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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 23.10.2008
Aktenzeichen: 4 Sa 580/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte (Länder)


Vorschriften:

TV-Ärzte (Länder) § 12
"Überleitung" eines in seiner vorigen Beschäftigung bereits als Chefarzt tätig und in Vergütungsgruppe I BAT(-KF) "eingruppiert" gewesenen Arztes, der deshalb vom Beklagten bei Einstellung als Oberarzt in ein Universitätsklinikum bewusst eine übertariflich vereinbarte Vergütung ebenfalls nach Vergütungsgruppe I (des Teils I der Anlage 1a zum) BAT erhielt, in die Entgeltgruppen des TV-Ärzte (Länder) (deshalb hier: Entgeltgruppe Ä4 des § 12 TV-Ärzte).
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

4 Sa 580/08

Verkündet am: 23.10.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger und die ehrenamtlichen Richter Dr. Klein und Eisenacker

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 21. Mai 2008 - 8 Ca 1361/08 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegenüber seinem beklagten Arbeitgeber Vergütungsansprüche aus einer höheren Entgeltgruppe aufgrund ursprünglich vereinbarter übertariflicher Vergütung geltend.

Der - nach den zuletzt vorgelegten Unterlagen: am 00.00.1956 geborene - Kläger war vor seiner bestehenden Beschäftigung beim Beklagten zum 01.04.1994 im Zeitraum vom 01.10.1998 bis 31.03.1994 als Chefarzt im Krankenhaus M. gGmbH innerhalb der B. Anstalten tätig gewesen, wobei er dort Vergütung nach Vergütungsgruppe I BAT-KF erhielt ("Arbeitsbescheinigung" dieses Krankenhauses vom 11.04.1994, Anl. BK1 Bl. 76 d. A.). Gemäß Formulararbeitsvertrag vom 17.03.1994 (Seite 1 in Anl. K1 zum Klageschriftsatz, Bl. 6 d. A., und Seite 2 unter Bl. 102 d. A.) wurde der Kläger sodann vom Beklagten mit Wirkung vom 01.04.1994 als wissenschaftlicher Angestellter - Oberarzt an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums M. der L.-Universität - eingestellt, nachdem das Bayerische Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst mit Zustimmung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen gemäß Schreiben vom 27.08.1993 (Anl. K2, Bl. 7/Rückseite d. A.) sein Einverständnis damit erklärt hatte, dass der Kläger aufgrund der mit seinem Wechsel verbundenen Übernahme der Leitung der präoperativen Epilepsiediagnostikeinheit der Neurologischen Klinik des Klinikums G. Vergütung nach Vergütungsgruppe I BAT erhalte. In einem parallelen Schreiben der L.-Universität M. an den Kläger ebenfalls vom 17.03.1994 (Anl. B1, Bl. 27 d. A.) wurde ihm die Vergütung nach Vergütungsgruppe I BAT (nebst Fallgruppe) unter dem Verweis auf das Vorliegen einer übertariflichen Eingruppierung mitgeteilt. Nach Darlegung des Beklagten zuletzt wäre bei Einstellung des Klägers zum 01.04.1994 seine tarifkonforme Eingruppierung nach dem BAT aufgrund Bewährungsaufstiegs aus Vergütungsgruppe I b wohl diejenige nach Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 4 BAT gewesen.

Nach Inkrafttreten des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte/Länder) zum 30.10.2006 lehnte der Beklagte die vom Kläger reklamierte Eingruppierung/Vergütung nach Entgeltgruppe Ä4 gemäß § 12 dieses Tarifvertrages ab und gestand ihm mit Schreiben vom 29.08.2007 (Anl. K4, Bl. 9 d.A.) lediglich Vergütung nach Vergütungsgruppe Ä3 dieses Tarifvertrages zu. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger einen Anspruch auf Entgeltzahlung nach Entgeltgruppe Ä4 (Stufe 3) des TV-Ärzte ab 01.07.2006 mit der Begründung geltend, dass allein dies seinem fortbestehenden Anspruch auf übertarifliche Vergütung entspreche.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 21.05.2008, das dem Beklagten am 04.06.2008 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses der, auch als solcher als zulässig angesehenen, Feststellungsklage mit der Begründung stattgegeben hat, dass es der vertraglichen Absprache der Parteien entsprochen habe, den Arbeitsvertrag an den TV-Ärzte und dessen Entgeltgruppen anzupassen, da dieser den Vergütungstarifvertrag zum BAT abgelöst habe - eine dynamische Verweisung auf den BAT in seiner jeweiligen Fassung auch über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV-Ärzte hinaus habe nicht vorgelegen. Bei Überführung des Arbeitsvertrages in den TV-Ü habe die bisherige übertarifliche Bezahlung des Klägers erhalten bleiben sollen, da der Kläger durch die übertarifliche Eingruppierung in Vergütungsgruppe I BAT so gestellt habe werden sollen wie die in derjenigen Tarifgruppe genannten Ärzte, die durch ausdrückliche Anordnung als ständige Vertreter des Leitenden Arztes bestellt sind, wenn diesem Arzt mindestens neun Ärzte ständig unterstellt sind. Diese Ärzte seien nach Überführung in den TV-Ärzte in die Entgeltgruppe Ä4 einzuordnen. Hierfür sprächen auch die Umstände bei Vertragsabschluss, da der Kläger mit seinem Wechsel zum Beklagten keine finanziellen Nachteile erleiden hätte sollen, ohne dass dieses etwa in Form einer, abschmelzbaren, Zulage in Höhe der Differenz zwischen der tarifgerechten Eingruppierung und der Verdiensthöhe des Klägers in seiner vorherigen Stellung vereinbart worden sei - die Beklagte habe dem Kläger vielmehr eine dauerhafte Gleichstellung mit seiner früheren Funktion zugesagt. Bei bewusst vereinbarter übertariflicher Eingruppierung könne der Arbeitgeber eine derartige Stellung später nicht mehr ohne Weiteres rückgängig machen, wozu auch ein neues Tarifsystem keine Möglichkeit biete. Unerheblich sei das finanzielle Ergebnis dieser Überführung. Weiter habe der Kläger hiernach Anspruch auf Vergütung nach Stufe 3 der Entgeltgruppe Ä4, da er die Voraussetzung der entsprechenden Tätigkeitsjahre erfülle, und sein entsprechender Nachzahlungsanspruch auch ab 01.07.2006 bestehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten mit Schriftsatz vom 13.06.2008, am 16.06.2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung er mit am 10.07.2008 eingegangenem Schriftsatz vom 09.07.2008 vorgetragen hat, dass die anfängliche vertragliche Regelung der Parteien, die im Hinblick auf die Vergütung erkennbar von den tariflichen Vorgaben abgewichen sei, im Gesamtzusammenhang zu würdigen sei, wobei dieser Vereinbarung einer Vergütung nach Vergütungsgruppe I BAT konstitutive Bedeutung zugekommen sei. Der damals erteilten Ausnahmegenehmigung der zuständigen Bayerischen Staatsministerien für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst sowie der Finanzen könne keine weitergehende Bedeutung dahin beigemessen werden, dass aus der zugestandenen übertariflichen Eingruppierung in Vergütungsgruppe I BAT eine Ableitung eines Anspruches auf Eingruppierung auch in die Entgeltgruppe Ä4 TV-Ärzte zu rechtfertigen wäre, da der Kläger nach wie vor nicht die Voraussetzungen für eine tarifgerechte Eingruppierung in diese Entgeltgruppe erfülle, weil er unverändert nicht als Leitender Oberarzt und damit als ständiger Vertreter, der den Leitenden Arzt in der Gesamtheit dessen Dienstaufgaben vertrete, tätig sei. Hierbei könnten auch Besitzstandsgesichtspunkte nicht entscheidend ins Gewicht fallen, zumal der Kläger durch die Überleitung in Entgeltgruppe Ä3 des TV-Ärzte keine finanziellen Einbußen erlitten habe, sondern sich auch hier wesentlich besser stelle. Andernfalls hätte dies durch die Besitzstandsregelungen des TV-Ärzte ausgeglichen werden müssen. Wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt habe, hätten sich die Parteien mit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung auch nicht im Sinne einer dynamischen Verweisung auf die jeweilige Fassung einer Vergütungsgruppe festlegen wollen, da die Bezugnahme auf die Vergütungsgruppe - hier - I BAT bereits in sich dynamisch sei und es eine darüber hinausgehende dynamische Festlegung gerade nicht gebe und zumal nicht in dem vom Kläger reklamierten Sinn, dass er stets in die höchste Vergütungsgruppe des Tarifvertrages einzugruppieren wäre. Anderes ergebe sich auch nicht aus den Umständen des Vertragsabschlusses, die das Arbeitsgericht bemühe. Die arbeitsvertragliche konstitutive Festlegung hinsichtlich der Vergütung sei begrenzt auf "BAT I" als Vergütungshöhe.

Der Beklagte beantragt:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 21.5.2008 - Az: 8 Ca 1361/08 - wird aufgehoben

II. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt zur Begründung seines Antrages auf Zurückweisung der Berufung vor, dass die Auslegung des Arbeitsvertrages vom 17.03.1994 ergebe, dass der Beklagte sich hierbei verpflichtet habe, den Kläger auch ab 01.07.2006 nach der höchsten tariflichen Entgeltgruppe - damit Ä4 - des TV-Ärzte vom 30.10.2006, der den BAT ersetzt habe, zu vergüten. Die Parteien hätten bewusst eine übertarifliche Eingruppierung des Klägers vereinbart und gewollt gehabt, den Kläger wie einen ständigen Vertreter des Leitenden Arztes bzw. wie einen sog. Leitenden Oberarzt einzugruppieren, dem nunmehr die Entgeltgruppe Ä4 TV-Ärzte entspreche. Hieran bleibe der Beklagte auch bei Einführung des neuen Tarifsystems gebunden. Auf die Frage der Höhe einer finanziellen Einbuße oder Besserstellung, nach Ansicht des Beklagten auch bereits bei einer Vergütung nach Entgeltgruppe Ä3 TV-Ärzte stattfindend, komme es hierbei nicht an. Die Argumentation des Beklagten, dass sich die arbeitsvertragliche Festlegung nur auf die zugestandene Vergütungsgruppe bezogen habe, sei nicht nachvollziehbar, da der Kläger hiernach eigentlich überhaupt nicht in den TV-Ärzte überführt hätte werden dürfen, wie jedoch unbestritten erfolgt. Gleiches gelte für eine vom Beklagten nunmehr behauptete Begrenzung der Vergütungshöhe auf "BAT I". Die individuelle Absprache der Parteien gehe den vorformulierten Regelungen des Formulararbeitsvertrages vor.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 09.07.2008, vom 06.08.2008 und vom 30.09.2008, nebst der jeweils vorgelegten Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 23.10.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

1. Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

2. Das Arbeitsgericht hat auch mit zutreffenden Überlegungen die, ausnahmsweise, Zulässigkeit einer Feststellungsklage in der Formulierung des zuletzt gestellten Klageantrages bejaht.

II.

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und auch in der Begründung - auf die deshalb zunächst Bezug genommen wird (§ 69 Abs. 2 ArbGG) - zutreffend und überzeugend entschieden, dass der Kläger Anspruch auf übertarifliche Vergütung nunmehr nach Entgeltgruppe Ä4 des TV-Ärzte vom 30.10.2006 hat. Stufe und Zeitpunkt des Differenzvergütungsanspruches, wie vom Arbeitsgericht im Anschluss an den Klageantrag entschieden, sind vom Beklagten nicht, auch nicht hilfsweise, angegriffen.

1. Die - unverändert - fehlende Unterzeichnung des Klageschriftsatzes vom 29.01.2008 zum Arbeitsgericht München durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers (§§ 253 Abs. 4 i. V. m. 130 Ziff. 6. ZPO) ist nunmehr unschädlich.

Die Schriftform - das Gebot der handschriftlichen Unterzeichnung bestimmender Schriftsätze wie hier der Klageschrift - soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück selbst hinreichend zuverlässig der Inhalt der Erklärung und die Person, von der sie ausgeht, entnommen werden können. Durch das Gebot der Form soll sichergestellt sein, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es dem Gericht mit Wissen und Wollen des Berechtigten zugeleitet worden ist (GemSOGB, B. v. 30.04.1979, NJW 1980, S. 172 f; GemSOGB, B. v. 05.04.2000, NJW 2000, S. 2340 f). Hiervon ausgehend hat die Rechtsprechung die eigenhändige Unterschrift dann nicht als eine wesentliche Voraussetzung des Schriftstücks erachtet, wenn aus diesem ansonsten in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich ist, von wem die Erklärung herrührt und dass kein bloßer Entwurf vorliegt - wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, ergibt, ohne dass dies etwa allererst durch Beweiserhebung geklärt werden müsste - (vgl. etwa BGH, B. v. 28.08.2003, I ZB 1/03, MDR 2004, S. 349 f, m. w. N.; grundlegend BVerwG, U. v. 06.12.1988, NJW 1989, S. 1175 f; siehe auch BSG, B. v. 15.10.1996, NJW 1997, S. 1254 f - juris Rz. 6 aE -).

Ausgehend hiervon kann hier kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass der Prozessvertreter des Marburger Bundes Klage für den Kläger erheben wollte.

Zum einen ist davon auszugehen, dass die dem Beklagten, ausweislich des Erledigungsvermerks der Geschäftsstelle der zuständigen (8.) Kammer des Arbeitsgerichts München: am 08.02.2008 ausgehend, zugestellte, Klageabschrift beglaubigt und der Beglaubigungsvermerk seinerseits vom Prozessbevollmächtigten des Klägers unterzeichnet waren - was ausreichend ist (etwa Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 130 Rz. 19 m. w. N. zur einschlägigen Rechtsprechung).

Zum anderen hat die Terminsvertreterin der Klagepartei im Termin zur Güteverhandlung am 03.03.2008 im erstinstanzlichen Verfahren eine Untervollmacht im Original übergeben, die vom im Klageschriftsatz als Prozessbevollmächtigten des Klägers und Verfasser des Klageschriftsatzes angegebenen Assessor H. des Marburger Bundes unterzeichnet ist, weshalb auch insoweit an der Urheberschaft der Klage kein Zweifel bestehen konnte (Zöller-Greger, aaO, m. w. N.).

Der Kläger war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer im erstinstanzlichen Verfahren am 09.05.2008 - sowie im Berufungsverfahren - auch persönlich anwesend. Sein Begehren war vorgerichtlich korrespondiert gewesen und unzweifelhaft. Der Marburger Bund vertritt als anerkannte Gewerkschaft der angestellten Ärzte diese auch vor dem erkennenden Gericht ständig, derzeit auch in einer Reihe von Parallelverfahren mit ähnlicher Problematik.

Damit muss die Klage trotz fehlender Unterschrift hier als zulässig angesehen werden.

2. Bei der "Eingruppierung"/Vergütung des Klägers nach Vergütungsgruppe I (des Teils I der Anlage 1 a zum) BAT ab Einstellung durch den Beklagten handelte es sich um die Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung, da der Kläger nach seinen tatsächlichen Tätigkeitsmerkmalen die Anforderungen einer automatischen Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe (I) des BAT nicht erfüllte. Wie der Kläger im Klageschriftsatz zu Recht ausführen lässt, hätte die - einzige arztspezifische und damit unmittelbar infrage kommende - Fallgruppe 4 zur Vergütungsgruppe I des Teils I der Anlage 1 a zum BAT in der Fassung Bund/Länder i. V. m. den Protokollnotizen Nr. 3 und Nr. 4 hierzu erfordert, dass er durch ausdrückliche Anordnung als ständiger Vertreter des leitenden Arztes (Chefarztes) - in der Gesamtheit dessen Dienstaufgaben (Pn. 3) - bestellt und ihm hierbei mindestens neun Ärzte (im Sinne der Pn. 4) ständig unterstellt gewesen wären - was beides unstreitig nicht vorlag. Ebenso wenig erfüllt der Kläger nunmehr die Tatbestandsvoraussetzungen einer genuinen Eingruppierung nach Entgeltgruppe Ä4 des TV-Ärzte (Länder), da er unverändert nicht leitender Oberarzt und Chefarztstellvertreter im Sinne der dort näher geregelten Anforderungen ist.

Unabhängig davon, dass der Formulararbeitsvertrag der Parteien vom 17.03.1994 unter § 1 Abs. 3 abstrakt generell auf die Geltung der Bestimmungen des BAT und weiter auf die Eingruppierung nach den tarifvertraglichen Bestimmungen (!) -somit in Vergütungsgruppe I BAT (dort: § 3 Abs. 2) - abstellt, verweist das vom selben Tag stammende Schreiben der L.-Universität M. an den Kläger (Anl. B1, Bl. 27 d. A.) auch ausdrücklich auf das Vorliegen einer "übertariflichen Eingruppierung", was - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - als individualvertragliche Regelung im Rahmen systematischer und auch teleologischer Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) Vorrang hat (§ 305 b BGB - siehe auch die Unklarheitenregel in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Vorliegen einer übertariflichen Eingruppierung ist somit eindeutig und auch unstreitig.

3. Der TV-Ärzte vom 30.10.2006 hat allerdings, für die unmittelbar tarifgebundenen Parteien (§§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 TVG) wie unstreitig hier - sowohl der Kläger ist offensichtlich Mitglied des Marburger Bundes als tarifschließender Gewerkschaft als auch der Beklagte ist Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, die diese Tarifverträge auf Arbeitgeberseite abgeschlossen hat -, die Bestimmungen des BAT samt dessen Annextarifverträgen mit Wirkung vom 01.11.2006 ersetzt (§§ 1 Abs. 4, 2 Abs. 1 und 3 f TVÜ-Ärzte (Länder) vom 30.10.2006 i. V. m. dessen Anlage 1).

Dies gilt damit grundsätzlich auch für den tarifgebundenen Kläger. Soweit das wenig konsistente und nachvollziehbare Vorbringen des Beklagten in der Berufungsbegründung so zu verstehen sein sollte, dass für den übertariflich "eingruppierten"/vergüteten Kläger die Bestimmungen des BAT (jedenfalls die Vergütungsregelung nach der Anlage 1a Teil I zum BAT) einzelvertraglich weitergelten müssten, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Beklagte geht selbst davon aus, dass für den Kläger nunmehr (allein) eine der Entgeltgruppen des TV-Ärzte zur Anwendung kommt - nicht etwa weiter seine bisherige Vergütungsregelung nach den Vergütungsgruppen des BAT und damit Entgeltzahlung nach Vergütungsgruppe I BAT. Mit Schreiben des Klinikums G. der L.Universität M. vom 29.08.2007 (Anl. K4, Bl. 9 d. A.) hat der Beklagte dem Kläger unmissverständlich mitgeteilt, dass er "als Oberarzt tarifgerecht gemäß § 12 TV-Ärzte in die Entgeltgruppe Ä3" dieses Tarifvertrages "übergeleitet" worden sei.

Der Kläger ist somit tatsächlich in den TV-Ärzte "überzuleiten", sein Vergütungsanspruch bestimmt sich damit nach den Regelungen nunmehr in §§ 3 und 4 TVÜ-Ärzte (Länder), § 12 TV-Ärzte (Länder), wenngleich nach wie vor in übertariflicher Form (siehe nachstehend 4.).

4. Da im TVÜ-Ärzte (Länder) vom 30.10.2006 Überleitungsbestimmungen zumal hinsichtlich übertariflich/außertariflich eingestufter, "eingruppierter", Ärzte fehlen - fehlen müssen, da der Tarifvertrag denknotwendig nicht individualvertraglich atypisch geregelte spezifische Sonder- und Einzelfälle erfassen und kollektivrechtlich normativ abstrakt regeln kann -, liegt eine Regelungslücke vor, die damit im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist. Die Parteien haben bei Abschluss des Arbeitsvertrages Anfang des Jahres 1994 ersichtlich nicht daran gedacht und konnten auch kaum daran denken, dass der BAT - wie dann mehr als zwölf Jahre später geschehen - durch andere und vor allem erstmals arztspezifische, nicht für den gesamten öffentlichen Dienst allgemein geltende, Tarifverträge insoweit ersetzt werden würde.

Für die Ausfüllung der deshalb entstandenen Regelungslücke des Arbeitsvertrages, die Ergänzung des Vertragsinhalts danach, wie die Vertragsparteien im Rahmen der Geltung eines gänzlich neuen, die Regelungen des BAT und dessen Vergütungsgruppensystem novierenden, Tarifvertrages die einzelvertraglich übertariflich erfolgte "Eingruppierung" des Klägers geregelt hätten, ist - wenn unmittelbar geltendes dispositives Rechts zur Füllung der Lücke nicht zur Verfügung steht - darauf abzustellen, was die Parteien als redliche Vertragspartner bei angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach dem Vertragszweck nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall einer Weiterführung der übertariflichen Vergütung des Klägers im Falle eines Tarifwechsels - zum TV-Ärzte - bedacht hätten, anknüpfend an die Bestimmungen und Wertungen des vorliegenden Arbeitsvertrages zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. etwa BGH, U. v. 03.11.1999, VIII ZR 269/98, NJW 2000, S. 323 f - II: 4. a der Gründe, m. w. N. -). Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet nach ständiger Rechtsprechung auch des BGH dann aus, wenn zur Ausfüllung einer vertraglichen Regelungslücke verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen und kein Anhaltspunkt dafür besteht, welche Regelung die Parteien getroffen hätten.

a) Bei bewusst vereinbarter übertariflicher "Eingruppierung"/Vergütung will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer absichtlich aus dem tariflichen, zumal bei beiderseitiger Tarifbindung automatisch gegebenen, Lohngefüge herausnehmen und kann die Vergütung nicht ohne Weiteres - und zumal nicht ohne Änderungsvertrag oder durch Änderungskündigung unter den Voraussetzungen der §§ 2 und 1 KSchG - rückgängig machen (BAG, etwa U. v. 15.03.1991, 2 AZR 582/90, AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969 - B. III. 1. bb der Gründe -; U. v. 27.05.1981, 2 AZR 69/79 (nF) - III. 1. c der Gründe -).

b) Die Regelungslücke der somit unverändert übertariflich geschuldeten "Eingruppierung"/Vergütung nunmehr nach den (vier) Entgeltgruppen des TV-Ärzte (§ 12) ist im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung auch nach Auffassung der Berufungskammer eindeutig und alternativlos dahin zu schließen, dass hier als einzige Entgeltgruppe Ä4 in Frage kommt, die die Parteien vereinbart hätten, hätten sie eine Ablösung/Ersetzung des BAT (der Systematik dessen Vergütungsgruppenanlage 1a Teil I) durch einen ärztespezifischen Tarifvertrag, den TV-Ärzte vom 30.10.2006, mit neuen (vier) tariflichen Entgeltgruppen voraussehen/antizipieren können:

aa) Der Kläger sollte mit seinem Wechsel zum Beklagten, zum Universitätsklinikum München Großhadern, unstreitig einen wenigstens "finanziellen" Besitzstand erhalten. Der Kläger war unstreitig bis dahin, zuletzt, bereits als Chefarzt an einer nichtuniversitären Klinik (in B.) tätig und nach der vom Beklagten selbst mit seiner Berufungsbegründung vorgelegten "Arbeitsbescheinigung" dieser Klinik vom 11.04.1994 dort in dieser Funktion zuletzt in Vergütungsgruppe I BAT(-KF, was keinen maßgeblichen Unterschied bedeutet) "eingruppiert"/vergütet gewesen. Dass der Kläger mit seinem Wechsel in eine im Vergleich hierzu "untergeordnete" Oberarztposition, allerdings an einer der größten Universitätskliniken in Deutschland - wo gerichtsbekannt Chefarztpositionen in der Regel den beamteten Ordinarien und Instituts-/Klinikdirektoren vorbehalten sind -, wenigstens keinen Vergütungsverlust erleiden, sondern mit seiner bisherigen Vergütung(-sgruppe) vergütet werden sollte, liegt nahezu selbstverständlich auf der Hand. Dabei handelte es sich eben um eine (übertarifliche) Vergütung/"Eingruppierung" in Vergütungsgruppe I BAT.

Der Kläger wurde in diesem Fall auch nicht etwa in die nächsthöhere tarifvertragliche Vergütungsgruppe (I) eingereiht/eingruppiert, die hier nur zufällig auch die höchste des damaligen Vergütungsgruppensystems des BAT war, sondern es wurde - gemäß der bisherigen "Eingruppierung" des Klägers bei seinem alten Arbeitgeber - als Besitzstandsregelung einzelvertraglich bewusst die höchste - weil bisherige - Vergütungsgruppe des Tarifvertrags vereinbart: Der Kläger hatte, wie ausgeführt, in seiner vorigen Position als Chefarzt bereits Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe erhalten. In seiner Position als Oberarzt im Universitätsklinikum beim Beklagten wäre er, auch nach Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren zuletzt, tarifkonform bereits in der vorletzten Vergütungsgruppe I a (des Teils I der Anlage 1a zum) BAT eingruppiert worden/gewesen (offensichtlich entweder nach Fallgruppe 8 oder, jeweils im Rahmen eines mehrjährigen Bewährungsaufstiegs aus Vergütungsgruppe I b, nach Fallgruppe 4 oder Fallgruppe 7 dieser Vergütungsgruppe aufgrund, auch anerkannter, Vorbeschäftigungszeiten). Damit sollte der Kläger bewusst nach der höchsten tariflichen Vergütungsgruppe I BAT vergütet werden, aus der er ans Universitätsklinikum des Beklagten gewechselt war.

Das Arbeitsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass die Parteien beim Wechsel des Klägers zum Universitätsklinikum des Beklagten seinen Besitzstand nach Vergütungsgruppe I BAT auch nicht etwa durch eine - ggf. dynamische und/oder (auch anteilig) verrechenbare - Zulage o. ä. dauerhaft oder befristet sicherstellten (wie dies der Beklagte noch erstinstanzlich als eigentliche - gemeinte ? - vertragliche Regelung suggerieren wollte ...!), sondern bewusst und unbefristet die Vergütung nach einer höheren als ihm tarifkonform zustehenden Vergütungsgruppe, damit eben nach seiner bisherigen (und aufgrund dieser Position: tariflich höchsten) Vergütungsgruppe, vereinbart haben.

Der Kläger wurde damit durch bewusst übertarifliche Einstufung/"Eingruppierung" auch dem leitenden Oberarzt und Chefarztstellvertreter gemäß der einzigen arztspezifischen Fallgruppe der (höchsten) Vergütungsgruppe I des Vergütungsschemas des Allgemeinen Teils I der Anlage 1a zum BAT gleichgestellt - "Ärzte in Anstalten ... gemäß SR 2a ..." (wie hier gegeben), "die als ständige Vertreter des Leitenden Arztes" (Chefarztes) durch ausdrückliche Anordnung bestellt sind, wenn ..." (dort Fallgruppe 4 i. V. m. den Protokollnotizen 3 und 4 hierzu). Dieser Vergütungsgruppe entspricht jedoch, annähernd gleichlautend und allein, die Entgeltgruppe Ä4 in § 12 TV-Ärzte i. V. m. der dortigen Protokollnotiz, die ebenfalls auf den, einzigen, leitenden Facharzt als Oberarzt in der Funktion des Chefarztstellvertreters in der Gesamtheit dessen Dienstaufgaben abstellt. Auch hiernach hätten die Parteien bei Bezugnahme auf den TV-Ärzte und dessen Entgeltgruppenschema in § 12 dort als der Vergütungsgruppe I BAT allein entsprechend die Entgeltgruppe Ä4 TV-Ärzte vereinbaren können.

bb) Wollte der Beklagte den Kläger sonach mit dem Wechsel in das Entgeltgruppenschema des § 12 TV-Ärzte lediglich in die dortige Entgeltgruppe Ä3 - "einfacher", nicht "leitender", Oberarzt unterhalb der Chefarztstellvertreterfunktion und mit medizinischer Verantwortung nur für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik oder als "bloßer" Facharzt mit geforderter Spezialfunktion - "überleiten", würde der Beklagte allerdings, auch nach seinem eigenen Vorbringen bzw. der von ihm erkennbar zum Ausdruck gebrachten Intention, die arbeitsvertraglich eben nach wie vor übertariflich festgelegte "Eingruppierung"/Vergütungsregelung des Klägers auf die tarifkonforme Eingruppierung des Klägers zurücksetzen und sich damit - in vermeintlich "kalter" und virtuos gemeinter Weise - eine hierfür sonst grundsätzlich erforderliche Änderungskündigung bzw. einen Änderungsvertrag mit dem Kläger ersparen - was letztlich auch die zwingenden Kündigungsschutzbestimmungen (§§ 2, 1 Abs. 2 KSchG) umgehen würde! Wie das Arbeitsgericht überzeugend ausgeführt hat, hat der Beklagte dem Kläger einzelvertraglich eine dauerhafte übertarifliche Gleichstellung mit seiner früheren Funktion zugesagt, von der er sich nicht bei Gelegenheit der "Überleitung" in neue tarifliche Regelungen, ohne das Einhalten der hierfür vorgesehenen arbeitsrechtlichen Instrumentarien, einseitig "kalt" lossagen kann.

cc) Der übertariflichen "Eingruppierung"/einzelvertraglichen Vergütungsregelung des Klägers nach Vergütungsgruppe I BAT, in dessen einzig relevanter Fallgruppe 4, entspricht damit eben nur die Entgeltgruppe Ä4 des TV-Ärzte (§ 12) - in beiden Fällen sind dort die leitenden Oberärzte in der Funktion des ständigen Chefarztstellvertreters (nebst spezifischer Voraussetzungen) geregelt.

Allein eine Einreihung in/Vergütung nach Entgeltgruppe Ä4 des TV-Ärzte kann damit als zwingendes Fortbestehen der übertariflichen "Eingruppierung"/Vergütung des Klägers nach dem TV-Ärzte angenommen - unter Zugrundelegung dieses Tarifvertrages nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung als Lückenfüllungsoption herangezogen - werden und denkbar sein.

dd) Die tatsächliche Vergütungshöhe in beiden Alternativen ist hierbei irrelevant:

Dass der Kläger auch bei einer Entgeltzahlung nach Entgeltgruppe Ä3 des TV-Ärzte - selbst proportional heruntergebrochen auf die hiernach verlängerte Wochenarbeitszeit (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte) - und zumindest nach den entsprechenden Besitzstandsregelungen des TVÜ-Ärzte (Länder) jedenfalls nicht weniger als bisher nach Vergütungsgruppe I BAT verdienen würde, ist als Folge unerheblich und dem durch den TV-Ärzte bekanntlich allgemein angehobenen Vergütungsniveau gegenüber demjenigen des BAT geschuldet - kann nicht etwa dem Beklagten nach dem von ihm erkennbar akzentuierten Motto zugute kommen, dass der Kläger nunmehr auch nach einer aktuell tarifkonformen Eingruppierung nach den neuen tariflichen Bestimmungen jedenfalls tatsächlich keinen Entgeltverlust erleide, was ihm genügen müsse ...

5. Der Kläger hat damit Anspruch auf Entgeltzahlung nach Entgeltgruppe Ä4 des § 12 TV-Ärzte.

Wie eingangs bereits angesprochen sind zu den Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Stufeneinreihung des Klägers im Rahmen der Entgeltgruppe Ä4 (Stufe 3) und zum Zeitpunkt des Bestehens seines Nachzahlungsanspruches (ab 01.07.2006) Einwände in der Berufung nicht erhoben, sodass hierzu Ausführungen nicht veranlasst sind.

III.

Der Beklagte hat damit die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG der Beklagte hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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