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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 20.10.2005
Aktenzeichen: 4 TaBV 61/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 98
BetrVG § 87 Abs. 1
Keine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle bei angestrebter Betriebsvereinbarung zum Bereich "Mobbing".
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

4 TaBV 61/05

Verkündet am: 20. Oktober 2005

In dem Beschlussverfahren

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 20. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 27. Juli 2005 - 6 BV 153/04 - abgeändert:

1. Zum Vorsitzenden einer im Betrieb G. der Arbeitgeberin in München einzurichtenden Einigungsstelle zum Gegenstand: "Betriebsvereinbarung Mobbing" wird Herr Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht München Dr. D. bestimmt.

2. Die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf zwei festgesetzt.

3. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten über die im Rahmen eines Verfahrens nach § 98 ArbGG vom Betriebsrat und Beteiligten zu 1. begehrte Einrichtung einer Einigungsstelle im Betrieb "G." der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 2. zum Thema "Mobbing".

Der Betriebsrat der Generalverwaltung der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 2., bei der ca. 300 Arbeitnehmer beschäftigt sind, forderte diese mit Schreiben vom 07.11.2003 (Bl. 5 d. A.) zu Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema Mobbing auf. Nachdem die Arbeitgeberin dies mit Schreiben vom 05.03.2004 (Bl. 15/16 d. A.) insbesondere mit der Begründung, dass eine zusätzliche Regelung bezogen auf ihre Generalverwaltung keinen wesentlichen Mehrwert stifte, abgelehnt hatte, teilte der Betriebsrat wiederum mit Schreiben vom 19.03.2004 (Bl. 17/18 d. A.) mit, dass er beschlossen habe, dass die Angelegenheit durch eine Einigungsstelle entschieden werden solle, für die jeweils drei Beisitzer vorgesehen seien.

Mit Antragsschriftsatz vom 19.04.2004, am 20.04.2004 beim Arbeitsgericht München eingegangen, beantragte der Betriebsrat, einen - konkret benannten - Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Thema "Betriebsvereinbarung Mobbing" zu bestimmen und die Zahl der Beisitzer auf jeweils drei festzusetzen.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des Vorbringens sowie der Anträge der Beteiligten im Ersten Rechtszug wird auf die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 27.07.2005, der dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, ausweislich des Empfangsbekenntnisses, am 24.08.2005 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass es zwar einerseits in jeder Organisation Erscheinungen gebe, die den beschriebenen Begriff des Mobbing erfüllten, jedoch andererseits nachvollziehbare Anhaltspunkte nicht erkennbar seien, dass im konkreten Fall des Betriebs der Arbeitgeberin ein sozial-psychologisches Phänomen vorhanden sei, das diese Bezeichnung verdiene, oder eine diesbezügliche Gefahrenlage existiere - weshalb es an einem regelungsbedürftigen Tatbestand fehle und die Einigungsstelle damit offensichtlich unzuständig sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats mit Schriftsatz vom 01.09.2005, am 02.09.2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung er gleichzeitig vorgetragen hat, dass es Aufgabe eines Betriebsrats wie eines Arbeitgebers sei, nicht erst dann tätig zu werden, wenn Mitarbeiter oder Vorgesetzte im Sinne einer bereits begründeten/zur Diskussion stehenden Schadensersatzpflicht wegen Mobbings durch ihre Handlung zu weit gegangen seien, sondern § 75 BetrVG von einem Betriebsrat ebenso wie von einem Arbeitgeber verlange, schon im Vorfeld eine Sensibilität zu entwickeln, die auf erste Anzeichen reagiere und eine Negativentwicklung bis hin zum Schadensersatz verhindere. In Literatur und Rechtsprechung werde seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.01.1997 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zum Regelungsgegenstand Mobbing vermehrt nicht nur aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, sondern als Teil des Gesundheitsschutzes aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG abgeleitet; dies folge auch aus der gesetzlichen Neuregelung des Arbeitsschutzgesetzes und der Interpretation dessen Vorgaben durch Literatur und Rechtsprechung. Auf Grund zahlreicher Studien und Untersuchungen in den letzten Jahren sei Mobbing als Regelungsgegenstand für eine Einigungsstelle auch ausreichend bestimmt für einen Antrag nach § 98 ArbGG, zumal hier ausreichend sei, dass die Rechtsauffassung des Betriebsrats lediglich vertretbar sei.

Der Betriebsrat und Beteiligte zu 1. beantragt:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 27.07.2005, Az. 6 BV 153/04, wird aufgehoben.

2. Der Vorsitzende Richter am Landessozialgericht München, Herr E. , wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle beim Beteiligten zu 2 bestimmt und die Zahl der Beisitzer auf jeweils drei festgesetzt zu folgendem Thema:

Betriebsvereinbarung Mobbing

Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2. trägt zur Begründung ihres Antrags auf Verwerfung - hilfsweise Zurückweisung - der Beschwerde des Betriebsrats vor, dass ihr der erstgerichtliche Beschluss am 18.08.2005 zugegangen sei, weshalb - gleiche Postzustellzeiten jeweils in München unterstellt - die Beschwerde des Betriebsrats verfristet wäre.

Jedenfalls liege eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle vor, wenn ihr keine konkrete Beschwerde zu Grunde liege und/oder sie eine Popularbeschwerde behandeln solle, sie also auf allgemeine betriebliche Diskussionspunkte bezogen sei, ihr kein konkreter Anlass zu Grunde liege und sie eine im Betrieb nicht oder nicht mehr aktuelle Streitfrage behandeln solle. Die Beschwerde setze sich mit diesen Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses nicht auseinander, so dass das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung fraglich sei. Aus § 75 - genauer: § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG - folge keine Anspruch des Betriebsrats, dass der Arbeitgeber persönlichkeitsverletzende Maßnahmen gegenüber betroffenen Arbeitnehmern zu unterlassen habe. Wenn die Beschwerde einräume, dass Mobbing kein Sachverhalt sei, der Schadensersatzforderungen begründe, sondern lediglich voluntativ "mehr Sensibilität" fordere, verkenne sie die Unterschiede zwischen Recht einerseits und Moral, Sitte und Anstand andererseits. Wenn die Beschwerde sich "Präventionen im Sinne des Gesundheitsschutzes" wünsche, ohne zu bestimmen, was unter Gesundheit zu verstehen sei, aus welchen Gründen Prävention erforderlich sei und wie diese auszusehen habe, begründe dies die Beschwerde nicht. Hinweise auf psychische Belastungen am Arbeitsplatz seien trivial. Sicher sei ein moralisches, sittliches und anständiges Verhalten erwünschtes Attribut jeder sozialen Aktion, da in jedem Betrieb sozial interagiert werde, woraus aber nicht folge, dass jedes deviante Benehmen gleich die Einsetzung einer Einigungsstelle begründen könne. Die M. habe bereits lange vor dem Zeitpunkt, zu dem "Mobbing" zum arbeitsrechtlichen Schlagwort geworden sei, sich zu einem respektvollen und die Anlagen und Fähigkeiten fördernden Umgang der Mitarbeiter nicht nur bekannt, sondern diese Grundsätze kraft Direktionsrechts verbindlich als Führungsrichtlinien erklärt. Der vom Betriebsrat mit der Beschwerde vorgelegte Entwurfstext einer entsprechenden Vereinbarung sei darüber hinaus bürokratisch überfrachtet, durch doppelte Verfahren überreguliert, zeitaufwändig, Personalressourcen bindend und deshalb teuer, durch unscharfe Begriffe, Allgemeinplätze und Wiederholung gesetzlicher Texte unpraktikabel abstrakt und überdehne darüber hinaus personell wie gegenständlich den Regelungsbereich einer Betriebsvereinbarung, weshalb eine weitere Auseinandersetzung hiermit nicht angezeigt erscheine. Im Gegensatz zu den Einlassungen in der Beschwerde gebe es keinen kollektiven Tatbestand, da kollektive Interessen regelmäßig und vorhersehbar, aus betrieblichen Gründen, betroffen sein müssten, während deviantes Verhalten nicht betrieblich veranlasst sei, sondern als individuelle Reaktion auf die notwendigen Bedingungen einer Kulturgesellschaft teils genetisch, teils durch Sozialisation oder beide Faktoren mit jeweils beliebigem Anteil verursacht sei. Weiter weist die Arbeitgeberin vorsorglich darauf hin, dass sie bereits erstinstanzlich zum Ausdruck gebracht habe, dass kein Einverständnis mit dem bereits dort vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden bestanden habe und bestehe.

Wegen des Sachvortrags der Beteiligten im Beschwerdeverfahren im Übrigen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 01.09.2005 und vom 14.09.2005.

B.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1. ist begründet.

I.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist statthaft (§ 98 Abs. 2 Satz 1 ArbGG) und form- und fristgerecht und begründet worden (§ 98 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 i. V. m. § 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG) und damit zulässig. Nach dem Empfangsbekenntnis gemäß § 174 ZPO, von dem auszugehen ist, ist der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.07.2005 dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats erst - anders als dem Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin (18.08.2005) - am 24.08.2005 zugegangen (!), weshalb die Beschwerdefrist gewahrt ist.

Die Beschwerde setzt sich in noch ausreichend konkreter, auf den Sachverhalt zugeschnittener, Form mit den Gründen des angefochtenen erstinstanzlichen Beschlusses und der Frage offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle gemäß § 98 Abs. 1 ArbGG auseinander (vgl. zuletzt etwa BAG, U.v. 14.12.2004, NJW 2005 S. 2172 f), weshalb auch die Beschwerde auch insoweit nicht unzulässig ist.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1. ist begründet, da das, "unstreitige", Fehlen eines konkreten mobbing-relevanten Tatbestands im Betrieb der Arbeitgeberin, auf das das Arbeitsgericht seine zurückweisende Entscheidung im wesentlichen gestützt hat, nicht bereits die Annahme einer "offensichtlichen Unzuständigkeit" der Einigungsstelle, die im vorliegenden Bestellungsverfahren allein maßgeblich ist (§ 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG), rechtfertigt.

1. Eine "offensichtliche Unzuständigkeit" der Einigungsstelle, deren Einsetzung der Betriebsrat beantragt und unter welcher Voraussetzung sein Antrag allein zurückgewiesen werden kann (§ 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG), ist - nur - dann gegeben, wenn, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht im Rahmen des hier gegebenen summarischen Verfahrens (BAG, B. v. 09.05.1995, AP Nr. 33 zu § 111 BetrVG 1972; siehe auch B. v. 22.01.1980, DB 1980, S. 1895 f) sofort erkennbar ist, dass ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht - hier nach § 87 BetrVG - unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommen kann/als möglich erscheint (vgl. etwa näher LAG München, B. v. 14.03.1989, LAGE Nr. 18 zu § 98 ArbGG 1979, LAG München, B. v. 31.01.2003, 9 TaBV 59/02 (nv); LAG München, B. v. 14.01.2005, 9 TaBV 75/04 (nv); B. v. 11.05.2005, 8 TaBV 21/05 (nv); B.v. 16.06.2005, 4 TaBV 18/05 (nv): LAG Köln, u. a. B. v. 19.08.1998, AP Nr. 10 zu § 98 ArbGG 1979, und B. v. 05.12.2001, LAGE Nr. 38 zu § 98 ArbGG 1979; LAG Hamm, B. v. 07.07.2003, NZA-RR 2003, S. 637 f; siehe auch Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl. 2004, § 98 Rz. 11; Walker in Schwab/Weth (Hg.), ArbGG (2004), § 98 Rz. 36, jeweils mit umfangreichen w. N.).

Da das Einigungsstellenbestellungsverfahren nicht mit der Klärung schwieriger Rechtsfragen belastet werden soll, ist dies näher (nur) dann anzunehmen, wenn aus dem zur Begründung des Antrags vorgetragenen Sachverhalt oder dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten für das Gericht ohne weiteres Nachprüfen erkennbar ist, dass aus ihm die beantrage Rechtsfolge nicht hergeleitet werden kann, was jedoch nicht bedeutet, dass alle Rechtsfragen mit dem paraten Wissen des Beurteilers gelöst werden können. Entscheidend ist lediglich, dass sich die Unbegründetheit des Antrags ohne weiteres aufdrängt, die auf Grund gewissenhafter Prüfung gewonnene Rechtsmeinung derart eindeutig ist, dass keinerlei vernünftige Zweifel hierüber möglich sind - etwa, weil bereits eine gegen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sprechende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, bereits eine abschließende, jede Regelungsoption ausschließende tarifliche Regelung besteht u. ä.. Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist es, dass das Arbeitsgericht im Rahmen des Bestellungsverfahrens gemäß §§ 76 Abs. 2 BetrVG, 98 ArbGG grundsätzlich nicht die Vorfrage zu prüfen hat, ob eine Zuständigkeit der Einigungsstelle für die anstehenden Rechtsfragen, das Bestehen eines gesetzlichen Mitbestimmungsrechts, im positiven Sinn tatsächlich zwingend gegeben sind. Eine Prüfung dieser - wie das vorliegende Verfahren zeigt - nicht selten schwierigen Fragen wäre nicht mit dem Zweck des Bestellungsverfahrens nach § 98 ArbGG vereinbar, die schnelle Bildung einer Einigungsstelle zu ermöglichen. Das Bestellungsverfahren muss unkompliziert sein und darf, wenn es seinen Zweck erfüllen soll, nicht mit der zeitraubenden Prüfung schwieriger Rechtsfragen belastet sein, wofür auch die gegenüber dem übrigen Beschlussverfahren abweichende vereinfachte Verfahrensregelung des § 98 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG spricht (vgl. etwa BAG, B. v. 24.11.1981, AP Nr. 11 zu § 76 BetrVG 1972 - I. der Gründe -; LAG München, Be. v. 31.01.2003 und v. 11.05.2005, jeweils aaO) - was im Regelfall auch eine Beweisaufnahme durch Zeugeneinvernahme oder Einholung eines Sachverständigengutachtens ausschließt.

Die eingerichtete Einigungsstelle hat vor einer Sachentscheidung ihre Zuständigkeit - also das Vorliegen eines erzwingbar mitbestimmungspflichtigen Tatbestands, hier nach § 87 Abs. 1 BetrVG - selbst zu prüfen und kann das Verfahren ggf. aussetzen zur gerichtlichen Klärung der Rechtsfrage des Bestehens eines erzwingbaren Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats in einem Beschlussverfahren zwischen diesem und dem Arbeitgeber, zumal im Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG eben nicht abschließend und für die Betriebspartner verbindlich über das tatsächliche Bestehen des hierbei in Anspruch genommenen Mitbestimmungsrechts entschieden wird (BAG, B. v. 25.04.1989, AP Nr. 3 zu § 98 ArbGG 1979).

2. Hieran gemessen scheidet eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle zum Thema "Mobbing" (bzw., gemäß der Bezeichnung im mit der Beschwerde vorgelegten Entwurf einer entsprechenden Betriebsvereinbarung vom 06.10.2004, "zum sozialen Umgang in der GV") aus.

a) Dies ergibt sich bereits daraus, dass zur hier allein verfahrensgegenständlichen Frage offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle zur Schaffung einer betrieblichen Regelung zum Thema Mobbing zwei divergierende - jeweils zwangsläufig rechtskräftige (§ 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG) - landesarbeitsgerichtliche Entscheidungen vorliegen - was allein eine auf der Hand liegende Evidenz deren Unzuständigkeit ausschließt:

Während das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in dem bereits vom Arbeitsgericht zitierten Beschluss vom 22.07.2004 (AiB 2005, S. 122 f; vgl. die zustimmende Anm. von Bertzbach hierzu in jurisPR-ArbR 1/2005 vom 05.01.2005; ebenso: Arbeitsgericht Köln, B. v. 21.11.2000, AiB 2002, S. 374 f, mit zust. Anm. Wollmerath) angenommen hat, dass es nicht undenkbar erscheine, dass dem Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG hierzu - auch in Form eines Initiativrechts - zustehe - weder das BSchG noch §§ 82 f BetrVG dies abschließend regelten -, und deshalb eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle verneint hat, hatte das Landesarbeitsgericht Hamburg mit Beschluss vom 15.07.1998 (NZA 1998, S. 1245 f; vgl. die kritische Anm. hierzu von Wollmerath in AiB 1999, S. 102 f) mit ebenfalls zunächst durchaus überzeugender Begründung angenommen, dass die Schaffung einer betrieblichen Regelung zur Verhinderung und Sanktionierung von "Mobbing" zu den gemäß § 75 BetrVG unveräußerlichen Aufgaben des Betriebsrats gehöre, jedoch das Procedere hierzu in den §§ 82 f BetrVG, insbesondere den §§ 84 und 85 BetrVG, eine abschließende Regelung gefunden habe, weshalb dem hierzu angestrebten Regelungssachverhalt der Gesetzesvorbehalt des § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG entgegenstehe, was die offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle begründe.

Bereits das Vorliegen unterschiedlicher und nicht erkennbar ungleich überzeugender Auffassungen zu dieser Problematik in der landesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, ebenfalls im Rahmen von Bestellungsverfahren gemäß § 98 ArbGG, schließt die erforderliche Evidenz einer Unzuständigkeit der Einigungsstelle aus.

b) Unabhängig hiervon sind ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 1. und ggf. Ziff. 7. BetrVG und damit sein grundsätzliches Initiativrecht zu diesem Thema auch durchaus denkbar - ohne dass es auf eine bereits konkret bestehende entsprechende betriebliche Konfliktlage ankommt, wie dies das Arbeitsgericht annimmt (offensichtlich ähnlich den Voraussetzungen einer "Erforderlichkeit" einer Schulungsveranstaltung gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG, vgl. hierzu BAG, B. v. 15.01.1997, AP Nr. 118 zu § 37 BetrVG 1972; zuletzt etwa LAG Rheinland-Pfalz, B. v. 13.10.2004, NZA-RR 2005, S. 376 f, m. w. N.):

Nach verbreiteter Auffassung nicht nur in der arbeitnehmer-/gewerkschafts- nahen Literatur fallen Regelungen zum Bereich "Mobbing" durchaus unter § 87 Abs. 1 Ziff. 1 (ggf. - auch - unter Ziff. 7) BetrVG, ausgehend vor allem davon, dass die §§ 84 f BetrVG hierzu als nicht abschließend anzusehen sind (vgl. etwa GK-BetrVG-Wiese, Bd. II, 7. Aufl. 2002, § 87 Rz. 227 "Mobbing"; Reineke in Küttner, Personalbuch 2005, "Mobbing" Rz. 2 aE; Benecke, "Mobbing" im Arbeitsrecht, NZA-RR 2003, S. 225/232; Däubler/Kittner/Klebe (Hg.) BetrVG, 9. Aufl. 2004, § 87 Rz. 52 "Mobbing"; Wollmerath, AuR 2001, S. 416 f/417, u. a.).

Auch auf Grund dieser verbreiteten Auffassung scheidet die erforderliche Evidenz der Unzuständigkeit der Einigungsstelle nach dem oben (Ziff. 1.) Dargelegten aus.

c) Wie eingangs ausgeführt obliegt somit der Einigungsstelle selbst die Prüfung ihrer Zuständigkeit und ggf. deren Reichweite - ob der mit der Beschwerde vorgelegte Entwurf des Betriebsrats vom 06.10.2004 - in welchem Umfang - nach § 87 Abs. 1 Ziff. 1. und/oder Ziff. 7. BetrVG mitbestimmungspflichtig ist (vgl. hierzu auch LAG Düsseldorf, aaO, unter Ziff. 2.2.2 der Gründe).

3. a) Da die Arbeitgeberin in der Beschwerdebeantwortung erneut - hilfsweise - ausgeführt hat, dass kein Einverständnis mit dem vom Betriebsrat beantragten/vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden bestehe, hat das Beschwerdegericht einen anderen Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt, der im Termin zur mündlichen Anhörung im Beschwerdeverfahren von beiden Beteiligten (auch) genannt wurde und der vorab sein Einverständnis hiermit erklärt hatte - und an dessen Neutralität, Kompetenz, Eignung und Erfahrung keinerlei Zweifel bestehen können (dessen dienstliche Befassung gemäß Geschäftsverteilungsplan 2005 des Landesarbeitsgerichts München ausgeschlossen ist: § 98 Abs. 1 Satz 5 ArbGG).

b) Anders als beantragt waren lediglich zwei Beisitzer jeder Seite zu bestimmen, da dies angesichts der Größe des Betriebs und der Bedeutung und Komplexität der Regelungsmaterie hier ausreichend und sinnvoll ist (vgl. LAG München, B. v. 15.07.1991, DB 1991, S. 2678 f = NZA 1992, S. 185; LAG Hamm, B. v. 08.04.1987, NZA 1988, S. 210; LAG Schleswig-Holstein, B. v. 04.02.1997, AuR 1997, S. 176; LAG Berlin, B. v. 12.09.2001, NZA-RR 2002, S. 25; so auch die ganz überwiegende Kommentarliteratur, etwa Germelmann/Prütting/Matthes/Müller-Glöge, aaO, § 98 Rz. 31, sowie Walter in Schwab/Weth, aaO, § 98 Rz. 56, jeweils m. w. N.).

4. Damit war der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 27.07.2005 entsprechend zu ändern.

III.

Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt (§ 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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