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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 11.04.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 1195/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 536
1. Wird dem Arbeitnehmer (Schulhausmeister) im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses eine Werkdienstwohnung zugewiesen, ist Rechtsgrundlage für die Nutzung dieses Wohnraums der Arbeitsvertrag. Ein eigenständiges Mietverhältnis besteht daneben nicht.

2. § 536 BGB kann deshalb nur subsidiär zur Anwendung kommen, wenn der vertraglich vorgesehene vollständige Ausschluss jeder Mietminderung im Zusammenhang mit Baumaßnahmen an dem Schulgebäude den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

3. Die zugestandene Mietminderung kann zunächst mit dem steuerlichen Mietwert der Werkdienstwohnung verrechnet werden.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 1195/04

Verkündet am: 11. April 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Helmrich und Weikl für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers vom 4. November 2004 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19. August 2004 wie folgt abgeändert:

a. Die Beklagte wird verurteilt, die Dienstwohnungsvergütung zuzüglich des steuerlichen Vorteils für den Zeitraum von März 2001 bis Februar 2002 um 40 %, für den Zeitraum von Mai 2002 bis Juli 2002 um 40 %, für den Zeitraum September 2002 bis Oktober 2002 um 30 % und für den Zeitraum November 2002 bis Mai 2003 um 25 % zu mindern.

b. Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3.

3. Für beide Parteien wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Mietminderungen bei einer Dienstwohnung. Dabei geht es der Beklagten darum, geklärt zu bekommen, ob sie bei Bau- und Sanierungsarbeiten am und in einem Schulgebäude dem dortigen Schulhausmeister als Dienstwohnungsinhaber die von ihm zu entrichtende Dienstwohnungsvergütung mindern muss, während der Kläger die geforderte Minderung seiner Dienstwohnungsvergütung auf das zu entrichtende Benutzungsentgelt angerechnet bekommen will und nicht zunächst auf den zusätzlich angesetzten steuerlichen Mietwert.

Der Kläger, verheiratet und Kinder, ist seit 1. Oktober 1999 bei der Beklagten als Schulhausmeister beschäftigt. Zum 10. Mai 2000 war ihm eine 98,75 qm große Vierzimmerwohnung im Gebäude der Berufsschule für Fahrzeugtechnik am E. in München zugewiesen worden (Schreiben der Beklagten vom 8. Juni 2000 mit Anlagen - Blatt 54 bis 57 der Akte), die er mit seiner Familie auch bezogen hat.

Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung. Gemäß § 60 a BMT-G II gelten für die Zuweisung von Dienstwohnungen (Werkdienstwohnungen) und für die Bemessung der Dienstwohnungsvergütung (Werkdienstwohnungsvergütung) die Bestimmungen des Arbeitgebers über Dienstwohnungen (Werkdienstwohnungen) in der jeweiligen Fassung. Die Beklagte wendet diesbezüglich noch die Vorschriften über Reichsdienstwohnungen vom 30. Januar 1937 an, die gemäß § 15 der am 1. April 1938 in Kraft getretenen Allgemeinen Tarifordnung für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst auch auf die städtischen Dienstwohnungen zur Anwendung kommen. Dort heißt es in Nr. 18 Abs. 1, dass die Behörde berechtigt ist, laufende Instandhaltungsarbeiten sowie bauliche Veränderungen, die zur Erhaltung der Diensträume, zur Abwendung drohender Gefahren oder zur Beseitigung von Schäden oder aus sonstigen dienstlichen Gründen notwendig werden, auch ohne Zustimmung des Dienstwohnungsinhabers auszuführen. Dasselbe gilt für Ausbesserungsarbeiten und bauliche Veränderungen, die zwar nicht notwendig, aber doch zweckmäßig sind, wenn sie den Gebrauch der Dienstwohnung nur unwesentlich beeinträchtigen. Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung kann der Dienstwohnungsinhaber, soweit er Arbeiten in den Dienstwohnungsräumen nach Abs. 1 dulden muss, weder Minderung der Dienstwohnungsvergütung noch Schadenersatz verlangen.

Gemäß § 63 BMT-G II verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Arbeiter oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.

Das für die (Werk-)Dienstwohnung zu entrichtende Benutzungsentgelt wird dem Dienstwohnungsinhaber jeweils von der Abt. Liegenschaftsverwaltung des Kommunalreferats der Beklagten mitgeteilt. Für den Kläger ist das mit Schreiben vom 31. Juli 2000 (Blatt 58 der Akte) geschehen. Gleichzeitig ist ihm der steuerliche Mietwert seiner Dienstwohnung bekannt gegeben worden. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem steuerlichen Mietwert einer Dienstwohnung und der höchsten Dienstwohnungsvergütung (ohne Nebenabgaben) ist unter Berücksichtigung eines Freibetrags von jährlich DM 2.400,00 (€ 1.227,10) dem steuerpflichtigen Entgelt des Dienstwohnungsinhabers hinzuzuzählen.

Seit Anfang Juni 2000 sind in, vor und hinter diesem Schulgebäude am Elisabethplatz Bauarbeiten durchgeführt worden. Im Zusammenhang damit war dann auch unmittelbar vor der Wohnung des Klägers monatelang ein Gerüst mit Planen aufgestellt worden.

Die Baumaßnahmen hatten zunächst einmal das Dach betroffen mit der Folge, dass Ab­bruchteile vom Dach heruntergeworfen worden sind mit einer so erheblichen Staubentwicklung, dass die Fenster der Dienstwohnung kaum mehr zum Lüften geöffnet werden konnten. Weiter war ein Lastenaufzug direkt vor den Fenstern der Wohnung errichtet worden mit zusätzlicher Lärmbelästigung durch Maschinen. Diese Arbeiten hatten letztlich bis Ende März 2001 gedauert, am 27. April 2001 war das Gerüst abgebaut worden.

Ab 30. Juni 2001 sind als nächstes im Bereich des Kellers Sanierungsarbeiten durchgeführt worden, ab Juli 2001 ist der Kanal unter den Fenstern der Dienstwohnung saniert worden.

Im Februar 2002 wurde mit dem Ausbau der Hallenausstattung begonnen, die Maßnahmen dauerten bis Juli 2002.

Ab September 2002 folgten weitere Renovierungsarbeiten bis Ende des Jahres 2002, einzelne Bauarbeiten sind dann noch im Frühjahr des Jahres 2003 durchgeführt worden.

Auf ein Schreiben des Klägers vom 20. Dezember 2000 an die Beklagte in Sachen Minderung der Miete wegen dieser Baumaßnahmen hatte sich die Beklagte mit Schreiben vom 22. Februar 2001 (Blatt 60/61 der Akte) schließlich bereit erklärt, für die Zeit ab 1. Juni 2000 bis zur Beendigung der Baumaßnahmen eine Mietminderung von 40 % zu gewähren. Diese Mietminderung ist beklagtenseits dergestalt durchgeführt worden, dass der steuerliche Mietwert unter Berücksichtigung der 40 %igen Minderung neu berechnet worden ist. Das hatte dann im Zeitraum von Juni 2000 bis März 2001 einen geldwerten Vorteil bei dieser Dienstwohnung entfallen lassen. Die Dienstwohnungsvergütung war dagegen nicht gemindert worden, der Kläger hatte sie in dieser Zeit auch vollständig entrichtet. Ab April 2001 ist diese Mietminderung aufgehoben worden.

Der Kläger bewertet die Beeinträchtigungen seiner Dienstwohnung deutlich höher. Auch ist er der Ansicht, dass sich die Mietminderung auf seine Dienstwohnungsvergütung auswirken müsse. Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 18. Februar 2002 hat er deshalb zum Verwaltungsgericht München Klage erheben lassen mit den Begehren, 50 % der im Zeitraum zwischen Juni 2000 und Februar 2002 bezahlten Dienstwohnungsvergütung zurückzuerhalten, den geldwerten Vorteil für März 2001 bis Februar 2002 unter Berücksichtigung einer Minderung von 50 % neu berechnet sowie festgestellt zu bekommen, dass die Miete für die Dienstwohnung am Elisabethplatz 4 in München durch Minderung der Dienstwohnungsvergütung und des steuerlichen Vorteils bis zum Abschluss der am Schulgebäude durchgeführten Bauarbeiten zu mindern ist.

Das Verwaltungsgericht München hat den Verwaltungsrechtsweg als unzulässig angesehen und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht München verwiesen. Auf seinen Beschluss vom 27. Januar 2003 (Blatt 33 bis 38 der Akte) wird Bezug genommen.

Vor dem Arbeitsgericht München war der Kläger in der Verhandlung am 23. Dezember 2003 nicht erschienen, nicht vertreten und auch nicht entschuldigt gewesen. Auf Antrag der Beklagten ist seine Klage daraufhin durch Versäumnisurteil vom 23. Dezember 2003 kostenpflichtig abgewiesen worden. Den dagegen eingelegten Einspruch vom 27. Januar 2004 hat das Erstgericht trotz Bedenken als fristgerecht angesehen, da vom bisherigen Prozessbevollmächtigten des Klägers der Erhalt dieses Versäumnisurteils erst am 23. Januar 2004 angegeben worden ist.

Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger die durch Bauarbeiten eingetretenen Beeinträchtigungen in seiner Dienstwohnung mit Schriftsatz vom 7. Juni 2004 (Blatt 119 bis 124 der Akte) nebst Anlagen (Fotos von den Sanierungsarbeiten) näher darstellen lassen. Er leitet aus diesen in seinen Augen erheblichen Beeinträchtigungen Mietminderungsansprüche in der klageweise geltend gemachten Höhe ab. Soweit sich die Beklagte auf den Ausschluss von Minderungsansprüchen berufe, wird klägerseits darin ein erheblicher Verstoß gegen die mietrechtlichen Minderungsvorschriften gesehen. Auch müssen Leistung und Gegenleistung berücksichtigt werden. Der Kläger zahle monatlich eine Dienstwohnungsvergütung und diese müsse bei so erheblichen Beeinträchtigungen nun auch angemessen gemindert werden. Dabei könne sich die Beklagte auch nicht auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist berufen. Sie habe mit ihrem Schreiben vom Februar 2001 Mietminderungen anerkannt, auch seien diese Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht worden. Damit ist vor dem Arbeitsgericht beantragt worden:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.666,36 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit der Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den geldwerten Vorteil um 50 % vom März 2001 bis Februar 2002 unter Berücksichtigung einer Minderung von 50 % neu zu berechnen und der Gehaltsabrechnung zugrunde zu legen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Miete für die Dienstwohnung am E. in München durch Minderung der Dienstwohnungsvergütung und des steuerlichen Vorteils für den Zeitraum März 2002 bis Juli 2002 um 40 %, für den Zeitraum September 2002 bis Oktober 2002 um 30 % und für den Zeitraum November 2002 bis Mai 2003 um 25 % zu mindern.

Das Arbeitsgericht München hat darüber wie folgt entschieden:

1. Die Beklagte wird verurteilt, den geldwerten Vorteil für den Monat April 2001 unter Berücksichtigung einer Minderung von 10 % neu zu berechnen und der Gehaltsabrechnung zugrunde zu legen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 95/100, die Beklagte 5/100.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 5.466,36 festgesetzt.

5. Die Berufung wird zugelassen.

Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

Mit der am 5. November 2004 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 4. November 2004 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger seine Begehren weiter. Die Begründung dazu ist am 1. Dezember 2004 eingegangen. Darin wird der Ansicht des Erstgerichts, die Überlassung einer Dienstwohnung nicht als Mietverhältnis im Sinne des § 535 BGB zu bewerten, sondern als eigenständiges Rechtsverhältnis, bei dem das BGB-Mietrecht mit seinen Minderungsvorschriften allenfalls im Wege der Inhaltskontrolle heranzuziehen sei, mit Nachdruck bekämpft. Mit der Neustrukturierung des Mietrechts durch das zum 1. September 2001 in Kraft getretene Mietrechtsreformgesetz sei das Recht der Werkdienstwohnung in das Wohnraumrecht einbezogen worden.

Aber auch mit der Begründung des Erstgerichts sieht der Kläger seine Ansprüche als berechtigt an, seien die Regelungen des § 536 BGB n.F./§ 537 BGB a.F. doch derart wesentliche Bestimmungen für die entgeltliche Überlassung von Wohnraum, dass davon auch bei Werkdienstwohnungen nicht abgewichen werden könne.

Soweit das Erstgericht die zugestandene Minderung lediglich auf den steuerlichen Mietwert und nicht (auch) auf die Dienstwohnungsvergütung bezogen habe, wird das vom Kläger ebenfalls beanstandet. Eine Begründung dafür sei vom Erstgericht nicht gegeben worden, auch sieht der Kläger darin einen Widerspruch zu den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der in den Lohnabrechnungen ausgewiesene geldwerte Vorteil stelle als Teil des Vergütungsgefüges einen Sachbezug im Sinne der §§ 850 Abs. 2, 850 e Nr. 3 ZPO dar. Sach­bezüge seien als Leistungen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses gewähre, Arbeitseinkommen. Daraus folgt nach Ansicht des Klägers, dass auch die Minderung nicht ausschließlich auf den geldwerten Vorteil bezogen werden dürfe.

Da der Minderungsanspruch direkt aus den mietrechtlichen Sondervorschriften abgeleitet wird, wertet der Kläger ein Eingreifen tariflicher Ausschlussfristen als Verstoß gegen § 536 Abs. 4 BGB n.F. Auch habe er sein Verlangen nach einer Minderung der Dienstwohnungsvergütung sowie des geldwerten Vorteils wegen Renovierungs- bzw. Umbaumaßnahmen am Schulgebäude bereits mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 geltend gemacht. Im Mai 2001 sei dann der Schulleiter erneut darauf angesprochen worden. Dieser habe das Anliegen mit Schreiben vom 30. Mai 2001 auch vorgebracht. Die Beklagte habe darauf mit Schreiben vom 5. Juli 2001 geantwortet. Dieses sei dem Kläger vom Schulleiter ausgehändigt worden und er sieht darin seinen Minderungsanspruch für die geplante Gesamtsanierung der Schulanlage dem Grunde nach anerkannt. Nach Ansicht des Klägers liegen hier auch nicht lediglich getrennte Bauarbeiten, sondern von der Beklagten über Jahre hinweg angesetzte und geplante Umbaumaßnahmen vor.

Die Berufung auf tarifliche Ausschlussfristen wird schließlich auch als unzulässige Rechtsausübung angesehen. Die Berufungsanträge lauten damit:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19. August 2004, Az.: 3 Ca 10253/03, wird aufgehoben, soweit die Klage abgewiesen wurde.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.666,36 zuzüglich 8 % Zins über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, den geldwerten Vorteil um 50 % von März 2001 bis Februar 2002 unter Berücksichtigung einer Minderung von 50 % neu zu berechnen und der Gehaltsabrechnung zugrunde zu legen.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, die Miete für die Dienstwohnung am E., München, durch Minderung der Dienstwohnungsvergütung und des steuerlichen Vorteils für den Zeitraum März 2002 bis Juli 2002 um 40 %, für den Zeitraum September 2002 bis Oktober 2002 um 30 % und für den Zeitraum November 2002 bis Mai 2003 um 25 % zu mindern.

Die Beklagte lässt beantragen:

Die Berufung zurückzuweisen.

Den Überlegungen des Erstgerichts pflichtet sie im Wesentlichen bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt sie substantiiert entgegen. Zu den Baumaßnahmen am Schulgebäude E. wird ausgeführt, dort hätten ab Anfang Juni 2000 bis Ende März 2001 dringend erforderliche Arbeiten stattfinden müssen. Der Abbau des dazu erforderlichen Baugerüsts sei am 27. April 2001 beendet gewesen.

Der Kläger habe in diesem Zusammenhang mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 eine Minderung seiner Dienstwohnungsvergütung wegen der mit der Baumaßnahme zusammenhängenden Lärmbelästigung und Verschmutzung der Wohnung geltend gemacht und von der Beklagten mit Schreiben vom 22. Februar 2001 - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - eine Minderung in Höhe von 40 % rückwirkend ab 1. Juni 2000 bis zur Beendigung der Baumaßnahme (Ende März 2001) gewährt bekommen.

In der Zeit vom 12. Juli 2001 bis 30. August 2001 habe man eine neue Baumaßnahme (Trockenlegungsarbeiten) durchgeführt im südöstlichen Bereich des Schulkomplexes, Ecke A.straße. Die Dienstwohnung des Klägers sei davon nicht betroffen gewesen.

Eine weitere neue Baumaßnahme habe es vom 23. Juli bis 26. Juli 2002 aufgrund eines Schadensfalles in der Kanalisierung gegeben; auch davon sei die Nutzung der Dienstwohnung aber nicht beeinträchtigt worden.

Und ab August 2002 habe es an einzelnen Tagen Bauarbeiten zum Umbau der Kfz-Lehrwerkstatt gegeben, wiederum ohne die Nutzung der Dienstwohnung zu beeinträchtigen. Dementsprechend habe der Kläger nach dem 28. März 2001 auch außergerichtlich weder persönlich noch telefonisch und schon gar nicht schriftlich gegenüber der Beklagten eine weitere Minderung der Dienstwohnungsvergütung geltend gemacht. Ein Schreiben der Beklagten vom 5. Juli 2001 gebe es nicht.

Soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung ein internes Schreiben des Schul- und Kulturreferats der Beklagten vom 29. Juni 2001 zitiert, lässt die Beklagte einwenden, dass dieses nicht an den Kläger, sondern an das Kommunalreferat gerichtet und zur alleinigen Kenntnis der Schulleitung bestimmt gewesen sei. Mit der Weitergabe einer Kopie an den Kläger habe der Schulleiter eigenmächtig gehandelt. Die diesem internen Schreiben entnommenen Aussagen stammten auch von einer nicht zuständigen Abteilung und hätten damit gegenüber dem Kläger keinen Erklärungswert. Insbesondere könne darin keine allgemeine Anerkennung künftiger Minderungen der Dienstwohnungsvergütung gesehen werden.

Dass der damalige anwaltschaftliche Vertreter des Klägers das nunmehr vorgelegte Schreiben vom 14. August 2001 an die Beklagte gesandt habe, wird weiterhin bestritten. Die Beklagte habe ein solches Schreiben nie erhalten.

Der rechtlichen Würdigung des streitigen Sachverhalts in der Berufungsbegründung tritt die Beklagte ebenfalls entgegen. Zutreffend habe das Erstgericht festgestellt, dass hier Mietrecht grundsätzlich nicht anwendbar sei. Das entspreche der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das sich im Beschluss vom 2. November 1999 (AP Nr. 68 zu § 2 ArbGG 1979) zwar mit einem Sachverhalt aus dem BAT-Bereich auseinander gesetzt habe, diese Rechtsprechung sei auf den BMT-G-Bereich aber übertragbar. Etwas anderes gelte nur bei Beendigung des Arbeitsvertrages und damit des Überlassungsvertrages. Darum gehe es hier aber nicht. In dieser Entscheidung habe das Bundesarbeitsgericht bekundet, dass sich während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses die Rechte und Pflichten aus dem Überlassungsvertrag nach den Regelungen des Arbeitsvertrages richten.

Der Kläger hält demgegenüber an seinem Vortrag fest.

Die Berufungskammer hat auf der Grundlage ihrer Beweisbeschlüsse vom 20. September 2005 Frau R. sowie die Herren S., L. und W. vernommen. Ihre jeweils unbeeidigt gebliebenen Aussagen sind in der Sitzungsniederschrift vom 20. September 2005 (Blatt 244 bis 255 der Akte) festgehalten worden. Weiter ist vernommen worden gemäß Beweisbeschluss vom 4. April 2006 Frau Z.. Ihre ebenfalls unbeeidigt gebliebene Aussage ist in der Sitzungsniederschrift vom 4. April 2006 (Blatt 314 bis 319 der Akte) festgehalten.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens in diesem Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 29. November 2004 (Blatt 171 bis 183 der Akte) mit Anlagen, auf die Berufungsbeantwortung vom 25. Februar 2005 (Blatt 207 bis 216 der Akte), auf den Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 3. März 2005 (Blatt 217 bis 226 der Akte), auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 24. Oktober 2005 (Blatt 257 der Akte), auf den Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 25. Oktober 2005 (Blatt 258 bis 262 der Akte), auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 25. Oktober 2005 (Blatt 264 bis 266 der Akte), auf die Schriftsätze der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 7. November 2005 (Blatt 267/268 der Akte) und vom 14. Dezember 2005 (Blatt 269/270 der Akte) mit Anlagen, auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 4. April 2006 (Blatt 320 der Akte) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 11. April 2006 (Blatt 321/322 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die zur Entscheidung gestellten Begehren zugesprochen zu bekommen, hat nur im tenorierten Umfang auch Erfolg.

1. Das Erstgericht hat die grundsätzlichen Fragen dieses Rechtsstreits zutreffend beurteilt. Es ist der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 2. November 1999 - 5 AZB 18/99 - BAGE 92, 336-342) gefolgt und den Vorstellungen des Klägers vom Bestehen eines Mietverhältnisses zwischen den Parteien zu Recht entgegengetreten. Der dazu gegebenen Begründung im Ersturteil schließt sich die Berufungskammer zunächst einmal an (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Im Streitfall handelt es sich bei den vom Kläger bewohnten Räumen um eine Werkdienstwohnung im Sinne von § 565 e BGB a.F., § 576 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig und entspricht der objektiven Rechtslage. Dem Kläger war die Wohnung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zugewiesen worden. Ihre Nutzung ist zur reibungslosen Ausübung seiner Tätigkeit als Schulhausmeister unerlässlich. Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit der Überlassung dieser Werkdienstwohnung beruhen damit ausschließlich auf dem Arbeitsverhältnis der Parteien und den zu seiner Ergänzung getroffenen Nebenbestimmungen. Die Parteien haben weder ein Mietverhältnis nach §§ 535 ff. BGB noch ein sonstiges eigenständiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 a ArbGG begründet. Die Räume wurden dem Kläger nicht "vermietet", sondern zugewiesen und überlassen.

Dementsprechend gelten gem. § 60 a BMT-G II für die Zuweisung von Dienstwohnungen (Werkdienstwohnungen) und für die Bemessung der Dienstwohnungsvergütung (Werkdienstwohnungsvergütung) auch die Bestimmungen des Arbeitgebers über Dienstwohnungen (Werkdienstwohnungen) in der jeweiligen Fassung. Die Beklagte wendet diesbezüglich noch die Vorschriften über Reichsdienstwohnungen vom 30. Januar 1937 an, die gemäß § 15 der am 1. April 1938 in Kraft getretenen Allgemeinen Tarifordnung für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst auch auf die städtischen Dienstwohnungen zur Anwendung kommen.

Bei Werkdienstwohnungen besteht damit kein eigenständiges Mietverhältnis. Der Arbeitsvertrag ist die alleinige Rechtsgrundlage auch für die Nutzung dieses Wohnraums (BAGE 64, 75; BAG 23. August 1989 - 5 AZR 569/88 - AP BGB § 565 e Nr. 3; BAG 3. Juni 1975 - 1 ABR 118/73 - AP BetrVG 1972 § 87 - Werkmietwohnungen Nr. 3; BAG 2. November 1999 - 5 AZB 18/99 - BAGE 92, 336-342). Im Fehlen eines Mietvertrags liegt der Unterschied zu den funktionsgebundenen Werkmietwohnungen (vgl. Gaßner, AcP 186, 325, 329).

Dies schließt aber nicht aus, in Ergänzung zu den arbeitsvertraglich getroffenen Nutzungsregelungen oder in Ermangelung solcher auch im bestehenden Arbeitsverhältnis die gesetzlichen Mietvorschriften entsprechend heranzuziehen. Ebenso können sie als Maßstab für eine Inhaltskontrolle der vertraglichen Nutzungsregelungen in Betracht kommen.

2. Darauf gestützt hat die Berufungskammer im Streitfall in Übereinstimmung mit dem Erstgericht die Mietminderung bei Sachmängeln (§ 536 BGB) subsidiär zur Anwendung kommen lassen, da der vertraglich vorgesehene vollständige Ausschluss jeder Mietminderung im Zusammenhang mit Baumaßnahmen am Schulgebäude den Kläger unangemessen benachteiligt. Das bedeutet dann aber nicht zugleich, dass jede auf dieser Grundlage zugestandene Minderung sogleich zur Herabsetzung der Dienstwohnungsvergütung führt. Der Kläger hat in seiner Berufungsbegründung zu Recht den geldwerten Vorteil als Sachbezug im Sinne der §§ 850 Abs. 2, 850 e Nr. 3 ZPO angesprochen und ihn als Gegenleistung der Beklagten für die Arbeitsleistung des Klägers gewertet. Dann kann aber auch nichts die Beklagte hindern, eine geschuldete Mietminderung zunächst mit dem geldwerten Vorteil, dem steuerlichen Mietwert, zu verrechnen. Der vom Erstgericht dazu gegebenen Begründung schließt sich die Berufungskammer wiederum an (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Die tarifvertragliche Ausschlussfrist hat die Berufungskammer auf diesen vom Gesetzgeber obligatorisch ausgestalteten Minderungsanspruch aus § 536 BGB nicht zur Anwendung gebracht.

3. Nach Durchführung der Beweisaufnahme und Auswertung der klägerseits vorgelegten Aufnahmen bewertet die Berufungskammer die Beeinträchtigungen dieser Dienstwohnung durch die Baumaßnahmen gegenüber dem Erstgericht und den Ausführungen der Beklagten deutlicher. Die Glaubwürdigkeit der am 20. September 2005 vernommenen Zeugen soll trotz einiger Ungereimtheiten nicht in Zweifel gezogen werden (§ 286 ZPO). Alle waren redlich bemüht, nur das zu Protokoll zu geben, was sie noch gesichert in Erinnerung hatten und es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass Bauarbeiter einschließlich des stundenweise auf der Baustelle anwesenden Kontrollpersonals die Beeinträchtigungen durch Bauarbeiten regelmäßig geringer empfindet verglichen mit den Nachbarn in den umliegenden Wohnungen und Häusern. Dass der Kläger 18 Aktionsbestätigungen der Firma K., Schädlingsbekämpfung GmbH, in der Zeit vom 11. Dezember 2001 bis 6. Juni 2003 für dieses Schulgebäude vorlegen kann, darunter auch Maßnahmen zur Schabenbekämpfung in seiner Werkdienstwohnung, spricht für sich, da der am 20. September 2005 vernommene Zeuge Herr L., Diplom-Ingenieur, tätig bei der Versorgungstechnik, bei Untersuchungen des Kanals zwecks Kanalsanierung am Schulgebäude einen Ungezieferbefall nicht festgestellt hatte.

Von Frau Z. sind am 4. April 2006 ihre Aufzeichnungen vorgetragen worden. Die Kammer bezweifelt die Richtigkeit dieser weitgehend bereits schriftsätzlich vorgetragenen Angaben nicht, sie werden weitgehend auch bestätigt durch die unstreitig durchgeführten Baumaßnahmen in dieser Zeit. Vorhandene Lücken in diesen Eintragungen bestätigen die beklagtenseits vorgetragenen Unterbrechungen bei diesen Sanierungsarbeiten. In den Jahren 2005/2006 Belästigungen durch Baumaßnahmen aus den Jahren 2001 bis 2003 beweisen zu wollen, ist natürlich schwer, eigentlich in gesicherter Form kaum möglich. Die Berufungskammer greift bei ihrer Entscheidung auf § 287 ZPO zurück und bewertet die klägerseits vorgetragenen Beeinträchtigungen auf der Grundlage der Zeugenaussagen unter Heranziehung des unstreitigen Parteivortrags, der vorgelegten Fotos, der Auszüge aus den Überstundenlisten (Blatt 275 bis 279 der Akte) und der vorgelegten Aktionsbestätigungen. Auch hatte die Beklagte selbst dem Kläger für die Zeit ab 1. Juni 2000 bis zum März 2001 - wenn auch ohne Rechtspflicht - eine Mietminderung von 40 % zugestanden. Daran anknüpfend erschien es sachgerecht und angemessen, die Dienstwohnungsvergütung zuzüglich des steuerlichen Vorteils für den Zeitraum von März 2001 bis Februar 2002 um 40 %, für den Zeitraum von Mai 2002 bis Juli 2002 um 40 %, für den Zeitraum September 2002 bis Oktober 2002 um 30 % und für den Zeitraum November 2002 bis Mai 2003 um 25 % zu mindern. Diese Minderungen orientieren sich am Klageantrag, sie können der Beklagten auch zugemutet werden, sind diese Minderungen doch allesamt durch den steuerlichen Mietwert gedeckt.

Die Rückzahlung geleisteter Werkdienstwohnungsvergütung kann der Kläger dagegen auch nach Ansicht der Berufungskammer nicht verlangen, die Beklagte konnte und kann diese Mietminderungen (als erstes) mit dem steuerlichen Mietwert verrechnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Ein gesonderter Ausspruch bezüglich der Kosten des Versäumnisurteils und der Anrufung des Verwaltungsgerichts ist versehentlich unterblieben.

Für beide Parteien wird die Revision zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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