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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 572/07
Rechtsgebiete: BGB, BAT


Vorschriften:

BGB § 626
BAT § 54
Eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines bei einem öffentlichen Arbeitgeber beschäftigten, ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers wegen einer gegenüber der beim selben Arbeitgeber als Beamtin in derselben Behörde beschäftigten Ehefrau während der Arbeitszeit und auf einem Behördenparkplatz begangenen Tätlichkeit kann unwirksam sein, wenn die Interessenabwägung im Einzelfall ergibt, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar gewesen wäre. Auch eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist kann in einem solchen Fall unwirksam sein, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der künftigen Vertragsbindung zumutbar ist.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 572/07

Verkündet am: 25. Oktober 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Heibutzki und Meiringer für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 03.05.2007 - 6 Ca 16579/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ohne Frist ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung.

Der am 13.02.1951 geborene, beim Beklagten seit 18.06.1985 im S. H. F. - jetzt: S. B. F. - als Technischer Angestellter zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt Euro 3.900,00 beschäftigte Kläger, dessen Arbeitsverhältnis nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien aufgrund der für den öffentlichen Dienst geltenden tarifvertraglichen Vorschriften ordentlich unkündbar ist, erhielt am 20.11.2006 eine fristlose Kündigung vom 17.11.2006, die mit Zustimmung des zuvor beteiligten Personalrats ausgesprochen wurde. Anlass für diese Kündigung war ein Vorfall am 07.11.2006. An diesem Tage lief der Kläger nach einer dienstlichen Veranstaltung im Amtsgebäude in F. seiner (damaligen) Ehefrau, die ebenso beim S. B. in F. - in der Bauleitung der Dienststelle D. - als Technische Amtsrätin beschäftigt ist und sich etwa im Jahr 2005 von ihm trennte, um die Mittagszeit auf dem 300 oder 400 Meter entfernten Parkplatz für Mitarbeiter und Besucher der staatlichen Einrichtungen nach, wo es zu einer Auseinandersetzung kam, in deren Verlauf der Kläger seiner Ehefrau ins Gesicht schlug und mit den Füßen nach ihr trat. Die Ehefrau erstattete Strafanzeige und machte gegenüber dem Arbeitgeber von dem Vorfall Mitteilung. Der Kläger wurde am 13.11.2006 angehört und räumte die Tätlichkeiten ein. Die Ehe, die am 28.06.1989 geschlossen worden war und aus der drei Kinder - geboren 1988, 1990 und 1993 - hervorgegangen sind, wurde am 20.12.2006 rechtskräftig geschieden. Der Kläger entschuldigte sich mit e-mail vom 08.11.2006 bei seiner damaligen Ehefrau, teilte ihr jedoch nach dem Anhörungstermin beim Arbeitgeber mit e-mail vom 13.11.2006 mit, er gratuliere, sie habe ihr Ziel, sein Leben komplett zu zerstören, erreicht. Die drei ehelichen Kinder verblieben nach der Trennung zunächst beim Kläger. Seit dessen Herbsturlaub im Jahr 2005 verblieb das jüngste Kind dauerhaft bei seiner Mutter. Der Kläger begab sich nach der Trennung der Eheleute bis zum Ausspruch der Kündigung zweimal in stationäre psychosomatische Behandlung. Die frühere Ehefrau des Klägers teilte mit Schreiben vom 06.02.2007 - also nach der Scheidung - dem S. B. F. mit, sie habe die Anzeige gegen ihren geschiedenen Mann zurückgezogen. Dass die Anzeige zu einer fristlosen Kündigung geführt habe, könne sie gegenüber ihren Kindern nicht verantworten. Eine Versetzung hätte ihrer Meinung nach ausgereicht.

Der Kläger wendet sich gegen die Kündigung vom 17.11.2006 mit der Begründung, die fristlose Kündigung sei nicht angezeigt gewesen, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Vorfall ausschließlich um eine Auseinandersetzung rein privater Natur gehandelt habe. Der Angriff des Klägers gegen seine damalige Ehefrau sei nicht während der Dienstzeit und auch nicht auf dem Gelände des Arbeitgebers erfolgt. Der Kläger habe sie nicht absichtlich, sondern im Affekt geschlagen; das unvermittelte Zusammentreffen mit seiner Ehefrau im Amt habe ihn sehr stark aufgewühlt. Eine erhebliche Störung des betrieblichen Friedens sei nicht eingetreten; nach rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens seien die Spannungen zwischen den früheren Ehegatten weiter massiv abgebaut worden. Das Arbeitsleben der früheren Ehefrau sei durch den Kläger keineswegs durch den streitgegenständlichen Vorfall außerordentlich negativ belastet gewesen. Der Dienstbetrieb sei nicht nennenswert gestört. Auch sei ohne weiteres eine Versetzung des Klägers nach M. möglich.

Der Beklagte betont, es handele sich nicht um eine Tätlichkeit rein privater Natur, sondern um einen körperlichen Angriff während der Dienstzeit auf dem Gelände des Arbeitgebers gegen eine seiner Mitarbeiterinnen. Somit habe das Verhalten des Klägers unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und den Betriebsfrieden im Amt. Der Kläger habe nach dem Vorfall vom 07.11.2006 seine damalige Ehefrau während der Dienstzeit von seinem Arbeitscomputer aus mit e-mails belästigt. Der Arbeitgeber sei zur Fürsorge für seine Mitarbeiterin verpflichtet; deshalb sei die fristlose Kündigung unvermeidlich gewesen. Das Arbeitsleben der Mitarbeiterin, das Arbeitsklima und der Betriebsfriede seien durch den Vorfall massiv negativ beeinflusst worden. Die frühere Ehefrau des Klägers sei auf enge Zusammenarbeit mit den anderen Mitarbeitern des Amtes in F. angewiesen. Diese Kontakte seien durch die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen der früheren Ehefrau des Klägers und des Amtes gestört. Eine Versetzung innerhalb der Behörde sei nicht möglich. Das für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis sei zerstört. Im Interesse der Funktionsfähigkeit und des Betriebsfriedens im Amt sei nur die schnellstmögliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses in Betracht gekommen.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 03.05.2007, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts im Einzelnen verwiesen wird, der Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 17.11.2006 nicht aufgelöst werde, stattgegeben, weil bereits Zweifel daran bestünden, ob ein Grund an sich zur fristlosen Kündigung gegeben sei, jedenfalls aber die Interessenabwägung in Anbetracht der Gesamtumstände des streitgegenständlichen Vorfalls ergebe, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit sofortiger Wirkung nicht angemessen sei. Eine Umdeutung der unwirksamen fristlosen Kündigung in eine solche mit sozialer Auslauffrist komme nicht in Betracht, weil es insofern an der Anhörung des Personalrats fehle.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 18.06.2007 zugestellte Endurteil vom 03.05.2007 mit einem am 22.06.2007 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 13.08.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er bringt insbesondere vor, die Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist komme entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts durchaus in Betracht, weil der Personalrat der fristlosen Kündigung ausdrücklich zugestimmt habe. Er trägt weiter vor, beim streitgegenständlichen Vorfall handele es sich nicht um außerdienstliches Verhalten des Klägers, sondern um eine Tätlichkeit gegenüber einer Mitarbeiterin des Beklagten während der Dienstzeit und auf dem Gelände des Arbeitgebers. Der Parkplatz sei kein öffentlich gewidmeter Parkplatz, sondern stehe nur den Mitarbeitern des B. und der anliegenden Einrichtungen des Beklagten während der Dienstzeiten zur Verfügung. Der Kläger habe gerade auch die dienstlichen Gegebenheiten und Umstände ausgenutzt, insbesondere auch die dienstliche Nähe zu seiner Ehefrau, um diese anzugreifen. Die Einlassung des Klägers, er habe in einem Zustand höchster nervlicher Anspannung die Kontrolle über sich verloren, sei ausgesprochen fragwürdig und werfe ein bezeichnendes Licht auf seine ich-bezogene und aggressive Einstellung gegenüber seiner (jetzt geschiedenen) Ehefrau. Ihn habe lediglich gestört, von dieser nicht über ihr Erscheinen zur dienstlichen Besprechung vorab informiert worden zu sein. Die bloße dienstliche Anwesenheit sei Grund genug gewesen, ihr zu folgen, sie zu bedrängen und massiv zu schlagen. Hinzu komme die Belästigung der Ehefrau auch während der Arbeitszeit mit e-mails. Bereits vor dem streitgegenständlichen Vorfall habe sich das Verhalten des Klägers auf das Arbeitsklima und den Betriebsfrieden negativ ausgewirkt, weil die Ehefrau in der Verrichtung ihrer Arbeit erheblichen Einschränkungen unterlegen sei. So habe der Kläger verlangt, sie solle ihm ihr Erscheinen vorab melden, damit er sich psychisch einstellen könne. Auch habe sie auf Druck des Klägers ganze Bereiche des Gebäudes meiden müssen, z. B. das Großraumbüro im Erdgeschoss. Damit sei die dienstliche Kommunikation mit anderen Mitarbeitern im B. unterbunden worden. Im Übrigen habe selbst das gelegentliche Erscheinen der Ehefrau diese nicht vor Nachstellungen des Klägers geschützt. Wenn sich der Kläger auf den Standpunkt stelle, der Beklagte hätte ihn ja versetzen können, setze er sich zu seinem gesamten Vorverhalten in eklatanten Widerspruch. Denn er meine, nicht er trage die Verantwortung für sein Handeln, sondern der Beklagte hätte ihn versetzen müssen, um quasi seine geschiedene Ehefrau vor ihm - dem Kläger - besser schützen zu müssen. Damit gestehe der Kläger ein, dass er, sollte er an seinem bisherigen Arbeitsplatz verbleiben, für seine frühere Ehefrau nach wie vor eine erhebliche Gefahr darstelle, deren Erscheinen ihn jederzeit wieder zur Gewaltanwendung veranlassen könne. Schließlich komme eine Versetzung nach M. nicht in Betracht, da die dortige Servicestelle ausschließlich für den Fachbereich Straßenbau zuständig sei.

Die Beklagte meint, es liege eine planvolle Verletzungshandlung des Klägers vor. Eine Affekttat scheide angesichts des Umstandes, dass sie nicht durch die damalige Ehefrau provoziert worden sei, aus. Das planvolle Vorgehen des Klägers ergebe sich aus dem Nacheilen; die Tätlichkeit liege am Ende eines Handlungsstrangs. Die Darstellung des Klägers, er habe eben die Nerven verloren, sei eine Schutzbehauptung.

Die familiären Schwierigkeiten des Klägers seien dem Beklagten weder bekannt noch im Rahmen der Interessenabwägung relevant gewesen. Die Entschuldigung des Klägers nach dem Vorfall bei seiner damaligen Ehefrau könne bei der Interessenabwägung nicht zu seinen Gunsten gewertet werden. Der Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe sich von einer rührseligen Geschichte beeindrucken lassen und die vom Kläger begangene Körperverletzung dementsprechend nachsichtig bewertet. Es habe sich ganz offensichtlich vom Gedanken leiten lassen, dass eine Körperverletzung gegenüber der Ehefrau so schlimm doch nicht gewesen sein könne und als vermeintliche Privatangelegenheit nicht überbewertet werden solle. Die Urteilsbegründung ergehe sich geradezu in Verständnis für den angeblich emotional belasteten Ehemann, dem ein solch handgreiflicher Ausrutscher gerne verziehen werden könne. Schließlich habe die Kammer bei ihrer "Interessenabwägung" völlig verkannt, dass der Beklagte als Arbeitgeber einer Fürsorgepflicht gegenüber allen Mitarbeitern unterliege und sie vor Bedrohungen und Verletzungen anderer Mitarbeiter zu schützen habe.

Der Beklagte beantragt deshalb,

das Endurteil vom 03.05.2007 "aufzuheben", die Klage abzuweisen und dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er pflichtet dem Arbeitsgericht darin bei, dass die Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist an der fehlenden Personalratsanhörung hierzu scheitere. Des weiteren hält er daran fest, dass der Vorfall vom 07.11.2006 ein außerdienstliches Verhalten des Klägers betreffe, das weder im Dienstgebäude noch anlässlich eines Dienstgeschäftes noch während der Arbeitszeit stattgefunden habe, sondern eine rein privat-rechtliche Auseinandersetzung im Rahmen der Trennung und eingeleiteten Scheidung. Der Kläger tritt der Darstellung des Beklagten entgegen, er habe dienstliche Gegebenheiten ausgenutzt. Die freizügige Offenlegung der seelischen Verfassung des Klägers bezeugt nach dessen Auffassung keine ich-bezogene und aggressive Einstellung gegenüber seiner früheren Ehefrau. Auch habe er nicht von dieser verlangt, sie solle ihn über ihr Erscheinen während der Dienstzeit informieren, sondern sie lediglich per e-mail darum gebeten. Er habe sich nicht über ein solches Erscheinen seiner damaligen Ehefrau an einer Dienstbesprechung aufgeregt, sondern lediglich ein unvermutetes Zusammentreffen vermeiden wollen, um sich mental vorbereiten zu können. Er bestreitet die vom Beklagten dargelegten Einschränkungen der Ehefrau in Verrichtung ihrer Arbeit durch das Verhalten des Klägers und die behaupteten negativen Auswirkungen auf den Betriebsfrieden sowie den Vortrag, die frühere Ehefrau habe ganze Bereiche des Dienstgebäudes auf Druck des Klägers meiden müssen. Die dienstliche Kommunikation mit anderen Mitarbeitern im B. sei nicht durch einen solchen Druck unterbunden worden. Ein Kontakt des Klägers mit seiner Frau sei keineswegs immer zu erwarten gewesen, weil es seit Bezug des Großraumbüros im Jahr 2003 bis zum Vorfall vom 07.11.2006 am dortigen Arbeitsplatz des Klägers kein Zusammentreffen der Eheleute gegeben habe. Der Kläger meint, die Probleme seien für ihn wegen der völlig überraschenden Trennung seiner Ehefrau von ihm gekommen. Seine Reaktion darauf - ambulante und stationäre Behandlungen - sei vernünftig gewesen. Auch habe er seine damalige Ehefrau nicht massiv, sondern minimal tätlich angegriffen und sich danach erneut in psychosomatische Behandlung begeben. Die Ohrfeige sei im Zustand höchster Erregung erfolgt, nachdem sich die Eheleute auf dem Parkplatz gegenseitig "hochgeschaukelt" hätten.

Auch die vom Arbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung ist dem Kläger zufolge zutreffend. Der Beklagte habe eine planvolle Verletzungshandlung nicht nachgewiesen. Demgegenüber liege lediglich eine einzelne und einzige private Handlung zum Nachteil seiner damaligen Ehefrau vor. Auch habe er sich hierfür entschuldigt. Seine Tat habe die Ehefrau nicht in dem vom Beklagten geschilderten Ausmaß emotional belastet. Dies belege ihre Äußerung, sie wolle den Arbeitsplatz des Klägers nicht gefährden. Zu bedenken sei auch der damals unmittelbar bevorstehende Scheidungstermin. Zum Hinweis des Beklagten auf dessen Fürsorgepflicht bringt der Kläger vor, es habe keine Bedrohung durch ihn gegeben, weder gegenüber der Ehefrau noch gegenüber anderen Mitarbeitern.

Hinsichtlich des sonstigen Vortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 13.08.2007 und 04.10.2007, des Klägers vom 20.09.2007 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 25.10.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Die fristlose Kündigung scheitert am Fehlen eines wichtigen Grundes i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB und § 54 BAT. Die Umdeutung in eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist scheitert zwar nicht an der fehlenden Anhörung des Personalrats hierzu, jedoch daran, dass dem Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zur Altersgrenze des Klägers zumutbar ist, abgesehen von der Möglichkeit einer Versetzung zur Vermeidung der Kündigung.

1. Das Berufungsgericht pflichtet dem Arbeitsgericht im Ergebnis darin bei, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist, weil es dem Beklagten in Abwägung der beiderseitigen Interessen zumutbar i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Das Verhalten des Klägers gegenüber seiner damaligen Ehefrau auf dem in der Nähe des Dienstgebäudes liegenden Parkplatzes der dort angesiedelten Einrichtungen des Beklagten ist zwar an sich als wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB geeignet. Auch das Berufungsgericht geht indes davon aus, dass dem Beklagten unter Würdigung aller vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles zuzumuten war, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der "fiktiven" Frist zur ordentlichen Beendigungskündigung fortzusetzen (vgl. z. B. BAG, 08.06.2000 - 2 AZR 638/99; BAG, 10.10.2002 -2 AZR 418/01).

a) Auch das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern grundsätzlich geeignet sind, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu bilden, weil dies eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten darstellt, die nicht nur für das Opfer absolut unerträglich ist, sondern auch vom Arbeitgeber nicht hingenommen werden kann, weil dieser nicht nur allen Arbeitnehmern gegenüber verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass diese keinen Tätlichkeiten ausgesetzt sind, sondern auch ein eigenes Interesse daran hat, dass die betriebliche Zusammenarbeit nicht durch solche Auseinandersetzungen beeinträchtigt wird und durch Verletzungen Arbeitskräfte ausfallen. Auch können durch gebotene Maßnahmen, weitere Auseinandersetzungen zu unterbinden, die betrieblichen Abläufe empfindlich gestört werden. Das Erstgericht hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass es bei Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen vor Ausspruch einer Kündigung grundsätzlich keiner Abmahnung bedarf, weil Arbeitnehmer von vornherein wissen, dass der Arbeitgeber ein derartiges Fehlverhalten nicht hinzunehmen und lediglich mit einer Kündigungsandrohung zu sanktionieren bereit ist.

Im Gegensatz zum Arbeitsgericht ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass auch das konkrete Verhalten des Klägers gegenüber seiner Ehefrau am 07.11.2006 generell als wichtiger Grund geeignet ist. Denn der Angriff des Klägers auf seine damalige Ehefrau wurzelt zwar ausschließlich in den familiären Problemen der damaligen Eheleute. Er wäre ohne die Trennung der früheren Ehefrau des Klägers von diesem nicht entstanden und hatte auch nicht seinen Grund in den dienstlichen Verrichtungen des Klägers und seiner damaligen Ehefrau. Die Tätlichkeit auf dem Parkplatz betraf nicht einen Arbeitskonflikt im eigentlichen Sinne und fand nicht während einer dienstlichen Verrichtung statt, sondern erst danach - nach dem Ende der Dienstbesprechung -, wenn auch nicht in der "offiziellen" Mittagspause, weil der Kläger noch nicht gemäß Ziff. 6.3 der Dienstvereinbarung Arbeitszeit vom 31.05.2006 ausgebucht hatte. Auch räumlich war der Bezug zu den dienstlichen Verrichtungen des Klägers und seiner damaligen Ehefrau gelockert, weil sich der Vorfall nicht im Dienstgebäude selbst, sondern auf dem einige hundert Meter davon entfernten Parkplatz abspielte, der als dienstliches Gelände anzusehen ist, jedoch auch Besuchern zur Verfügung steht. Gleichwohl handelt es sich nicht um ein typisches außerdienstliches Verhalten, also um ein Geschehen in der Freizeit und in der räumlichen Privatsphäre. Vielmehr liegen starke Einwirkungen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien vor. Diese bestehen darin, dass der Vorfall während der Dienstzeit geschah, dass er in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Dienstbesprechung stand, die den Auslöser für den Angriff des Klägers bildete, dass das Zusammentreffen der damaligen Ehefrau des Klägers mit diesem in der dienstlichen Sphäre nicht etwa einen mäßigenden Einfluss auf ihn hatte, sondern im Gegenteil den gewaltsamen Ausbruch noch beförderte, dass Täter und Opfer im selben Amt beschäftigt waren und demnach jederzeit mit dienstlichen Kontakten und Begegnungen zu rechnen war, dass ein Bemühen des Arbeitgebers, solche Kontakte möglichst zu vermeiden, organisatorische Vorkehrungen erforderte und dass schließlich gerade ein öffentlicher Arbeitgeber gegenüber der eigenen Belegschaft unter Rechtfertigungsdruck geraten kann, wenn ein solcher Vorfall bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekannt wird. Wegen dieser Nähe des Verhaltens des Klägers am 07.11.2006 zur dienstlichen Sphäre, die auch geeignet ist, seine dienstliche Verwendbarkeit zu beeinflussen, kann hier nicht mehr von einem "rein privatrechtlichen" Konflikt gesprochen werden. Eine Straftat, die mit dem Arbeitsverhältnis in keinem Zusammenhang steht, liegt nicht vor. Vielmehr ist ein solcher Zusammenhang deutlich gegeben, auch wenn es sich bei der Tätlichkeit des Klägers weder um einen arbeitgeberbezogenen noch um einen im engeren Sinne arbeitsplatzbezogenen Pflichtverstoß handelte.

Dies bedeutet, dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung durch den Beklagten nach dem Vorfall vom 07.11.2006 durchaus in Betracht zu ziehen war.

b) Gleichwohl folgt das Berufungsgericht dem Arbeitsgericht darin, dass jedenfalls die gebotene Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles (zum Beurteilungsmaßstab vgl. z. B. ErfK/Müller/Glöge, 7. Aufl., § 626 BGB Rn. 74 mit Rspr.-Nachw.) dazu führt, dass dem Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten war und deshalb eine fristlose Kündigung ausscheidet.

Das Arbeitsgericht ist aufgrund der von ihm vorgenommenen Abwägung der gegenläufigen Interessen des Beklagten einerseits und des Klägers andererseits zu dem Ergebnis gelangt, dass die zugunsten des Klägers sprechenden Umstände überwiegen. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Berufungskammer vermag weder das "ungute Gefühl" des Beklagten zu teilen, dass sich die erstgerichtliche Kammer von einer rührseligen Geschichte habe beeindrucken und zu einer entsprechend nachsichtigen Bewertung verleiten lassen, noch die Mutmaßungen des Beklagten nachzuvollziehen, die Kammer des Arbeitsgerichts habe sich ganz offensichtlich von dem Gedanken leiten lassen, dass eine Körperverletzung gegenüber der geschiedenen Ehefrau so schlimm doch nicht gewesen sein könne, und als vermeintliche Privatangelegenheit nicht überbewertet werden solle. Schließlich gibt das Ersturteil keinerlei Anlass zu einem Berufungsangriff der Art, dass sich die Urteilsbegründung geradezu in Verständnis für den angeblich emotional belasteten Ehemann ergehe, dem ein solch handgreiflicher Ausrutscher gern verziehen werden könne.

Das Arbeitsgericht hat durchaus das Interesse des Beklagten an einer Entfernung des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber der damaligen Ehefrau des Klägers als Arbeitnehmerin des Beklagten sowie dessen Interesse an einem ungestörten Betriebsablauf gesehen und gewürdigt. Es ist jedoch im Wege der Interessenabwägung zum Ergebnis gelangt, angesichts der beanstandungsfreien langen Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Bewertung des Angriffs als Affekttat ohne erhebliche Wiederholungsgefahr, der angenommenen "Entschärfung" des ehelichen Konflikts, der umgehenden Entschuldigung des Klägers bei seiner damaligen Ehefrau nach der Tätlichkeit und der Reduzierbarkeit von Kontakten auf ein Mindestmaß überwögen die Interessen des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses - bei Zumutbarkeit dieser Fortsetzung für den Beklagten.

Dem folgt die Berufungskammer im Ergebnis.

Allerdings ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass es die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gebietet, nach einem Vorfall der hier vorliegenden Art alles zu unternehmen, damit es nicht zu erneuten Tätlichkeiten zwischen den Arbeitskollegen komme. Insoweit musste der Beklagte gewissermaßen übervorsichtig sein und den Schutz der damaligen Ehefrau des Klägers vor neuerlichen etwaigen Angriffen aus Anlass oder gelegentlich der dienstlichen Verrichtungen ins Zentrum seiner Überlegungen stellen. Unbestreitbar ist auch, dass die dienstlichen Abläufe durch den Vorfall vom 07.11.2006 - und schon zuvor wegen des ehelichen Konfliktes - insoweit gestört wurde, als nach dem Vorfall vom 07.11.2006 ein verstärktes, berechtigtes Interesse des Beklagten daran bestand, Kontakte und Begegnungen zwischen dem Kläger und seiner damaligen Ehefrau im Dienst und aus Anlass der dienstlichen Verrichtungen möglichst zu vermeiden. Da ohne Weiteres davon auszugehen ist, dass es jederzeit und immer wieder zu solchen Kontakten kommen kann, wenn Eheleute im selben Amt beschäftigt sind - wenn auch an verschiedenen Dienstorten -, bedeutet ein solches Vermeidungsverhalten einen gewissen organisatorischen Aufwand und damit auch Reibungsverluste. Dies hat der Beklagte im zweiten Rechtszug anschaulich und gut nachvollziehbar dargestellt. Solche denkbaren Ablaufstörungen werden verstärkt durch das schon vor dem Vorfall vom 07.11.2006 von Seiten des Klägers geübte Verhalten, Begegnungen und Kontakte mit seiner damaligen Ehefrau im Dienst möglichst zu vermeiden, wie dies durch die per e-mail geäußerte Bitte des Klägers an seine Ehefrau zum Ausdruck kommt, vorher Bescheid zu geben, wenn sie seine eigene Dienststelle aufsuche. Es darf und soll auch nicht bagatellisiert werden, dass es eine Unzuträglichkeit darstellt, wenn Besprechungen, sei es fachlicher oder geselliger Art, nicht dort stattfinden, wo dies sachlich geboten wäre, sondern - wegen des familiären Konflikts und um eine Begegnung des Klägers mit seiner früheren Ehefrau zu vermeiden -, an einem eigens deshalb ausgesuchten Besprechungsort. Nicht zuletzt ist dem Beklagten zuzugestehen, dass er nach einem Vorfall der vorliegenden Art den Eindruck zu vermeiden sucht, als bagatellisiere er das Geschehen, lasse generell Nachsicht und Milde walten, schütze eher den Täter als das Opfer. Insoweit sprechen durchaus generalpräventive Gesichtspunkte dafür, das Arbeitsverhältnis umgehend zu lösen, um nicht ein "falsches Signal" in die Belegschaft zu senden. Es kann tatsächlich zu einer Unruhe in der Belegschaft bis hin zur Qualität einer Betriebsfriedensstörung kommen, wenn eine unvertretbare allzu große Nachsicht gegenüber Körperverletzungen im Kollegenkreis auf Unverständnis und Unmut in der Belegschaft stößt, zumal bei einem Fall der vorliegenden Art niemand zur Gänze einen Wiederholungsfall ausschließen kann.

Andererseits ist zugunsten des Klägers zunächst der langjährige beanstandungsfreie Bestand des Arbeitsverhältnisses anzuführen. Hinzu kommen aber auch die Auswirkungen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die unterhaltsberechtigten Kinder des Klägers. Dieser hätte - bei seinem Lebensalter - äußerst geringe Chancen, auf dem Arbeitsmarkt eine Anstellung zu finden, die ihm und seinen Kindern, soweit sie von ihm unterhalten werden, eine auskömmliche Existenzgrundlage zu erhalten. Die Folgen der Arbeitslosigkeit träfen den Kläger, vor allem aber auch seine Kinder, deshalb besonders hart. Hinzu kommt, dass auch nach Auffassung der Berufungskammer keine planvolle, mit Bedacht verwirklichte und wohlüberlegte Straftat vorliegt, sondern eine Affekttat am Ende eines fehlgeschlagenen Gesprächsversuchs. Darauf deuten alle Umstände des Falles hin. Der Kläger hat - schon im Vorfeld - diese Begegnung nicht gesucht, sondern geradezu zu vermeiden betrachtet. Deshalb ist nicht anzunehmen, dass die Tätlichkeit das Ende eines nach einem vorgefassten Plan ablaufenden Handlungsstranges war, der vom Kläger zielgerichtet verfolgt wurde. Weder der Umstand, dass die damalige Ehefrau des Klägers diesen nicht zur Tat provozierte, noch die Tatsache, dass ihr der Kläger folgte, ohne sie zuvor gesprochen zu haben, rechtfertigt eine solche Annahme. Insbesondere stellt die vom Beklagten geäußerte Annahme, allein die dienstliche Anwesenheit der damaligen Ehefrau sei für den Kläger Anlass genug gewesen, sie zu schlagen, angesichts der Vorgeschichte und des Verlaufs der ehelichen Trennung und der Bemühungen des Klägers diese - unter anderem durch stationäre Behandlung - zu verarbeiten, eine ungesicherte Vermutung dar. Auch ist es - entgegen der Auffassung des Beklagten - dem Kläger nicht anzulasten, dass er sich durch das Erscheinen seiner geschiedenen Ehefrau und Kollegen psychisch belastet fühlte und sie gebeten hatte, ihn vorab darüber zu unterrichten.

Alles in allem drängt sich der Berufungskammer förmlich der Eindruck einer Affekthandlung auf. Dies wird auch durch den weiteren Verlauf des familiären Konflikts nach dem Vorfall vom 07.11.2006 bis zur Kündigung und - indiziell - darüber hinaus bestätigt. Dieser Verlauf - und auch das Verhalten des Klägers bis hin zur Kündigung - legt die Annahme nahe, dass der genannte Vorfall der Höhepunkt der familiären Auseinandersetzung war und der Kläger das Unrechtmäßige seines Tuns nicht nur eingesehen, sondern auch gelernt hat, sich entsprechend zu verhalten. In diesem Zusammenhang ist seine per e-mail vom 08.11.2006 vorgebrachte Entschuldigung zu seinen Gunsten und nicht, wie dies der Beklagte sieht, als "Belästigung" zu seinen Lasten zu sehen.

Aus den genannten Gründen erscheint eine Wiederholungsgefahr als sehr gering. Der Kläger hat nicht planmäßig und zielgerichtet die dienstlichen Gelegenheiten "ausgenutzt", sondern sich am Ende eines gescheiterten Gesprächs zu einer Tätlichkeit hinreißen lassen, die in keiner Weise beschönigt werden darf, jedoch letzten Endes situativ bedingt war. Soweit der Beklagte die Wiederholungsgefahr auch damit begründet, dass der Kläger mit dem Hinweis auf eine Versetzung als milderes Mittel selbst eingestehe, er stelle - sollte er an seinem bisherigen Arbeitsplatz verbleiben - für seine frühere Ehefrau nach wie vor eine erhebliche Gefahr dar, ist dies eine unzulässige Schlussfolgerung. Der arbeitsrechtliche Hinweis auf eine Kündigungsvermeidungsmaß-nahme ist nicht als Eingeständnis einer weiter bestehenden Gefährlichkeit zu werten. Gegen eine solche Annahme spricht das gesamte prozessuale Vorbringen des Klägers in beiden Rechtszügen. Da auch anzunehmen ist, dass die dienstlich veranlassten Begegnungen vergleichsweise selten sind und sich zudem jedenfalls teilweise unschwer minimieren lassen, ist auch insoweit nicht von einer relevanten Wiederholungsgefahr auszugehen.

Schließlich ist der Beklagte - nach einer entsprechenden Darlegung des Klägers - eine plausible Erklärung schuldig geblieben, warum eine Umsetzung oder Versetzung nach M. nicht in Betracht kam. Dass der Kläger beim Beklagten in der dem Fachbereich Hochbau zugehörigen Abteilung Elektrotechnik beschäftigt war, in der ausschließlich Arbeiten für den Bereich Hochbau erledigt werden, schließt es für sich genommen nicht aus, dass er z. B. in der von ihm benannten Servicestelle M. bzw. im Fachbereich Straßenbau beschäftigt werden kann. Etwas anderes gälte nur dann, wenn dort keine Ingenieurleistungen im Bereich Elektrotechnik anfielen. Aus dem Vortrag des Beklagten ergibt sich weder, dass eine Weiterbeschäftigung nach Versetzung oder Umsetzung schlechterdings unmöglich wäre, noch, dass eine geeignete Beschäftigungsmöglichkeit nicht durch entsprechende, zumutbare Umorganisationsmaßnahme geschaffen werden könnte.

Eine Weiterbeschäftigung des Klägers erscheint auch nicht im Hinblick auf einen etwaigen Ansehensverlust oder eine denkbare Rufschädigung des Beklagten in Folge des Fehlverhaltens ausgeschlossen. Denn es ist weder dargelegt noch aufgrund des Vortrags des Beklagten ersichtlich, dass das Geschehen vom 07.11.2006 intern oder extern über den Kreis der unmittelbar mit dem Fall befassten Personen hinaus nennenswerte - negative - Resonanz gefunden hätte. Insbesondere nicht dargelegt, dass der Fall von den Medien aufgegriffen worden wäre.

Nicht zuletzt hat die weitere Entwicklung die aufgrund des Verhaltens des Klägers - insbesondere seines Einräumens der Tat und seiner umgehenden Entschuldigung per e-mail bei seiner damaligen Ehefrau - bereits im Zeitpunkt der Kündigung objektiv feststellbaren Prognose, es habe sich um eine situativ bedingte, einmalige Affekttat ohne konkrete Wiederholungsgefahr gehandelt, indiziell bestätigt. Das zeigt insbesondere das Schreiben der früheren Ehefrau des Klägers vom 06.02.2007, in dem sie mitteilt, sie habe die Anzeige gegen ihren geschiedenen Mann zurückgezogen und könne gegenüber ihren Kindern nicht verantworten, dass die Anzeige zu einer fristlosen Kündigung geführt habe; eine Versetzung hätte ihrer Meinung nach ausgereicht. In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass das Recht der außerordentlichen Kündigung nicht vom Sanktions- und Bestrafungsprinzip, sondern vom Prognoseprinzip beherrscht wird (vgl. z. B. KR/Fischermeier, 7. Auflage, § 626 BGB Rn. 110; BAG, 12.01.2006 -2 AZR 179/05).

2. Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht aufgrund einer Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist aufgelöst worden.

a) Zwar ist anzunehmen, dass der Beklagte, hätte er die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung gekannt, eine - die ausgeschlossene ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ersetzende - außerordentliche Kündigung mit einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist ausgesprochen hätte.

Eine solche Umdeutung scheitert auch nicht daran, dass der Personalrat zu einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist nicht angehört wurde. Denn der Personalrat hat der fristlosen Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt. Es ist somit anzunehmen, dass er auch bzw. erst recht einer minder schwerwiegenden außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist seine Zustimmung erteilt hätte.

b) Auch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist kann jedoch keinen Bestand haben; sie ist nicht sozial gerechtfertigt i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG.

Geht man davon aus, dass die vom Kläger gegenüber seiner damaligen Ehefrau begangene Straftat eine situativ bedingte, einmalige Affekthandlung ohne konkrete Wiederholungsgefahr darstellte, dass angesichts der vergleichsweise geringfügigen dienstlichen Kontakte der früheren Eheleute Störungen der Arbeitsabläufe und der Behördenorganisation in nennenswertem Ausmaß nicht ersichtlich sind, dass konkrete Störungen des Betriebsfriedens nicht vorgetragen und nach den Darlegungen des Beklagten auch nicht konkret zu erwarten sind und dass schließlich ein Ansehensverlust oder eine Rufschädigung der Behörde oder des Beklagten nicht eingetreten ist, würde ein ruhig und verständig denkender, sorgsam abwägender Arbeitgeber nicht zum Mittel der die ausgeschlossene ordentliche Kündigung ersetzenden außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist greifen, sondern es bei einer Abmahnung bewenden lassen. Auch die berechtigten Belange des Opferschutzes lassen eine solche Kündigung nicht unausweichlich erscheinen. Vielmehr hätte es insoweit nahe gelegen, in einem Gespräch mit der damaligen Ehefrau des Klägers zu klären, welches Maß von Schutz und Fürsorge sie vom Beklagten erwartete - und berechtigterweise erwarten konnte. Dies ist, wie sich aus ihrem Schreiben vom 06.02.2007 ergibt, offensichtlich nicht geschehen. Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Kündigungsschutzrecht, anders als das Strafrecht, nicht vom Sanktions- sondern vom Prognoseprinzip beherrscht wird.

Schließlich scheitert eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist auch daran, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zur Erreichung der Altersgrenze nach einer Versetzung bzw. Umsetzung, die zu einer weiteren Minimierung der dienstlichen Kontakte der früheren Eheleute führen würden, nicht ausgeschlossen erscheint. Die Kündigung genügt insoweit nicht dem das gesamte Kündigungsrecht prägenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach allem erscheint es dem Beklagten zumutbar, das Arbeitsverhältnis des Klägers bis zum Erreichen der Altersgrenze fortzusetzen (vgl. z. B. BAG, 14.11.1984 -7 AZR 474/83).

3. Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu erheben, wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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