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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 4 TaBV 112/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99
BetrVG § 100
Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin wegen der vom Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes verweigerten Zustimmung zur Versetzung - hier Einstellung - eines Arbeitnehmers, gleichzeitig Antrag auf Feststellung, dass diese Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei, gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG (Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers als - nicht zulässiger - Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG).
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

4 TaBV 112/07

Verkündet am: 17. April 2008

In dem Beschlussverfahren

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 6. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Bayer und Fischer beschlossen:

Tenor:

I. Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 13. Juni 2007 - 31 BV 548/06 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Arbeitgeberin beantragt mit dem vorliegenden Verfahren die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat ihres - aufnehmenden - M. Betriebes als Beteiligten zu 2. verweigerten Zustimmung zur Versetzung eines Arbeitnehmers sowie die Feststellung, dass diese Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei.

Die Arbeitgeberin unterhält Betriebe in E. sowie in M., dort als Gemeinschaftsbetrieb mit dem Betrieb ihrer Muttergesellschaft. Der Arbeitnehmer L. war gemäß Arbeitsvertrag vom 06.02.2001 (Anl. B1, Bl. 48 bis 53 d. A.) ab 01.03.2001 als Leiter Marketing (Manager für den Bereich Partnermarketing & Security) im Betrieb/der Zentrale der Arbeitgeberin in F./E. mit einer Vergütung von zuletzt 98.004,-- € brutto/Jahr beschäftigt. Die Arbeitgeberin sprach diesem gegenüber mit Schreiben vom 28.09.2006 (Anl. A1, Bl. 5 d. A.) eine betriebsbedingte Änderungskündigung zum 31.12.2006 mit dem neuen Angebot aus, dass er ab 01.01.2007 in der Position eines "Sector & Proposition Marketing Manager Public/Security" in M. bei unverändertem Gehalt und unveränderten sonstigen Bedingungen beschäftigt werden sollte. Diese Änderungskündigung nahm Herr L. mit Schreiben vom 10.10.2006 (Anl. A2, Bl. 6. d. A.) unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung an. Hierüber ist ein Individualrechtsstreit beim Arbeitsgericht F. bzw. Landesarbeitsgericht H. anhängig.

Mit Schreiben vom 15.12.2006 (Anl. A3, Bl. 7 d. A.) informierte die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1 (auch) den Betriebsrat des m. Betriebes und Beteiligten zu 2 im Rahmen des § 99 BetrVG über die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers L. dort, dem dieser Betriebsrat unter dem 21.12.2006 mit der - gemäß eigenen Schreibens diesen Datums (Anl. A5, Bl. 12 d. A.) - näheren Begründung seine Zustimmung verweigerte, dass der Arbeitnehmer L. durch die geplante Versetzung nach M. benachteiligt würde, da er nach M. umziehen müsse und dadurch seinen Lebensmittelpunkt verlieren würde und außerdem der Kontakt zu seinen beiden von ihm getrennt lebenden Kindern nicht mehr oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich wäre - was weder durch betriebliche noch durch in der Person des Herrn L. liegende Gründe gerechtfertigt sei; dessen funktionaler Vorgesetzter sei in Ma. beschäftigt, außerdem könne Herr L. seine Aufgaben ebenso gut in E. oder im Homeoffice erledigen. Mit Schreiben vom selben Tag, 21.012.2006, (Anl. A6, Bl. 13 d. A.) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat und Beteiligten zu 2 mit, dass sie die Maßnahme ab 01.01.2007 als vorläufige personelle Maßnahme nach § 100 BetrVG durchführen werde und dies dringlich sei, da am 31.12.2006 die Kündigungsfrist von Herrn L. auslaufe und er ab diesem Zeitpunkt gemäß der unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung in M. beschäftigt werden müsse. Mit Schreiben vom 22.12.2006 (Anl. A7, Bl. 14 d. A.) bestritt der Personalausschuss dieses Betriebsrats, dass die personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sei - mit im Wesentlichen gleicher Begründung wie in der Zustimmungsverweigerung vom 21.12.2006. Mit Antragschriftsatz vom 27.12.2006, am selben Tag zunächst per Telefax beim Arbeitsgericht München eingegangen, beantragte die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats des Betriebes M. zur Einstellung des Arbeitnehmers L. sowie die Feststellung, dass die vorläufige Durchführung dessen Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei. Der Betriebsrat und Beteiligte zu 2 hat hierzu im Anschluss an die Begründung seiner Zustimmungsverweigerung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Arbeitnehmer L. durch die geplante Maßnahme der Versetzung nach M. unangemessen benachteiligt würde, da seine beiden Kinder im Alter von, damals, drei und sieben Jahren bei der von ihm getrennt lebenden Mutter im R.-Gebiet lebten, beide Eltern sich derzeit das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder teilten und die getroffene Umgangsregelung Umgangszeiten zweiwöchentlich am Wochenende und zusätzlich einmal wöchentlich mittwochs bzw. donnerstags abends (usw.) vorsehe, was von Herrn L. aufgrund der Entfernung von M. zu F. nicht wahrzunehmen sei. Auch wären die Kosten für Besuchswochenenden in M. erheblich, weshalb Herr L. im Falle eines Widerspruchs der Mutter gegen die Zugreisen nach M. gezwungen wäre, eine Zweitwohnung im F. Raum zu unterhalten, was äußerst kostenintensiv wäre und andernfalls die Gefahr auslösen würde, dass Herr L. vollständig sein Sorgerecht verliere. Auch übe dieser zumindest für die Dauer von vier Wahljahren eine ehrenamtliche Tätigkeit als Pfarrgemeinderatsmitglied und in mehreren Diözesanräten im Bistum Mainz aus, was er von M. aus nicht mehr wahrnehmen könne. Diese Benachteiligungen seien weder durch betriebliche noch durch in der Person des Herrn L. liegende Gründe gerechtfertigt, da er die vorgesehene Tätigkeit ohne Beeinträchtigung betrieblicher Belange auch am Sitz der Beteiligten zu 1 in F./E. ausüben könne - wie bei dieser nicht unüblich -, zumal sein für das neue Aufgabengebiet zuständiger funktionaler Vorgesetzter nicht in M., sondern in Ma. beschäftigt sei und sein Hauptansprechpartner für den Bereich Security Proposition in E. sitze. Insgesamt könne Herr L. die ihm übertragenen neuen Aufgaben auch weitestgehend von einem Homeoffice in F./E. aus erledigen. Der Betriebsrat sei zum einen unzureichend informiert worden; zum anderen liege der hier ausnahmsweise auch für Einstellungen einschlägige Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG vor.

Das Arbeitsgericht München hat mit Beschluss vom 13.06.2007, der den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 06.09.2007 zugestellt wurde, beiden Anträgen mit der näheren Begründung stattgegeben, dass die verweigerte Zustimmung zur Einstellung des Mitarbeiters L. in M. mangels vorliegenden ausreichenden Zustimmungsverweigerungsgrund zu ersetzen sei, weil ein Heranziehen des allein geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgrundes gemäß § 99 Abs. 2 Ziff. 4 BetrVG bei einer Einstellung, als die sich für den Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes und Beteiligten zu 2 die Versetzung nach M. darstelle, nicht möglich sei - dies nur das Mitbestimmungsrecht des abgebenden Betriebsrats betreffe - und eine unzureichende Information des Betriebsrats nicht erkennbar sei und auch lediglich dazu geführt hätte, dass nach jedenfalls nunmehr erfolgter Information weitere Zustimmungsverweigerungsgründe seitens des Betriebsrats nachgereicht hätten werden können, wie nicht geschehen. Die getroffene Feststellung, dass die vorläufige Durchführung der Maßnahme auch dringend erforderlich gewesen sei, beruhe darauf, dass dies nur dann ausscheiden würde, wenn dies offensichtlich nicht vorliegen würde, wie hier nicht erkennbar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 2 mit Schriftsatz vom 04.10.2007, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung er fristgerecht und weitgehend unter Wiederholung seiner erstinstanzlichen Ausführungen vorgetragen hat, dass die Arbeitgeberin sich in ihrem Anhörungsschreiben auf eine Schilderung der geplanten Maßnahme, insbesondere in Form einer Stellenbeschreibung, beschränkt, jedoch weder dort noch in den beigefügten Anlagen die für oder gegen die geplante Maßnahme sprechenden Umstände und Gründe erläutert habe. Die Benachteiligung des von der Versetzung nach M. betroffenen Arbeitnehmers L. liege darin, dass dieser durch eine Beschäftigung in M. das derzeitige gemeinsame Sorgerecht für seine von ihm getrennt lebenden Kinder im R.-Gebiet angesichts der Fahrtzeiten zwischen dem Großraum M. und dem Großraum F. sowie der dadurch entstehenden Kosten nicht wahrnehmen könne; auch übe Herr L. ehrenamtliche Tätigkeiten als Pfarrgemeinderatsmitglied und Mitglied in mehreren Diözesanräten im Bistum M. aus. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG könne hier geltend gemacht werden, da im vorliegenden Fall der Einstellung die Interessenlage mit derjenigen im Falle einer Versetzung gleichzustellen sei und die gegebenen Besonderheiten eine Anwendung dieser Norm auch auf diesen Fall der Einstellung rechtfertigten. Ausreichende betriebliche Gründe für diese Versetzung lägen nicht vor. Bei der Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt habe Herr L. unter einem starken Druck gestanden. Ein Einverständnis des Herrn L. mit der Änderungskündigung habe nicht vorgelegen. Durch die, gezwungenermaßen erfolgte, Erhebung einer Änderungskündigungsschutzklage habe er gezeigt, dass er mit der Versetzung nicht einverstanden sei. Auch sei die Versetzung offensichtlich nicht dringend erforderlich gewesen, da die Arbeitgeberin hierfür keinerlei ausreichende Gründe vorgetragen habe. Eine auslaufende Kündigungsfrist allein stelle keinen individualrechtlich relevanten Gesichtspunkt und auch keinen sachlichen Grund im Sinne des § 100 BetrVG zur Begründung einer besonderen Eilbedürftigkeit dar.

Weder sei deshalb die vorläufige Durchführung dieser Maßnahme dringend erforderlich noch diese offensichtlich als solche erforderlich gewesen.

Der Betriebsrat und Beteiligte zu 2 beantragt als Beschwerdeführer,

den Beschluss des Arbeitsgerichts München, Gz.: 31 BV 448/06, vom 13.06.2007 aufzuheben und die Anträge abzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Beschwerde unter Verteidigung der Ausführungen des Arbeitsgerichts vorgetragen, dass der Betriebsrat verkenne, dass sein Prüfungsmaßstab nicht der der Versetzung sei, sondern sich für ihn diese Maßnahme betriebsverfassungsrechtlich als Einstellung darstelle und in der Gestattung der Tätigkeitsaufnahme in M. kein Nachteil für den Mitarbeiter L. liegen könne. Dessen fehlendes Einverständnis mit der Aufgabe seiner Tätigkeit in F. und die Erhebung einer Änderungskündigungsschutzklage könnten für die Beteiligung des Betriebsrats des F. Betriebes, nicht jedoch für den hier beteiligten Betriebsrat des aufnehmenden M. Betriebes eine Rolle spielen. Auch die Beschwerdebegründung enthalte keinerlei Ausführungen darüber, weshalb die Möglichkeit der Beschäftigung des Mitarbeiters L. in M. für diesen bereits einen Nachteil darstellen solle. Deshalb komme es auf die Unterrichtung über die familiären Verhältnisse des Mitarbeiters L. und die durch einen eventuellen Verlust seiner Tätigkeit in F. verbundenen Nachteile nicht an. Das Arbeitsgericht habe zu Recht auch dem Feststellungsantrag nach § 100 BetrVG stattgegeben, da von einer offensichtlich fehlenden Dringlichkeit dieser Maßnahme keine Rede sein könne. Die Arbeitgeberin hätte den Mitarbeiter L. in F. gar nicht mit den vorgesehenen neuen Tätigkeit beschäftigten können, weshalb ihr keine andere Möglichkeit verblieben sei, diesen wegen Wegfalls der dortigen bisherigen Tätigkeit entsprechend dem ihm mit der Änderungskündigung gemachten Arbeitsangebot zu einzusetzen - was die Dringlichkeit und jedenfalls die fehlende Offensichtlichkeit des Fehlens einer Dinglichkeit begründe. Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 03.12.2007, vom 11.12.2007 und - soweit ergänzende Rechtsausführungen enthaltend - vom 10.04.2008 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

I.

Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 2. ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 1 und Abs. 2, 89 Abs. 1 und Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG, 516, 518 ZPO) und damit zulässig.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet, da das Arbeitsgericht die von diesem verweigerte Zustimmung des Betriebsrats des m. Betriebs als Beteiligten zu 2 zur Versetzung/dortigen Einstellung des Arbeitnehmers L. zu Recht ersetzt (dazu 1.) und gleichzeitig festgestellt hat, dass die vorläufige Durchführung dessen Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei (dazu 2.). 1. Die von diesem verweigerte Zustimmung des beteiligten Betriebsrats der Niederlassung/des Betriebes M. der Arbeitgeberin zur Versetzung des Arbeitnehmers L. dorthin ist zu ersetzen (§ 99 Abs. 4 BetrVG), da seine Zustimmungsverweigerung mit Schreiben seines Personalausschusse vom 21.12.2006 unbeachtlich war, weshalb der Antrag der Arbeitgeberin begründet ist.

a) Maßgeblich ist der vom Personalausschuss des Betriebsrats des M. Betriebes der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 2. in seinem Schreiben vom 21.12.2006 ausdrücklich allein genannte Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG - durch diese personelle Maßnahme gegebene Benachteiligung des hierdurch betroffenen Arbeitnehmers (L.) ohne Rechtfertigung aus betrieblichen oder in dessen Person liegenden Gründen wegen seiner persönlichen Lebensumstände -. Der Betriebsrat konnte im vorliegenden Verfahren keine weiteren Gründe im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG nachschieben (BAG, etwa B. v. 15.04.1986, 1 ABR 55/84, AP Nr. 36 zu § 99 BetrVG 1972) und hat dies ersichtlich auch nicht getan.

b) Die Information der Arbeitgeberin und Antragstellerin in ihrem Schreiben an den Betriebsrat und Beteiligten zu 2 vom 15.12.2006 nebst der beigefügten Stellenbeschreibung konnte den Unterrichtungsanforderungen des § 99 Abs. 1 BetrVG im Rahmen der hier vorliegenden Einstellung (s. u.) genügen.

aa) Die von ihm in seiner Zustimmungsverweigerung allein angezogenen persönlichen Lebensumstände des Arbeitnehmers L. waren dem Betriebsrat, wie sich am Inhalt des Zustimmungsverweigerungsschreibens seines Personalausschusses zeigt, im Detail bekannt und mussten ihm damit nicht mehr ausführlich mitgeteilt werden.

bb) Jedenfalls hätte, wie das Arbeitsgericht im Ansatz zu Recht ausgeführt hat, bei Annahme einer unvollständigen Unterrichtung deswegen die einwöchige Stellungnahmefrist des § 99 Abs. 3 BetrVG zunächst nicht zu laufen begonnen; diese wäre jedoch sodann (erst) durch die nachgeholten ergänzenden Informationen der Arbeitgeberin im vorliegenden Antragschriftsatz vom 27.12.2006 zu den betrieblichen Hintergründen der Maßnahme in Gang gesetzt worden, nachdem der Betriebsrat bereits auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung verweigert gehabt hätte. Der Betriebsrat hätte innerhalb der erst hierdurch ausgelösten Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG sodann neue Zustimmungsverweigerungsgründe geltend machen können (BAG, B. v. 10.12.1988, 1 ABR 68/87, AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972; B. v. 10.08.1993, 1 ABR 22/93, NZA 1994, S. 187 f) - wie hier ebenfalls nicht geschehen.

cc) Im Übrigen könnte sich der Betriebsrat und Beteiligte zu 2 auf eine unvollständige Unterrichtung durch die Arbeitgeberin im Rahmen des § 99 Abs. 1 BetrVG nicht mehr berufen, weil er dies nicht beanstandet gehabt hätte - wozu er verpflichtet gewesen wäre (BAG, B. v. 10.08.1993, aaO - B. I. 2. der Gründe -).

b) Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt die, dauerhaft beabsichtigte, Versetzung des Arbeitnehmers L. von der Zentrale der Arbeitgeberin/Antragstellerin in F./E. nach M. für den dortigen Betrieb und den beteiligten Betriebsrat des M. Betriebes eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG dar.

Es ist unerheblich, wie sich diese - als einheitliche - Maßnahme auf der individualrechtlichen Ebene vollzieht - im Wege der Ausübung ihres Direktionsrechts durch die Arbeitgeberin (unter Beachtung der Grundsätze der §§ 106 GewO, 315 BGB) oder, wie hier, durch (ordentliche) Änderungskündigung -. Mitbestimmungsrechtlich, im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, kommt es insoweit allein auf die hierdurch berührte kollektivrechtliche Ebene der Interessen der Belegschaft des M. Betriebes insgesamt und des diese repräsentierenden Betriebsrats an, wie sie in den gesetzlichen Widerspruchsgründen des § 99 Abs. 2 BetrVG ihren Ausdruck finden.

Für die Belegschaft des aufnehmenden M. Betriebes und deren Interessen -und damit die Interessen ihres beteiligten Betriebsrats - stellt sich die qua Änderungskündigung intendierte Versetzung des Arbeitnehmers L. allein als Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG dar (BAG, ständ. Rspr., vgl. nur B. v. 22.11.2005, 1 ABR 49/04, AP Nr. 7 zu § 117 BetrVG 1972 - I. 2. d der Gründe -; U. v. 26.01.1993, 1 AZR 303/02, AP Nr. 102 zu § 99 BetrVG 1972 - II. 1. c der Gründe -; Fitting/Engels/Schmidt et al., BetrVG, 24. Aufl. 2008, § 99 Rzn. 37 und 19; GK-BetrVG-Kraft/Raab, Bd. II, 8. Aufl. 2005, § 99 Rzn. 102 f/106; Richardi-Thüsing, BetrVG, 11. Aufl. 2008, § 99 Rzn. 121 f, jeweils m. w. N.).

c) Die Zustimmungsverweigerung des Personalausschusses des Betriebsrats des M. Betriebes und Beteiligten zu 2 vom 21.12.2006 hebt allein auf den Tatbestand des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG ab. Wie das Arbeitsgericht ebenfalls bereits zu Recht ausgeführt hat, kommt dieser Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG, der allein der Wahrung der Interessen des betroffenen Arbeitnehmers dient, jedoch grundsätzlich nur bei Versetzungen, nicht bei Einstellungen - wie hier gegeben - in Betracht, da diese nicht allein durch die Einstellung als solche, sondern allenfalls durch die der Einstellung zugrunde liegenden Konditionen benachteiligt werden können und das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sich nicht auf den Inhalt der Vertragsbedingungen - die hier im Übrigen unverändert bleiben hätten sollen! - erstreckt (BAG, U. v. 05.04.2001, 2 AZR 580/99, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; siehe auch B. v. 09.07.1996, 1 ABR 55/95, AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; bereits B. v. 06.10.1978, 1 ABR 51/77, AP Nr. 10 zu § 99 BetrVG 1972; Richardi-Thüsing, aaO, Rz. 228; GK-BetrVG-Kraft/Raab, aaO, Rz. 157).

Diesen Zustimmungsverweigerungsgrund konnte deshalb - wie offensichtlich auch geschehen - allein der Betriebsrat des abgebenden Betriebes/der Zentrale der Arbeitgeberin in F./E. geltend machen, nachdem der betreffende Arbeitnehmer L., trotz seiner (im Ergebnis, zur Vermeidung der Rechtswirkungen des § 7 KSchG, zwangsläufigen) Annahme der individualrechtlichen Änderungskündigung unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung gemäß § 2 KSchG, hierdurch/hiermit nicht einverstanden war.

d) Das Arbeitsgericht hat deshalb die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats des M. Betriebes und Beteiligten zu 2 zu Recht ersetzt (§ 99 Abs. 4 BetrVG).

2. Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend festgestellt, dass die vorläufige Durchführung der Versetzung - hier Einstellung - des Arbeitnehmers L. im M. Betrieb dingend erforderlich war (§ 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG).

a) Wie zuletzt wohl nicht mehr gerügt, hat die Arbeitgeberin/Antragstellerin diesen Antrag rechtzeitig innerhalb der Frist des § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG gestellt, nachdem sie den Betriebsrat mit, am selben Tag zugegangenem, Schreiben vom 21.12.2006 hierüber informiert hatte, der Personalausschuss des Betriebsrats mit Schreiben seines Vorsitzenden vom 22.12.2006 die dringende Erforderlichkeit der Versetzung bestritten und die Arbeitgeberin sodann (auch) den Feststellungsantrag unmittelbar nach den Weihnachtsfeiertagen mit Antragsschriftsatz vom 27.12.2006, am selben Tag beim Arbeitsgericht München eingegangen, gerichtlich anhängig gemacht hatte (§ 193 BGB; siehe auch Fitting/Engels/Schmidt, aaO, § 100 Rz. 11).

b) Das Arbeitsgericht kann den Antrag auf Feststellung, dass die, hier, Versetzung/Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, nur dann zurückweisen, wenn dies "offensichtlich" nicht der Fall war (§ 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG).

Das maßgebliche Tatbestandsmerkmal der "Offensichtlichkeit" setzt eine grobe, ohne weiteres einsichtige/ersichtliche Verkennung der sachlich/betrieblichen Notwendigkeiten für eine alsbaldige Durchführung der Maßnahme zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitgebers hierzu voraus - dem Arbeitgeber muss also ein auf der Hand liegender, grober, Vorwurf zu machen gewesen sein (vgl. etwa BAG, B. v. 07.11.1977, 1 ABR 55/75, AP Nr. 1 zu § 100 BetrVG 1972 - III. 4. der Gründe, m. w. N. -). Ähnlich dem identischen Tatbestandsmerkmal in § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG -offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle - muss also hierbei sofort, auf den ersten Blick und ohne nähere Sachprüfung, erkennbar gewesen sein, dass die Annahme einer sachlich begründeten Dringlichkeit der Versetzung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt infrage kommen/als möglich erscheinen konnte, dies ohne umfangreiches Nachprüfen evident erkennbar sein musste.

Diese somit erforderliche Evidenz eines Nichtvorliegens dringender Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung der Versetzung/Einstellung des Arbeitnehmers L. im M. Betrieb der Arbeitgeberin scheidet hier ebenso evident aus. Die Arbeitgeberin hat hierzu nicht von vornherein unnachvollziehbare Gründe des Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes dieses Arbeitnehmers in der Zentrale in F./E., die Notwendigkeit der Besetzung der mit der Änderungskündigung vom 28.09.2006 angebotenen neuen Stelle zum 01.01.2007 in M. und die aus der rechtzeitigen Annahme dieser Änderungskündigung unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG resultierende Weiterbeschäftigungspflicht eben im M. Betrieb dargelegt.

Auch insoweit können die persönlichen Lebensumstände des Arbeitnehmers L., auf die der Betriebsrat sich in diesem Zusammenhang ebenfalls und allein bezogen hatte, der Annahme einer jedenfalls nicht offensichtlich fehlenden sachlich begründeten dringenden Erforderlichkeit dieser Maßnahme zum 01.01.2007 nicht entgegenstehen - weshalb auch dem Feststellungsantrag der Arbeitgeberin stattzugeben - und die Beschwerde des Betriebsrats hiergegen zurückzuweisen - waren.

III.

Da dem Verfahren über die Klärung der konkreten Problemstellung hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen diesen Beschluss ist deshalb die Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gem. § 92 a ArbGG der Betriebsrat und Beteiligte zu 2 hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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