Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 778/08
Rechtsgebiete: BUrlG, MTV Nr. 10


Vorschriften:

BUrlG § 3 Abs. 1
MTV Nr. 10 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern vom 01.08.2006 § 7
Die Regelung zum zeitlichen Umfang des Erholungsurlaubs unter § 7 des Manteltarifvertrages Nr. 10 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern vom 01.08.2006 - wonach der Urlaub "auf der Basis von vollen Kalendertagen" im Umfang von 32 bis 42 Kalendertagen/Urlaubsjahr zu gewähren ist -, ist dahin auszulegen, dass eine Umrechnung der Zahl der individuellen Urlaubs-/Kalendertage in tatsächliche Arbeits-/Schichttage des betreffenden Arbeitnehmers stattzufinden hat. Der Arbeitnehmer kann nicht verlangen, dass die tariflich normierten Urlaubs-/Kalendertage ihm in diesem Umfang allein an dienstplanmäßigen Arbeitstagen gewährt werden.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

4 Sa 778/08

Verkündet am: 29.01.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger und die ehrenamtlichen Richter Bianco und Dr. Prael

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. Juni 2008 - 6 Ca 2397/08 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. Juni 2008 - 6 Ca 2397/08 -, unter Zurückweisung ihrer Berufung im Übrigen, abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Kläger Anspruch auf Erholungsurlaub im Umfang der in § 7 Abschnitt II. Zfn. 1. bis 4. und Abschnitt III. des Manteltarifvertrages Nr. 10 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern vom 01.08.2006 festgelegten Zahl von Kalendertagen im Urlaubsjahr hat und sich hierunter dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitstage des Klägers nach der Formel

Tarifvertraglicher Gesamturlaubsanspruch in Kalendertagen/Jahr x 264 Arbeitstage

364 Kalendertage = Urlaubstage

befinden müssen, diese ggf. aufgerundet nach § 7 Abschnitt I. Zf. 2 Satz 5 dieses Manteltarifvertrages.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen.

IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechnung der tariflichen Urlaubsansprüche des Klägers.

Der am 00.00.1974 geborene Kläger ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 27.08.2002 (Anl. B1, Bl. 72 bis 74 d. A.) als "Sicherheitsmitarbeiter" -Sicherheitsfachkraft im Rahmen der von der Beklagten ausgeführten U-BahnBewachung - beschäftigt. Die Arbeitzeit des Klägers beträgt regelmäßig 176 Arbeitsstunden im Monat, wobei er im Drei-Schicht-Betrieb bei einer regelmäßigen Schichtlänge von acht Arbeitsstunden/Tag und mit einem regelmäßigen Schichtrhythmus von vier Arbeitstagen und sodann zwei schichtplanmäßig arbeitsfreien (Kalender-)Tagen tätig ist. Seine Vergütung betrug zuletzt (Anfang 2008) 00,00 € brutto/Stunde.

Zwischen den Parteien - den Arbeitnehmern und der Beklagten - besteht Streit über die Festsetzung/Berechnung der Urlaubstage. Der Arbeitsvertrag nimmt Bezug auf die Geltung der Regelungen des - auch für allgemeinverbindlich erklärten - Manteltarifvertrages Nr. 10 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern vom 01.08.2006 (Anl. K2, Bl. 14 bis 27 d. A. - im folgenden: MTV Nr. 10 -), der hinsichtlich des Urlaubs auszugsweise folgende Regelung enthält:

"§ 7 Urlaub

I. Allgemeine Urlaubsbestimmungen

1. Jeder Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Anspruch auf Urlaub unter Fortzahlung seiner Bezüge. Der Urlaub wird auf der Basis von vollen Kalendertagen (00:00 Uhr - 24.00 Uhr) gewährt. Das Urlaubjahr ist das Kalenderjahr.

2. ...

Ist die Wartezeit von sechs Monaten im Urlaubsjahr noch nicht erfüllt, so wird der Urlaub für das laufende Urlaubsjahr anteilmäßig gewährt. Als voller Kalendermonat gilt auch der Kalendermonat, in dem das Beschäftigungsverhältnis vor dem 16. beginnt oder nach dem 15. endet. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.

...

4. Ein Urlaubsteil muss mindestens 14 aufeinander folgende Kalendertage umfassen. ...

II. Höhe des Urlaubs

1. Der Erholungsurlaub für Arbeitnehmer ab vollendetem 18. Lebensjahr beträgt 32 Kalendertage.

2. Darüber hinaus erhalten die Arbeitnehmer folgenden Zusatzurlaub:

Nach 3-jähriger Betriebszugehörigkeit 4 Kalendertage

Nach 5-jähriger Betriebszugehörigkeit 6 Kalendertage

Nach 7-jähriger Betriebszugehörigkeit 8 Kalendertage

Nach 9-jähriger Betriebszugehörigkeit 10 Kalendertage

Bis zu einer Höchstdauer von 42 Kalendertagen.

3. Bei der Berechnung des Anspruches auf Urlaub werden die in die Urlaubszeit fallenden Sonn- und Feiertage mitgerechnet.

4. Maßgebend bei der Urlaubsgewährung nach Betriebszugehörigkeit ist die Vollendung des betreffenden Beschäftigungsjahres während des Urlaubsjahres.

...

IV. Urlaubsentgelt

1. Das Urlaubsentgelt errechnet sich nach dem Bruttoverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 12 Abrechnungsmonaten vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Einmalzahlungen, wie z. B. Jahressonderzahlung, Fahrkostenzuschüsse, Spesen und Jubiläumszahlungen werden dem Bruttoarbeitsverdienst nicht zugerechnet. Das kalendertägliche Urlaubsentgelt errechnet sich aus 1/364, bei Arbeitnehmern in der Lohngruppe 7c) und Lohngruppe 9 aus 1/338.

...

War der Arbeitnehmer im Berechnungszeitraum vom Betrieb abwesend, ohne dass dafür ein Lohnanspruch bestand, z. B. unbezahlter Urlaub, Teilnahme an Lehrgängen usw., verkürzt sich der Divisor um die Zahl der Tage, an denen kein Lohnanspruch bestand.

..."

(hier: Anlage K2, Bl. 14 f/17 f d. A.).

Mit seinen vom Kläger vorliegend gestellten Feststellungsanträgen macht er im Wesentlichen geltend, dass - auch aufgrund der bisherigen entsprechenden betrieblichen Praxis - sein Urlaubsanspruch von, derzeit, 38 Urlaubstagen jeweils nur an schichtplanmäßig festgesetzten Arbeitstagen erfüllt/Urlaub festgelegt werden dürfe - die Beklagte nicht berechtigt sei, wie zuletzt geschehen, auch an dienstplanmäßig freien Tagen Urlaubstage einzutragen, was den Kläger im Ergebnis zu entsprechend höherer Arbeitsleistung bzw. Belastung seines Arbeitszeitkontos "als Ausgleich für angeblich zu viel genommene Urlaubstage ..." zwingen würde -.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 12.06.2008, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18.07.2008 und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 17.07.2008 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses dem - einen - Feststellungsantrag des Klägers hinsichtlich seiner fehlenden Verpflichtung, auch an dienstplanmäßig freien Arbeitstagen Urlaub zu nehmen, stattgegeben und die Klage im Übrigen - hinsichtlich des zusätzlichen allgemeinen Feststellungsantrages zur fehlenden Berechtigung der Beklagten, das Arbeitszeitkonto des Klägers mit weiteren Schichten zu belasten - abgewiesen hat. Zur näheren Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass sich aus den tarifvertraglichen Regelungen des Manteltarifvertrages Nr. 10 unter Berücksichtigung der Grundsätze der Tarifauslegung nicht ergebe, dass der Kläger verpflichtet wäre, an den von ihm aufgelisteten Freischichttagen Urlaub einzubringen, da § 7 MTV Nr. 10 keine Regelungen zur zeitlichen Lage des Urlaubs, sondern lediglich zur Höhe des Urlaubsanspruches enthalte. Nach der tariflichen Regelung werde von einer Sieben-Tage-Woche ausgegangen. Werde in einem Betrieb an weniger Arbeitstagen in der Woche als im Rahmen der zugrundeliegenden Urlaubsregelung gemäß Tarifvertrag vorgegeben gearbeitet, sei der konkrete Umfang des Urlaubsanspruches -die Höhe des Urlaubs - umzurechnen und hierbei grundsätzlich auf Arbeitstage als Urlaubstage abzustellen. Da die Tarifvertragsparteien hier von einer jährlichen Betrachtungsweise ausgingen, müsse die maßgebliche Umrechnungsformel, im Anschluss an die Rechtsprechung des BAG, lauten:

Vorgeschriebene Arbeitsgage Urlaub/Jahr x tatsächliche Arbeitstage/Jahr :

mögliche Arbeitstage/Jahr = Arbeitstage Urlaub/Jahr.

Dies ergebe im Fall des Klägers bei sonach 264 realen Arbeitstagen/Jahr einen Urlaubsanspruch von 27,56 Urlaubstagen/Jahr, der nach der tariflichen Regelung auf 28 solche Urlaubstage aufzurunden sei. Damit sei die Beklagte im Rahmen ihres Direktionsrechts berechtigt, dem Kläger in entsprechendem Umfang Arbeit zuzuweisen bzw. die gegenüber seiner vertraglichen Arbeitszeitverpflichtung tatsächlich zu wenig geleistete Arbeit im Arbeitszeitkonto des Klägers zu berücksichtigen. Dem stehe auch eine vom Kläger reklamierte betriebliche Übung nicht entgegen, da es hier jedenfalls an entsprechenden Anhaltspunkten für einen Willen des Arbeitgebers fehle, dass dieser den bestehenden Arbeitsvertrag zugunsten des Arbeitnehmers ändern habe wollen - wofür eine tatsächlich erbrachte Leistung allein nicht ausreiche. Vorliegend hätte es besonderer Umstände bedurft, die nach dem objektiven Empfängerhorizont für den Kläger die Annahme nahegelegt hätten, dass die Beklagte nicht nur ihrer arbeitsvertraglichen und tarifvertraglichen Verpflichtung zur Gewährung von Urlaub nachkommen, sondern den Arbeitnehmern rechtlich bindend eine zusätzliche Leistung zukommen hätte lassen wollen, was hier ausscheide.

Hiergegen richten sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.08.2008, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, und die Berufung des Klägers mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.08.2008, per Telefax am 14.08.2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung zunächst der Kläger, nach auf seinen Antrag erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 10.10.2008, mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 10.10.2008 vorgetragen hat, dass entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts im Falle des Klägers eine Umrechnung seines Urlaubsanspruches aus dem Tarifvertrag in Höhe von 38 Kalendertagen nicht in einen nach Arbeitstagen bezogenen Urlaubsanspruch vorzunehmen sei. Eine solche Auslegung der tarifvertraglichen Regelung sei hier nicht möglich, zumal die Tarifvertragsparteien sich in Kenntnis der geläufigen Begrifflichkeiten hier für den Begriff "Kalendertag" und nicht für den gängigen Begriff des "Arbeitstages" entschieden hätten. Selbst im Falle anzunehmender Umrechnung könne nicht von 364 möglichen Arbeitstagen pro Jahr ausgegangen werden, sondern von maximal 313 möglichen Arbeitstagen. Wenn aufgrund der nach der gesetzlichen Regelung erforderlichen Freischicht pro Woche und damit verbleibenden maximal sechs Arbeitstagen pro Woche von somit 312 möglichen Arbeitstagen im Jahr ausgegangen würde, hätte der Kläger demgemäß einen Anspruch von mehr als 32 Urlaubstagen pro Jahr - was die Beklagte nicht berechtige, dem Kläger im Urlaubsplan ein Minus von zwölf Urlaubstagen zu vermerken und ihn damit entsprechend zu zwölf weiteren Schichten einzuteilen oder sein Arbeitszeitkonto bezogen auf angeblich zwölf zuviel genommene Urlaubstage negativ zu belasten. Das Arbeitsgericht habe auch rechtsfehlerhaft das Vorliegen einer betrieblichen Übung verneint, da nicht verständlich sei, inwieweit die Beklagte sich tatsächlich tarifvertragskonform verhalten habe wollen. Die Beklagte habe im Vorfeld der Klagen vor dem Arbeitsgericht zu keiner Zeit zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht an der von ihr ausgeübten Urlaubsgewährung festhalten werde, weshalb der Kläger aufgrund der regelmäßigen vorbehaltlosen Urlaubsgewährung gemäß seinen Wünschen in der Vergangenheit - Urlaubstage allein an Arbeitstagen - darauf vertrauen habe dürfen, dass er auch zukünftig seine Urlaubstage um die freien Tage herumgruppieren könne, ohne hierfür zu zusätzlichen Schichten herangezogen zu werden. Auf einen Begründungswillen des Arbeitgebers komme es hierbei nicht an.

Zur Begründung ihrer Berufung gegen die teilweise stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 09.09.2008, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, ausgeführt, dass der Kläger auf der Grundlage der einschlägigen tarifvertraglichen Regelung Urlaub auch für sog. schichtfreie Tage bzw. Freischichttage bei der Beklagten beantragen müsse, sofern er vor und/oder nach solchen schichtfreien Tagen Urlaub beantragt habe, um solche Tage "zu umschiffen", was das Arbeitsgericht verkannt habe. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass die tarifvertragliche Regelung keine Bestimmungen zur zeitlichen Lage des Urlaubs enthalte, sei unzutreffend bzw. zu ungenau und zudem tarifvertragssystemwidrig. § 7 des MTV Nr. 10 sei nach dessen Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass dieser - sofern schichtfreie Urlaubstage in die Urlaubsplanung fielen - der Kläger auch für diese schichtfreien Tage Urlaub beantragen müsse, weshalb die vom Arbeitsgericht gewählte Umrechnungslösung zwar ihren Charme habe, aber insgesamt fehlgehe.

Der Kläger beantragt:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München, Az.: 6 Ca 2397/08 vom 12.06.2008 wird insoweit aufgehoben, als der Antrag Ziffer III. aus der Klageschrift vom 18.02.2008 abgewiesen wurde.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, dem Kläger im Rahmen der Urlaubsgewährung entsprechend den Anträgen I. und II. als Ausgleich für angeblich zu viel genommene Urlaubstage (12 Tage) weitere Schichten zu entsprechender Arbeitsleistung aufzuerlegen, beziehungsweise sein Arbeitszeitkonto zu belasten.

III. Im Übrigen wird die von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München (Az. 6 Ca 2397/08) wird aufgehoben, soweit festgestellt wird, dass der Kläger nicht verpflichtet war bzw. ist, auch an den sich aus dem bei der Beklagten angewendeten 3-Schicht-System ergebenden freien Tagen, die vor oder nach den beantragen Urlaubstagen liegen, somit

- am 01.03.2008,

- am 06.03.2008,

- vom 22.03.2008 bis 23.03.2008,

- vom 27.03.2008 bis 28.03.2008,

- vom 06.05.2008 bis 07.05.2008,

- am 23.05.2008,

- vom 29.05.2008 bis 30.05.2008,

- vom 06.09.2008 bis 07.09.2008,

- vom 11.09.2008 bis 12.09.2008 und

- vom 16.12.2008 bis 17.12.2008

2. Im Übrigen wird die vom Kläger eingelegte Berufung zurückgewiesen.

Weiter beantragt die Beklagte im Rahmen einer zuletzt weiter gestellten HilfsWiderklage in deren letzter Fassung:

Es wird festgestellt, dass der Kläger Anspruch auf Erholungsurlaub im Umfang der in § 7 Abschnitt II. Zfn. 1. bis 4. und Abschnitt III. des Manteltarifvertrages Nr. 10 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern vom 01.08.2006 festgelegten Zahl von Kalendertagen im Jahr hat und sich hierunter dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitstage des Klägers nach der Formel

Tarifvertraglicher Gesamturlaubsanspruch in Kalendertagen/Jahr x 264 Arbeitstage 364 Kalendertage = Urlaubstage

befinden müssen, diese ggf. aufgerundet nach § 7 Abschnitt I. Zf. 2 Satz 5 dieses Manteltarifvertrages.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 09.09.2008 (Bl. 311 f d. A.), vom 10.10.2008 (Bl. 332 f d. A.), vom 11.11.2008 (Bl. 358 d. A.), vom 11.12.2008 (Bl. 371 f d. A.), vom 22.12.2008 (Bl. 383 f d. A.) und vom 05.01.2009 (Bl. 394 f d. A.), nebst der jeweiligen Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 08.01.2009 (Bl. 400/401 f d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache ebenso wenig Erfolg wie die zulässige Berufung der Beklagten hinsichtlich ihres Hauptantrages. Im Rahmen ihres zuletzt gestellten Hilfsantrages - in dessen letzter Fassung - ist die Berufung der Beklagten dagegen begründet.

I.

1. Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthaften Berufungen des Klägers und der Beklagten sind jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

2. Die von der Beklagten zuletzt, mit Schriftsatz vom 05.01.2009 und sodann in der mündlichen Verhandlung am 08.01.2009 im Anschluss an den gerichtlichen Vorschlag verändert, erhobene Hilfs-Widerklage ist zumindest sachdienlich - wohl auch, aufgrund rügeloser Verhandlung des Klägers hierzu, mit seiner Einwilligung erfolgt - und auch sonst den Voraussetzungen des § 533 ZPO genügend und damit ebenfalls zulässig.

II.

Nur die Berufung der Beklagten ist, mit ihrem Hilfs-Widerklageantrag in dessen zuletzt gestellter Fassung, begründet.

Das Berufungsgericht nimmt in vollem Umfang Bezug auf die im Ergebnis zutreffenden und inhaltlich ausführlich und überzeugend begründeten Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Endurteil vom 12.06.2008 (§ 69 Abs. 2 ArbGG) und weist vor allem im Hinblick auf das Berufungsvorbringen beider Parteien, auch zur von der Beklagten zuletzt gestellten Hilfs-Widerklage, zusammenfassend auf Folgendes hin.

1. Die Feststellungsanträge beider Parteien, auch zur von der Beklagten zuletzt gestellten Hilfs-Widerklage, sind zulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO), da sie ein Rechtsverhältnis in diesem Sinn betreffen und, wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, die beidseitig gestellten Feststellungsanträge allein geeignet sind und sein können, den grundsätzlichen Streit der Parteien über die Berechnung der Urlaubstage/-zeiträume abschließend zu klären - nur so eine sachgemäße und einfache, prozessökonomische Erledigung aller Streitpunkte erreicht werden kann (vgl. neben der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des BAG etwa auch BAG, U. v. 12.03.2008, 4 AZR 616/06, AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: Chemie - Rzn. 15 und 16, m. w. N. -).

2. Einer tarifkonformen Berechnung/Handhabung der Urlaubsansprüche stehen nicht bereits nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung begründete gesonderte arbeitsvertragliche, damit übertarifliche, Regelungen entgegen.

a) Wie das Arbeitsgericht unter Seite 20 f der Entscheidungsgründe des Ersturteils ebenfalls bereits näher ausgeführt hat, wird unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus dem Verhalten des Arbeitgebers wird konkludent auf eine Willenserklärung geschlossen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann und in der Regel stillschweigend angenommen wird. Dadurch wird en vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen erwachsen und ein einklagbarer Anspruch hierauf entsteht. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs hiernach ist nicht der innerliche Verpflichtungswille des Arbeitgebers/Leistenden, sondern, wie der Erklärungsempfänger das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (vgl. - nur aus jüngerer Zeit - näher etwa BAG, U. v. 30.07.2008, 10 AZR 606/07, NZA 2008, S. 1173 f - Rz. 27 der Gründe -; U. v. 28.05.2008, 10 AZR 274/07, AP Nr. 80 zu § 242 BGB Betriebliche Übung - Rzn. 15 f/18 -; U. v. 20.05.2008, 9 AZR 382/07, NZA 2008, S. 1233 f - Rzn. 12 f -; U. v. 26.09.2007, 5 AZR 808/06, AP Nr. 58 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag - Rz. 21 -, jeweils m. w. N.).

b) Hier fehlt es jedoch auch bei Unterstellung des im Detail streitigen Vorbringens des Klägers hierzu an ausreichenden Anhaltspunkten, aus denen er nachvollziehbar schließen hätte dürfen, die Beklagte habe mit ihrer großzügigeren Handhabung einer Gewährung von Urlaubstagen (allein) an dienstplanmäßigen Arbeitstagen in der Vergangenheit ein entsprechendes vertragliches Angebot zu einer solchen übertariflichen Handhabung unterbreiten wollen, der Kläger habe hieraus annehmen können, die Beklagte wolle sich unabhängig vom Inhalt der tariflichen Regelung, deren Normvollzug, binden und ihm im Ergebnis - bei hier noch 38 Urlaubs-/Kalendertagen im Jahr - bei einer hier gegebenen Verteilung der Arbeitszeit auf durchschnittlich etwa fünf Arbeitstage/Woche damit letztlich, dauerhaft, realiter (38 : 5 =) ca. 7,5 Urlaubswochen (sh. auch nachstehend) gewähren wollen.

Solche besonderen Umstände sind hier weder ausreichend vorgetragen noch sonst erkennbar. Auch in seiner Berufungsbegründung führt der Kläger hierzu nichts aus, sondern beruft sich, in im Übrigen schwer verständlicher Weise, im Wesentlichen darauf, dass die Beklagte nicht kommuniziert habe, sich stets tarifvertragstreu verhalten zu wollen, und die Beklagte diese übertarifliche Leistung "freiwillig" gewährt habe. Eine tatsächliche Handhabung allein, Urlaub "um Freischichttage herumzugruppieren" - so die Diktion des Klägers -, lässt noch nicht ohne zusätzliche besondere Umstände bereits auf einen Rechtsbindungswillen der Beklagten zur dauerhaften Erbringung übertariflicher Leistungen - Erhöhung des Urlaubsanspruches um im Ergebnis ca. zwei weitere Urlaubswochen/Jahr - schließen. Hierbei handelte es sich damit allenfalls um ein irrtümliches oder auch naives Verhalten der Beklagten. Das Arbeitsgericht hat auch auf einen früheren Rechtsstreit der Parteien in diesem Zusammenhang und sonstige Umstände verwiesen, aus denen, auch, der Kläger nur ableiten habe können, dass die Beklagte die bei den Arbeitnehmern, wie dem Kläger, erfolgte Handhabung der Stellung von Urlaubsanträgen allein für/an dienstplanmäßige(n) Arbeitstage(n) lediglich geduldet, jedoch keine Anhaltspunkte für eine Annahme gesetzt habe, sie wolle dem Kläger weitergehenden Urlaub bewusst übertariflich gewähren, seine tariflichen Urlaubsansprüche damit signifikant und zumal dauerhaft erhöhen - sich (auch) ihm gegenüber in dieser Weise vertraglich binden (vgl. auch BAG, U. v. 18.04.2007, 4 AZR 653/05, AP Nr. 54 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag - Rzn. 43 f, m. w. N. -).

3. Der Kläger hat nach der tarifvertraglichen Regelung unter § 7 Abschnitt II. MTV Nr. 10 Anspruch auf Erholungsurlaub in dem Umfang von Arbeitstagen, der deren durchschnittlichen prozentualen Anteil an den Kalendertagen im Urlaubs-/Kalenderjahr entspricht.

a) Erholungsurlaub ist, im Sinne des gesetzlichen Mindesturlaubs nach dem Bundesurlaubsgesetz und grundsätzlich, bezahlte Freistellung von der an diesen (Urlaubs-)Tagen/-zeiträumen an sich geschuldeten Arbeitspflicht zu Erholungszwecken. Während des Urlaubs wird lediglich die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers suspendiert, nicht jedoch die Vergütungspflicht als Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers (§ 611 Abs. 1 BGB; vgl. nur BAG, U. v. 06.03.1984, 6 AZR 600/82, AP Nr. 14 zu § 3 BUrlG Rechtsmissbrauch - II. 2. b und 3. der Gründe -; U. v. 09.06.1998, 9 AZR 43/97, AP Nr. 23 zu § 7 BUrlG - I. 2. a der Gründe -).

Deshalb kann Urlaub grundsätzlich nur gewährt und der Urlaubsanspruch erfüllt - Urlaub vom Arbeitnehmer "genommen" - werden an Tagen, an denen an sich Arbeitspflicht besteht (so etwa die bereits von den Parteien und vom Arbeitsgericht angezogene Entscheidung des BAG vom 05.11.2002, 9 AZR 470/01, AP Nr. 15 zu § 15 TVG Tarifverträge: Chemie - Rz. 53 -; U. v. 30.10.2001, 9 AZR 315/00, nv; U. v. 09.09.2003, 9 AZR 468/02, EzA Nr. 6 zu § 4 TVG Chemische Industrie; U. v. 09.07.2008, 5 AZR 810/07, NZA 2008, S. 1407 f - Rz. 16 -). Nur an Arbeitstagen ist die Möglichkeit der Freistellung von der Arbeitspflicht gegeben - hat der Arbeitnehmer keine Arbeitspflicht, kann in diesem Zeitraum auch kein Erholungsurlaub gewährt werden: Beim einfachen Fall des rhythmischen Fünf-Arbeitstage/Woche-Modells mit Arbeitstagen im Zeitraum jeweils von Montag bis Freitag der Woche kann am Wochenende (Samstag/Sonntag) ebenso wenig Urlaub gewährt werden wie an dienstfreien Tagen innerhalb eines in einem anderen System aufgebauten Schichtzyklus oder einer dienstplanmäßig arhythmisch festgelegten Abfolge von Arbeits- und arbeitsfreien Tagen.

b) Nach den hier maßgeblichen Bestimmungen des MTV Nr. 10, der - unstreitig - aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien (dort u. a. § 2 Ziff. 2.1 und urlaubsspezifisch unter § 10 Ziff. 10.1 dieses Vertrages, Bl. 72 f/73 d. A.; auch im offensichtlich vorliegenden Formulararbeitsvertrag im Hinblick auf die Regelungen der §§ 305 c Abs. 2 und 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB grundsätzlich wirksam: BAG, U. v. 28.06.2007, 6 AZR 750/06, AP Nr. 27 zu § 307 BGB; U. v. 18.09.2007, 9 AZR 822/06, AP Nr. 10 zu § 310 BGB) und bereits aufgrund Allgemeinverbindlichkeit (§ 5 TVG) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, wird der Erholungsurlaub allerdings "auf der Basis von vollen Kalendertagen (00:00 Uhr - 24:00 Uhr) gewährt" (dort § 7 Abschnitt I. Ziff. 1) und beträgt der Höhe nach zwischen 32 Kalendertagen im Urlaubsjahr als Basis proportional zur steigenden Betriebszugehörigkeit maximal 42 Kalendertage/Urlaubsjahr (dort § 7 Abschnitt II Ziffern 1 und 2).

Damit werden in auch tarifrechtlich und -politisch ungewöhnlicher Weise zwangsläufig Nicht-Arbeitstage als Urlaubstage herangezogen, der Urlaubsanspruch auf die Maximalformel von Kalendertagen, also sämtliche sieben Tagen der Woche, erstreckt. Dass Arbeitspflicht - und damit eben eigentlich erst Urlaubnahmemöglichkeit - objektiv nicht an allen Kalendertagen besteht und bestehen kann, ergibt sich bereits aus den öffentlich rechtlichen Arbeitszeitschutzvorschriften insbesondere des Arbeitszeitgesetzes, wonach selbst bei dort erlaubter Sonntags- und Wochenfeiertagsarbeit (§§ 9 f ArbZG) ein Ersatzruhetag hierfür in den zeitlichen Grenzen des § 11 Abs. 2 ArbZG zu gewähren ist, also eine längerfristige Verteilung der Arbeitszeit auf (durchschnittlich) maximal sechs Arbeitstage je Woche zwingend ist (wovon auch die Regelungen des MTV Nr. 10 hier ersichtlich nicht abweichen und abweichen könnten: §§ 12 Satz 1 ArbZG; siehe auch die Berechnungsregeln in § 15 (f) JArbSchG).

Damit normiert der MTV Nr. 10 hinsichtlich des Urlaubs nach seinem Wortlaut eigentlich eine rechtlich unerfüllbare bis widersinnige Regelung, da eben nicht allen Kalendertagen, nach denen der tarifliche Urlaub berechnet werden soll, Arbeitspflicht und damit erst eine urlaubsbedingte Möglichkeit der Freistellung ohne Entgeltverlust stattfinden können.

c) Allerdings erweist sich der MTV Nr. 10 insoweit noch nicht als rechtsunwirksam, da er gesetzeskonform ausgelegt werden kann.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. zuletzt etwa BAG, U. v. 12.08.2008, 9 AZR 620/07 - Rz. 31, m. w. N. -).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt, dass die Tarifvertragsparteien des MTV Nr. 10 mit der, nach ihrem Wortlaut unmittelbar, auf eine rechtliche Unmöglichkeit gerichteten Regelung der Berechnung von Urlaubstagen als Kalendertagen lediglich eine Berechnungsformel zur Bestimmung des Umfangs des Urlaubsanspruches vorgeben wollten, diese Tarifregelung so ausgelegt werden kann und muss, aus ihr durch Umrechnung der Urlaubs-/Kalendertage in Urlaubs-/Arbeitstage das von den Tarifvertragsparteien eigentlich Gewollte ermittelt werden kann:

(1) Das von den Tarifvertragsparteien eigentlich Gewollte ergibt sich unschwer daraus, dass die tariflich festgelegten Urlaubszeiträume ohne Weiteres zunächst in Wochenintervalle umgerechnet werden können.

Der tarifliche Basisurlaub von 32 Kalendertagen (§ 7 Abschnitt II Ziff. 1 MTV Nr. 10) beträgt damit (: 7 Kalendertage/Woche =) 4,57 Kalenderwochen - also damit wenig mehr als den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG -, der Gesamturlaub nach dreijähriger Betriebszugehörigkeit (32 Kalendertage + 4 Kalendertage = 36 Kalendertage : 7 Kalendertage/Woche =) 5,14 Kalenderwochen, der Gesamturlaub nach fünfjähriger Betriebszugehörigkeit - wie beim Kläger in den Urlaubsjahren 2007 und 2008 (§ 7 Abschnitt II. Ziffern 2 und 4 MTV Nr. 10) - (32 Kalendertage + 6 Kalendertage = 38 Kalendertage : 7 Kalendertage/Woche =) 5,43 Kalenderwochen usw. (bis zur Höchstdauer von sechs Kalenderwochen bei neunjähriger Betriebszugehörigkeit und damit 42 Kalendertagen (: 7) Gesamturlaubsanspruch/Jahr).

Nur durch die Umrechnung der als Urlaubstage definierten Kalendertage zunächst in Urlaubswochen gewinnt diese Tarifregelung Sinn und stellt die Basis für ihre Umsetzbarkeit in die Praxis dar. Die Tarifvertragsparteien wollten erkennbar den Grundurlaubsanspruch von ca. 4,5 Kalenderwochen und damit wenig mehr als den gesetzlichen Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG bei steigender Betriebszugehörigkeit bis auf den, tarifpolitisch nach wie vor verbreiteten, Umfang von sechs Kalenderwochen Gesamturlaubsanspruch/Jahr anheben.

(2) Dies wird auch dadurch bestätigt, dass der Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 7 Abschnitt IV Ziff. 1 (und 2) MTV Nr. 10 das Jahresentgelt - Vergütung der jeweils vorangegangenen zwölf Abrechnungsmonate - zugrunde zulegen und dieses, als kalendertägliche(s) "Urlaubsentgelt", durch 364 als Divisor (Kalendertage/Jahr: 52 Kalenderwochen/Jahr x 7 Kalendertage/Kalenderwoche) zu dividieren ist. Auch dies spricht unzweifelhaft dafür, dass die tarifliche Regelung der Festlegung von Urlaubstagen als Kalendertagen lediglich eine - konkret umzurechnende - Berechnungsformel für die Ermittlung des zeitlichen Umfangs des tariflichen Urlaubsanspruches vorgibt.

(3) Dass ein Anspruch auf Gewährung von 38 tariflichen Urlaubs-/Kalendertagen allein an dienstplanmäßigen Arbeitstagen á 8 Stunden nicht gegeben und gewollt sein kann, ergibt sich weiter zwanglos aus folgender hypothetischer Parallelüberlegung - zur Versinnlichung der finanziellen Seite:

Wird, hypothetisch und ohne Rücksicht auf arbeitszeitschutzrechtliche Vorschriften zur Notwendigkeit der Gewährung freier Tage, die arbeitsvertragliche Arbeitszeit des Klägers von 176 Arbeitsstunden/Monat linear auf sämtliche (28 bis 31) Kalendertage des Monats - als gleicher Parameter wie die tarifvertragliche Urlaubsregelung - verteilt, wäre ein Kalendertag etwa (176 Arbeitsstunden/Monat : 30,40 Kalendertage/statistischer Monat =) 5,79 zu vergütende Arbeitsstunden "wert", was auch der Berechnung des Urlaubsentgelts in § 7 Abschnitt IV Nr. 10 entspricht (Jahresgehalt - Entgelt in den jeweils letzten zwölf Abrechnungsmonaten - : 364!). Hochgerechnet auf 38 individuelle Urlaubs/Kalendertage des Klägers wäre die Beklagte sonach zur bezahlten Urlaubsfreistellung im Umfang von (5,79 Arbeitsstunden/Urlaubs- = Kalendertag x 38 Urlaubs-/Kalendertage =) 220 Arbeitsstunden verpflichtet. Bei Annahme eines Anspruchs auf UrlaubsFreistellungstage ausschließlich an dienstplanmäßigen Arbeitstagen des Klägers von jeweils 8 Stunden würde dies (x 38 Urlaubstage =) 304 ausgefallene und zu vergütende Arbeitsstunden ausmachen - also annähernd 38 % mehr ...

Dass dies nicht richtig sein kann, sollte eigentlich nahezu evident sein und den vorliegenden Rechtsstreit samt der umfangreich vorgetragenen virtuosen Parallelüberlegungen, Verständnishypothesen und komplexen Erklärungsszenarien zur Behandlung "unbezahlter Freischichten" u. ä. überflüssig erscheinen lassen ...

d) aa) Damit muss der so verstandene tarifliche Gesamturlaubsanspruch als Kalendertage konsequent auf tatsächliche Arbeitstage des Arbeitnehmers/Klägers umgerechnet werden, und zwar nach der auch vom Arbeitsgericht, im Anschluss an die einschlägige ständige Rechtsprechung des BAG (so etwa - wörtlich - BAG, U. v. 05.11.2002, aaO - B. I. 3. b bb (1) der Gründe -), in den Gründen des Ersturteils festgehaltenen Formel:

Urlaubstage/Jahr x tatsächlicher Arbeitstage/Jahr : mögliche Arbeitstage/Jahr (siehe BAG, aaO).

Hierbei ist grundsätzlich auf das Kalenderjahr als Urlaubsjahr abzustellen, zumal die Einsatz-/Arbeitstage des Klägers, geringfügig, zu schwanken scheinen.

bb) Da der Kläger nach seinem Vorbringen und den von ihm vorgelegten Dienstplänen, auch nach dem damit grundsätzlich übereinstimmenden Vorbringen der Beklagten, regelmäßig im Rhythmus von vier aufeinanderfolgenden Schichttagen (im Drei-SchichtSystem) und sodann zwei freien Tagen arbeitet, bei einer täglichen Arbeitszeit/Schichtlänge von jeweils acht Stunden und einer individuellen arbeitsvertraglichen Monatsarbeitszeit von 176 Stunden (§ 3 Ziff. 3.1 des Arbeitsvertrages vom 27.08.2002, Bl. 72 d. A.), hat er damit eine abstrakte Jahresarbeitszeit von (176 Arbeitsstunden/Monat x 12 Monate/Urlaubsjahr =) 2.112 Arbeitsstunden zu erbringen was (: 8 Arbeitsstunden/Arbeitstag =) 264 Arbeits-/Schichttagen im Jahr entspricht (was sich auch daraus ergibt - dadurch bestätigt wird -, dass der Kläger mehrfach ausführt, dass er etwa 100 freie Tage/Jahr habe, bzw. beide Parteien übereinstimmend ebenfalls ausführen,

dass der Kläger 22 Arbeitstage/Monat habe, was (x 12 Monate =) wiederum exakt 264 Arbeitstagen/(Urlaubs)Jahr entspricht). Für die Urlaubsberechnung ist damit von 264 Arbeitstagen/Kalenderjahr auszugehen (abstrakt, nicht bereits hier im Ausgangswert bereinigt um tatsächlich anfallende entschuldigte Ausfallzeiten durch Urlaub selbst (!), Arbeitsunfähigkeit und ggf. ähnliches).

Auf diese 264 tatsächlichen Arbeitstage/Urlaubsjahr ist deshalb der tarifvertragliche Urlaubsanspruch des Klägers von, hier, 38 Kalendertagen umzurechnen/herunterzubrechen, was die vom Berufungsgericht, im Sinne des Hilfsantrages der Beklagten in seiner zuletzt gestellten Fassung - wiederum im Anschluss an den gerichtlichen Vorschlag -, entschiedene Formel ergibt. Diese tenorierte Formel geht nach Ansicht des Berufungsgerichts präziser - wenngleich in der Sache nicht substantiell anders - von der unmittelbaren tarifvertraglichen Regelung der Festlegung der Erholungsurlaubstage als Kalendertagen i. S. d. § 7 MTV Nr. 10 aus und rechnet diese nach dem konkreten individuellen Arbeitszeitmodell des Klägers in Arbeits-/Urlaubstage um, unter Berücksichtigung der Rundungsregelung unter § 7 Abschnitt I Ziff. 2 Satz 5 MTV Nr. 10 ("Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden"). Durch diese Festlegung erhält der Kläger entsprechend dem Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung im Ausgangspunkt 38 Urlaubstage als Kalendertage, unter denen sich damit zwangsläufig - nach dem Arbeitszeitmodell des Klägers und grundsätzlich -, derzeit, 28 "reale" Urlaubs-/Arbeitstage (Schichttage) befinden müssen (38 Kalendertag/Urlaubstage/Jahr x 264 Arbeitstage : 364 Kalender-/Urlaubstage = 27.56, damit 28 Urlaubs-/Arbeitstage), was entsprechend zu deklarieren - in der Urlaubsbilanz des Klägers und der anderen Arbeitnehmer unmissverständlich zu dokumentieren - ist.

4. Damit sind die Berufung des Klägers (dazu a) und die Berufung der Beklagten in ihrem Hauptantrag (dazu b) unbegründet.

a) Die Berufung des Klägers gegen die Teilabweisung seines, in der Berufung erneut gestellten, Feststellungsantrages ist unbegründet. Hiermit will der Kläger im Ergebnis erreichen, dass sein "Arbeitszeitkonto" (?) nicht durch weitere Arbeitsschichten belastet werden dürfe, weil er tatsächlich an 38 dienstplanmäßig festgelegten Arbeitstagen urlaubsbedingt freizustellen sei - nicht lediglich an (12) weniger Arbeitstagen -, was letzteres zu zusätzlichen real zu leistenden Arbeitsschichten aufgrund geringeren Verbrauchs der geschuldeten Sollarbeitszeit durch Urlaubszeiträume führen müsste.

Nach obigen Ausführungen und der hierauf gestützten Tenorierung hat der Kläger Anspruch auf 38 Kalendertage Erholungsurlaub/Jahr, was aufgrund der notwendigen Umrechnung in in diesem Fall 28 aufgerundete Urlaubstage als tatsächlich vorgesehener schichtplanmäßiger Arbeitstage entspricht - und was deshalb, mit dem Arbeitsgericht, zur vollständigen Zurückweisung dieses so gestellten Feststellungsantrages und der hiergegen gerichteten Berufung des Klägers führen muss.

b) Ebenso ist die Berufung der Beklagten gegen die stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts hinsichtlich des Feststellungsantrages zu I. der vom Kläger erstinstanzlich gestellten Feststellungsanträge zurückzuweisen.

Zwar konnte nach vorstehenden Ausführungen die Beklagte grundsätzlich, im Ausgangspunkt, auch an dienstfreien Tagen - als hier tarifrechtlich definierten Urlaubs-als Kalendertagen - "Urlaubstage" vorsehen/festsetzen, wenn sie von den tarifrechtlich vorgegebenen 38 Urlaubs-/Kalendertagen ausgeht, nicht allein von den bereits umgerechneten adäquaten - hier - 28 Urlaubstagen als realen Arbeits-/Schichttagen.

Die hier, im Antrag und im hiernach erfolgten Tenor zu Ziff. I., erfolgte Fingierung von dienstfreien Kalendertagen als weiteren Urlaubstagen durch die Beklagte ist jedoch in dieser Weise weder aus sich heraus nachvollziehbar noch von der Beklagten inhaltlich erläutert:

Wieso sie, z. B., bei vier beantragten Urlaubstagen an den tatsächlich vorgesehenen Arbeitstagen Sonntag, 02.03.2008, bis Mittwoch, 05.03.2008, hier an den beiden freien Kalendertagen davor (Samstag, 01.03.2008) und danach (Donnerstag, 06.03.2008) zusätzlich zwei Urlaubs-/Kalendertage verzeichnet/"fingiert", während etwa bei drei Urlaubs-/tatsächlichen Arbeits-/Schichttagen von Ostermonat, 24.03.2008, bis Mittwoch, 26.03.2008, der Kläger sich hier zusätzlich sowohl davor (Samstag, 22.03.2008, und Ostersonntag, 23.03.2008) als auch danach (Donnerstag, 27.03.2008, und Freitag, 28.03.2008) insgesamt vier weitere Urlaubs-/Kalendertage anrechnen lassen müsste - bei einer fünf Urlaubstage als dienstplanmäßige Arbeitstage umfassenden Urlaubsperiode von Samstag, 24.05.2008, bis Mittwoch, 28.05.2008, dagegen lediglich ein weiterer Urlaubstag als Kalendertag festgesetzt wurde (usw.) -, ist nicht nachvollziehbar. Dieses Vorgehen ist objektiv insofern zutreffend, als es im Ausgangspunkt noch tarifkonform auch dienstfreie Kalendertage als Urlaubstage im tarifrechtlichen Sinn definiert/"fingiert". Es ist jedoch in dieser Form, ohne Parallelrechnung der Zahl der Urlaubs/Kalendertage und der realen Urlaubs-/Arbeits-Einsatztage - wie sie die gerichtlich entschiedene Umrechnungsformel festhält -, willkürlich und undurchsichtig, von der Beklagten auch nicht systematisch erläutert.

Die Beklagte verwechselt insbesondere in der Begründung ihrer Berufung Sein und Sollen: Wenn sie dort durchgängig argumentiert, dass der Kläger auch an (den) schichtfreien Tagen Urlaub "beantragen" müsse, hat sie insofern recht, wenn sie damit meint, dass nach der tarifvertraglichen Regelung auch arbeitsfreie Kalendertage als Urlaubs-/Kalendertage zählen müssten - jedoch hatte der Kläger eben, von seinem Standpunkt aus konsequent, tatsächlich gerade keinen Urlaub an arbeitsfreien Tagen beantragt, sondern allein an/für Arbeitstage(n). Diese von der Beklagten appellativ hypostasierte Handlungsnotwendigkeit des Klägers - der er sich eben tatsächlich nicht fügt - wird durch die erforderliche und allein sinnvolle Umrechnung der tarifvertraglichen Urlaubstage vermieden.

Deshalb hat das Arbeitsgericht diesem Feststellungsantrag des Klägers zu Recht stattgegeben, weshalb die Berufung der Beklagten hiergegen zurückzuweisen ist.

III.

Da die Berufung der Beklagten, anders als die Berufung des Klägers, mit ihrem Hilfsantrag (letzter Fassung) Erfolg hatte, sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen (§§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO) wobei die Kostenlast des Klägers aus diesem Grund deutlich überwiegen muss.

IV.

Die Berufungskammer hat die Revision für beide Parteien wegen grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die offensichtlich gegebene Vielzahl von Parallelverfahren, zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück