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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: 4 Sa 804/08
Rechtsgebiete: BGB, SGB XI


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 611
SGB XI § 15 Abs. 1
SGB XI § 15 Abs. 2
(Abgelehnte) Vergütungsansprüche der Tochter des, unter Betreuung stehenden, Beklagten aus einem mit ihm im Wege des - aufgrund Befreiung in einer, der Klägerin gegenüber nicht wirksam widerrufenen, Altersvorsorgevollmacht - erlaubten Insichgeschäfts über Pflege- und Betreuungsleistungen abgeschlossenen Arbeitsvertrages - trotz der Verpflichtungen der Klägerin zur entsprechenden "sorgsamen Wart und Pflege" u. a. bei "Gebrechlichkeit" ihres Vaters in einem vorausgegangenen Betriebsübergabevertrag als damit angenommener Rechtsmissbrauch.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

4 Sa 804/08

Verkündet am: 18.12.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger und die ehrenamtlichen Richter Dr. Schwarz und Werle

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau - Kammer Deggendorf - vom 3. Juli 2008 - 1 Ca 154/08 D - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten der Nebenintervention, hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht restliche Vergütungsansprüche aus einem nach ihrer Behauptung von ihr mit dem Beklagten, ihrem Vater, abgeschlossenen Arbeitsvertrag über Betreuungs- und Pflegeleistungen geltend.

Die am 00.001949 geborene Klägerin und die vier, jüngeren, Nebenintervenientinnen sind Schwestern und die Töchter des am 00.00.1919 geborenen Beklagten. Gemäß Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Deggendorf vom 22.01.2008 wurde der Prozessbevollmächtigte des Beklagten im vorliegenden Verfahren, Herr Rechtsanwalt Dr. B., zuletzt zu dessen Betreuer in umfassendem Sinn bestellt.

Mit notariellem Betriebsübergabevertrag vom 03.05.2000 (Bl. 21 bis 36 d. A. - im vorliegenden Rechtsstreit einschlägige Bestimmungen dieses Vertrages sind in vollem Wortlaut umfänglich im Tatbestand des Ersturteils wiedergegeben) überließen der Beklagte und dessen zu diesem Zeitpunkt noch lebende Ehefrau, die Mutter der Klägerin, dieser ihren Grundbesitz in D. mit einem hierauf befindlichen Wohn- und Geschäftshaus nebst der dort betriebenen Metzgerei als Gewerbebetrieb, unter Anrechnung auf den erbrechtlichen Pflichtteil der Klägerin - wobei den Eltern der Klägerin gleichzeitig ein lebenslanges Wohnrecht in einer dort befindlichen Wohnung eingeräumt wurde und die Klägerin sich im Gegenzug im Rahmen eines Leibgedings dazu verpflichtete, ihrem Vater, dem Beklagten des vorliegenden Verfahrens, "auf dessen Lebensdauer bei Krankheit oder Gebrechlichkeit persönlich oder durch von ihm Beauftragte sorgsame Wart und Pflege im übergebenen Anwesen zu gewähren ...", nebst täglicher vollständiger und bekömmlicher standesgemäßer Kost und Verpflegung der Eltern sowie Zahlung einer dauernden Last in Höhe eines Betrages von 1.000,-- DM/Monat, und die Eltern der Klägerin dieser gleichzeitig darüber hinaus ein lebenslanges Wohnrecht in einem ihnen ebenfalls gehörenden Geschäftsanwesen - in D. - einräumten. Weiter war der Klägerin von ihren Eltern ein diesen gehörendes landwirtschaftliches Anwesen in N. überlassen worden. Wenige Wochen nach Abschluss dieses notariellen Betriebsübergabevertrages erteilten der Beklagte und dessen Ehefrau unter dem 30.06.2000 eine notarielle "Altervorsorgevollmacht" (Anl. B1, Bl. 66 bis 68/Rückseite d. A.), mit der die Vollmachtgeber ihrer Tochter, der Klägerin, jeweils einzeln eine umfassende Vollmacht zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten, auch über den Tod, die Geschäftsunfähigkeit usw. oder Betreuungsbedürftigkeit der Vollmachtgeber hinaus, uneingeschränkt und umfassend auch sämtliche Betreuungsangelegenheiten im Sinne der § 1896 ff BGB, erteilten, verbunden mit der Berechtigung für die Klägerin, Untervollmacht zu erteilen, und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Mit "Erklärung" zur Niederschrift einer Rechtsanwältin vom 08.02.2001 (Bl. 18 bis 20 d. A.) widerrief der Beklagte die auch von ihm erteilte notarielle Vorsorgevollmacht vom 30.06.2000 und erteilte gleichzeitig seinen fünf Töchtern -der Klägerin sowie ihren vier jüngeren Schwestern als Nebenintervenientinnen des vorliegenden Verfahrens - nunmehr Vollmacht zu seiner gemeinsamen Vertretung mit ähnlichem Inhalt wie die notarielle Vorsorgevollmacht vom 30.06.2000. (Auch) dort ist festgehalten, dass es dem ausdrücklichen Wunsch des Beklagten entspreche, bis zu seinem Tod und bis zum Tod seiner Ehefrau und Mutter der Klägerin und der Nebenintervenientinnen im Anwesen in der D. zu leben und dort auch die ärztliche Versorgung stattfinden solle. Von diesem am 08.02.2001 erfolgten Widerruf der allein der Klägerin erteilten notariellen Vorsorgevollmacht vom 30.06.2000 erhielt diese nach übereinstimmendem, unstreitigen, Vorbringen aller Beteiligten des vorliegenden Verfahrens erst im Dezember 2005 Kenntnis durch den Inhalt eines Anwaltsschriftsatzes im Rahmen eines anderen Rechtsstreits beim Landgericht Deggendorf (Schriftsatz der Rechtsanwälte Dr. T. und Kollegen vom 18.11.2005, Bl. 112/113 d. A.).

In der von den Eltern der Klägerin und sodann, bis zur Betriebsaufgabe, von ihr weiter betriebenen Metzgerei in D. war bis zum Tod der Mutter der Klägerin am 01.05.2004 ca. 47 Jahre lang die Metzgereiverkäuferin Frau S. mit einer Vergütung von zuletzt 2.294,40 € brutto/Monat beschäftigt gewesen. Diese hatte zuletzt die Mutter der Klägerin, die einen Schlaganfall erlitten hatte, bis zu deren Tod gepflegt und beendete sodann, mit einem Alter von wohl über 60 Jahren, das langjährige Arbeitsverhältnis.

Der Beklagte ist altersdement und befindet sich nunmehr, seit 08.10.2008, dauerhaft in einem Altenpflegeheim. Die Klägerin behauptet, dass sie wegen der umfassenden Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit ihres Vaters, des Beklagten, spätestens seit Juni 2005 mit Wirkung vom 01.06.2005 mit ihm, von ihr selbst aufgrund der - ihr gegenüber zu diesem Zeitpunkt nicht wirksam widerrufenen - notariellen Altersvorsorgevollmacht vom 30.06.2000 im Rahmen eines somit erlaubten Insichgeschäfts wirksam vertreten, einen Arbeitsvertrag mit dem Inhalt der Pflege und Betreuung ihres Vaters und mit der gleichen Vergütung wie diejenige der zuletzt ihre Mutter pflegenden Metzgereiverkäuferin abgeschlossen habe und sie hieraus Ansprüche auf Zahlung der entsprechenden Arbeitsvergütung, nebst Weihnachtsgeld 2007, in Höhe von somit ebenfalls jeweils 2.294,40 € brutto/Monat - dem zuletzt streitgegenständlichen Betrag - für den Zeitraum ab Juli 2007 bis, nunmehr, 30.09.2008 habe.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den umfassenden Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts Passau - Kammer Deggendorf -vom 03.07.2008, das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28.07.2008 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses die dort rechtshängige Klage - betreffend Arbeitsvergütungsansprüche bis einschließlich Februar 2008 - mit der näheren Begründung abgewiesen hat, dass hinsichtlich der Beurteilung der Frage des Zustandekommens eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien eine Bindung an den ergangenen Feststellungsbescheid der Barmer Ersatzkasse vom 26.10.2007, wie von der Klägerin vorgelegt, nicht bestehe - dies betreffe lediglich das Vorliegen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses. Zwar stünde dem von der Klägerin behaupteten Abschluss eines Arbeitsvertrages mit ihrem Vater das Verbot des Selbstkontrahierens nicht entgegen, da die Klägerin nach der notariell beurkundeten "Altervorsorgevollmacht" vom 30.06.2000 von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen und ihr der Widerruf des Beklagten vom 08.02.2001 erst im Dezember 2005 zugegangen und damit erst ihr gegenüber wirksam geworden sei. Jedoch wäre ein, unterstellt, sonach formal wirksam geschlossener Arbeitsvertrag der Parteien wegen Missbrauchs der Vollmacht durch die Klägerin nichtig, da der notarielle Betriebsübergabevertrag vom 30.05.2000 einen mit der Überlassung des Anwesens in der M.-gasse im Zusammenhang stehenden Leibgedingsvertrag im Sinne des Art. 96 EGBGB und der Art. 7 ff BayAGBGB beinhaltet habe, nach dem die Klägerin als Gegenleistung bzw. als Auflage für die Überlassung dieses Anwesens die Verpflichtung zur lebenslangen Gewährung von sorgsamer Wart und Pflege des Beklagten im übergebenen Anwesen übernommen habe, dies somit den Rechtsgrund für die von der Klägerin gegenüber dem Beklagten erbrachten Pflegeleistungen dargestellt habe. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages über die Erbringung dieser Pflegeleistungen gegen Vergütung sei deshalb objektiv nicht erforderlich gewesen. Wenn sich die Klägerin darauf berufe, dass die Metzgereiverkäuferin Frau S. die Pflegeleistungen für die Ehefrau des Beklagten und Mutter der Klägerin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht und hierfür die gleiche Vergütung erhalten habe, bleibe außer Acht, dass dieser eben kein Anwesen mit der entsprechenden Gegenleistung überlassen gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin betreffe die einschlägige Regelung im notariellen Betriebsübergabevertrag vom 03.05.2000 nicht nur den Fall, dass der Beklagte grundsätzlich noch selbst in der Lage sei, sich selbst zu versorgen, und nur von Fall zu Fall Hilfe benötige, sondern auch eine - nach Vortrag der Klägerin: hier notwendige - umfassende Pflege rund um die Uhr, da der dort verwendete Begriff der "Gebrechlichkeit" im Sinne der (drei) Stufen einer Pflegebedürftigkeit nach § 15 SGB XI auszulegen sei und der Beklagte hier derzeit in Pflegestufe II eingestuft sei. Es hätte deshalb keine sachlich begründete Veranlassung bestanden, dass die Klägerin im Wege des Insichgeschäfts einen Arbeitsvertrag über Pflegeleistungen und deren Vergütung abgeschlossen hätte, zu deren Erbringung sie nach den Bestimmungen über Wart und Pflege im Betriebsübergabevertrag ohnehin verpflichtet gewesen sei - was deshalb einen Missbrauch der der Klägerin vom Beklagten eingeräumten Altersvorsorgevollmacht dargestellt habe und der Wirksamkeit eines entsprechenden, von der Klägerin behaupteten, Arbeitsvertrages entgegenstünde. Daran ändere auch nichts, dass die Beklagte sich zuletzt nicht mehr in diesem Anwesen, sondern im der Klägerin ebenfalls übergebenen Anwesen/Bauernhof in Sch./N. aufgehalten habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.08.2008, am 19.08.2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.09.2008, am (Montag, den) 29.09.2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, ausgeführt hat, dass das Arbeitsgericht die vertragliche Regelung im Übergabevertrag nicht zutreffend gewürdigt habe. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages über die Erbringung der Pflegeleistungen durch die Klägerin gegen Vergütung sei objektiv sehr wohl erforderlich gewesen, da die letztendlich erforderliche 24-Stunden-Rundum-Betreuung des Beklagten nicht durch die einschlägige Regelung unter § IV 2 des Betriebsübergabevertrages vom 03.05.2000 gedeckt gewesen sei. Hiernach sei die Klägerin zu einer Betreuung in diesem erforderlichen Umfang nicht verpflichtet gewesen. Eine solche Rundum-Betreuung hätte erhebliche Kosten verursacht, die weit höher als der Betrag seien, den die Klägerin im Arbeitsvertrag mit sich selbst vereinbart gehabt habe.

Die Angemessenheit des vereinbarten Betrages ergebe sich auch daraus, dass die Pflegerin der Mutter der Klägerin und Ehefrau des Beklagten den gleichen Betrag erhalten, es jedoch dann abgelehnt habe, zu diesen Konditionen auch den Beklagten zu betreuen und zu versorgen. Beim Vertragsabschluss der Parteien sei in erster Linie gewollt gewesen, dass die Klägerin, die zeitlebens im elterlichen Familienbetrieb mitgearbeitet habe, diesen übernehme und weiterführe. Es wäre deshalb nicht Sache der Klägerin gewesen, über die Pflegebedürftigkeit hinaus tätig zu werden. Auch habe der Beklagte das Pflegegeld nicht an die Klägerin weitergeleitet, sondern sei selbst davon ausgegangen, dass die Leistungen mit der vereinbarten Vergütung abgegolten seien. Eine Betreuung des Vater und Beklagten rund um die Uhr 24 Stunden am Tag sei der Klägerin nur unter Zugrundelegung eines Arbeitsverhältnisses zumutbar. Dem stehe auch nicht die vom Arbeitsgericht angezogene Überlassung erheblicher Immobilien an die Klägerin entgegen.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau, Kammer Deggendorf, AZ: 1 Ca 154/08 D, vom 03.07.2008 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.903,36 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag von 16.060,80 € brutto für die Zeit vom 01.03.2008 bis 30.09.2008 (2.294,40 € brutto/Monat x 7 Monate) zu bezahlen.

Der Beklagte sowie die Nebenintervenientinnen und Schwestern der Klägerin haben zur Begründung ihres übereinstimmenden Antrages auf Zurückweisung der Berufung unter Verteidigung der Ausführungen des Arbeitsgerichts jeweils vorgetragen, dass die Regelungen im notariellen Übergabevertrag, nach denen die Gewährleistung von Wart und Pflege durch die Klägerin allein für den Beklagten vorgesehen sei - obwohl das Wohnrecht, die Verköstigung und die Leibrente gleichermaßen zugunsten beider Übergeber vereinbart gewesen seien - , dem wirksamen Abschluss eines von der Klägerin behaupteten Arbeitsvertrages mit sich selbst entgegenstünden. Der tatsächliche Pflegeaufwand der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum stelle sich weit geringer als von ihr behauptet dar, wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren selbst geschildert. Da die Klägerin es - entgegen dem vom Beklagten in der Vorsorgevollmacht vom 08.02.2001 ausdrücklich geäußerten Willen - veranlasst gehabt habe, dass dieser vom Anwesen in der M-Gasse in D. nach N. gebracht worden sei, habe dieser aufgrund des unwegsamen Geländes dieses Anwesen nicht verlassen habe können. Es genüge auch jetzt, auf den Beklagten in dem Sinne "aufzupassen", dass ihm nichts passiere und er nicht orientierungslos das Haus verlasse, wobei die Erbringung professioneller Pflegeleistungen täglich weiter in den Hintergrund trete. Obwohl die Klägerin hier ausführe - so ihre Schwestern und Nebenintervenientinnen -, dass die sie betreffenden Verpflichtungen des notariellen Übergabevertrages nicht so gewollt gewesen seien, habe sie einem anderen Prozess, der die Wirksamkeit dieses Vertrages zum Gegenstand gehabt habe, stets für die Einhaltung dieses Vertrages argumentiert. Der Einbehalt der Leistungen der Pflegeversicherung sei durch den Betreuer des Beklagten veranlasst worden, weil die Klägerin ihre Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages von 1.000,-- DM monatlich an den Beklagten ab 01.07.2004 eingestellt gehabt habe. Hieraus könne nicht rückgefolgert werden, dass etwa die Verpflichtungen zur Gewährleistung von Wart und Pflege erloschen und die Rechtfertigung zum Abschluss eines Arbeitsvertrages im Wege des Insichgeschäfts durch die Klägerin zulässig gewesen wären. Die nach dem notariellen Übergabevertrag von der Klägerin zu erbringende Tätigkeit sei deshalb eine reine Gegenleistung für die ihr übergebenen Grundstücke sowie das übergebene Betriebsvermögen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 26.09.2008, vom 16.10.2008, vom 30.10.2008, vom 01.12.2008 und vom 11.12.2008 sowie auf Einlassungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung am 18.12.2008 gemäß der dortigen Niederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsgericht nimmt in vollem Umfang Bezug auf die im Ergebnis zutreffenden und inhaltlich sehr ausführlich und uneingeschränkt überzeugend begründeten Ausführungen des angefochtenen Endurteils vom 03.07.2008 (§ 69 Abs. 2 ArbGG) und weist lediglich im Hinblick auf die Berufungsangriffe und die Ausführungen der Parteien bzw. der Nebenintervenientinnen im Berufungsverfahren ergänzend auf Folgendes hin:

1. Die Klageänderung des zunächst schriftsätzlich angekündigten/gestellten Feststellungsantrages unter Zf. 3. im Berufungsbegründungsschriftsatz in eine nunmehr - aufgrund dauerhaften Aufenthalts des Beklagten in einem Altenpflegeheim seit Oktober 2008 - bezifferte Leistungsklage in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren war zulässig, weil jedenfalls sachdienlich - wohl auch mit Einwilligung des Beklagten erfolgt - und auch den übrigen Anforderungen des § 533 ZPO genügend.

2. Zum einen können nach Auffassung der Berufungskammer bereits erhebliche Zweifel bestehen - was jedoch (siehe 3.) offen bleiben kann -, ob die Klägerin den tatsächlich erfolgten Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen ihr als Arbeitnehmerin einerseits und ihrem Vater, dem Beklagten, als Arbeitgeber andererseits - Letzterer aufgrund erlaubten Insichgeschäfts (§ 181 BGB) wirksam durch sie vertreten - in ausreichender Weise schlüssig und substantiiert vorgetragen hätte. Die Klägerin beschränkt sich unverändert auf die bloße, lapidare, letztlich (Rechts)Behauptung, wegen der zunehmenden Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit ihres Vaters aufgrund dessen, unstreitig, progredienter Altersdemenz einen Arbeitsvertrag mit ihm mit Wirkung ab 01.06.2005 abgeschlossen (im Ergebnis: einen solchen zur Sozialversicherung angemeldet und zunächst eine entsprechende Nettoarbeitsvergütung bezogen) zu haben.

Dass und wann näher und konkret ein solcher Vertragsschluss, mit diesem Inhalt, erfolgt sein soll, ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag als jedenfalls Indiz für einen derartigen Vertragsschluss gibt es unstreitig nicht.

Zwar will das Berufungsgericht nicht verkennen, dass die Anforderungen an den Vortrag von Umständen zum tatsächlich erfolgten Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen den Parteien, auf beiden Seiten durch die Klägerin erfolgt, unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles - eines behaupteten (Arbeits-)Vertrages im innerfamiliären Kontext, mit den von den Parteien ausgeführten besonderen Konnotationen ... -hier nicht überspannt werden können. Der Klägerin kann wohl nicht angesonnen werden, in allen Details auszuführen/zu behaupten und ggf. auch unter Beweis stellen zu müssen, sie habe, zB, am 27.05.2005 zu einer exakten Uhrzeit für sich und gleichzeitig in Insich-Vertretung ihres Vaters einen Arbeitsvertrag, ab 01.06.2005, mit den behaupteten Konditionen im Einzelnen geschlossen/beschlossen und die Arbeit dann tatsächlich am 01.06.2005 angetreten (und sei dann dem Weisungsrecht ihres Vaters als ihres Arbeitgebers unterlegen) ... Jedoch ist die bloße schlichte und lapidare, streitige, Behauptung allein des Bestehens eines Arbeitsvertrages als solchen, ab dem genannten Zeitpunkt und mit den behaupten Inhalten, andererseits auf den ersten Blick annähernd hypothetisch und virtuell anmutend, durch keinerlei noch so marginales Tatsachensubstrat verifiziert.

3. Auch wäre weder schlüssig dargetan noch sonst greifbar, von der Klägerin wiederum auch nur ansatzweise ausgeführt, weshalb sie als Vollzeitpflegekraft ihres Vaters damit ohne weiteres auch Anspruch auf Zahlung einer Arbeitsvergütung exakt in Höhe der von ihr angesetzten 2.294,40 € brutto/Monat, nebst eines "Weihnachtsgeldes von 500,-- € netto" im Dezember 2007, haben sollte. Einen Arbeitsentgeltbetrag in dieser Höhe hatte unstreitig zuvor die über 40 Jahre lang in der Metzgerei beschäftigt gewesene Metzgerei(fach)verkäuferin (Frau S.) erhalten, auch als diese - nachdem sie nach unbestritten gebliebenen Ausführungen der Nebenintervenientinnen in der mündlichen Verhandlung dies der Mutter "in die Hand versprochen" gehabt habe - diese zuletzt aufgrund deren Bettlägrigkeit und Lähmung pflegte. Dass und weshalb auch die Klägerin ohne Weiteres exakt den gleichen Betrag - das Entgelt einer langjährig beschäftigten Metzgereiverkäuferin - für ihre behauptete Betreuungs- und Pflegetätigkeit als ungelernte Pflegekraft ansetzen können sollte, ist wiederum nicht ausgeführt (abgesehen auch davon, dass die von der Klägerin geschilderte Pflege und Betreuung ihres Vaters nach ihren Angaben notwendig rund um die Uhr nicht ohne Weiteres mit den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzbestimmungen für Arbeitsverträge - §§ 3 f ArbZG u. a. - in Übereinstimmung zu bringen wäre ...).

4. Das Arbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass selbst ein, angenommen, im Wege des ihr erlaubten Insichgeschäfts durch die Klägerin wirksam abgeschlossener Arbeitsvertrag der Parteien hier aufgrund der besonderen Umstände wegen Missbrauchs ihrer Vollmacht zum Handeln für den Beklagten nichtig wäre (§§ 242, 138 BGB).

a) Zwar hätte die Klägerin im, ca., Mai/Juni 2005 einen Arbeitsvertrag formell wirksam im Wege des Insichgeschäfts abschließen können, da sie durch die notarielle "Alter(s)vorsorgevollmacht" vom 30.06.2000 ausdrücklich auch durch den Beklagten von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war, und der Widerruf dieser Vollmacht durch nachfolgende, einseitige empfangsbedürftige, Erklärung des Beklagten vom 08.02.2001 zur Niederschrift einer Rechtsanwältin der Klägerin unstreitig erst im Rahmen eines anderen Rechtsstreits im Dezember 2005 zur Kenntnis gelangt und erst damit ihr gegenüber rechtswirksam geworden war (§ 168 Satz 1 und Satz 2 i. V. m. § 167 Abs. 1 und Abs. 2 BGB).

b) Jedoch hätte die Klägerin durch den zum behaupteten Zeitpunkt sonach noch formal möglichen Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem - auch für den - Beklagten im Hinblick auf ihre weitreichenden Verpflichtungen aus dem Leibgedingsvertrag im Betriebsübergabevertrag vom 03.05.2000 zugunsten des Beklagten ihre Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB in der ihr erteilten notariellen Altersvorsorgevollmacht des Beklagten, und damit diese, missbraucht:

Der Klägerin war, wie ihre Schwestern, die Nebenintervenientinnen, erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 18.06.2008 unbestritten vorgetragen hatten, mit der Metzgerei, dem landwirtschaftlichen Anwesen in N. und dem kapitalisierten Wert ihres Wohnrechts im weiteren Geschäftshaus im N. in D. nach Ansatz des Betreuers des Beklagten ein Nettovermögenswert, nach Abzug der übernommenen Verbindlichkeiten, von ca. 508.000,-- € überlassen worden. Die von ihr u. a. übernommenen Gegenleistungen im Rahmen eines Leibgedingsvertrages in Form eines Wohnrechts der Eltern im Gebäude der Metzgerei und insbesondere der hierbei geschuldeten "sorgsame(n) Wart und Pflege" des Beklagten - nicht dessen Ehefrau, der Mutter der Klägerin! - "bei Krankheit oder Gebrechlichkeit persönlich oder durch von ihm (dem Erwerber/der Klägerin) Beauftragte" (nebst weiterer Versorgungsleistungen durch "Verköstigung" und Zahlung eines, indexierten, monatlichen Betrages von 1.000,-- DM als dauernder Last) betrafen tatbestandlich vor allem den Zustand einer (dauernden) "Gebrechlichkeit" des Beklagten, die das Arbeitsgericht überzeugend, nach Wegfall des § 1910 Abs. 1 BGB aF, im Sinne des Status der "Pflegebedürftigkeit" nach § 15 Abs. 1 und Abs. 3 SGB XI übersetzt/ausgelegt hat. Der Beklagte war im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum, zuletzt bis einschließlich September 2008, in der dort definierten Pflegestufe II - "schwer Pflegebedürftige" - (von insgesamt drei (+) Pflegestufen), nach dem Gesetzeswortlaut hiernach erfordernd einen Zeitaufwand für die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung von insgesamt mindestens dreimal täglich ... und durchschnittlich insgesamt drei Stunden täglich durch eine nicht ausgebildete Pflegekraft. Der hierdurch indizierte Pflege-, Betreuungs- und Versorgungsaufwand für den, zunehmend, altersdementen Beklagten war jedoch insoweit bereits von der vertraglichen Regelung über die Verpflichtung der Klägerin zur "(sorgsamen) Wart und Pflege" bei "Krankheit oder Gebrechlichkeit" des Beklagten, ihres Vaters, im Rahmen des Leibgedingsvertrages innerhalb des notariellen Betriebsübergabevertrages vom 03.05.2000 umfasst.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der weitergehenden schuldrechtlichen Regelungen im notariellen Betriebsübergabevertrag vom 03.05.2000, dass, im Ergebnis, Leistungen der Pflegeversicherung für den Beklagten die entsprechenden (grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen) Versorgungspflichten der Klägerin bei, u. a., "Gebrechlichkeit" (Pflegebedürftigkeit) des Beklagten insoweit zum Ruhen bringen (und im Übrigen "bei der Ausgestaltung der Wart und Pflege ... persönliche und örtliche Verhältnisse, Bedarf und Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen" sein) sollten. Die Klägerin konnte hiernach entweder, im Rahmen des Deckungsumfangs der gesetzlichen Pflegeversicherung nach Pflegestufe II, insoweit professionelles Pflegepersonal, etwa einer ambulanten Sozialstation, beauftragen oder stattdessen Pflegegeld in Anspruch nehmen. Nicht aber kann davon ausgegangen werden, dass der mit der Altersdemenz des Beklagten verbundene Aufwand für seine Betreuung und Grundpflege (etwa Körperpflege ...) und hauswirtschaftliche Versorgung nicht durch die von der Klägerin im Rahmen des Betriebsübergabevertrages als Gegenleistung - Leibgeding - übernommenen Verpflichtungen gedeckt gewesen wäre.

Die Situation einer altersdementen, gelegentlich auch inkontinenten, Person stellt sich hinsichtlich des dadurch verursachten Pflege- und Betreuungsaufwandes, auch gerichtsbekannt, anders dar als die Situation etwa eines schlaganfallgelähmten Patienten hinsichtlich der dort erforderlichen intensiven Pflege und Behandlung - allein durch die dadurch veranlasste Dekubitusprophylaxe, dort erforderliche Behandlungspflegemaßnahmen usw. Beim Beklagten waren die unter Abschnitt IV. Ziff. 2. Abs. 2 Satz 2 des Betriebsübergabevertrags vom 03.05.2000 ausdrücklich angesprochenen grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Versorgungsmaßnahmen gefordert.

Das Arbeitsgericht hat bereits überzeugend ausgeführt, dass dies der Unterschied zur Metzgereiverkäuferin S. ist, die die nach einem Schlaganfall bettlägrige, offensichtlich (teilweise) gelähmte, Mutter der Klägerin und Ehefrau des Beklagten zuletzt, bis zu deren Tod am 01.05.2004, gepflegt hat: Diese war langjährig beschäftigte Arbeitnehmerin der Metzgerei und erhielt für ihre Tätigkeit ihr "übliches" Arbeitsentgelt (weiter). Der Klägerin waren dagegen ganz erhebliche Vermögenswerte zugewendet worden, u. a. ein Geschäfts- und Wohnhaus mit Gewerbetrieb (Metzgerei), offensichtlich zuvor zusätzlich ein landwirtschaftliches Anwesen in N. etc. Im Gegenzug schuldete sie vertraglich die Versorgung ihrer zum Zeitpunkt des Betriebsübergabevertrages bereits sehr betagten Eltern - ihr Vater, (allein) dessen Versorgung für den Fall insbesondere seiner "Gebrechlichkeit" sie damit übernahm, war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Betriebsübergabevertrags vom 03.05.2000 bereits 81 Jahre alt (!), der Fall seiner Pflegebedürftigkeit damit, wenn nicht bereits absehbar, so doch als realistisch - wenn auch in diesem Fall mit begrenzter zeitlicher Perspektive - zu antizipieren.

Damit hat das Arbeitsgericht zu Recht die Rechtsgrundlage für die von der Klägerin ab Juni 2005 und im streitgegenständlichen Zeitraum erbrachten Betreuungs- und Pflegeleistungen für den Beklagten bereits vollständig in ihren Verpflichtungen im Rahmen des Leibgedingsvertrages innerhalb des Betriebsübergabevertrages vom 03.05.2000 gesehen und deshalb den von ihr behaupteten Abschluss eines zusätzlichen entsprechenden Arbeitsvertrages hierüber zu Recht jedenfalls als Missbrauch ihrer Vertretungsmacht qua, für sie noch gültiger, Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB in der Alter(s)vorsorgevollmacht vom 30.06.2000 zulasten ihres Vaters (und letztlich auch ihrer Schwestern als Nebenintervenientinnen) und damit als nichtig angesehen (§§ 138, 242 BGB; vgl. die bereits vom Arbeitsgericht zit. Rspr. des BGH, zuletzt etwa U. v. 31.01.2002, IV ZR 23/01, NJW 2002, S. 1498, m. w. N.; U. v. 25.02.2002, II ZR 374/00, NJW 2002, S. 1488 f).

Die Berufung der Klägerin ist deshalb zurückzuweisen.

III.

Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung, einschließlich die Kosten der Nebenintervention, hat damit die Klägerin zu tragen (§§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO).

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG die Klägerin hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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