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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 774/03
Rechtsgebiete: InsO, BGB


Vorschriften:

InsO § 130 I Nr. 2
BGB § 242
Der Insolvenzverwalter kann auch solche Zahlungen zurückfordern, deren Auszahlung er als vorläufiger Insolvenzverwalter zugestimmt hat.

Die Ausübung des Anfechtungsrechts durch den Insolvenzverwalter ist i.d.R. nicht treuwidrig, denn das Vertrauen von Arbeitnehmern darauf, dass sie erhaltene Vergütung behalten dürfen, ist insbesondere wegen der mit der Auszahlung verbundenen Benachteiligung anderer Gläubiger nicht schutzwürdig.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 774/03

Verkündet am: 05. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

hat die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 09. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz sowie die ehrenamtlichen Richter Wöhler und Hans für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 11.06.2003 - 3 Ca 662/03 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision für den Beklagten wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rückzahlung eines Teils des Märzgehaltes 2002 des Beklagten, dessen Auszahlung der Kläger angefochten hat.

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma X. (Schuldnerin) bei der der Beklagte bis 30.06.2002 beschäftigt war.

Am 17.04.2002 beantragte das Finanzamt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Am 24.06.2002 wurde der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter) ernannt. Am 28.06.2002 fand eine Belegschaftsversammlung statt, an der auch der Beklagte teilnahm. Dabei wurde der Kläger den Mitarbeitern als vorläufiger Insolvenzverwalter vorgestellt und er sprach auch über die Auszahlung des noch nicht bezahlten Märzgehalts 2002. Die Einzelheiten hierzu sind zwischen den Parteien streitig.

Zum 30.06.2002 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten beendet und der Beklagte war ab 01.07.2002 bei der Firma X. GmbH beschäftigt, an der die Schuldnerin zu 50 % beteiligt war. Dieses Arbeitsverhältnis des Beklagten bestand bis zum 31.12.2002.

Am 17.07.2002 wurde das Märzgehalt in Höhe von € 1.059,99 netto an den Beklagten ausbezahlt. Auch weitere Mitarbeiter, jedoch nicht alle erhielten das Märzgehalt.

Am 01.08.2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 14.02.2003 erklärte er gegenüber dem Beklagten die Anfechtung der Auszahlung des Märzgehalts 2002 und verlangte die Rückzahlung.

Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen, die Anfechtung sei gerechtfertigt, weil durch die Auszahlung des Märzgehalts eine Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger erfolgt sei. Bei der Belegschaftsversammlung seien die Mitarbeiter auf die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin hingewiesen worden, außerdem darauf, dass die Auszahlung des Märzgehalts ggf. angefochten werden müsse. Nur zwölf von 40 Mitarbeitern hätten das Märzgehalt erhalten. Die übrigen Mitarbeiter hätten keine Zahlung erhalten, weil Kundenzahlungen ausgeblieben seien.

Dagegen hat der Beklagte in erster Instanz vorgetragen, es liege keine Gläubigerbenachteiligung vor, da er ohne die Zahlung des Märzgehalts seine Tätigkeit eingestellt hätte. Durch seine fortgesetzte Tätigkeit seien der Insolvenzmasse ca. € 15.000,-- zugeführt worden. Auf der Belegschaftsversammlung hätten der Vorstandsvorsitzende der Schuldnerin und der Kläger die Auszahlung der Märzgehälter als sicher dargestellt. Ein Hinweis auf eine mögliche Anfechtung sei nicht erfolgt. Auch bei der Auszahlung sei kein Vorbehalt erklärt worden.

Mit Endurteil vom 11.06.2002 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger € 1.059,99 nebst Zinsen zu bezahlen. Es hat angenommen, der Kläger habe die Auszahlung des Märzgehalts 2002 zu Recht gemäß §§ 129, 130 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO angefochten und deshalb müsse gemäß § 143 Abs. 1 InsO das Empfangene zurückgewährt werden. Durch die Auszahlung des Gehalts seien die übrigen Insolvenzgläubiger benachteiligt worden. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 InsO lägen vor, denn der Beklagte habe jedenfalls von dem Insolvenzeröffnungsantrag gewusst. Der Anfechtungsbefugnis des Klägers stehe ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand des Beklagten nicht entgegen. Die Rechtsprechung nehme einen solchen Vertrauenstatbestand bei einem schwachen Insolvenzverwalter nicht an. Außerdem habe der Kläger die Auszahlung des Märzgehalts nicht ganz ohne Einschränkungen zugesichert. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts sowie des Sachvortrags der Parteien in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses dem Beklagten am 18.06.2003 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung vom 18.07.2003, die am 15.09.2003 begründet worden ist, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Unter Wiederholung und in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens trägt er vor, eine Gläubigerbenachteiligung habe nicht stattgefunden. Ohne die Zusicherung des Klägers anlässlich der Belegschaftsversammlung am 28.06.2002 hätte er fristlos gekündigt und sich nicht auf eine Umschichtung auf die X. GmbH eingelassen. Er und andere Kollegen hätten sich dann sofort selbstständig gemacht und direkt für den Kunden II-Institut gearbeitet. Durch seine Tätigkeit sei ein Massezufluss in Höhe des fünffachen des an ihn ausbezahlten Märzgehaltes erwirtschaftet worden. Außerdem habe der Kläger die Geschäftsanteile der Schuldnerin an der X. GmbH für € 15.000,-- verkauft. Ohne Mitarbeiter wären diese Geschäftsanteile nichts wert gewesen.

Schließlich stehe der Anfechtung ein Vertrauenstatbestand entgegen. Der Kläger habe als vorläufiger Insolvenzverwalter der Auszahlung des Märzgehalts zugestimmt, und zwar ohne Vorbehalt. Der Beklagte habe darauf vertrauen dürfen, das ausbezahlte Geld nicht wieder zurückzahlen zu müssen. Deshalb scheitere die Rückforderung auch an Treu und Glauben.

Der Beklagte stellt folgenden Antrag:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 11.06.2003, Az.: 3 Ca 662/03 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend. Eine Gläubigerbenachteiligung liege schon deshalb vor, weil der Beklagte zum Zeitpunkt der Auszahlung des Märzgehalts nicht mehr bei der Schuldnerin beschäftigt gewesen sei. Außerdem bestreitet er, dass der Beklagte ohne seine Ausführungen in der Betriebsversammlung fristlos gekündigt hätte. Sein Wechsel zur Firma X. GmbH sei für ihn nur vorteilhaft gewesen, denn für den Zeitraum April bis Juni 2002 sei er durch das Insolvenzgeld gesichert gewesen und danach habe er sein Gehalt von der Firma X. GmbH erhalten. Durch die Mitarbeit des Beklagten bei der X. GmbH sei der Wert der Anteile der Schuldnerin an dieser Firma nicht gestiegen. Im Übrigen habe sie bis heute den Kaufpreis für die Geschäftsanteile nicht erhalten.

Eine Anfechtung sei auch nicht wegen eines besonderen Vertrauens ausgeschlossen. Der BGH habe dies nur für den Fall erwogen, dass der Geschäftspartner ein besonderes Vertrauen gerade deswegen genießt, weil im Zeitpunkt der Verfügung eine bloß mittelbare, noch nicht erkennbare oder sogar noch gar nicht vorliegende Gläubigerbenachteiligung gegeben ist. Hier liege allerdings eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vor. Schließlich habe der Beklagte nach seinem eigenen Sachvortrag eine Zwangslage der Schuldnerin ausgenützt, wenn er davon ausgehe, dass die Auszahlung nur deswegen erfolgt sei, um ihn bei der Stange zu halten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 15.09. und 28.10., des Klägers vom 20.10. und 03.12.2003, außerdem auf die Sitzungsniederschrift vom 09.01.2004.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist unbegründet, denn das Arbeitgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte den am 17.07.2002 erhaltenen Teil des Märzgehalts 2002 gemäß § 143 Abs. 1 InsO zurückgewähren muss, weil der Kläger die Auszahlung wirksam angefochten hat (§§ 129, 130 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO). Zur Begründung wird zunächst auf die treffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Zu den in der Berufungsbegründung behandelten Fragen wird folgendes ausgeführt.

1. Die Auszahlung des Märzgehaltes 2002 stellt eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger gemäß § 129 Abs. 1 InsO dar.

Die Insolvenzgläubiger werden zwar durch solche Geschäfte nicht benachteiligt, bei denen dem Vermögen des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung zufließt (BGH NJW 1999, 643). Ein solcher Fall liegt aber hier aus mehreren Gründen nicht vor.

Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Rechnung vom 30.06.2002 hat dieser zwar bei dem Kunden II-Institut GmbH Programmierarbeiten erbracht, die mit € 5.868,75 berechnet wurden. Diese Arbeiten können schon deshalb keine Gegenleistung für die Auszahlung des Märzgehalts sein, weil sie mindestens 17 Tage vor der Auszahlung abgeschlossen sein müssen. Dies ergibt sich aus dem Rechnungsdatum. Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausgeht, dass der Kläger am 28.06.2002 die Auszahlung zusagte, ändert sich dieses Ergebnis nicht. Die behauptete Zusicherung, das Märzgehalt auszuzahlen, kann nicht ursächlich für die zum damaligen Zeitpunkt bereits geleisteten Programmierarbeiten gewesen sein.

Außerdem stammt die Rechnung, auf die sich der Beklagte beruft, nicht von der Schuldnerin, sondern von der X. GmbH. Eine Zahlung gemäß dieser Rechnung kann also nicht zu einer Mehrung der Insolvenzmasse führen.

Da somit schon bei Zugrundelegung des Sachvortrags des Beklagten eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt, hat das Arbeitsgericht zu Recht von einer Beweisaufnahme abgesehen. Im Übrigen können die vom Beklagten angegebenen Zeugen zu einer hypothetischen Kündigung des Klägers nichts aussagen, denn der Kläger trägt nicht vor, welche Wahrnehmungen die Zeugen hierzu wiedergeben sollen. Gleichwohl soll angemerkt werden, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass der Beklagte nur wegen eines Betrages von € 1.059,99 von einer außerordentlichen Kündigung abgesehen und die Tätigkeit bei der Firma X. GmbH aufgenommen hat. Immerhin war der Beklagte durch die Zahlung des Insolvenzgeldes und der Vergütung durch die Firma X. GmbH ab 01.07.2002 gut abgesichert.

Schließlich kann das Unterlassen einer außerordentlichen Kündigung durch den Beklagten schon deshalb keine Gegenleistung für die Auszahlung des Märzgehalts sein, weil der Beklagte bei Auszahlung des Gehalts gar nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin stand und deshalb sein Arbeitsverhältnis nicht mehr kündigen konnte.

Aus ähnlichen Gründen kann der Beklagte nicht geltend machen, der Verkauf der Geschäftsanteile an der Firma X. GmbH an Herrn X. wäre ohne die Mitarbeiter nicht erfolgt. Zum einen würde eine Werterhöhung der Geschäftsanteile keine Gegenleistung des Klägers für die Auszahlung des Märzgehalts darstellen, denn ab 01.07.2002 erbrachte der Beklagte keine Tätigkeit mehr für die Schuldnerin, sondern für die X. GmbH. Zum anderen trägt der Kläger unbestritten vor, dass er den Kaufpreis für die Geschäftsanteile nicht erhalten hat. Gemäß § 138 Abs. 3 ZPO gilt dies als zugestanden. Damit fehlt es auch an einem Zufluss zur Insolvenzmasse.

2. Dem Anfechtungsrecht des Klägers steht nicht entgegen, dass er der Auszahlung des Märzgehalts als vorläufiger Insolvenzverwalter zugestimmt hat.

a) Im Urteil vom 13.03.2003 (IX ZR 64/02 - ZIP 2003, 810) hat der Bundesgerichtshof bei einer Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters ein Vertrauen darauf erwogen, dass eine bloß mittelbare - im Zeitpunkt der Verfügung vielleicht noch nicht erkennbare oder sogar noch nicht vorliegende - Gläubigerbenachteiligung nicht zur Anfechtbarkeit führt. Der BGH hat allerdings die Frage offen gelassen, ob in einem solchen Fall das Anfechtungsrecht ausgeschlossen ist. Auch hier kann diese Frage dahinstehen, denn eine bloß mittelbare, im Zeitpunkt der Verfügung noch nicht erkennbare oder noch nicht vorliegende Gläubigerbenachteiligung liegt nicht vor. Die Insolvenzgläubiger werden dann mittelbar benachteiligt, wenn die Insolvenzmasse zwar nicht unmittelbar vermindert wird, die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, aber durch den Hinzutritt weiterer Umstände beeinträchtigt wird (BGH NJW 2000, 1261; Kreft in HK-InsO, 2. Aufl., Rn. 45 zu § 129). Die Auszahlung des Märzgehalts an den Beklagten am 17.07.2002 hat die anderen Insolvenzgläubiger nicht erst durch den Hinzutritt weiterer Umstände beeinträchtigt, sondern unmittelbar. Durch die Auszahlung wurden der Insolvenzmasse Gelder entzogen, die nicht mehr an die übrigen Insolvenzgläubiger, darunter auch an andere Arbeitnehmer verteilt werden konnten.

b) Die Ausübung des Anfechtungsrechts durch den Kläger und die Rückforderung des ausgezahlten Märzgehalts 2002 sind nicht treuwidrig.

Allerdings scheidet eine Anfechtung ausnahmsweise aus, wenn der spätere Insolvenzverwalter durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand beim Empfänger begründet hat und dieser infolge dessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) damit rechnen durfte, ein nicht mehr entziehbares Recht errungen zu haben (BGH vom 13.03.2003 aaO; BGHZ 118, 374). Ein widersprüchliches Verhalten ist rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., Rn. 55 zu § 242 mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des BGH).

Hier spricht viel für ein widersprüchliches Verhalten des Klägers dadurch, dass er zunächst der Auszahlung des Märzgehalts zugestimmt hat und dann diese Zahlung wieder zurückfordert. Die vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen haben nämlich nicht bestätigt, dass der Kläger bei der Belegschaftsversammlung am 28.06.2002 oder später einen Rückforderungsvorbehalt machte. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass der Beklagte darauf vertraute, die erhaltene Zahlung behalten zu dürfen.

Dieses Vertrauen ist aber weder schutzwürdig noch liegen besondere Umstände vor, die die Rückforderung durch den Kläger als treuwidrig erscheinen lassen. Nicht jedes Vertrauen ist schutzwürdig. § 242 BGB setzt der Rechtsausübung dort eine Schranke, wo sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt (BAG DB 1990, 741; Palandt aaO Rn. 2). Eine Rückzahlungspflicht des Beklagten ist kein untragbares, mit Recht und Gerechtigkeit unvereinbares Ergebnis. Im Insolvenzverfahren sollen alle Gläubiger möglichst gleichmäßig behandelt werden. Das Anrechnungsrecht soll sicherstellen, dass eine gleichmäßige Behandlung der Gläubiger nicht kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereitelt wird. Eine unterschiedliche Behandlung der Gläubiger ist nur in den gesetzlich geregelten Fällen zulässig, die manchen Insolvenzgläubigern einen Vorrang vor anderen einräumen. Der Insolvenzverwalter handelt nicht im eigenen Interesse, sondern muss die Interessen aller Gläubiger beachten. Die Auszahlung des Märzgehalts an den Beklagten und einige andere Arbeitnehmer verstieß gegen diese Grundsätze und räumte den Arbeitnehmern, die die Zahlung erhielten, einen nicht gerechtfertigten Vorrang gegenüber anderen Arbeitnehmern ein.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte im Vertrauen darauf, dass er die Zahlung behalten darf, Dispositionen vorgenommen hat. Wie ausgeführt ist seine Behauptung, ohne die Zahlung wäre er nicht in die X. GmbH gewechselt, einer Beweisaufnahme nicht zugänglich und im Übrigen äußerst unwahrscheinlich. Zum Zeitpunkt der Zahlung befand er sich außerdem schon in einem Arbeitsverhältnis zur X. GmbH.

c) Auch wenn man annimmt, der Kläger sei verpflichtet gewesen, bei der Auszahlung auf eine mögliche Anfechtung und Rückforderung hinzuweisen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Aus den oben unter b) angeführten Gründen ist es jedenfalls nicht treuwidrig, wenn der Kläger im Interesse der anderen Insolvenzgläubiger, insbesondere der Arbeitnehmer, die ihr Märzgehalt nicht erhalten haben, vom Beklagten die Rückzahlung verlangt.

II.

Nach § 97 Abs. 1 ZPO trägt der Beklagte die Kosten seiner erfolglosen Berufung.

III.

Dieses Urteil ist für den Kläger unanfechtbar, denn er ist nicht beschwert.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, denn insbesondere die Frage des Vertrauensschutzes hat grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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