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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: 5 TaBV 104/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 18 Abs. 2
Zu den Voraussetzungen eines Gemeinschaftsbetriebes; konzerninterner Personaldienstleister wird von konzernangehörigen Unternehmen herangezogen (Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG).
Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS

5 TaBV 104/07

Verkündet am: 20.08.2008

In dem Beschlussverfahren

erlässt die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. August 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Wanhöfer und die ehrenamtlichen Richter Preibisch und Hertle im Namen des Volkes folgenden

Beschluss:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 02.08.2007, Az. 32 BV 325/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerinnen (im Folgenden: Arbeitgeberinnen) in München (nach wie vor) einen gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen bilden.

Die Arbeitgeberinnen (Beteiligte zu 1. bis 5.) sind Unternehmen der Mediengruppe S..

Die Beteiligte zu 3. ist Tochter der Konzernobergesellschaft S1 GmbH. Die übrigen Arbeitgeberinnen sind Töchter der S2 GmbH, deren Gesellschaftsanteile mehrheitlich von der S1 GmbH gehalten werden.

Der Beteiligte zu 6. ist der bei den Antragstellerinnen gebildete Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat), wobei auch bei der regelmäßigen Betriebsratswahl 2006 (wie schon zuvor) davon ausgegangen wurde, dass die Arbeitgeberinnen am Standort xy einen gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen bilden. Die Betriebsratswahl wurde nicht angefochten.

Die Arbeitgeberinnen haben im Bürogebäude der xy (Zentrale) in der xy Räume angemietet und beschäftigen dort Arbeitnehmer. Sie nutzen einen gemeinsamen Empfang, eine gemeinsame Poststelle sowie einen gemeinsamen Internetserver. Ein Umzug in das neu erstellte Gebäude der Mediengruppe S. in S. ist konkret geplant, zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung vor der Beschwerdekammer am 13.08.2008 aber noch nicht begonnen.

Früher war die Obergesellschaft der Antragstellerinnen zu 1., zu 2., zu 4. und zu 5., die S2 GmbH, operativ tätig. Deren Personalleiter K. war für die Personalangelegenheiten der genannten Arbeitgeberinnen verantwortlich.

Seit Anfang 2005 hat die S2 keinen eigenen Geschäftsbetrieb und beschäftigt keine Arbeitnehmer mehr; ihr Unternehmensgegenstand ist das Halten und Verwalten von Gesellschaftsanteilen an Unternehmen des Bereichs Fachinformationen der Mediengruppe S.. Ihr Geschäftsführer ist einer der Geschäftsführer der Konzernmutter S. GmbH.

Die Arbeitgeberinnen haben unterschiedliche Unternehmensgegenstände. Die Antragstellerin zu 1. veranstaltet vor allem Seminare und Kongresse für überbetriebliche Aus- und Weiterbildung im Bereich V.. Die Antragstellerin zu 2. verlegt Fachzeitschriften für M., W. und K.. Die Antragstellerin zu 4. verlegt schwerpunktmäßig Fachzeitschriften und Fachbücher im Bereich T. und I.. Die Antragstellerin zu 5., die ihre Hauptniederlassung in H. hat, verlegt Publikationen für Fachinformationen im Bereich R., S. und W. (Fachbücher, Loseblattwerke, Formularsammlungen und ähnliches).

Der Unternehmenszweck der Antragstellerin zu 3. ist Personalverwaltung; sie ist unter anderem an der Personalverwaltung der übrigen Arbeitgeberinnen beteiligt. Hierzu gehört

- Abstimmen der Personalplanung zwischen Controlling und Geschäftsführungen

- Formulieren und Schalten von Stellenangeboten, Personalmarketing

- Abwickeln von Bewerbungen, Einstellung von Aushilfen

- Vorbereiten und Abwickeln von personellen Einzelmaßnahmen

- Beantworten von laufenden Anfragen des Betriebsrats

- Unterstützung beim Verhandeln von Betriebsvereinbarungen sowie beim Vorbereiten und Abhalten von Betriebsversammlungen

- Gehaltsabrechnung, Nachvollziehen von Tariferhöhungen, Umgruppierungen, Gehaltsänderungen und Versetzungen in SAP

- Personalaktenpflege, Stammdatenpflege in SAP

- Erstellen von Meldungen und Bescheinigungen nach öffentlichem Recht, Verdienstbescheinigungen, An- und Abmeldungen bei der Krankenkasse

- Zeitwirtschaft

Arbeitsrechtliche Vereinbarungen und einseitige Willenserklärungen werden neben dem jeweiligen Geschäftsführer (oder Fachvorgesetzten) der betroffenen Arbeitgeberin auch vom Konzernpersonalleiter S., der bei der S. GmbH angestellt ist, oder dem hierfür zuständigen Mitarbeiter der Antragsstellerin zu 3., Herrn W., unterzeichnet.

Zwischen den Arbeitgeberinnen findet kein Personalaustausch statt. In Einzelfällen wurden Mitarbeiter einer Arbeitgeberin von einer anderen übernommen (vgl. Beispiele des Betriebsrates in seinem Schriftsatz vom 09.06.2008).

Betriebsvereinbarungen werden mit den Arbeitgeberinnen - zum Teil allerdings gleichlautend - einzelnen abgeschlossen.

Die Arbeitgeberinnen stehen auf dem Standpunkt, am Standort xy keinen gemeinsamen Betrieb zu haben. Die Antragstellerin zu 3. erbringe aufgrund einzeln abgeschlossener Dienstleistungsverträge lediglich Serviceleistungen in den Bereichen Personalverwaltung, Finanz- und Rechnungswesen sowie Informationstechnik, Facility-Management und Einkauf. Solche Servicefunktionen könnten sämtlich auch von externen Dienstleistern erbracht werden. Das Erfordernis einer zweiten Unterschrift bei rechtsverbindlichen Erklärungen im personellen Bereich dokumentiere keineswegs eine einheitliche Leitung. Die Mitzeichnung durch den Personaldienstleister solle lediglich sicher stellen, dass alle formalen Voraussetzungen für den Vollzug der Entscheidung vorlägen. Entscheidend sei, dass ausschließlich die jeweiligen Geschäftsführer (im Einzelfall die leitenden Angestellten) die wesentlichen Entscheidungen in personellen Angelegenheiten ihrer Unternehmen träfen. Die arbeitgeberübergreifende Wahrnehmung von Servicefunktionen durch einen Personaldienstleister sei somit kein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes. Mit Ausnahme des Empfangs, der Poststelle und der Internet/E-MailInfrastruktur würden Betriebsmittel nicht gemeinsam genutzt. Es finde auch kein unternehmensübergreifender Personaleinsatz statt und zu betonen seien auch die unterschiedlichen Unternehmensgegenstände und Betriebszwecke (zum Vorbringen der Arbeitgeberinnen im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 31.07.2006, Bl. 1 ff. d.A.; 18.04.2007, Bl. 43 ff .d.A., und im Beschwerdeverfahren vom 10.01.2008, Bl. 145 ff. d.A., und 08.07.2008, Bl. 198 ff. d.A., nebst Anlagen Bezug genommen).

Die Arbeitgeberinnen haben beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Antragstellerinnen in M. keinen gemeinsamen Betrieb führen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat hat auf die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen verwiesen. Es werde bestritten, dass es sich bei den von Dritten wahrgenommenen Leistungen im Personalbereich lediglich um Serviceleistungen in Folge von Dienstleistungsverträgen handele. Aus dem Vortrag der Antragstellerinnen, für alle relevanten Erklärungen im arbeitsrechtlichen Bereich müssten jeweils 2 Unterschriften vorliegen und eine davon die des Personaldienstleisters, werde überdeutlich, dass eine einheitliche Leitungsmacht im personellen und sozialen Bereich vorliege. Dabei werde bestritten, dass die jeweiligen Geschäftsführer das letzte Wort hätten. Auch der gemeinsame Empfang, die gemeinsame Poststelle und die Nutzung des "Proxy-Servers" sowie die Abwicklung der Internet/Intranet-Nutzung und des EmailVerkehrs spreche für einen gemeinsamen Betrieb. Schließlich stehe die Sinnhaftigkeit des Verfahrens in Frage, da der Betriebsrat bis zur Neuwahl im Amt bleibe. Außerdem werde im Jahre 2008 der Standort in der xy von den Arbeitgeberinnen aufgegeben (zum Vorbringen des Betriebsrats im Einzelnen wird auf seinen Schriftsatz vom 05.03.2007, Bl. 35 ff. d.A., Bezug genommen).

Das Arbeitsgericht München hat mit Beschluss vom 02.08.2007, der dem Betriebsrat am 23.08.2007 zugestellt worden ist, dem Antrag stattgegeben, weil die Arbeitgeberinnen keinen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck verfolgten, die am gemeinsamen Standort vorhandenen verschiedenen Betriebsmittel nicht gebündelt einsetzten und es keinen einheitlichen Leitungsapparat gebe, der den Einsatz der menschlichen Arbeitskraft steuere; es gebe auch keinen unternehmensübergreifenden Personaleinsatz (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf den Beschluss vom 02.08.2007, Bl. 71 ff. d.A., Bezug genommen).

Mit der am 24.09.2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Beschwerde beantragt der Betriebsrat, den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 02.08.2007 abzuändern und den Antrag der Arbeitgeberinnen abzuweisen. Der Antrag sei schon deshalb abzuweisen, weil er zu weit gefasst sei. Es könne nur um die xy gehen, was schon deshalb wichtig sei, weil die Arbeitgeberinnen an einen anderen Standort in M. umziehen würden. Die Sinnhaftigkeit des ganzen Verfahrens stehe in Frage, denn das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG ändere für den Bestand des Betriebsrates nichts und habe mit Blick auf den geplanten Umzug keine Auswirkung auf eine Neuwahl des Betriebsrates an einem neuen Standort. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, weil das Verfahren vollständig ins Leere gehe. Es werde bestritten, dass die Antragstellerin zu 3. lediglich Serviceleistungen infolge von Dienstleistungsverträgen ausführe. Aus dem Erfordernis der Zweitunterschrift durch Herrn S. oder Herrn W. werde überdeutlich, dass eine einheitliche Leitungsmacht im personellen und sozialen Bereich vorläge. In diesem Zusammenhang werde bestritten, dass die jeweiligen Geschäftsführer stets das letzte Wort hätten; vielmehr sei davon auszugehen, dass diese als Formalarbeitgeber zwar Unterschriften leisteten, gegen den Willen der Herren S. bzw. W. im personellen Bereich aber nicht entscheiden könnten. Eine ganze Anzahl von Betriebsvereinbarungen zeige, dass diese lediglich formal mit den einzelnen Unternehmen abgeschlossen würden, inhaltlich aber völlig identische Regelungen enthielten.

Auch der gemeinsame Empfang spreche für einen gemeinsamen Betrieb. Das gleiche gelte für die gemeinsame Poststelle, die Nutzung des "Proxy-Server" und die Abwicklung der Internet-/Intranetnutzung sowie des E-Mail-Verkehrs. Dabei handele es sich um zentrale Betriebsmittel, die bei der heutigen Art der Kommunikation nicht am Rande, sondern im Mittelpunkt der Umsetzung eines Betriebszwecks stünden. Durch die Übernahme der Mitarbeiter G. und M. durch ein anderes Antragstellerunternehmen werde dokumentiert, dass innerhalb des gemeinsamen Betriebes über Unternehmensgrenzen hinweg genaue Vorstellungen über die Fähigkeiten oder Unfähigkeiten der einzelnen Arbeitnehmer bestünden. Einheitlich sei auch zentral für alle Arbeitgeberinnen ein Einstellungsstopp bezogen auf neue Stellen verkündet worden. Auch bei Nachbesetzungen betreffend bereits vorhandener Stellen hätten die Geschäftsführer keine eigenen Entscheidungen treffen können (zur Beschwerdebegründung des Betriebsrates im Einzelnen wird auf seine Schriftsätze vom 03.12.2007, Bl. 134 ff. d.A., 09.06.2008, Bl. 169 ff. d.A., und 06.08.2008, Bl. 212 ff. d.A., Bezug genommen).

Der Betriebsrat beantragt:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 02.08.2007, Az. 32 BV 325/06, wird abgeändert und der Antrag der Antragstellerinnen zurückgewiesen.

Die Arbeitgeberinnen beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberinnen verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Einstellungsstopp sei durch die S. GmbH als Konzernobergesellschaft vorübergehend konzernweit verhängt worden. Soweit einzelne Betriebsvereinbarungen einander inhaltlich ähneln sollten, stelle auch dies einen für Konzernunternehmen üblichen Vorgang dar, der keinen Bezug zu einem Gemeinschaftsbetrieb aufweise. Die vom Betriebsrat vorgelegten Regelungen betreffend den Faschingsdienstag in den Jahren 2004, 2005 und 2006 sowie Weihnachten und Silvester aus den Jahren 2003, 2004 und 2005 beträfen einen Zeitraum, in dem die S2 GmbH operativ tätig gewesen sei; dessen Personalleiter sei für die Personalangelegenheiten aller Tochtergesellschaften verantwortlich gewesen. Aufgrund der weitreichenden und tatsächlich genutzten Befugnisse der Unternehmensleitung der S. sei es deshalb bei der Betriebsratswahl im Jahr 2002 gerechtfertigt erschienen einen gemeinsamen Betriebsrat zu wählen. Aus diesem Zeitraum stammten die vom Betriebsrat zitierten einheitlichen Betriebsvereinbarungen zur Regelung der Faschingsdienstage und von Weihnachten und Silvester, sowie zur Regelung von Kantinen- und Restaurantschecks. Da die S2 GmbH seit 01.01.2005 keinen eigenen Geschäftsbetrieb und keinen eigenen Arbeitnehmer mehr habe, führe die in diesem Zusammenhang durchgeführte Umstrukturierung zum Fortfall eines vorher etwa bestehenden Gemeinschaftsbetriebes. Auch die Verwendung ähnlicher Vertragsklauseln in den Arbeitsverträgen spreche nicht für das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass nicht nur die Unternehmen am Standort xy, sondern auch die übrigen konzernangehörigen Unternehmen an anderen Standorten die gleichen Vertragsklauseln oder Musterverträge verwendeten (zur Beschwerdeerwiderung der Arbeitgeberinnen im Übrigen wird auf ihre Schriftsätze vom 10.01.2008, Bl. 145 ff. d.A., und 08.07.2008, Bl. 198 ff. d.A., Bezug genommen).

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 02.08.2007 hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Arbeitgeberinnen keinen gemeinsamen Betrieb führen.

Nur zur Klarstellung sei hier festgehalten, dass sich diese Feststellung auf den Betrieb in der xy bezieht, ohne dass Anlass besteht, den erstinstanzlichen Beschluss abzuändern; der Tenor ist im Zusammenhang mit den Entscheidungsgründen auszulegen.

1. Der Antrag ist zulässig.

Insbesondere ist der Antrag statthaft. § 18 Abs. 2 BetrVG sieht eine Entscheidung über das Vorliegen einer betriebsratsfähigen Organisationseinheit, sowie auch deren Umfang, vor. Hiervon wird auch die Frage, ob ein gemeinsamer Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder mehrere selbständige Betriebe vorliegen, erfasst.

Es kann offenbleiben, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für den zur Entscheidung gestellten Antrag entfällt, wenn die Arbeitgeberinnen - wie geplant - tatsächlich nach S. umziehen. Jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung der Beschwerdekammer (vgl. BAG vom 29.07.1982, AP ArbGG 1979, § 83 Nr. 5) ist der Umzug noch nicht erfolgt. Auch bleibt die Wahl des gemeinsamen Betriebsrates zwar unabhängig vom Ausgang des Verfahrens wirksam und der Betriebsrat im Amt, weil die etwaige Verkennung des Betriebsbegriffs keinen Nichtigkeitsgrund darstellt. Die Frage, ob ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen oder mehrere selbständige Betriebe vorliegen, hat aber in mancherlei anderer Beziehung für die Beteiligten Bedeutung (z.B. im Rahmen der Bestimmung von Mindestarbeitnehmerzahlen als Anwendungsvoraussetzung für Beteiligungsrechte des Betriebsrats, vgl. etwa §§ 99 Abs. 1, 111 Satz 1 BetrVG). Die Rechtsbeständigkeit der Betriebsratswahl führt nicht dazu, dass damit die Abgrenzung des Betriebes für alle an den Betriebsbegriff anknüpfenden Normen vorgegeben wäre.

2. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung haben die Arbeitgeberinnen in der xy keinen Gemeinschaftsbetrieb (mehr).

a) Von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen ist auszugehen, wenn

die in einer Betriebsstätte vorhanden materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird.

Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben.

Die einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht. Vielmehr müssen die Funktionen des Arbeitgebers institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden.

Für die Frage, ob der Kern der Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung ausgeübt wird, ist vor allem entscheidend, ob ein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz praktiziert wird, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist (insgesamt ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. etwa Beschluss vom 22.06.2005 - 7 ABR 57/04, NZA 2005, Seite 1248 mit weiteren Nachweisen).

b) Auch die Beschwerdekammer kann - wie schon das Arbeitsgericht - eine einheitliche Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten (gemeint sind in erster Linie die Angelegenheiten, die von Mitbestimmungs- bzw. Beteiligungsrechten des Betriebsrates erfasst sind, vgl. insbesondere §§ 87, 99 ff. BetrVG) nicht feststellen.

Eine einheitliche Leitung liegt nicht schon vor, wenn mehrere Unternehmen in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten nach von außen gesetzten inhaltlich übereinstimmenden Vorgaben vorgehen, was insbesondere bei konzernverbundenen Unternehmen in Betracht kommt. Erforderlich ist vielmehr ein koordiniertes Vorgehen mehrerer Unternehmen in personellen und sozialen Angelegenheiten im Rahmen einheitlicher Leitung.

Dementsprechend betont das Bundesarbeitsgericht, dass für die Frage, ob der Kern der Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung ausgeübt wird, vor allem entscheidend ist, ob ein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz praktiziert wird, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist (vgl. das noch einmal ausdrücklich betonend, BAG vom 16.04.2008 - 7 ABR 4/07, DB 2008, Seite 1864).

Wird nur jeweils durch die Konzernobergesellschaft oder ein von ihr eingesetztes Personalführungsinstrument (z.B. Konzernpersonalführungsgesellschaft oder Personaldienstleister) ein einheitlicher Standard gesetzt, ohne gleichzeitig eine organisatorische, personelle oder technische Koordination der beteiligten Unternehmen auszulösen, entsteht auch keine von der Rechtsprechung geforderte rechtliche Verbindung zu einer gemeinsamen Führung (vgl. BAG vom 24.01.1996 - 7 ABR 10/95, NZA 1996, Seite 1110)..

Mit dieser rechtlichen Verbindung ist in der Regel eine BGB-Gesellschaft gemeint. Auch wenn keine Formerfordernisse an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gestellt werden und eine solche auch anhand konkludenten Handelns der Unternehmen festgestellt werden kann, ist Mindestvoraussetzung die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Ein Zweck im Sinne von § 705 BGB liegt vor, wenn die Beteiligten gemeinsam dasselbe Ziel verfolgen. Im Zusammenhang mit der Feststellung des Vorliegens eines einheitlichen Betriebes mehrerer Unternehmen ist dies die Bildung einer einheitlichen Betriebsorganisation, insbesondere durch Sicherstellung einheitlicher im Sinne gemeinschaftlicher Leitungsstrukturen.

Hiervon zu unterscheiden sind jeweils eigenständige Strukturen auf arbeitstechnischer Ebene, die - aufgrund ausgeübter Konzernleitungsmacht gegenüber jedem einzelnen Unternehmen - nach übereinstimmenden Standards funktionieren, ohne dass hierbei aber eine Koordination der Unternehmen auf arbeitstechnischer Ebene stattfindet. Andernfalls würden konzerneinheitliche Standards, die mit Hilfe eines Personaldienstleisters in den einzelnen Konzernunternehmen implementiert werden, dazu führen, dass alle Konzernunternehmen - zumindest nach dem für die betriebliche Einheit maßgeblichen Hauptkriterium der einheitlichen Leitung - miteinander auf arbeitstechnischer Ebene einen Gemeinschaftsbetrieb bilden. Letzteres kann schon im Sinne einer funktionsfähigen Betriebsverfassung nicht richtig sein.

c) Eine solche Koordination aufgrund einheitlicher Leitung ist bei den Antragstellerinnen nicht feststellbar.

Insbesondere findet kein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz statt, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist. Die antragstellenden Unternehmen arbeiten jeweils mit ihrem eigenen und arbeitsorganisatorisch von den anderen abgegrenzten Personalkörper.

Die vom Betriebsrat geschilderten Einzelfälle der vollständigen Übernahme eines Mitarbeiters der einen Antragstellerin von der anderen Antragstellerin sind gerade kein Beispiel für einen arbeitgeberübergreifenden Personaleinsatz. Hier hat ein schlichter Arbeitgeberwechsel stattgefunden und die genannten Personen werden nicht übergreifend gemeinsam von zwei oder mehreren der beteiligten Arbeitgeberinnen eingesetzt.

Eine einheitliche Betriebsgemeinschaft entsteht auch nicht daraus, dass die Arbeitsverträge der Mitarbeiter übereinstimmend oder zumindest ähnlich gestaltet werden, ebenso wenig dadurch, dass in Ausübung der Konzernhierarchien den einzelnen Arbeitgeberinnen Einstellungsstopps vorgegeben werden, denn hieraus lässt sich im Verhältnis der Unternehmen zueinander auf arbeitstechnischer Ebene keine betriebsorganisatorische Verdichtung ableiten.

Auch von einer gemeinsamen Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zwecks kann hier nicht ausgegangen werden. Die Veranstaltung von Seminaren als Dienstleistung (Antragstellerin zu 1.) verfolgt eine völlig andere arbeitstechnische Zielsetzung als die redaktionelle Erstellung und der Vertrieb von Zeitschriften und Büchern. Auch zwischen den im Bereich Zeitschriften tätigen Arbeitgeberinnen ergeben sich aufgrund der verschiedenen Themen - sowie anzusprechenden Kundenkreise - kaum Überschneidungen und kein gemeinsames Vorgehen in der arbeitstechnischen Umsetzung.

Schließlich indiziert auch die praktizierte Mitbestimmung nicht (mehr), dass die Arbeitgeberinnen in sozialen und personellen Angelegenheiten ihre Leitungsstrukturen vereinheitlicht haben. So zeigen die vom Betriebsrat vorgelegten Betriebsvereinbarungen zum Faschingsdienstag, dass diese bis einschließlich 2006 einheitlich für die Arbeitgeberinnen "am Standort xy" abgeschlossen wurden. Ab 2007 sind die Betriebsvereinbarungen dagegen mit jeder einzelnen Arbeitgeberin zu einem zum Teil unterschiedlichen Datum und mit Unterschrift des jeweiligen Geschäftsführers abgeschlossen. Dass die Texte dennoch weitestgehend übereinstimmen und von Arbeitgeberseite eine Zweitunterschrift durch Herrn W. erfolgt, mag wiederum zeigen, dass von Arbeitgeberseite ein Interesse daran besteht, die Mitarbeiter am Standort nach einheitlichen Maßstäben (nach welchen Kriterien kann am Faschingsdienstag freigenommen werden?) zu behandeln, ohne dass deswegen einheitliche Ergebnisse zwingend sind. Wenn sich die Arbeitgeberinnen mit ihrem jeweiligen Geschäftsführer gesondert und jeweils ausschließlich für ihren Bereich der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung stellen, kann dem Betriebsrat niemand verwehren, auch inhaltlich spezifische und dem jeweiligen Betrieb angepasste Regelungen zu verhandeln sowie ggf. auch den Versuch zu unternehmen, dies in einer zwischen der einzelnen Arbeitgeberin und dem Betriebsrat (jeweils) einzurichtenden Einigungsstelle durchzusetzen. Ansätze für eine spezifische Regelung finden sich in der "Betriebsvereinbarung für die SV GmbH am Standort xy Faschingsdienstag 20.02.2007" zur Besetzung der Zentralbereiche Empfang, Telefonzentrale sowie Poststelle und zur Abwicklung der Ein- und Ausgangspost durch die Poststelle (Bl. 179 d.A.). Auch die vom Betriebsrat vorgelegten Betriebsvereinbarungen zum Thema "Weihnachten/Silvester 2007" für die Antragstellerin zu 1. zum einen (Bl. 190 d.A.) und die Antragstellerin zu 2. zum anderen (Bl. 189 d.A.) zeigen, dass diese im Gegensatz zu den weiter vorgelegten Betriebsvereinbarungen 2003, 2004 und 2005 für die genannten Unternehmen unterschiedlich gestaltet sind. Ob die Arbeitgeberinnen damit am Standort xy betriebsorganisatorisch insgesamt effektiv aufgestellt sind, hat die Beschwerdekammer nicht zu entscheiden.

Gegenüber diesen betriebsorganisatorischen Strukturen fällt die gemeinsame Nutzung von Empfang, Poststelle und Internet-Server nicht ins Gewicht. Zwar ist eine gewisse Bedeutung dieser Betriebsmittel und Organisationseinheiten für die Arbeitgeberinnen nicht zu leugnen, doch stellen diese gemeinsam genutzten Mittel keine spezifisch für Unternehmen mit dem Tätigkeitsfeld Fachzeitschriften und Seminare charakteristischen und prägenden Betriebsmittel dar, durch deren gemeinsame Nutzung betriebsorganisatorische Einheitlichkeit entsteht.

Gemäß § 2 Abs. 2 GKG werden im Beschlussverfahren keine Kosten erhoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Der Betriebsrat wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72a ArbGG) hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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