für Betriebsrentner.

Der am 00.00.1932 geborene Kläger ist Betriebsrentner der Beklagten. Er war seit dem 1.9.1949 bei der xp. AG beschäftigt, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Vom 9.4.1973 bis 24.4.1997 gehörte er dem Aufsichtsrat an, seit dem 16.7.1990 als stellvertretender Vorsitzender. Außerdem war er Gesamtbetriebsratsvorsitzender. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30.4.1997. Seit Mai 1997 bezieht der Kläger eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und von der Beklagten eine betriebliche Altersversorgung.

Die xp. AG gewährte seit den 50er Jahren auch den Betriebsrentnern Weihnachtsgeld, und zwar aufgrund von Beschlüssen des Aufsichtsrats. Das Rentnerweihnachtsgeld betrug zunächst 50 % und später 60 % der ungekürzten betrieblichen Gesamtversorgung.

Die Zahlung des Weihnachtsgeldes wurde jeweils durch Aushänge am Schwarzen Brett bekannt gemacht. Die Bekanntmachungen enthielten den Hinweis, dass durch die Gewährung kein Präjudiz für kommende Jahre geschaffen werde. In den Bekanntmachungen für die Jahre ab 1992 wurden die Versorgungsempfänger im Gegensatz zu den Vorjahren nicht mehr ausdrücklich erwähnt.

In einer im Jahre 1993 erschienen Broschüre "Hinweise für unsere Mitarbeiter für den Ruhestand" wurden u.a. die Leistungen an die Versorgungsempfänger erläutert. U.a. hieß es darin, die Rentner würden jeweils im November eines Jahres eine Weihnachtsvergütung erhalten, wenn sie der Aufsichtsrat genehmigt habe. Die Broschüre wurde jedem Mitarbeiter nach Erreichen des 55. Lebensjahres übermittelt.

Die Versorgungsempfänger erhielten jedenfalls teilweise Schreiben über die Auszahlung des Rentnerweihnachtsgeldes. Die Schreiben in den Jahren 1992 und 1994 enthielten keinen Vorbehalt und auch keinen Hinweis darauf, dass das Weihnachtsgeld nur für das Jahr vom Aufsichtsrat beschlossen worden sei und ohne Präjudiz für die Zukunft bezahlt werde.

Das Schreiben vom November 1993 (Bl. 874 d.A.) informierte zunächst über die Höhe der Weihnachtsvergütung. Dann hieß es u.a.:

"Bereits heute möchten wir Sie über zwei Beschlüsse zu Ihrer Altersversorgung informieren. In Vorgriff auf das kommende Jahr wurde entschieden, dass nach den bisherigen Grundsätzen der monatliche Versorgungsbezug um mindestens 1,5 % ab 1.7.1994 angehoben und auch im Jahr 1994 eine Weihnachtsvergütung gewährt wird."

Der Inhalt des Schreibens von 1995 und seine Versendung sind streitig.

Schreiben aus den Jahren 1996 und 1997 hat die Beklagte nicht vorgelegt. Ein Vorbehalt für die Zukunft war ihnen nicht enthalten. Der Kläger erhielt erstmals im Jahre 1997 ein Schreiben zum Weihnachtsgeld für Rentner übersandt.

Die Schreiben aus den Jahren 1998 bis 2001, die auch der Kläger erhielt, enthielten folgenden Zusatz:

"Die Weihnachtsvergütung ist eine freiwillige, widerrufliche soziale Leistung. Hierdurch soll, wie schon bisher, kein Präjudiz für die Zukunft geschaffen werden."

Am 10.10.2002 schloss die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine "Betriebsvereinbarung zur Neuregelung bzw. Aufhebung von betrieblichen Regelungen für Versorgungsempfänger aus dem Bereich des ehemaligen xp.-Konzerns (Einmalzahlung anlässlich des Weihnachtsfestes, Beihilfen in Krankheitsfällen, Sterbegeld/Beihilfen im Todesfall)"(BV Aufhebung Versorgungsempfänger). Darin ist u.a. geregelt, dass ab 1.1.2002 keine freiwilligen Einmalzahlungen anlässlich des Weihnachtsfestes für Versorgungsempfänger mehr gewährt werden. Eine Nachwirkung etwaiger betrieblicher Regelungen sei ausgeschlossen. Für den Wegfall der genannten Leistungen ist eine einmalige Ausgleichszahlung an die Betriebsrentner in Höhe von € 1.100,-- brutto vorgesehen.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte schulde das geforderte Weihnachtsgeld. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus einer betrieblichen Übung und sei weder durch eine gegenläufige betriebliche Übung noch durch die nach seinem Eintritt in den Ruhestand geschlossene Betriebsvereinbarung beseitigt worden.

Mit Endurteil vom 6.4.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung von € 163,40 brutto nebst Zinsen sowie auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, an ihn auch weiterhin ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe von 60 % des durchschnittlichen Versorgungsbezuges zu zahlen, abgewiesen.

Mit Urteil vom 21.10.2005 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen dieses Endurteil zurückgewiesen. Dieses Urteil hat das Bundesarbeitsgericht am 31.7.2007 auf die Revision des Klägers aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen (3 AZR 189/06).

Nach Zurückverweisung tragen die Parteien übereinstimmend vor, dass entgegen den Feststellungen des Bundesarbeitsgerichts schon in den Bekanntmachungen ab 1992 die Versorgungsempfänger nicht mehr ausdrücklich erwähnt worden seien und nicht erst in den Jahren 1995 bis 2000.

Der Kläger trägt zur Begründung seines Begehrens vor, durch die fehlende Erwähnung der Rentner in den Aushängen ab 1992 habe eine betriebliche Übung zu seinen Gunsten entstehen können. Dies entspreche auch der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts, nach der die Erklärungsempfänger nicht damit hätten rechnen müssen, dass der in den Bekanntmachungen enthaltene Vorbehalt weiter reichen solle als der Anwendungsbereich der Bekanntmachungen. Das RentnerWeihnachtsschreiben für das Jahr 1993 enthalte keinen Vorbehalt für die Zukunft, sondern bekunde im Gegenteil einen ausdrücklichen Rechtsbindungswillen für das Jahr 1994. Durch die vorbehaltslosen Zahlungen in den Jahren 1992 bis 1994 sei damit ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden. Vorsorglich bestreitet der Kläger den von der Beklagten behaupteten Wortlaut des Rentner-Weihnachtsschreibens von 1995 mit Nichtwissen. Durch die Schreiben vor 1997 habe das Entstehen einer betrieblichen Übung zu seinen Gunsten nicht verhindert werden können, da er erstmals 1997 zum Adressatenkreis der Schreiben gehört habe.

Der Kläger stellt folgende Anträge:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 6.4.2004 - 14 Ca 9858/03 - wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 163,40 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2002 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger auch weiterhin ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe von 60 % des durchschnittlichen monatlichen Versorgungsbezuges zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Versorgungsempfänger hätten jeweils im November eines jeden Jahres ein sog. Weihnachtsschreiben erhalten. Aus dem Schreiben vom November 1993 ergebe sich jedoch, dass das Rentnerweihnachtsgeld in den Jahren 1993 und 1994 nur aufgrund eines speziellen Aufsichtsratsbeschlusses und damit - wie stets zuvor - nur für das jeweilige Jahr bezahlt werde. Im Jahr 1995 sei an die Ruhegeldempfänger ein Formularschreiben (Anlagen B 1, Bl. 112 d.A. und B II/5, Bl. 826 d.A.) versandt worden, das folgenden Hinweis enthalten habe:

"Hierdurch soll wie schon bisher kein Präjudiz für die Zukunft geschaffen werden."

Die Formularschreiben seien bis einschließlich 1998 an Hand einer Liste gedruckt und an die Versorgungsempfänger zur Versendung gegeben worden (Beweis: Zeugin A.). Vor 1997 habe gegenüber dem Kläger kein Vorbehalt erklärt werden müssen. Es komme nicht auf eine Vorbehaltserklärung gegenüber dem Kläger, sondern gegenüber den Ruhegeldempfängern an.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die Tatbestände der Urteile des Landesarbeitsgerichts vom 21.10.2005 sowie des Bundesarbeitsgerichts vom 31.7.2007 Bezug genommen, für die Zeit nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts auf die Schriftsätze des Klägers vom 26.6.2008, 7.7.2008, 5.8.2008 und 28.10.2008 sowie der Beklagten vom 15.5.2008 und 15.7.2008, außerdem auf die Sitzungsniederschrift vom 13.11.2008. Über die Versendung des Weihnachtsschreibens an die Ruhegeldempfänger im November 1995 ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugin A.. Wegen des Inhalts der Zeugenaussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.11.2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist unbegründet, weil weder in den Jahren 1992 bis 1994 noch in den folgenden Jahren bis 1997 ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf das Rentnerweihnachtsgeld entstanden ist. Die Beklagte hat nie in drei aufeinanderfolgenden Jahren den Eindruck erweckt, beim Rentnerweihnachtsgeld bestehe eine dauerhafte Bindung.

1. Ein Anspruch des Klägers ist nicht schon deshalb entstanden, weil die Bekanntmachungen ab 1992 die Versorgungsempfänger nicht mehr ausdrücklich erwähnten. Die Auffassung des Klägers, durch die Rentnerweihnachtsschreiben in den Jahren 1992 bis 1996 habe ihm gegenüber das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht verhindert werden können, da er erstmals 1997 zum Adressatenkreis gehört habe (so z.B. Schriftsatz vom 5.8.2008) überzeugt nicht. Die speziellen Kenntnisse und das Verständnis des einzelnen Versorgungsanwärters oder Versorgungsempfängers sind nämlich nicht maßgeblich. Im Urteil vom 31.7.2007 hat das Bundesarbeitsgericht dies deutlich ausgeführt und deshalb angenommen, auf die Informationen des Klägers aus seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat und Gesamtbetriebsrat komme es nicht an (Rn 20). Es spielt also weder eine Rolle, dass der Kläger als Mitglied des Aufsichtsrats von den jährlichen Beschlüssen dieses Gremiums über das Rentnerweihnachtsgeld wusste, noch dass der Kläger wie die anderen noch beschäftigten Mitarbeiter die Schreiben über das Rentnerweihnachtsgeld vor 1997 nicht erhielt. Nur die Zahlung des Rentnerweihnachtsgeldes konnte unter Umständen den Eindruck erwecken, insoweit bestehe eine dauerhafte Bindung. Da ausschließlich die Versorgungsempfänger die Leistung erhielten, bestand auch nur bei ihnen eine Veranlassung, auf einen fehlenden Bindungswillen hinzuweisen. Die aktiven Mitarbeiter konnten ein Vertrauen in einen Bindungswillen nur aus Leistungen an die Versorgungsempfänger herleiten und müssen sich damit Hinweise diesen gegenüber zurechnen lassen. Die Ansicht des Klägers könnte zu dem nicht nachvollziehbaren Ergebnis führen, dass Versorgungsanwärter einen Anspruch erworben hätten, Versorgungsempfänger wegen der Vorbehaltserklärungen dagegen nicht.

2. Durch die Leistung des Rentnerweihnachtsgeldes in den Jahren 1992 bis 1994 ist kein Anspruch entstanden, weil die Beklagte durch ihr Schreiben vom November 1993 das Fehlen eines Rechtsbindungswillens klar zum Ausdruck gebracht hat. Bei Leistungen an die gesamte Belegschaft oder an eine Gruppe von Mitarbeitern wird allgemein angenommen, dass eine dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt (BAG vom 28.7.2004 - 10 AZR 19/04 - NZA 2004, 1152). Zutreffend nehmen die Parteien an, dass nur durch drei vorbehaltlose Zahlungen in aufeinanderfolgenden Jahren der Eindruck erweckt werden konnte, es bestehe eine dauerhafte Bindung. Ein erkennbar auf das jeweilige Jahr beschränktes Zahlungsversprechen oder der Hinweis darauf, dass die Leistung ohne Präjudiz für die Zukunft erfolge, führen dagegen dazu, dass die Arbeitnehmer bzw. Versorgungsempfänger dem zeitlich vorangehenden Verhalten des Arbeitgebers keinen Verpflichtungswillen entnehmen können.

Das Schreiben der Beklagten vom November 1993 bringt das Fehlen eines Rechtsbindungswillens klar zum Ausdruck, denn es beschränkt das Zahlungsversprechen auf die Jahre 1993 und 1994. Insbesondere der Hinweis auf die Entscheidung für das kommende Jahr (1994) verdeutlicht, dass sich die Beklagte nicht dauerhaft binden wollte. Ein solcher Hinweis macht keinen Sinn, wenn man sich nicht lediglich für zwei Jahre, sondern dauerhaft binden will. Aus der Formulierung ergibt sich, dass die Zahlungen aufgrund einer Entscheidung für die genannten Jahre erfolgen. Damit enthält das Schreiben einen ähnlichen Hinweis wie die 1993 erschiene Broschüre, in der es heißt, die Rentner würden eine Weihnachtsvergütung erhalten, wenn sie der Aufsichtsrat genehmigt habe. Auch wenn der Broschüre allein der Ausschluss eines Rechtsbindungswillens jedenfalls nicht genügend deutlich zu entnehmen ist, bedeutet diese Feststellung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 31.7.2007 nicht, dass die Broschüre nicht bei der Würdigung des Schreibens vom November 1993 herangezogen werden könnte. Dieses Schreiben spricht von Entscheidungen für zwei Jahre und macht damit deutlich, dass sich an dem Hinweis in der Broschüre nichts geändert hat.

Dem Urteil des BAG vom 12.12.2006 (3 AZR 57/06 - AP Nr. 77 zu § 242 BGB Betriebliche Übung) kann nicht entnommen werden, dass das Fehlen eines Rechtsbindungswillens nur bei einem ausdrücklichen Hinweis, dass die Leistung ohne Präjudiz für die Zukunft erfolge, klar zum Ausdruck gebracht wird. Vielmehr heißt es dort, Ansprüche für zukünftige Jahre seien ausgeschlossen, wenn sich das Zahlungsversprechen erkennbar auf das jeweilige Jahr beschränke. Der dann folgende Satz bezieht sich nicht auf das Jahr 1993, sondern auf 1995 und später. Er beruht erkennbar darauf, dass sich die Beklagte des dortigen Verfahrens nur auf solche Hinweise berufen hatte.

Diesem Urteil kann weiter nicht entnommen werden, nur bei einer Beschränkung auf ein Jahr seien Ansprüche für die zukünftigen Jahre ausgeschlossen, nicht aber - wie im Schreiben vom November 1993 - bei einer Beschränkung auf zwei Jahre. Auch diese Formulierung des Bundesarbeitsgerichts beruht erkennbar darauf, dass die Beklagte des dortigen Verfahrens sich nur auf Beschränkungen des Zahlungsversprechens für jeweils ein Jahr berufen hatte.

3. Schließlich ist in den folgenden Jahren bis 1997 kein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden, weil zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass die Versorgungsempfänger der Rechtsvorgängerin der Beklagten im November 1995 das von der Beklagten vorgelegte Schreiben erhielten, in dem es heißt, durch die Auszahlung einer Weihnachtsvergütung solle wie schon bisher kein Präjudiz für die Zukunft geschaffen werden (Bl. 826 d.A.). Diese Überzeugung beruht auf der Aussage der Zeugin A. und berücksichtigt den gesamten Inhalt der Verhandlung.

Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr erachtet. Eine Behauptung ist bewiesen, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt ist, ohne dabei unerfüllbare Anforderungen zu stellen. Hierfür genügt, da eine absolute Gewissheit nicht zu erreichen und jede Möglichkeit des Gegenteils nicht auszuschließen ist, ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit. Dieser muss für einen vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen zwar Zweifel nicht völlig ausschließen, ihnen jedoch Schweigen gebieten (Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, Rn 2 zu § 286).

Dem Kläger ist zuzugeben, dass die Zeugin A. sich nicht mehr konkret an den Text des Schreibens im Jahre 1995 erinnern konnte. Sie erklärte nämlich, ohne die Übermittlung des im Verfahren von der Beklagten vorgelegten Schreibens durch die Personalverwaltung der Beklagten hätte sie nicht mit Sicherheit sagen können, ob sich der Satz mit dem Präjudiz in dem Schreiben befunden habe. Sie konnte auch nichts zur konkreten Versendung der Schreiben in den Außenstellen sagen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Zeugenaussage nicht ergiebig gewesen wäre. Die Zeugin hat nämlich ausgesagt, dass jedes Jahr Briefe mit gleichlautendem Text an die Betriebsrentner geschickt worden seien und dass die Außenstellen die zu verschickenden Briefe von der EDV in München erhalten hätten. Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen. Die Zeugin machte einen glaubwürdigen Eindruck. Sie bestätigte nicht pauschal den Sachvortrag der Beklagten, sondern machte die oben angeführten Einschränkungen, aus denen der Kläger schließen möchte, der Beweis für die Versendung des Schreibens sei nicht erbracht. Die Zeugin wollte erkennbar nur Aussagen zu noch erinnerlichen Wahrnehmungen machen und stellte klar, wann sie Schlussfolgerungen zog.

Die Überzeugung der Kammer beruht nicht allein auf der Zeugenaussage, sondern auch auf dem übrigen Inhalt der Verhandlung. Nach § 286 ZPO ist das Gericht verpflichtet, auch diesen Inhalt umfassend zu berücksichtigen (Zöller-Greger, ZPO, Rn 2 zu § 286). Damit ist zu erwägen, dass es in allen anderen Jahren ab 1992 Schreiben gab, deren Inhalt ebenso unstreitig ist wie die Versendung an die Betriebsrentner. Es gibt keine nachvollziehbare Begründung, warum nur im Jahre 1995 kein solches Schreiben oder Schreiben mit unterschiedlichen Inhalten versendet worden sein sollen. Die Zeugin hat glaubhaft ausgesagt, dass immer ein Brief an die Betriebsrentner verschickt wurde, also jedes Jahr. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, warum Außenstellen gerade im Jahr 1995 das Schreiben nicht verschickt haben sollen. Schließlich kann aus dem Sachvortrag der Parteien zu den Bekanntmachungen und Schreiben anderer Jahre die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die von der Beklagen vorgelegte Kopie das versendete Schreiben des Jahres 1995 wiedergibt. Während des Verfahrens haben beide Parteien fortlaufend Ermittlungen angestellt und dann zu unterschiedlichen Zeitpunkten Dokumente vorgelegt. Nur den Wortlaut des Schreibens aus dem Jahre 1995 bestreitet der Kläger mit Nichtwissen. Auch insoweit fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte dafür, dass nicht das verschickte Schreiben vorgelegt wurde. Der Kläger, der Kontakt zu zahlreichen Betriebsrentnern hat, hat sich nur auf unterschiedliche Schreiben im Konzern bezogen. Aufgrund dieser gesamten Umstände hat die Kammer keinen Zweifel, dass das vorgelegte Schreiben im November 1995 an die Betriebsrentner der Rechtsvorgängerin der Beklagten versandt wurde.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, wonach die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der Partei zur Last fallen, die es eingelegt hat. Auch die Revision des Klägers ist letztlich erfolglos, denn nach Zurückverweisung durch das Bundesarbeitsgericht wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III.

Dieses Urteil ist unanfechtbar, denn die Beklagte ist nicht beschwert und es gibt keinen Grund, für den Kläger die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Insbesondere hängt der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage ab, deren Klärung von allgemeiner Bedeutung wäre oder zumindest größere Teile der Allgemeinheit berühren würde (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Die Auslegung des Schreibens vom November 1993 wirft keine solchen Fragen auf. Die Versendung der Schreiben vom November 1995 ist eine Tatfrage. Auf § 72 a ArbGG (Nichtzulassungsbeschwerde) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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