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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 14.12.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 695/06
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 626
KSchG § 1
BetrVG § 27
BetrVG § 28
BetrVG § 102
1. Der dringende Verdacht, ein Arbeitnehmer (Leiter einer Einkaufsabteilung) habe Schmiergeld in sechsstelliger US-Dollar-Höhe angenommen, um seinen fachlichen Einfluss bei der Auftragsvergabe an eine Zulieferfirma zu deren Gunsten geltend zu machen, ist auch dann als wichtiger Grund an sich geeignet, wenn der betreffende Arbeitnehmer bei der Entscheidung über die Auftragsvergabe nicht mitwirkt,

2. Der Arbeitgeber kann mit der Entscheidung, eine Verdachtskündigung auszusprechen, abwarten, bis ein laufendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein neues Stadium erreicht, aufgrund dessen neue, wesentliche Erkenntnisse zu erwarten sind (hier: Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft über die vorläufigen Ergebnisse einer Durchsuchung). Dagegen muss er nicht das Ende des Ermittlungs- oder Strafverfahren abwarten. Die Frist des § 626 Abs.2 BGB ist so lange gehemmt.

3. Hat der Arbeitgeber einen nicht zur selbständigen Entscheidung befugten Ausschuss nach § 102 BetrVG beteiligt, weil er aufgrund entsprechender Verlautbarungen des Betriebsrats in der Betriebsöffentlichkeit und der langjährig geübten Praxis davon ausgegangen ist, es liege ein schriftlicher Übertragungsbeschluss nach § 28 Abs.1 Satz 3 BetrVG in Verbindung mit § 27 Abs.2 Satz 3 BetrVG vor - was tatsächlich nicht der Fall ist -, liegt dieser Fehler in der Sphäre des Betriebsrats und ist dem Arbeitgeber kündigungsschutzrechtlich nicht zuzurechnen. Es besteht insoweit keine Obliegenheit des Arbeitgebers, sich der Zuständigkeit des Ausschusses des Betriebsrats zu vergewissern.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 695/06

Verkündet am: 14. Dezember 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Wego und Haggenmiller für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 04.04.2006 - 8 Ca 12335/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen und hilfsweisen ordentlichen Arbeitgeberkündigung.

Der Kläger war seit 01.06.1986 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt, zuletzt als Abteilungsleiter und sog. AT-Mitarbeiter im Einkauf, Abteilung x.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 02.08.2005 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 28.02.2006, nachdem sie das Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG mit einem an "M-B, Personalausschuss" gerichteten Schreiben vom 02.08.2005 eingeleitet und der Personalausschuss am selben Tage mitgeteilt hatte, gegen diese Maßnahme bestünden keine Bedenken.

Der Kläger, der zuletzt ein Jahresgehalt in Höhe von 220.000,00 € brutto bezog, ist universitär ausgebildeter Werkstoffwissenschaftler mit dem Spezialgebiet Kunststoff; er ist Dr.-Ing. und in der Praxis im Bereich der Fertigungstechnik tätig. Nach übereinstimmender Auffassung der Parteien ist er kein leitender Angestellter und hat weder Personalkompetenzen noch Prokura.

Nach einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft M. vom 27.07.2005 führte die genannte Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen "einen 54-jährigen Mitarbeiter" der Beklagten in M. sowie gegen einen 45-jährigen Verantwortlichen eines Zulieferbetriebes wegen des Verdachtes der Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch. Es bestehe ein dringender Tatverdacht, dass der beschuldigte Mitarbeiter - bei dem es sich um den Kläger handelte - während verschiedener leitender Tätigkeiten in der Abteilung Einkauf in den Jahren 2000 bis 2002 in 3 Fällen insgesamt rund 100.000,00 US-Dollar per Scheck von dem beschuldigten Verantwortlichen des Zulieferbetriebs als Schmiergeld für die bevorzugte Vergabe von Aufträgen angenommen habe. Im Rahmen einer Durchsuchung am 26.07.2005 seien der Arbeitsplatz des beschuldigten Mitarbeiters, seine Privatwohnung sowie die Firmenräume des Zulieferbetriebs und der Wohnsitz des dortigen Verantwortlichen durchsucht worden. Dabei sei eine Vielzahl von Unterlagen sichergestellt worden, die zunächst ausgewertet werden müssten. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen habe sich der Tatverdacht erhärtet. Die beiden Beschuldigten hätten festgenommen werden können und würden "heute" dem Haftrichter vorgeführt. Die zuständigen Abteilungen der Beklagten seien von Anfang an in die Ermittlungen eingeschaltet gewesen und hätten konstruktiv bei der Aufklärung des Sachverhalts und Vorbereitung der Durchsuchung mitgewirkt.

Bereits am 30.06.2005 hatte bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Besprechung stattgefunden, an der auch ein Mitarbeiter der Rechtsabteilung, ein Mitarbeiter der Abteilung Konzernsicherheit sowie ein Mitarbeiter aus der Konzernrevision der Beklagten teilnahm. In diesem Gespräch wurden die genannten Mitarbeiter über den Verdacht der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gegen den Kläger unterrichtet; sie gaben ihrerseits eine Vielzahl von Informationen über die internen Geschäftsabläufe bei der Beklagten zu Protokoll. Diese Informationen flossen - unter anderem - in den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts M. vom 26.07.2005 ein.

In einer weiteren Pressemitteilung teilte die Staatsanwaltschaft M. am 06.10.2005 mit, der Tatvorwurf "gegen einen mittlerweile erneut verhafteten Mitarbeiter" der Beklagten - den Kläger - habe sich aufgrund der fortgeführten Ermittlungen ausgeweitet. Es bestehe der Verdacht, dass er von Mitarbeitern zweier weiterer Zulieferbetriebe Beträge von 250.000,00 US-Dollar bzw. 200.000,00 US-Dollar erhalten habe, um bei der Auftragsvergabe sowie beim Erhalt von Insider-Informationen bevorzugt zu werden. Im Rahmen einer neuerlichen Durchsuchungsaktion seien die Firmenräume der Zulieferbetriebe sowie die Wohnsitze der verantwortlichen Mitarbeiter durchsucht worden, wobei eine Vielzahl von Unterlagen sicher gestellt worden seien, die nunmehr zunächst ausgewertet werden müssten. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen habe sich auch der neue Tatverdacht erhärtet. Die zuständigen Abteilungen der Beklagten seien von Anfang an in die Ermittlungen eingeschaltet gewesen und hätten konstruktiv bei der Aufklärung des Sachverhalts und Vorbereitung der Durchsuchung mitgewirkt.

Mit einem wiederum an "M-B, Personalausschuss" gerichteten Schreiben vom 26.10.2005 teilte die Beklagte mit, sie sei übereingekommen, auch diesen nachträglich bekannt gewordenen gravierenden Pflichtverstoß zum Gegenstand der bereits ausgesprochen außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Tatkündigung und der außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung zu machen und als weiteren Kündigungsgrund nachzuschieben. Laut "Stellungsnahme des Personalausschusses" vom 27.10.2005 bestehen gegen diese Maßnahme keine Bedenken.

Mit Verfügung vom 10.07.2006 stellte die Staatsanwaltschaft M. das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger im Hinblick auf den Verdacht der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit Preiserhöhungen für Komponenten Handbremshebelabdeckung Leder und Lenksäulenverkleidung Kunstleder für den .. im Mai 2000 sowie das Verfahren gegen den Kläger hinsichtlich des Verdachts der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe für die Lenksäulenverkleidung beim ... im Jahr 2000 gemäß § 170 Abs. 2 STPO ein, weil ein wirtschaftlicher Schaden der Beklagten nicht gesichert sei.

Bei dem von der Staatsanwaltschaft in der Pressemitteilung vom 27.07.2005 genannten Lieferanten handelte es sich um einen Firma, die sich bei der Beklagten um einen Auftrag über die Lieferung von Handbremsbälgen bewarb und, weil sie das preisgünstigste Angebot von allen Mitbewerbern - darunter das sog. ...-Team der Beklagten - abgab, zum Zuge kam. Der Kläger räumt ein, dass er die genannte Firma bei der Umstrukturierung von einer Logistikfirma zu einem Produktionsbetrieb beraten habe in Bezug auf den Aufbau der notwendigen Verwaltung, den Herstellungsablauf, den Einkauf der Zulieferprodukte, der Fertigungskontrolle, der zeitlichen Koordinierung, der Qualitätssicherung und den Vertrieb solcher Handbremsbälge, wofür er als Gegenleistung von dieser Firma Anteile an zwei US-Fonds im Wert von insgesamt 100.000,00 US-Dollar in den Jahren 2000 und 2002 erhalten habe. Weiter räumt der Kläger ein, dass er der genannten Firma die bei der Beklagten zuständigen Ansprechpartner genannt und sie generell darüber beraten habe, was sie tun müsse, um sich überhaupt für solche neuen Aufträge bewerben zu können. Bei der Entscheidung über die Vergabe des Auftrags wirkte der Kläger jedoch nicht mit; sie wurde vielmehr durch das sog. ...-Team mit dem Hauptabteilungsleiter Einkauf und dem Einkaufsleiter getroffen.

Die Pressemitteilung der Staatsanwalt M. vom 06.10.2005 und die Anhörung gemäß § 102 BetrVG zu den nachgeschobenen Gründen beziehen sich auf zwei Lieferantenfirmen der Beklagten und zwei von deren ehemaligen Mitarbeitern. Der Kläger hat mit Anwaltsschreiben vom 19.10.2005 mitteilen lassen, er habe von einem dieser Mitarbeiter dreimal ca. 20.000,00 € sowie vom anderen insgesamt 250.000,00 €/US-Dollar erhalten im Zusammenhang mit Beratungen, die er für die genannten Herren getätigt habe; ein Zusammenhang mit einer Auftragsvergabe oder Weitergabe von Insider-Informationen bestehe nicht.

Bei der Beklagten existiert eine sog. Richtlinie 9 "Einkauf", in deren Ziffer 3n unter anderem geregelt ist, dass im Umgang mit Lieferanten Handlungen zum Nachteil der Beklagten zu unterlassen und jeglicher Interessenkonflikt zu vermeiden ist. Geschäftliche Beziehungen dürften nicht für private Geschäfte, Einkäufe oder Dienstleistungen genutzt werden.

Die Beklagte konfrontierte den Kläger nach dessen Entlassung aus der Untersuchungshaft am 01.08.2005 in einem Personalgespräch, an dem auch ein Betriebsratsmitglied teilnahm, mit den Tatvorwürfen. Dabei räumte er unter anderem ein, er habe den Geschäftsführer der Lieferantin der Handbremsbälge beraten und hierfür auch Geld genommen. Es habe sich jedoch um eine Beratungstätigkeit außerhalb der Geschäftsbeziehungen mit der Beklagten gehandelt. Er habe den Geschäftsführer der genannten Firma über die verantwortlichen Ansprechpartner bei pp. sowie allgemein über Richtlinien bei der Vergabe oder der Ostförderung informiert. Auch habe er Details der damaligen Vergabeverhandlungen gekannt und insbesondere gewusst, dass neben der genannten Lieferantenfirma zwei weitere externe Bewerber aus Österreich und der Türkei sowie das Werk M. als interner Lieferant zur Diskussion gestanden hätten. Er habe dem Geschäftsführer der Lieferantenfirma Tipps gegeben, wie dieser sein Angebot entsprechend kalkulieren müsse, um hier seine Chancen für einen Vertragsabschluss zu erhöhen, woraus jedoch kein Schaden für die Beklagte entstanden sei. Die im Durchsuchungsbeschluss genannten Schecks habe er jedoch weder gekannt noch eingelöst. Die Bezahlung sei so erfolgt, dass der Geschäftsführer der genannten Firma bzw. diese selbst in einen amerikanischen Fonds zugunsten der Ehefrau des Klägers Geld eingezahlt habe. Die Höhe dieser Einzahlungen hätten den im Durchsuchungsbeschluss genannten Beträgen - insgesamt rund 100.000,00 US-Dollar - entsprochen.

Zu den nachgeschobenen Kündigungsgründen erhielt der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 13.10.2005 die Aufforderung, bis 19.10.2005 Stellung zu nehmen. Das Ergebnis war das bereits erwähnte Anwaltsschreiben vom 19.10.2005.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug ausgeführt, sowohl die außerordentliche als auch die vorsorgliche ordentliche Kündigung seien als Verdachts-, aber auch als Tatkündigungen unwirksam. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Angesichts des Umstandes, dass die Information an den Betriebsrat sowie der Ausspruch der Kündigung am selben Tag erfolgt seien, werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Personalausschuss in ordnungsgemäßer Besetzung entschieden habe. Der Kläger hat ausgeführt, das Ankreuzen auf einem Vordruck stelle keine unabänderliche Stellungnahme des Betriebsrats dar. Er hat des Weiteren die Auffassung vertreten, die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB sei nicht eingehalten; der Vortrag der Beklagten hierzu sei offensichtlich unzutreffend. Die Beklagte habe nicht erst am 01.08.2005, sondern bereits durch den Durchsuchungsbeschluss vom 08.07.2005 vollständige Kenntnis von den Tatvorwürfen gehabt. Seit dem Gespräch der Staatsanwaltschaft mit Mitarbeitern der Beklagten am 30.06.2005 hätten keine Ermittlungen durch die Beklagte mehr stattgefunden; eine Kenntnis des kündigungsberechtigten Mitarbeiters der Personalabteilung L. erst am 27.07.2005 von dem gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfen werde mit Nichtwissen bestritten. Die Beklagte müsse sich die Kenntnis ihrer Mitarbeiter in der Rechtsabteilung, der Sicherheitsabteilung und der Konzernrevision zurechnen lassen. Bei ordnungsmäßiger Organisation hätten die Ergebnisse der Besprechung vom 30.06.2005, spätestens jedoch der Durchsuchungsbeschluss, aktenkundig gemacht und an die zuständigen Abteilungen weitergegeben werden müssen.

Zum Vorwurf der Bestechlichkeit hat sich der Kläger dahin geäußert, die reine Vorteilsnahme sei strafrechtlich nicht relevant. Die Lieferantenfirma habe den Auftrag über die Lieferung der Handbremsbälge wegen der Qualität des Produkts und des preisgünstigen Angebots erhalten. Auch sei ein Schaden nicht entstanden.

Auch bei den Zahlungen, die Gegenstand der nachgeschobenen Kündigungsgründe seien, habe er Gegenleistungen erbracht, die nicht der Bevorzugung unlauteren Wettbewerbs gedient hätten, sondern der Abgeltung unternehmensberatender Tätigkeiten des Klägers für beide Herren. Auch hier fehle die notwendige Unrechtsvereinbarung. Im übrigen werde die Kenntnis der Beklagten von diesen Vorwürfen erst durch die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft vom 06.10.2005 mit Nichtwissen bestritten, da die neuerliche Durchsuchung bei der Beklagten bereits im August 2005 stattgefunden habe. Schon aus der eigenen Einlassung der Beklagten ergebe sich die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB insoweit.

Der Kläger hat hinsichtlich sämtlicher Fälle die Verletzung der Einkaufsrichtlinien abgestritten, weil es sich nicht um geschäftliche, sondern um private Beziehungen des Klägers gehandelt habe.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 02.08.2005, zugegangen am 02.08.2005, weder außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 28.02.2006 aufgelöst wird.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis über den 02.08.2005 hinaus ungekündigt fortbesteht.

Mit Klageerweiterung vom 03.03.2006 hat er ferner beantragt:

3. Es wird festgestellt, dass der mit Schreiben der Beklagten vom 24.01.2006 erklärte Widerruf der dem Kläger mit Arbeitsvertrag vom 30.01.1986 erteilten Ruhegeldzusage in der Fassung vom Dezember 1994 unwirksam ist.

Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt.

Sie hat vorgebracht, die Einlassungen des Klägers seien nicht geeignet, den Tatverdacht der Staatsanwaltschaft zu widerlegen und den Vorwurf der Bestechlichkeit zu entkräften, angesichts des Umstandes, dass der Kläger selbst zugegeben habe, vom Geschäftsführer der Lieferfirma 100.000,00 US-Dollar angenommen zu haben. Nicht zuletzt der unstreitige enge private Kontakt zwischen dem Kläger und dem genannten Geschäftsführer ließen es für die Beklagte als sehr wahrscheinlich erscheinen, dass begünstigende Handlungen seitens des Klägers im Kontext der Auftragsvergabe über die Handbremsbälge erfolgt seien. Der Kläger räume zumindest selbst ein, Informationen über die aktuelle Situation beim Vergabeverfahren und allgemeine Tipps zur Vorgehensweise in der konkreten Situation mitgeteilt zu haben. Den Kläger belastende Umstände wie z.B. die seitens der Lieferantenfirma vorgelegten Rechnungen mit Hinweisen auf Geschäftsbeziehungen zur Beklagten hätten nicht entkräftet werden können. Die Beklagte hat ausgeführt, der dringende Verdacht der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sei in höchstem Maße geeignet, das Vertrauen in die Rechtschaffenheit des Arbeitnehmers zu erschüttern. Angesichts der Art der im Raume stehenden Straftat, der Höhe der erhaltenen Geldbeträge wie auch der Art und Weise des Kontakts zum Geschäftsführer der Zulieferfirma sei der Beklagten ein weiteres Festhalten am Arbeitsverhältnis nicht zuzumuten. Selbst wenn die Einlassungen des Klägers wahr wären, habe dieser in jedem Falle seine arbeitsvertraglichen Pflichten im hohen Maße verletzt. Insbesondere habe er gegen die Einkaufsrichtlinien verstoßen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Kläger als Mitarbeiter des mittleren Managements eine Vorbildfunktion habe und seine Verfehlungen angesichts des außerordentlich hohen Medienechos im In- und Ausland geeignet seien, zu einem hohen Imageschaden der Beklagten in der Öffentlichkeit zu führen. Auch habe der Kläger die Abwicklung der Zahlungen verschleiert. Besonders schwer wiege, dass er in Zukunft erpressbar sei; er habe sich "anfüttern" lassen.

Die Beklagte hat weiter vorgebracht, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden.

Auch die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB sei gewahrt, weil der kündigungsberechtigte Personalreferent L. erst nach der Anhörung am 01.08.2005 vollständige Kenntnis vom Kündigungssachverhalt gehabt habe.

Auch in Bezug auf die nachgeschobenen Kündigungsgründe besteht nach dem Vortrag der Beklagten im ersten Rechtszug ein dringender Tatverdacht der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Auch insoweit sei der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden und die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB eingehalten.

Das Arbeitsgericht M. hat mit Teilurteil vom 04.04.2006, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vortrag der Parteien im ersten Rechtszug sowie der Einzelheiten der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, den Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 02.08.2005, zugegangen am 02.08.2005, weder außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 28.02.2006 aufgelöst wird, abgewiesen, weil die Kündigung das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund im Sinne von § 626 BGB aufgelöst habe. Hier liege aufgrund der zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung der Beklagten bekannt gewordenen Tatsachen der Verdacht einer schweren Straftat vor. Der Kläger habe eingeräumt, dass er den Gesellschafter und Geschäftsführer der Lieferfirma Informationen über Mitbewerber des Verfahrens betreffend die Vergabe des Auftrags über die Lieferung von Handbremsbälgen gegeben habe. Damit habe er diesem Vorteile verschafft. Unerheblich sei, ob er damit tatsächlich das Ergebnis der Vergabe beeinflusst habe. Ferner bestehe der erhebliche Verdacht, dass die von der genannten Firma gezahlten 100.000,00 US-Dollar zum erheblichen Teil eine Gegenleistung für diese Informationen gewesen seien. Auch habe der Kläger damit gegen die Unternehmensrichtlinie Einkauf in schwerwiegender Weise verstoßen, weil er seine geschäftlichen Beziehungen als Einkäufer für private Geschäfte und Dienstleistungen genutzt habe und dadurch in einen Interessenkonflikt bei etwaigen künftigen geschäftlichen Beziehungen zu diesem Lieferanten geraten sei. Auf die weiteren Verdachtsmomente, die der Beklagten erst nach Ausspruch der Kündigung bekannt geworden seien, komme es nicht mehr an. Auch sei der Kläger ausreichend zur Verdachtskündigung angehört worden. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt, weil die Beklagte zu Recht mit der Kündigung gewartet habe, bis der Kläger aus der Untersuchungshaft entlassen gewesen sei und von der Personalabteilung zu den Vorwürfen habe gehört werden können. Darauf habe sie unverzüglich den Betriebsrat unterrichtet und gekündigt. Schließlich scheitere die Wirksamkeit der Kündigung nicht an der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats, weil der Kläger keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen habe, aus denen sich Fehler der Unterrichtung ergeben würden - zumal solche, die für den Vertreter des Arbeitgebers erkennbar gewesen wären.

Der Kläger hat gegen das ihm am 19.05.2006 zugestellte Teilurteil vom 04.04.2006 mit einem am 07.06.2006 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 11.06.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er hält nach wie vor daran fest, dass die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten habe und bestreitet in diesem Zusammenhang, dass die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten von der Staatsanwaltschaft gebeten worden seien, die erhaltenen Informationen an niemanden im Hause der Beklagten weiterzugeben. Die Durchsuchung im Forschungs- und Innovationszentrum der Beklagten sei ein so ungewöhnlicher Vorgang, dass von einer unverzüglichen Unterrichtung des Vorstands auszugehen sei, auch angesichts der Berichtspflicht der Mitarbeiter, die am Gespräch mit der Staatsanwaltschaft am 30.06.2005 teilgenommen hätten. Nach Auffassung des Klägers war die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gehemmt, weil die Beklagte nach dem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft am 30.06.2005 keine weiteren eigenen Ermittlungen mehr vorgenommen habe. Eine etwaige Hemmung sei spätestens am 11. oder 12.07.2005 entfallen.

Der Kläger meint, die Kündigungserklärungsfrist sei zwar auch dann gehemmt, wenn der Arbeitgeber das Ergebnis eines Strafverfahrens abwarten wolle. Dann müsse er das Ergebnis aber auch wirklich abwarten; sonst könne er sich nicht auf die Hemmung berufen. Die Beklagte habe nicht einmal das Ergebnis des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens abgewartet. Die Pressemitteilung vom 27.07.2005 sei kein Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, sondern nur eine Mitteilung an die Öffentlichkeit, dass ein Ermittlungsverfahren laufe. Ein Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wäre z.B. die Anklageerhebung.

Der Kläger hält ebenfalls daran fest, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Er bestreitet überdies die Zuständigkeit des Personalausschusses im Hinblick auf die Aufgabenübertragung bzgl. der Wahrnehmung der Rechte des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG für die Arbeitnehmergruppe der außertariflichen Angestellten. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass eine schriftliche Übertragung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 27 Abs. 2 Satz 3 BetrVG vorliege und weist darauf hin, dass eine unter Verstoß gegen das Schriftformerfordernis erfolgte Übertragung unwirksam sei und die originäre Zuständigkeit des gesamten Betriebsrates unberührt lasse. Daher sei davon auszugehen, dass die Beklagte das unzuständige Gremium zur Kündigung angehört habe. Dies falle in den Risikobereich des Arbeitgebers mit der Folge, dass sich die Beklagte den Fehler im Kündigungsschutzverfahren zurechnen lassen müsse. Die Beklagte genieße keinen Vertrauensschutz, weil es zum einen auch um die Rechte eines Dritten, nämlich des Klägers, gehe, der einen gesetzlichen Anspruch darauf habe, dass mit seiner Kündigung das zuständige Gremium befasst wird, und weil zum anderen die Beklagte schon seit Jahrzehnten der betrieblichen Mitbestimmung unterliege, so dass sie sich nicht darauf berufen könne, die Art und Weise der Organisation des Betriebsrates, insbesondere die Beachtung ausdrücklicher Formvorschriften, sei ausschließlich Sache des Betriebsrates und nicht zumindest auch des Arbeitgebers.

Der Kläger hält daran fest, dass ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB nicht bestehe, und trägt vor, es sei das Interesse jedes Automobilunternehmens, beste Qualität zu möglichst niedrigem Preis zu erhalten. Daher sei es allgemein üblich, dass Automobilhersteller und ihre Zulieferer eng zusammenarbeiten, um die Qualität zu sichern und den Preis zu senken. Hierzu gehöre auch eine enge Beratung bis hin zur Auswahl von Subunternehmern. Genau diese Hilfestellung habe der Kläger auch dem Geschäftsführer der Lieferantin für die Handbremsbälge gewährt, wobei es sein Fehler gewesen sei, für die Beratung bei anderen Projekten, die mit der Beklagten nichts zu tun gehabt hätten, überhaupt Geld angenommen und nicht versteuert zu haben. Dies müsse er jedoch mit dem Finanzamt abmachen. Der Kläger meint des Weiteren, ohne Abmahnung bestehe kein ausreichender Kündigungsgrund. Er weist erneut darauf hin, dass er über die Beauftragung nicht entschieden habe und der Beklagten kein materieller Schaden entstanden sei. Für einen Imageschaden sei er nicht verantwortlich.

Der Kläger beanstandet ferner, eine Interessenabwägung fehle im angefochtenen Teilurteil. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen sei und keine Wiederholungsgefahr bestehe. Als entlastender Umstand sei auch zu berücksichtigen, dass das Verfahren gegen den Kläger bzgl. des Verdachts der Untreue gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei.

Der Kläger meint, dass Nachschieben von Kündigungsgründen sei nicht möglich, weil der Kündigungssachverhalt verfristet sei.

Er beantragt:

1. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 04.04.2006, AZ. 8 Ca 12335/05, wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 02.08.2005, zugegangen am 02.08.2005, wer außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 28.02.2006 aufgelöst worden ist.

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis über den 02.08.2005 hinaus ungekündigt fortbesteht.

4. hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger wieder einzustellen, d.h. das Angebot des Klägers auf Neuabschluss des Arbeitsvertrages zu den bisherigen Bedingungen und unter Aufrechterhaltung der bisherigen Betriebszugehörigkeit und aller bisher erworbenen Rechte anzunehmen.

Die Beklagte beantragt

kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.

Sie hält daran fest, dass die Kündigungserklärungsfrist eingehalten sei. Die Beklagte habe sich den Umstand zunutze gemacht, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung durch die Durchsuchung am Arbeitsplatz und in der Privatwohnung des Klägers geeignet gewesen seien, Beweismittel zu sichern. Zügiger wäre es der Beklagten im Zuge eigener Ermittlungen nicht gelungen, den Verdacht gegen den Kläger zu erhärten oder zu entkräften. Deshalb sei es ein sachlicher und nachvollziehbarer Grund, den Kläger erst im Anschluss die Durchsuchungsaktion am 26.07.2005 zügig anzuhören. Die Anhörung habe ganz wesentliche Erkenntnisse zu Tage gefördert, die der Beklagten die Entscheidung zur Kündigung ermöglicht habe. Somit habe die Zweiwochenfrist am 01.08.2005 mit Abschluss der Anhörung des Klägers begonnen.

Die Beklagte hält weiterhin daran fest, dass der dringende Verdacht der Bestechlichkeit des Klägers vorliege. Sie trägt vor, der Kläger habe sowohl in seiner Funktion als Einkaufsleiter "x", u.a. für die ..., in den Jahren 2000 bis 2002 als auch in seiner Stellung als Einkaufsleiter "y" ab 01.03.2002 Einfluss auf die Auswahl von Zulieferern gehabt. Die Beklagte weist darauf hin, dass der "Wert" der Nebenleistungen des Klägers in den Jahren 2000 bis 2002 höher sei als das Jahresgehalt des Klägers aus der Arbeitsleistung für die Beklagte. Diese gehe vorläufig davon aus, dass der Kläger für seine "Beratungsleistungen" 550.000,00 US-Dollar erhalten habe. Davon habe er 410.000,00 US-Dollar eingeräumt.

Weder die Anhörung des Klägers vom 01.08.2005 noch die anwaltliche Stellungnahme vom 19.10.2005 habe zu einer Entlastung des Klägers geführt. Die Beklagte meint, weder das Alter des Klägers noch seine langjährige Betriebszugehörigkeit könnten sich bei der Interessenabwägung zu seinen Gunsten auswirken. Es sei im Gegenteil so, dass die Beklagte gerade langjährigen Mitarbeitern und Führungspersonen ein besonderes Vertrauen entgegenbringe und sich auf sie verlasse. Umso größer sei der Vertrauensverlust, wenn sich bei einem solchen Mitarbeiter der konkrete Verdacht der Bestechlichkeit herausstelle. Das Risiko der Weiterbeschäftigung eines solchen Mitarbeiters, auch auf einem anderen Arbeitsplatz, sei für den Arbeitgeber unkalkulierbar und scheide deshalb aus. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ende der Kündigungsfrist sei nicht zumutbar.

Zur Betriebsratsanhörung bringt die Beklagte vor, ihr Vortrag zur Ordnungsmäßigkeit der Anhörung sei nicht substantiiert bestritten worden und deshalb zugestanden. Zur Zuständigkeit des Personalausschusses für Angestellte trägt die Beklagte vor, der Betriebsratsvorsitzende habe den Personalleiter D. im Juni 2002 nach der Betriebsratssitzung vom 05.06.2002 unter anderem darüber informiert, dass der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Stimmen beschlossen habe, den Personalausschuss für Angestellte die personellen Angelegenheiten der §§ 99 bis 105 BetrVG zur selbständigen Erledigung zu übertragen. Diese Aufgabenverteilung und -erledigung entspreche einer langjährigen Praxis am Standort M. gemäß Bestätigung des Betriebsratsvorsitzenden vom 27.10.2006 und nach dem Leitfaden für die pp.-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom März 2002, aus dem zu entnehmen sei, dass Kündigungen im Personalausschuss behandelt werden (dort Seite 11 = Bl. 191 d.A.). Dies folge auch aus einer Broschüre des Betriebsrats am Standort M. vom März 2003 zu den Ansprechpartnern und Zuständigkeiten im Betriebsrat, die dem Personalleiter des Standorts M. mit Schreiben vom 23.04.2003 zugesandt worden sei (dort Seite 25 = Bl. 205 d.A.).

Hinsichtlich des sonstigen Vortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 11.07.2006, 10.08.2006, 27.09.2006 und den (nicht nachgelassenen) Schriftsatz vom 11.12.2006, der Beklagten vom 14.08.2006, 02.11.2006 und 24.11.2006 sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 12.10.2006 und 07.12.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft wie form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 64 Abs. 2 und Abs. 6, 66 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ArbGG, §§ 513, 519, 520, 524 Abs. 1 und 3 ZPO).

Die Zulässigkeit der Berufung scheitert nicht teilweise daran, dass Gegenstand der Berufungsanträge nach deren Wortlaut auch der allgemeine Feststellungsantrag ist (Ziffer 3 der Berufungsanträge), über den das Erstgericht - entgegen der vom Kläger auf Seite 3 des Berufungsbegründungsschriftsatzes geäußerten Auffassung - im angefochtenen Teilurteil nicht entschieden hat mit der Folge, dass der Kläger insoweit nicht beschwert ist. Denn aus dem gesamten Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes ergibt sich, dass der Kläger - lediglich - gegen die vom Erstgericht ausgesprochene Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 02.08.2005 vorgehen will. Zum allgemeinen Feststellungsantrag enthält das gesamte Berufungsvorbringen des Klägers weder Tatsachenvortrag noch Rechtsausführungen, auch nicht in dem Sinne, dass insoweit im zweiten Rechtszug eine Klageerweiterung vorgenommen werden sollte, wobei ein solcher klageerweitender Antrag angesichts des Umstandes, dass der selbe Streitgegenstand bereits rechtshängig ist und sich noch im Stadium des erstinstanzlichen Verfahrens befindet, unzulässig wäre.

Die Berufungskammer legt die Berufungsanträge des Klägers jedoch dahingehend aus, dass der allgemeine Feststellungsantrag und die Erläuterung, das Arbeitsgericht habe die gegen die Kündigung gerichtete Klage einschließlich der allgemeinen Feststellungsklage abgewiesen, auf einem offensichtlichen Versehen beruhen und dass es dem wirklichen Willen des Klägers entspricht (vgl. § 133 BGB), lediglich den Feststellungstenor des Ersturteils anzugreifen, verbunden mit dem klageerweiternden Hilfsantrag gemäß Ziffer 4 der Berufungsanträge.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Die Kündigung vom 02.08.2005 ist bereits als fristlose Kündigung wirksam, so dass auf die Frage der sozialen Rechtfertigung der gleichzeitig vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigung nicht einzugehen ist. Der mit dem Hilfsantrag gestellte Wiedereinstellungsanspruch besteht nicht.

1. Die Kündigung vom 02.08.2005 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang beendet, weil ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB besteht, die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB eingehalten ist und weil zwar die Betriebsratsanhörung mangels Zuständigkeit des Personalausschusses für Angestellte nicht ordnungsgemäß erfolgte, dieser Fehler jedoch der Beklagten im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens nicht zu ihren Lasten zuzurechnen ist.

a) Die Kündigung vom 02.08.2005 ist durch einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, weil Tatsachen vorliegen, aufgrund derer der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht einmal bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten war.

aa) Die Berufungskammer folgt dem Erstgericht darin, dass die fristlose Kündigung jedenfalls deshalb gerechtfertigt ist, weil der Verdacht einer schweren Straftat - Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in einem besonders schweren Fall gemäß §§ 299 Abs. 1, 300 Nr. 1 StGB - bestand. Bereits dasjenige, was der Kläger unstreitig der Beklagten gegenüber im Gespräch vom 01.08.2005 und schriftsätzlich im vorliegenden Verfahren eingeräumt hat, rechtfertigt die Annahme, dass der Kläger die ihm angelastete - und sehr schwerwiegende - Straftat mit hoher Wahrscheinlichkeit begangen hat.

Der Kläger hat insoweit eingeräumt, er habe den Geschäftsführer der Lieferfirma in N. grundsätzlich und generell darüber beraten, was sie zu tun müsse, um sich überhaupt für solche neuen Aufträge bewerben zu können. Er hat dieser Firma damit einen Vorteil verschafft, den die Mitbewerber nicht hatten. Er hat ferner eingeräumt, er habe dem Geschäftsführer Tipps gegeben, wie er sein Angebot kalkulieren müsse, um seine Chancen für einen Vertragsabschluss zu erhöhen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten von Oktober 2000 bis Februar 2002 als Einkaufsleiter "x" sowie ab 01.03.2002 als Einkaufsleiter "y" Einfluss auf die Auswahl von Zulieferbetrieben und die Vergabe von Aufträge für die in der betreffenden Fahrzeug- und Motorenproduktion verwendeten Materialen, Teile, Komponenten und Systeme hatte. Wenn er auch nicht an der Vergabeentscheidung als solcher mitgewirkt hat, so hat er doch seinen fachlichen Einfluss zugunsten der genannten Lieferantin in der Absicht der unlauteren Bevorzugung dieser Firma nutzen können.

Der Kläger hat schließlich eingeräumt, dass er als Gegenleistung für diese "beratende Tätigkeit" von der genannten Firma Anteile an zwei US-Fonds im Wert von insgesamt 100.000,00 US-Dollar in den Jahren 2000 und 2002 erhalten habe. Dass diesen Zuwendungen wirkliche Gegenleistungen des Klägers zugrunde lagen, die von dessen dienstlichen Aufgaben bzw. seiner Stellung bei der Beklagten völlig unabhängig waren, also ohne diese nicht erbracht worden wären, ist aufgrund der pauschalen Einlassungen des Klägers, die konkrete, klar definierte Beratungsaufträge unabhängig von der dienstlichen Stellung des Klägers sowie klare diesbezügliche Honorarvereinbarungen nicht erkennen lassen, nicht anzunehmen. Jedenfalls besteht ein ganz erheblicher Verdacht dahin, dass es an solchen Gegenleistungen fehlt.

Die Unterstützung der Lieferfirma durch den Kläger kann auch nicht, wie dieser im Berufungsverfahren vorträgt, als "Maßnahme der Qualitätssicherung" angesehen werden. Denn dies war erkennbar nicht der Zweck des Verhaltens des Klägers, sondern die Preisgabe von Interna der Beklagten, um einer bestimmten Bewerberin gegenüber anderen Mitbewerbern eine denkbar gute Ausgangsposition zu verschaffen.

Es entlastet den Kläger nicht und ist deshalb unerheblich, dass der Beklagten, auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft, durch das zu beanstandende Verhalten des Klägers kein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Dies ist für den Straftatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB von Bedeutung, nicht jedoch für den Tatbestand der Bestechlichkeit nach § 299 Abs. 1 StGB und die dem Kläger vorzuwerfende Loyalitätspflichtverletzung. Entscheidend ist, dass die Annahme der Gelder allgemein die Gefahr begründeten, der Kläger werde in seinem dienstlichen Verhalten zu Lasten der Beklagten beeinflusst und er werde nicht mehr allein deren Interessen wahrnehmen (vgl. BAG vom 21.06.2001 - 2 AZR 30/00).

Nach allem besteht der dringende Verdacht, dass der Kläger durch die Begehung der Straftat der Bestechlichkeit, nicht zuletzt durch deren Ausmaß in Bezug auf die Höhe der empfangenen Gelder und die zeitliche Erstreckung, die Interessen der Beklagten nachhaltig und in erheblichem Umfang gefährdet hat.

Darüber hinaus hat er allein schon durch sein Verhalten gegenüber dem Geschäftsführer der Lieferfirma gravierend gegen die Einkaufsrichtlinie verstoßen, die gerade dieser Gefahr vorbeugen sollte. Die Berufungskammer vermochte nicht nachzuvollziehen, weshalb eine Verletzung dieser Richtlinie durch den Kläger schon deshalb nicht vorliegen soll, weil es sich in sämtlichen Fällen nicht um geschäftliche Beziehungen, sondern um private Beziehungen des Klägers mit dem Geschäftsführer und insbesondere um ein freundschaftliches Verhältnis gehandelt habe. Denn nach dem von der Beklagten vorgetragenen Inhalt von Ziffer 3n dieser Richtlinie, der vom Kläger nicht bestritten worden ist, ist jeglicher Interessenkonflikt im Umgang mit Lieferanten zu unterlassen. Dazu gehört es nicht nur, geschäftliche Beziehungen nicht für private Geschäfte zu nutzen, sondern auch privaten Beziehungen in dienstlichen Angelegenheiten nicht gegenüber den Interessen des Arbeitgebers Vorrang einzuräumen.

bb) Die Beklagte hat den Kläger zum Verdacht der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit den von der genannten Firma an ihn geleisteten Zahlungen am 01.08.2005 ausführlich angehört und ihm hinreichend Gelegenheit gegeben, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Damit ist diesem Wirksamkeitserfordernis einer Verdachtskündigung (vgl. BAG vom 26.09.2002 - 2 AZR 424/01) Genüge getan.

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers war eine vorherige vergebliche Abmahnung entbehrlich. Der dringende Verdacht der Bestechlichkeit - zumal in einem schweren Fall, wie er hier vorliegt - stellt eine so gravierende Belastung des Arbeitsverhältnisses dar, dass schlechterdings nicht angenommen werden kann, ein Arbeitgeber werde in einem solchen Fall nicht zum Mittel der außerordentlichen Kündigung greifen, sondern es zunächst mit einer Abmahnung sein Bewenden haben lassen. Mit einer solchen Duldsamkeit kann kein vernünftiger Arbeitnehmer rechnen, denn ein derart schwerwiegender und dringender Verdacht zerstört die für ein Arbeitsverhältnis unabdingbare Vertrauensgrundlage vollständig (zur Entbehrlichkeit einer Abmahnung in derartigen Ausnahmefällen vgl. ErfK/Müller-Glöge, 7. Aufl., § 626 BGB Rn. 49 mit Rspr.-Nachw.).

dd) Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist war der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und Abwägung der gegenläufigen Interessen der Parteien nicht zumutbar.

Zwar ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er aufgrund seines Alters erhebliche Probleme haben wird, auf dem Arbeitsmarkt eine für ihn geeignete Beschäftigung zu finden, geschweige denn eine Tätigkeit, die seiner Ausbildung entspricht. Ferner spricht zu seinen Gunsten, dass eines seiner zwei Kinder sich noch in der Ausbildung befindet. Auch die sehr lange Dauer des Arbeitsverhältnisses spricht für die Berechtigung seines Interesses an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.

Gleichwohl überwiegen die schutzwürdigen Interessen der Beklagten: Insoweit ist die Dringlichkeit des Verdachts anzuführen, dass der Kläger in massiver Weise gegen das Verbot der Bestechlichkeit und auch gegen die Einkaufsrichtlinien verstoßen hat. Das Ausmaß und die Intensität dieses Verhaltens und insbesondere die Annahme hoher Geldwerte von Seiten der Lieferfirma gibt diesem Verdacht ein besonderes Gewicht, das sich bei der Interessenabwägung zu seinen Lasten auswirkt. Entgegen der Auffassung des Klägers droht - schon wegen des hohen nationalen und auch internationalen Medienechos - ein enormer Imageschaden, wenn die Beklagte auf einen solch dringenden Verdacht mit vergleichsweisen milden Maßnahmen wie einer Abmahnung oder auch einer ordentlichen Kündigung reagierte. Gerade entsprechende Vorgänge in einem global tätigen deutschen Großunternehmen der Elektro- und Elektronikindustrie haben gezeigt, dass ein solcher Imageschaden sehr schnell in erhebliche wirtschaftliche Schäden bzw. Verluste umschlagen kann. Zugunsten der Beklagten muss auch die Führungsposition des Klägers als Abteilungsleiter berücksichtigt werden, die es mit sich bringt, dass sich die Beklagte in besonderem Maße auf seine Redlichkeit verlassen können muss. Schon wegen seiner Zugehörigkeit zum Mittleren Führungskreis darf die Beklagte bei den dem Kläger nachgeordneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie im Falle von Bestechlichkeit konsequent und eindeutig reagiert. Vor allem aber spricht für das Interesse der Beklagten an einer umgehenden Lösung des Arbeitsverhältnisses die Position des Klägers als Leiter einer Abteilung im Einkauf, die an den Inhaber dieser Position besonders hohe Anforderungen im Hinblick auf die Abwehr von Bestechungsversuchen stellt. Schließlich ist angesichts der Nachhaltigkeit der Pflichtverletzung und der Höhe der in 3 Tranchen angenommenen Gelder eine Wiederholungsgefahr gegeben. Mit einer Versetzung des Klägers - wie sie dieser vorgeschlagen hat - lässt sich das verlorene Vertrauen nicht wiederherstellen. Die Beklagte hat mit Recht darauf hingewiesen, der Kläger sei durch sein Verhalten erpressbar geworden; er habe sich "anfüttern" lassen.

Nach allem war der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten.

b) Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB ist eingehalten. Die Kündigung ging dem Kläger innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis des Kündigungsberechtigten von den für sie maßgebenden Tatsachen zu.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist für den Beginn dieser Frist nicht auf die Gespräche der Staatsanwaltschaft mit Mitarbeitern der Beklagten am 10.06.2005 und 30.06.2005 und auch nicht auf den Tag der Durchsuchung am 26.07.2005 oder den Tag der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft über die erfolgte Durchsuchung vom 27.07.2005 abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn man mit dem Kläger annimmt, dass sich die Beklagte die Kenntnis der Teilnehmer an den staatsanwaltschaftlichen Besprechungen nach Treu und Glauben zurechnen lassen muss, weil es die Stellung dieser Mitarbeiter und ihre Funktion und Aufgaben erwarten ließen, dass sie die kündigungsberechtigte Person bzw. den Vorstand der Beklagten umgehend vom Kündigungssachverhalt unterrichten, oder wenn man unterstellt, dass eine solche Unterrichtung hier tatsächlich erfolgte.

Der Kläger geht zutreffend davon aus, dass die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist (BAG vom 17.03.2005 - 2 AZR 245/04 mit zahlreichen Rechtsprechungs-Nachweisen). Eine solche Kenntnis hatte die Beklagte bzw. der kündigungsberechtigte Personalleiter aber weder nach den Gesprächen der Staatsanwaltschaft mit Mitarbeitern der Beklagten am 10.06.2005 und 30.06.2005 noch bei Erlass des Durchsuchungsbeschlusses vom 26.07.2005 oder im Zeitpunkt der Durchsuchung selbst. Denn wenn zu diesen Zeitpunkten die für die Kündigung maßgebenden Tatsachen zuverlässig und möglichst vollständig bekannt gewesen wären, hätte es der Durchsuchung am 26.07.2005 nicht bedurft. Die Beklagte hatte aber, soweit ersichtlich, keine weitergehenden Erkenntnisquellen als die Staatsanwaltschaft. Dass sie zwischen dem Zeitpunkt des ersten Gesprächs von Vertretern der Staatsanwaltschaft mit Mitarbeitern der Beklagten am 10.06.2005 und der Durchsuchung am 26.07.2005 aufgrund eigener Ermittlungen zu einer zuverlässigen und weitgehend vollständigen positiven Kenntnis des Kündigungssachverhalts gelangt wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hätte aufgrund der in den genannten Gesprächen zu Tage getretenen Anhaltspunkte eigene Ermittlungen anstellen und den Kläger hierzu vor dem 01.08.2005 anhören können. Sie konnte aber auch, nachdem sie zwar Verdachtsmomente kannte, diese aber noch keine jeden vernünftigen Zweifel ausschließende sichere Kenntnis des Kündigungssachverhalts selbst begründeten, den Ausgang eines Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens abwarten (BAG vom 14.02.1996 - 2 AZR 274/95; BAG vom 29.07.1993 - 2 AZR 90/93). Entscheidet sich der Arbeitgeber - wie hier nicht -, selbst weitere Ermittlungen durchzuführen, muss er diese zügig durchführen und dann binnen 2 Wochen nach Abschluss der Ermittlungen kündigen. Es steht ihm aber frei, statt der Durchführung eigener Ermittlungen den Ausgang des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens abzuwarten. So lange ist die Frist gehemmt.

Den Ausgang des Ermittlungsverfahrens hat die Beklagte, worauf der Kläger zutreffen hinweist, allerdings nicht abgewartet. Gleichwohl ist der Auffassung des Klägers nicht beizupflichten, der Arbeitgeber müsse, wenn er das Ergebnis eines Strafverfahrens abwarten wolle, diese Ergebnis aber auch wirklich abwarten, sonst könne er sich nicht auf die Hemmung berufen. Denn es besteht in solchen Fällen keine unabänderliche Obliegenheit, das Ergebnis bzw. Ende des Ermittlungs- oder Strafverfahrens abzuwarten. Vielmehr kann sich der Arbeitgeber auch dann, wenn er aufgrund neuer Tatsachen einen ausreichenden Kenntnisstand für die Verdachts- oder Tatkündigung zu haben glaubt, dazu entschließen, die Kündigung auszusprechen. Dies darf allerdings nicht zu einem beliebigen, willkürlich gewählten Zeitpunkt erfolgen (BAG vom 17.03.2005 - 2 AZR 245/04; BAG vom 14.02.1996 - 2 AZR 274/95; BAG vom 29.07.1993 - 2 AZR 90/93). Vielmehr ist für eine doch vorgezogene Kündigung erforderlich, dass der Arbeitgeber hierfür einen sachlichen Grund hat, beispielsweise wenn er neue Tatsachen erfahren oder Kenntnis von neuen Beweismitteln erlangt hat und nunmehr einen neuen, ausreichenden Erkenntnisstand für die Kündigung - hier die Verdachtskündigung - zu haben glaubt (vgl. BAG vom 17.03.2005 - 2 AZR 245/04).

Als solcher sachlicher Zeitpunkt ist hier derjenige des Abschlusses der Anhörung des Klägers am 01.08.2005 anzunehmen. Diese - für jede Verdachtskündigung erforderliche - Anhörung wurde zügig durchgeführt, nachdem die Staatsanwaltschaft mit Pressemitteilung vom 27.07.2005 das Ergebnis der Durchsuchung bekannt gegeben hatte. Die Wahl des Zeitpunkts dieser Bekanntgabe als Ausgangspunkt für die Anhörung des Klägers und damit für den Beginn des Laufs der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist nicht beliebig oder willkürlich gewählt. Vielmehr bestand bis dahin erst ein "einfacher" Verdacht, d.h. ein Anfangsverdacht (im Sinne von § 160 StPO) für die Einleitung und Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, aber noch kein dringender Verdacht im Sinne einer hohen Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung. Auch die Staatsanwaltschaft hat die Durchsuchung für eine Anklageerhebung im Sinne von § 170 StPO erforderlich gehalten. Aufgrund der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft vom 27.07.2005 erfuhr die Beklagte bzw. die kündigungsberechtigte Person neue Tatsachen, aufgrund derer sie nunmehr der Auffassung sein durfte, einen - neuen - ausreichenden Erkenntnisstand für eine Verdachtskündigung zu haben. Denn gemäß Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft hat der gegen den Kläger gerichtete Verdacht aufgrund der Durchsuchung eine neue Qualität gewonnen. Er hat sich "erhärtet", weil bei der Durchsuchung der Privatwohnung, der Firmenräume des Zulieferbetriebes und des Wohnsitzes des dortigen Verantwortlichen eine Vielzahl von Unterlagen sichergestellt worden seien. Wenn die Beklagte der Auffassung war, der gegen den Kläger gerichtete Tatverdacht könne nunmehr als "dringend" bewertet werden, und wenn sie diese Entwicklung zum Anlass nahm, um den Kläger anzuhören - was sodann unverzüglich am 01.08.2005 geschah -, ist die Wahl des Tages dieser Anhörung als Tag der Entscheidung über die Absicht, eine fristlose Kündigung auszusprechen, weder beliebig noch willkürlich, sondern durch Sachgründe gedeckt mit der Folge, dass die nach Anhörung des Klägers innerhalb von zwei Wochen ausgesprochene Kündigung ebenfalls nicht zu einem willkürlichen, frei gewählten Zeitpunkt erfolgt ist.

c) Die Kündigung scheitert nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG daran, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß anhört wurde.

aa) Die vom Kläger im ersten Rechtzug gerügten Fehler - Information des Betriebsrats, Beschlussfassung des Betriebsrats und Ausspruch der Kündigung am selben Tage, nicht ordnungsgemäße Besetzung des Personalausschusses - stellen letztlich nur Vermutungen ohne hinreichende Tatsachenbasis dar (zur Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats grundlegend: BAG vom 21.02.2002 - 2 AZR 581/00 - und BAG vom 23.06.2005 - 2 AZR 193/04).

Auch die vom Kläger im zweiten Rechtszug erhobene Rüge, ungeachtet des umfangreichen Textes der Anhörung vom 02.08.2005 enthalte das Anhörungsschreiben lediglich nichtssagende und irreführende Informationen zur Stellung und Arbeitsaufgabe des Klägers, so dass der Personalausschuss nicht habe beurteilen können, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei oder nicht, verfängt nicht. Denn was dem Betriebsrat im Text des Anhörungsschreibens in Bezug auf Stellung und Arbeitsaufgabe des Klägers mitgeteilt wurde, ist völlig ausreichend, um ohne eigene Nachforschungen beurteilen zu können, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sei oder nicht.

bb) Die Betriebsratsanhörung zur Kündigung vom 02.08.2005 - und im übrigen auch zu den nachgeschobenen Kündigungsgründen - war jedoch fehlerhaft, weil der angehörte Personalausschuss für Angestellte für die Durchführung des Anhörungsverfahrens gemäß § 102 BetrVG nicht zuständig war.

Nachdem der Kläger die Zuständigkeit des Ausschusses erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 12.10.2006 bestritten hat, kann von einer Zuständigkeit des Ausschusses nur ausgegangen werden, wenn erwiesen ist, dass diesem vor Durchführung des Anhörungsverfahrens die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG nach Maßgabe der §§ 28 Abs. 1 Satz 3, 27 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zur selbständigen Erledigung übertragen wurde. Dies ist indes nicht der Fall. Nach dem Vortrag der Beklagten und den vorgelegten Unterlagen hat der Betriebsrat lediglich diesen Ausschluss gebildet, seine Mitglieder gewählt und den Personalleiter der Beklagten im Juni 2002 nach der Betriebsratssitzung vom 05.06.2002 (unter anderem) darüber informiert, der Betriebsrat habe mit der Mehrheit seiner Stimmen beschlossen, dem Personalausschuss für Angestellte die personellen Angelegenheiten der §§ 99 bis 105 BetrVG zur selbständigen Erledigung zu übertragen. Dass diese Übertragung, wie vom Gesetz gefordert, in Schriftform geschehen wäre, ist jedoch nicht ersichtlich.

Die Einhaltung der Schriftform ist jedoch keine bloße Förmelei, sondern ein konstitutives Wirksamkeitserfordernis für den Übertragungsbeschluss. Die Schriftform dient der Rechtssicherheit; sie soll gewährleisten, dass eindeutig feststeht, in welchen Angelegenheiten der Ausschuss rechtsverbindliche Beschlüsse fällen kann (ErfK/Eisemann, 7. Aufl., § 27 BetrVG Rn. 7 unter Bezugnahme auf BAG vom 20.10.1993, AP Nr. 5 zu § 28 BetrVG 1972; Fitting/Engels/Schmidt/ Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 22. Aufl., § 27 Rn. 84 mit weiteren Nachweisen).

Die Beschlussfassung des Personalausschusses für Angestellte über die Stellungnahme zur Kündigung des Klägers ist somit unwirksam.

cc) Gleichwohl ist die Kündigung nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Denn die Beklagte muss sich diesen Fehler kündigungsschutzrechtlich nicht zurechnen lassen, weil es sich um einen Mangel handelt, der allein in der Sphäre des Betriebsrats liegt und solche Mängel nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 16.01.2003 - 2 AZR 707/01; BAG vom 24.06.2004 - 2 AZR 461/03) selbst dann grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Arbeitgeber den Fehler bei der Willensbildung des Betriebsrats durch unsachgemäßes Verhalten selbst veranlasst bzw. beeinflusst hat (BAG vom 24.06.2004 - 2 AZR 461/03). Das Berufungsgericht vermag sich auch nicht der in der Literatur vertreten Auffassung (GK-BetrVG/ Raab, 8. Aufl., § 27 Rn. 80) anzuschließen, es bestehe eine Obliegenheit des Arbeitgebers, sich nach dem ordnungsgemäßen Zustandekommen eines Beschlusses zu erkundigen, woraus gefolgert werden könnte, dass die aufgrund der unterbliebenen Erkundigung erfolgte Beteiligung des unzuständigen Gremiums - hier des Ausschusses - zum (Mit-)Verantwortungsbereich des Arbeitgebers gehört. Selbst wenn eine solche Erkundigungsobliegenheit bestünde, würde sie jedoch nicht bewirken können, dass der Arbeitgeber für die Einhaltung der vom Betriebsrat selbst geschaffenen Zuständigkeitsordnung mitverantwortlich wäre und kündigungsrechtlich dafür einstehen müsste.

Der tragende Grund für die Nichtzurechenbarkeit der Beteiligung des unzuständigen Personalausschusses für Angestellte liegt darin, dass die Beklagte den Fehler nicht erkennen und nicht auf seine Behebung dringen konnte; sie hatte deshalb auch keine wirksamen rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf den Betriebsrat, damit dieser den Fehler vermeide. Dies folgt schon daraus, dass nicht einmal der Betriebsrat diesen Fehler erkannte.

Abgesehen davon resultiert die fehlende Erkennbarkeit des Fehlers daraus, dass der Beklagten von Seiten des Betriebsrats die Existenz des Ausschusses mitgeteilt wurde, dass sie mit Duldung und Billigung des Betriebsrats den Ausschuss über Jahre hinweg bei personellen Einzelmaßnahmen gemäß §§ 99 bis 105 BetrVG beteiligt hat und vor allem, dass der Betriebsrat in der Betriebsöffentlichkeit und auch gegenüber der Beklagten bekannt gegeben hat, der Betriebsrat erledige einen Teil seiner Arbeit in Ausschüssen, darunter der Personalausschuss für Angestellte (vgl. Broschüre bzgl. der Ansprechpartner innerhalb des Betriebsrats, Ausgabe März 2003, Seite 25 = Bl. 205 d.A.; vgl. auch Leitfaden vom März 2002, Seite 11 = Bl. 191 d.A.).

Die Beklagte ist somit einen Fehler des Betriebsrats "aufgesessen", dessen Folge sie nach Lage der Dinge nicht vermeiden konnte, weil jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlte, dass der Ausschuss nicht zuständig sein könnte.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiedereinstellung, da nichts vorgetragen und ersichtlich ist, was die Annahme rechtfertigen könnte, der Verdacht gegen den Kläger hinsichtlich des Vorwurfs, er habe sich vom Geschäftsführer der Komplementärin der Lieferantin der Handbremsbälge bestechen lassen, sei mittlerweile ausgeräumt.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verdachts der Untreue eingestellt wurde. Zum einen ist von dieser Einstellung der Vorwurf der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nicht berührt. Zum anderen begründet die bloße Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 170 Abs. 3 StPO keinen Wiedereinstellungsanspruch (vgl. BAG vom 20.08.1997 - 2 AZR 620/96).

III.

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

IV.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, welche kündigungsrechtlichen Auswirkungen die Beteiligung des unzuständigen Personalausschusses für Angestellte hat, gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Näheres über die Einlegung der Revision ist der nachfolgenden Belehrung zu entnehmen.

Ende der Entscheidung

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