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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 24.06.2004
Aktenzeichen: 3 TaBV 63/03
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 75 Abs. 1
BetrVG § 80 Abs. 2 S. 1
BetrVG § 80 Abs. 2 S. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
1. Für einen Informationsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs.2 S,1 BetrVG reicht es aus, wenn sich nach der Sachlage Aufgaben des Betriebsrats möglicherweise stellen und dies nicht von vornherein ausgeschlossen sind.

2. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat gem. § 80 Abs.2 S.2 BetrVG nur solche Unterlagen - z.B. Listen oder Tabellen - zur Verfügung stellen, die er selbst hat.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

3 TaBV 63/03

Verkündet am: 24. Juni 2004

In dem Beschlussverfahren

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der Anhörung vom 28. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Tolle und Beneke für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 04.08.2003 - 5 BV 261/02 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen geändert:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller darüber zu unterrichten, nach welchen Kriterien und bei welchen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unter konkreter Einzelfallbenennung, die vertraglich verpflichtet sind, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten, die Vergütungsdifferenz zwischen der 35-Stunden-Woche und der 40-Stunden-Woche in welchem konkreten prozentualen Umfang vergütungsmäßig kompensiert wird.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beteiligten zu 2) und Antragsgegnerin, dem Beteiligten zu 1) und Antragsteller sogenannte Gehaltsbandbreiten zur Verfügung zu stellen, hilfsweise um einen Anspruch auf Unterrichtung über Gehaltsbandbreiten, sowie um die vom Antragsteller begehrte Unterrichtung über die Kriterien der vergütungsmäßigen Kompensation derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Antragsgegnerin, die vertraglich verpflichtet sich, nicht nur regelmäßig 35 Stunden in der Woche, sondern 40 Stunden in der Woche zu arbeiten.

Im Betrieb der Antragsgegnerin existiert eine Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 über Gehaltsgrundsätze für alle außertariflich bezahlten Angestellten, die zum 01.04.1987 geändert wurde. Nach Ziff. 3.1 dieser Betriebsvereinbarung in der Fassung vom 01.04.1987 werden für diejenigen Gehaltsgruppen, in die außertarifliche Angestellte eingruppiert sind, Gehaltsbandbreiten von einem Minimum 100 % bis zu einem Maximum 150 % gebildet. Diese Gehaltsbandbreiten werden jährlich nach dem Tarifabschluss der Metallindustrie in allen Gehaltsgruppen des AT-Bereichs mit dem einheitlichen Betrag fortgeschrieben, den alle AT-Angestellten als generelle Erhöhung erhalten, wobei jeweils die für das Vorjahr festgelegten AT-Bandbreiten Grundlage sind.

Die Antragsgegnerin teilte den betroffenen AT-Angestellten in Aushängen - wie sie für die Jahre 1994 bis 1999 sowie 2002 und 2003 vorgelegt worden sind - den generellen Erhöhungsbetrag für AT-Angestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden, also der tariflichen Regelarbeitszeit für Arbeitnehmer im Tarifbereich, mit. Ferner wurde in den Aushängen mitgeteilt, dass bei AT-Mitarbeitern mit einer von 35 Wochenstunden abweichenden Arbeitszeit sich der Erhöhungsbetrag entsprechend ändere. Der Betriebsrat erhielt jeweils eine Tabelle, die den Erhöhungs- Pauschbetrag sowie die neuen Gehaltsbandbreiten, aufgeschlüsselt nach Dienstjahresstufen und Leistungsstufen, ausweisen - jeweils bezogen auf AT-Angestellte mit einer 35-Stunden-Woche.

Da im Betrieb mehr und mehr Arbeitsverträge von AT-Angestellten eine Arbeitspflicht von in der Regel 40 Stunden in der Woche auswiesen, verlangte der Antragsteller von der Antragsgegnerin, die AT-Gehaltsbandbreiten für 40 Stunden zur Verfügung zu stellen. Dies wies die Antragsgegnerin zurück mit der Begründung, die Betriebsvereinbarung über Gehaltsgrundsätze im AT-Bereich enthalte keinerlei Regelungen über die Arbeitszeit, aus denen sich nach Arbeitszeit differenzierte Bandbreiten ableiten ließen. Vielmehr gälten die Gehaltsgrundsätze nach Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung für alle außertariflich bezahlten Mitarbeiter ungeachtet der Zahl der Wochenstunden.

Der Antragsteller macht geltend, er habe einen Anspruch darauf zu erfahren, wie die Gehaltsbandbreite gestaffelt sei, um zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sich die Gehaltsbandbreiten im Verhältnis zum Vorjahr tarifanalog entwickelt hätten. Diese Informationen müssten auf Grund von § 80 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit 35-Stunden-Verträgen geleistet werden, sondern auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit 40-Stunden-Verträgen.

Die Antragsgegnerin tritt diesem Begehren entgegen mit der Begründung, die Betriebsvereinbarung enthalte keine Regelungen über die Arbeitszeit, aus der sich nach der jeweiligen individuellen Arbeitszeit differenzierte Bandbreiten ableiten ließen. Der Erhöhungsbetrag bei AT-Angestellten mit einer von der 35-Stunden-Woche abweichenden Arbeitszeit lasse sich mittels einer einfachen Dreisatzrechnung nachvollziehen. Die Arbeitgeberin habe in Erfüllung der Betriebsvereinbarung die Gehaltsbandbreiten jeweils fortgeschrieben; damit sei der Betriebsvereinbarung genüge getan. Irgendwelche autorisierten Tabellen der Gehaltsbandbreiten für AT-Angestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden existierten nicht.

Das Arbeitsgericht München hat - nach Vernehmung der Zeugen R. und B. - mit Beschluss vom 04.08.2003, auf den in Bezug auf das erstinstanzliche Vorbringen der Beteiligten im Übrigen, der im ersten Rechtszug gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts im Einzelnen verwiesen wird, den Antrag zurückgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, ein Anspruch gem. § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestehe nicht, weil nur die beim Arbeitgeber vorhandenen Unterlagen zur Verfügung zu stellen seien; der Betriebsrat könne nicht Beschaffung oder Herstellung verlangen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die vom Betriebsrat geforderten Tabellen bei der Arbeitgeberin nicht vorhanden seien.

Der Antragsteller hat gegen diesen, ihm am 16.09.2003 zugestellten Beschluss mit Schriftsatz vom 16.10.2003, beim Beschwerdegericht eingegangen am selben Tage, Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist zur Beschwerdebegründung bis 17.12.2003, mit Schriftsatz vom 16.12.2003, beim Beschwerdegericht eingegangen am selben Tage, begründet.

Der Antragsteller trägt vor, eine Liste über die Gehaltsbandbreiten nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung sei erforderlich. Aus Ziff. 3.2 der Betriebsvereinbarung ergebe sich, dass die Parteien der Betriebsvereinbarung mit der "Fortschreibung" der Gehaltsbandbreiten die Schriftform vereinbart hätten. Der geltend gemachte Informationsanspruch werde auf § 80 Abs. 2 BetrVG gestützt und solle den Betriebsrat in die Lage versetzten, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich für ihn Aufgaben ergäben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben - hier insbesondere Überwachung der Einhaltung der bestehenden Betriebsvereinbarung gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG - tätig werden müsse. Eine Unterrichtungspflicht bestehe schon dann, wenn der Betriebsrat prüfen wolle, ob er tätig werden könne und solle. Der Antragsteller habe also einen Anspruch darauf zu erfahren, wie die Gehaltsbandbreiten gestaffelt sind und ob sowie in welchem Umfang sich diese Bandbreiten im Verhältnis zum Vorjahr tarifanalog entwickelt hätten. Da der Aussage des Zeugen R. zufolge Tabellen für die AT-Gehaltsbandbreiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche hergestellt worden seien, müssten sie dem Antragsteller zur Verfügung gestellt werden, gleich ob solche Tabellen autorisiert seien oder nicht. Auch könne der Betriebsrat nicht darauf verwiesen werden, solche Unterlagen selbst zu erstellen. Denn auch dann sei ein Vergleich mit den vom Arbeitgeber erstellten Unterlagen schon zur Richtigkeitskontrolle erforderlich.

Der Antragsteller meint, in jedem Fall sei der Unterrichtungsanspruch gemäß Hilfsantrag begründet.

Schließlich bringt der Antragsteller vor, der Antragsgegner verhalte sich bei der Vergütungskompensation bezogen auf die fünf Stunden Differenz zwischen einer 35-Stunden-Woche und einer 40-Stunden-Woche offensichtlich unterschiedlich. Nach seiner Kenntnis erfolge zumindest immer eine Teilkompensation in Höhe von 7 %; im Bereich zwischen 7 % und 14 % (Vollkompensation) verhalte sich die Antragsgegnerin offensichtlich unterschiedlich. Der Antragsteller habe deshalb Anspruch darauf, darüber unterrichtet zu werden, nach welchen Kriterien und bei welchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer 40-Stunden-Woche die Vergütungsdifferenz zwischen der 35-Stunden-Woche und der 40-Stunden-Woche in welchem prozentualen Umfang vergütungsmäßig kompensiert werde. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG in Verbindung mit § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Der Antragsteller stellt deshalb folgenden Antrag:

I. In Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts München vom 04.08.2003, Aktenzeichen 5 BV 261/02 wird der Antragsgegnerin aufgegeben, dem Antragsteller die Gehaltsbandbreiten gemäß Ziffer 3 der Betriebsvereinbarung Nr. 02 30 42 Z 00 vom 01.04.1981 in der Fassung vom 01.04.1987 für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im AT-Bereich, die vertraglich verpflichtet sind, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten, beginnend mit dem Geschäftsjahr 2002 zur Verfügung zu stellen.

Hilfsweise: In Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts München vom 04.08.2003, Aktenzeichen 5 BV 261/02, ist der Antragsgegnerin aufzugeben, den Antragsteller über die Gehaltsbandbreiten gemäß Ziffer 3 der Betriebsvereinbarung Nr. 02 30 42 Z 00 vom 01.04.1981 in der Fassung vom 01.04.1987 für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im AT-Bereich, die vertraglich verpflichtet sind, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten, in konkreten Eurobeträgen bezogen auf die jeweiligen Gehaltsgruppen gemäß Ziffer 2 der vorgenannten Betriebsvereinbarung und in Zuordnung zu den Prozentstufen zwischen Minimum 100 % und Maximum 105 % (Ziffer 3.1 der vorgenannten Betriebsvereinbarung) gestaffelt nach

- 100 %

- 105 %

- 109 %

- 112 %

- 114 %

- 115 %

- 125 %

- 135 %

- 145 %

- 150 %

zu unterrichten.

II. Der Antragsgegnerin wird in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts München vom 08.04.2003, Aktenzeichen 5 BV 261/02, aufgegeben, den Antragsteller darüber zu unterrichten, nach welchen Kriterien und bei welchen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unter konkreter Einzelfallbenennung, die vertraglich verpflichtet sind, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten, die Vergütungsdifferenz zwischen 35-Stunden-Woche und 40-Stunden-Woche in welchem konkreten prozentualen Umfang vergütungsmäßig kompensiert wird.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist - mit der im ersten Rechtszug gegebenen Begründung - der Auffassung, dass sie die Betriebsvereinbarung erfüllt habe. Ferner meint sie, das Unterrichtungsrecht könne nicht weiter gehen als die zugrunde liegenden materiellen Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung. Interne Papiere bzw. Entwürfe müssten dem Betriebsrat nicht zur Verfügung gestellt werden. Auch die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass solche Listen und Tabellen von Gehaltsbandbreiten für AT-Mitarbeiter mit 40-Stunden-Verträge im Betrieb verwendet werden.

Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet, weil die Arbeitgeberin ihre Verpflichtungen aus der Betriebsvereinbarung erfüllt habe.

Die Antragsgegnerin meint, sie müsse den Antragsteller nicht darüber informieren, welche AT-Mitarbeiter mit 40-Stunden-Verträgen an Hand welcher Kriterien Kompensationsregelungen erhalten haben. Denn die finanziellen Konditionen solcher 40-Stunden-Verträge seien Verhandlungssache der Arbeitsvertragsparteien. Die Verhandlungsposition der Arbeitgeberin habe sich dabei je nach Arbeitsmarktlage, Anforderungsprofil der Stelle und Qualifikation der Bewerber gerichtet; allgemein gültige Aussagen ließen sich dazu nicht treffen. Die Frage, ob eine Voll- oder Teilkompensation vereinbart worden sei, sei im Wesentlichen von der Verhandlungs- und Marktposition des betreffenden Mitarbeiters abhängig gewesen. Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, der Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sei nicht eröffnet - hinsichtlich der neu eingestellten Mitarbeiter mit 40-Stunden-Verträgen, weil die Gehaltshöhe der freien Vereinbarung der Vertragsparteien unterliege, hinsichtlich der bereits beschäftigten Mitarbeiter, weil keine abstrakt-generellen Grundsätze der Lohnfindung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Arbeitgeberin existierten.

Hinsichtlich des sonstigen Vorbringens der Beteiligten im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist nur teilweise - hinsichtlich des Hauptantrags Ziff. II. - begründet. In Bezug auf den Hauptantrag Ziff. I. und den hierzu gestellten Hilfsantrag ist die Beschwerde unbegründet.

1. Der Antragsteller hat gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG Anspruch auf Unterrichtung darüber, nach welchen Kriterien und bei welchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer arbeitsvertraglich vereinbarten 40-Stunden-Woche die Vergütungsdifferenz zwischen 35-Stunden-Woche und 40-Stunden-Woche in welchem konkreten prozentualen Umfang vergütungsmäßig kompensiert wird.

Mit Recht hat der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die genannte Bestimmung den Betriebsrat in die Lage versetzen soll, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich für ihn Aufgaben ergeben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben tätig werden muss. Es reicht aus, dass sich nach der Sachlage solche Aufgaben möglicherweise stellen und dass sie nicht von vornherein ausgeschlossen sind (BAG vom 21.10.2003 - 1 ABR 39/02).

Mit Recht hat der Betriebsrat geltend gemacht, dass sich hier als mögliche Aufgabe eine Initiative gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Ausfüllung des Mitbestimmungsrechts bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung ergeben kann. Dies gilt gerade dann, wenn - wie die Antragsgegnerin behauptet - bei ihr, abgesehen von der Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 in der Fassung vom 01.04.1987, keine abstrakt - generellen Grundsätze der Lohnfindung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG existieren, wobei auch diese Betriebsvereinbarung, wie die Antragsgegnerin betont, keinerlei Differenzierungen hinsichtlich der regelmäßigen individuellen wöchentlichen Arbeitszeit enthält. Die vom Antragsteller gewünschte Auskunft bedeutet nicht, dass damit die jeweilige individuelle Gehaltshöhe dem Betriebsrat gegenüber offen gelegt werden müsste. Denn der Antrag ist so gefasst, dass die Kriterien der vergütungsmäßigen Kompensation der Vergütungsdifferenz zwischen der 35-Stunden-Woche und der 40-Stunden-Woche zwar einzelfallbezogen mitzuteilen sind, jedoch ohne Bezugnahme auf das jeweilige Ist-Gehalt, ausgedrückt in insoweit abstrakten Von-Hundert-Sätzen.

Eine weitere mögliche Aufgabe des Betriebsrats, der die in Ziff. II. des Berufungsantrags begehrte Unterrichtung dient, ist die Überwachung der Einhaltung der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen, insbesondere des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Sollte sich ergeben, dass die Arbeitgeberin bei der vergütungsmäßigen Kompensation der Vergütungsdifferenz zwischen einer 35-Stunden- Woche und einer 40-Stunden-Woche diese Grundsätze verletzt, ist es nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG für den Betriebsrat geboten, aktiv zu werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass - abgesehen von vertraglichen Einheitsregelungen - individuell ausgehandelte Arbeitsbedingungen, insbesondere auch Arbeitsentgelte, grundsätzlich nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unterworfen sind. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass - wie sich im Umkehrschluss aus § 80 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz BetrVG ergibt, kein Anspruch auf Information über die tatsächliche individuelle Gehaltshöhe einzelner Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter besteht.

2. Der Hauptantrag gem. Ziff. I. des Beschwerdeantrags ist unbegründet.

Soweit dieser Antrag - wie schon im ersten Rechtszug - darauf abzielt, dass dem Betriebsrat irgendwelche - offiziellen oder inoffiziellen - Listen oder Tabellen über Gehaltsbandbreiten von AT-Angestellten mit einer 40-Stunden-Woche zur Verfügung gestellt werden, ist mit dem Erstgericht davon auszugehen, dass der Antragsteller keinen Anspruch aufgrund § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG auf solche Unterlagen hat, weil die eingeforderten Tabellen bei der Antragsgegnerin nicht vorhanden sind.

Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass die Antragsgegnerin solche Tabellen oder Listen hat. Aus der Aussage des Zeugen R. ergibt sich kein Arbeitsauftrag zur Erstellung von solchen, auf AT-Angestellte mit einer 40-Stunden-Woche bezogenen Tabellen. Aus der Aussage dieses Zeugen ergibt sich auch nicht, ob überhaupt solche Tabellen - so sie erstellt worden wären - noch vorhanden sind. Auch die Einvernahme des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, des Zeugen B., hat nicht erbracht, dass solche Unterlagen existieren. Der Zeuge hat lediglich ausgesagt, er habe, während er mit dem Zeugen R. zusammenarbeitete - von 1994 bis Herbst 1996 - eine Tabelle über Gehaltsbandbreiten für Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche gesehen. Aus dieser Bekundung des Zeugen folgt jedoch nicht, dass es sich um eine Unterlage der Arbeitgeberin handelte. Es mag sich ebenso gut um eine zur privaten Arbeitserleichterung erstellte Arbeitsunterlage des Zeugen R. gehandelt haben. Vor allem aber ergibt sich aus der Aussage des Zeugen B. nicht, dass seit dem Jahr 1996 auf Veranlassung der zuständigen Mitarbeiter der Antragsgegnerin solche Tabellen oder Listen erstellt und verwendet wurden. Erst recht ergibt sich aus der Aussage des Zeugen B. nicht, dass solche Unterlagen noch vorhanden sind.

Die Schlussfolgerung des Antragstellers, dass die Vermerke "35-Stunden-Woche" auf einzelnen Tabellen zur Annahme zwingen, es existierten auch Tabellen für die 40-Stunden-Woche, ist eine bloße Vermutung. Dieser Vermerk kann ebenso gut ein Hinweis darauf sein, dass gegebenenfalls bei Abweichungen von der 35-Stunden-Woche nach oben oder nach unten eine Umrechnung mittels einer Dreisatzrechnung stattfinden müsse.

Soweit in der Beschwerdebegründung angedeutet wird, die Antragsgegnerin sei gegebenenfalls verpflichtet, derartige Listen zu erstellen, findet dies in der Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 in der Fassung vom 01.04.1987 keine Stütze. Der Betriebsvereinbarung ist genüge getan, wenn für das an die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit angelehnte Modell der 35-Stunden-Woche Tabellen oder Listen mit den Gehaltsbandbreiten erstellt werden und sich der Arbeitgeber damit begnügt, bei abweichenden Wochenarbeitszeiten entsprechende Umrechnungen mittels einer Dreisatzrechnung vorzunehmen. Diese Vorgehensweise ist transparent und auch vom Betriebsrat unschwer nachzuvollziehen. Die genannte Betriebsvereinbarung enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass für jedes im Betrieb praktizierte Modell der Arbeitszeitdauer jeweils Tabellen oder Listen mit Gehaltsbandbreiten erstellt werden müssen. Dies wäre eine Überspannung der Regelungen der Betriebsvereinbarung.

3. Aus dem zuletzt genannten Gründen muss auch der Hilfsantrag zu I. des Beschwerdeantrags ohne Erfolg bleiben.

III.

Die Rechtsbeschwerde wurde für beide Beteiligten zugelassen.

Ende der Entscheidung

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