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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 04.10.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 97/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 612a
BGB § 623
Streit über die Wirksamkeit einer Probezeitkündigung in Verbindung mit dem Bemühen des Klägers, diese Kündigung aus sonstigen Gründen unwirksam sein zu lassen.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 97/05

Verkündet am: 4. Oktober 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Stöckl und Mayer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers vom 25. Januar 2005 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 16. November 2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Beendigungskündigung.

Der Kläger war auf der Grundlage eines schriftlichen, ... abgefassten Arbeitsvertrages vom 15. April 2003 (Blatt 38 bis 43 der Akte) zum 1. September 2003 in die Dienste der Beklagten getreten, eingesetzt im ... Generalkonsulat, K.-abteilung in M. Auf dieses Arbeitsverhältnis kommt deutsches Recht zur Anwendung. Die Parteien hatten u.a. eine sechsmonatige Probezeit vereinbart mit dem Zusatz, dass zum Ende der Probezeit auf der Basis einer Beurteilung des Vorgesetzten entschieden wird, ob das Arbeitsverhältnis bestätigt oder gelöst wird.

Im Februar 2004 war es zu gesteigerten Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten Herrn A., dem Leiter der K.-abteilung, gekommen, die schließlich damit endeten, dass Herr A. dem Kläger kündigte. Auf das Kündigungsschreiben vom 23. Februar 2004 (Blatt 210 der Akte) wird Bezug genommen.

Der Kläger erachtet diese Kündigung als Willkürakt. Zwar habe er die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes noch nicht zur Gänze erfüllt, es fehlten dazu sechs Tage. Gerügt wird aber eine Verletzung des § 623 BGB, weil der Direktor zum Ausspruch einer Kündigung alleine nicht befugt gewesen sei, sowie ein Verstoß gegen das Schikaneverbot und letztlich auch gegen Treu und Glauben. Ihm sei nur gekündigt worden, weil er vorsichtig auf die Einhaltung der arbeitsvertraglich geregelten Arbeitszeiten bestanden habe. Auch sei von ihm verlangt worden, dass er selbst kündige. Als er das abgelehnt habe, sei die Kündigung erfolgt.

Den Führungsstil des Direktors bezeichnet der Kläger als indiskutabel; bezüglich der Einzelheiten wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 30. Juni 2004, insbesondere auf Blatt 27 ff. der Akte, verwiesen.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 11. März 2004 hat der Kläger gegen die Kündigung vom 23. Februar 2004 auch Klage erheben lassen, die vor dem angerufenen Arbeitsgericht München aber erfolglos geblieben ist. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 16. November 2004 wird Bezug genommen.

Mit der am 26. Januar 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen und zugleich begründeten Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 4. Januar 2005 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger seinen Kündigungsschutzantrag weiter. Dem Erstgericht wird vorgehalten, den umfangreich vorgetragenen Sachverhalt nicht hinreichend zur Kenntnis genommen und damit gegen § 286 ZPO und im Ergebnis auch gegen § 612 a BGB verstoßen zu haben. Vom Kläger sei in formeller Hinsicht gerügt worden, dass die Kündigungserklärung durch eine hierzu nicht berechtigte Person erfolgt sei, dass die nach dem einschlägigen ... Gesetz erforderliche Beurteilung nicht beigelegen und auch die erforderliche schriftliche Begründung der Kündigung gefehlt habe. Dass es sich beim Gesetz Nr. ... vom 22. Dezember 1990 um geltendes Recht handle, wird ebenfalls bestritten.

Tragender Grund der Kündigung war nach Ansicht des Klägers gewesen, dass er seinen Vorgesetzten, Herrn A., gebeten hatte, ihn in Zukunft entsprechend der betrieblichen Arbeitszeitordnung mit einem zeitlichen Vorlauf von der Notwendigkeit der klägerischen Anwesenheit bei Abendveranstaltungen zu informieren. Einzelheiten dazu findet man im Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 30. Juni 2004, insbesondere auf den Seiten 3 ff., ausgeführt (Blatt 18 bis 35 der Akte) mit Anlagen.

Weiter wird vom Kläger als Kündigungsgrund genannt das an ihn gerichtete Verlangen des Zeugen A., eine Eigenkündigung auszusprechen. Die Aussprache darüber hatte am 18. Februar 2004 stattgefunden. Nach dem klägerischen Vortrag im Schriftsatz vom 30. Juni 2004 auf den Seiten 16/17 (Blatt 33/34 der Akte) habe Herr A. "in einer Brüllorgie angekündigt", dem Kläger einen Entlassungsbrief aushändigen zu wollen. Als er diesen auf seinem Schreibtisch nicht habe finden können, sei nun vom Kläger gefordert worden, selbst zu kündigen.

Der Kläger sei dazu jedoch nicht bereit gewesen und daraufhin um 12.30 Uhr von Herrn A. erneut aufs Heftigste beschimpft worden. So habe er den Kläger aufgefordert, unverzüglich seinen Dienst zu quittieren und zur Universität L. zurückzukehren; wenn er das nicht tue, werde er den Kläger "gnadenlos und ohne Reue" verfolgen und gegen ihn "Krieg bis zum letzten Blutstropfen" führen.

Als der Kläger auch fünf Tage danach noch keine Eigenkündigung ausgesprochen hatte, habe er die streitbefangene Kündigung vom 23. Februar 2004 (Blatt 210 der Akte) erhalten. Diese Kündigung wird als Schikane empfunden und als unwirksam/nichtig angesehen (§ 612 a BGB in Verbindung mit § 138 BGB). Die Berufungsanträge lauten damit:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München zum Aktenzeichen 30 Ca 4309/04 vom 16.11.04, zugestellt am 4.1.05, wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.2.04, zugestellt am 23.2.04, beendet wurde, sondern über den 23.2.04 unverändert fortbesteht.

Die Beklagte lässt beantragen:

die Berufung des Berufungsklägers zurückzuweisen.

Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet sie bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt sie entgegen. Soweit im klägerischen Schriftsatz vom 30. Juni 2004 auf der letzten Seite ein Verstoß gegen § 623 BGB (Schriftformerfordernis) gerügt worden war, wird auf das Kündigungsschreiben vom 23. Februar 2004 (Blatt 210 der Akte) verwiesen und vermutet, dass der Kläger damit das Alleinvertretungsrecht des Direktors des ... K.-stituts Herrn A. bei Kündigungen hat bestreiten lassen. Dazu wird beklagtenseits dann aber auf § 174 BGB verwiesen und angemerkt, dass der Kläger einen solchen Verstoß nicht unverzüglich im Sinne von § 174 Absatz 1 Satz 1, 2. Halbsatz BGB gerügt habe. Auf das ... Gesetz Nr. ... vom 22. Dezember 1990 komme es damit gar nicht mehr an.

Der Auslegung von Art. II des Arbeitsvertrages, wonach zum Ende der Probezeit auf der Basis eines schriftlichen Berichts des Vorgesetzten zu entscheiden ist, ob das Arbeitsverhältnis bestätigt oder gelöst wird, dahin, dass die Wirksamkeit der Kündigung nicht vom Übersenden einer solchen Beurteilung an den Kläger abhängig gemacht werden kann, pflichtet die Beklagte bei.

Die klägerischen Beweisangebote werden von der Beklagten weiterhin als nicht ordnungsgemäß beanstandet und im Übrigen bestreitet sie, dass

- die streitbefangene Kündigung auf sachfremden Erwägungen beruhe,

- tragendes Motiv für ihren Ausspruch das Verlangen des Klägers gegenüber seinem Vorgesetzten um Beachtung der betrieblichen Arbeitszeit gewesen sei,

- die Kündigung im Rahmen einer Brüllorgie und/oder eines Tobsuchtsanfalls des A. angekündigt worden sei,

- dieser dem Kläger für den Fall der unterlassenen Eigenkündigung den Krieg erklärt habe und er ein angeblich gegenüber dem Kläger als existent bezeichnetes Entlassungsschreiben als Teil eines sachfremd anzusehenden Psychoterrors verwendet habe.

Mit Schriftsatz vom 28. April 2005 haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine beglaubigte Übersetzung des Gesetzes Nr. ... vom 22. Dezember 1990 (Blatt 212 bis 218 der Akte) vorgelegt.

Eine beglaubigte Übersetzung des Arbeitsvertrages vom 15. April 2003 (Blatt 238 bis 247 der Akte) ist vom Kläger mit Schriftsatz vom 14. Juni 2005 (Blatt 236/237 der Akte) vorgelegt worden.

Die Berufungskammer hat mit Schreiben vom 16. Juni 2005 (Blatt 257 der Akte) zur zwischen den Parteien streitigen Frage, ob das ... Gesetz Nr. ... vom 22. Dezember 1990 am 23. Februar 2004 geltendes Recht gewesen war, in Abstimmung mit den Parteivertretern eine Auskunft der italienischen Botschaft eingeholt. Auf deren Antwort vom 8. Juli 2005 (Blatt 270 der Akte) wird ebenfalls Bezug genommen.

Weiter sind von der Berufungskammer auf der Grundlage ihrer Beweisbeschlüsse vom 27. September 2005 Herr A. und Herr B. sowie Frau C. und Frau D. vernommen worden. Deren jeweils unbeeidigt gebliebenen Aussagen sind in der Sitzungsniederschrift vom 27. September 2005 (Blatt 294 bis 308 der Akte) festgehalten worden.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird ferner Bezug genommen auf die Berufung mit Begründung vom 25. Januar 2005 (Blatt 170 bis 176 der Akte), auf die Berufungsbeantwortung vom 18. Februar 2005 (Blatt 194 bis 200 der Akte), auf das Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 4. März 2005 (Blatt 201 der Akte) mit Anlage, auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Mai 2005 (Blatt 229/230 der Akte), auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 7. Juni 2005 (Blatt 233/234 der Akte) und den Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 14. Juni 2005 (Blatt 236/237 der Akte), auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 27. Juli 2005 (Blatt 274/275 der Akte) mit Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Oktober 2005 (Blatt 309/310 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die angefochtene Kündigung als unwirksam und das zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitsverhältnis als unverändert fortbestehend festgestellt zu bekommen, muss erfolglos bleiben.

Das Erstgericht hat in seiner angegriffenen Entscheidung diese Kündigung zu Recht als wirksam angesehen und dies auch zutreffend begründet. Seinen Überlegungen schließt sich die Berufungskammer zunächst auch einmal an (§ 69 Absatz 2 ArbGG).

1. Der Direktor des ... K.-nstituts Herr A. war nach Art. 15 des ... Gesetzes Nr. ... vom 22. Dezember 1990 ("vertritt das Institut") berechtigt gewesen, dem Kläger eine Kündigung auszusprechen. Dieses Gesetz Nr. ... befindet sich in amtlich beglaubigter Übersetzung bei den Akten, seine Gültigkeit kann nach dem Wortlaut des Schreibens der ... Botschaft vom 8. Juli 2005 (Blatt 270 der Akte) nicht mehr zweifelhaft sein.

2. Auf das zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitsverhältnis findet kraft Vereinbarung (Überschrift und Präambel des Vertrags vom 15. April 2003) deutsches Recht Anwendung. Danach war die Kündigung vom 23. Februar 2004 schriftlich und auch sonst rechtswirksam (§ 623 BGB) ausgesprochen worden. Eine gesetzliche Pflicht zur Angabe eines Kündigungsgrundes in der schriftlichen Kündigungserklärung gibt es nur in Ausnahmefällen. Lediglich für die Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit (§ 15 Abs. 3 BBiG) und für eine nach behördlicher Zustimmung erklärte Kündigung gegenüber einer durch § 9 Abs. 1 MuSchG geschützten Arbeitnehmerin ist eine Begründungspflicht gesetzlich vorgeschrieben (§ 9 Abs. 3 Satz 2 MuSchG).

Der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitsplatzes vor privater Disposition erfordert weder im noch außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes die Angabe des Kündigungsgrundes als Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 4; 16. Januar 2003 - 2 AZR 609/01 - AP KSchG 1969 § 1 Gemeinschaftsbetrieb Nr. 1 = EzA KSchG § 23 Nr. 25; 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - BAGE 97, 92). Und auch Absatz II des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrages besagt nichts anderes. Soweit danach am Ende der Probezeit auf der Grundlage einer Beurteilung des Büroleiters der Arbeitsvertrag entweder bestätigt oder gelöst wird, folgt daraus nicht das Erfordernis einer Aufnahme dieser Beurteilung in das Kündigungsschreiben (§§ 133, 157 BGB). Der "Büroleiter" Herr A. hatte im Streitfall über die Fortsetzung oder Auflösung des Arbeitsvertrages mit dem Kläger entschieden. Das genügte. Wörtlich genommen verlangt Absatz II (nur) eine Beurteilung des Büroleiters als Grundlage seiner Entscheidung und die Bekanntgabe der Auflösung einen Monat zuvor. Letzteres war im Streitfall geschehen. Sollte die Beurteilung bei der Entscheidung des Büroleiters nicht schriftlich vorgelegen haben, könnte das die ausgesprochene Kündigung vom 23. Februar 2004 nicht beeinträchtigen.

3. Das Kündigungsschutzgesetz greift zu Gunsten des Klägers noch nicht ein und die Kündigung vom 23. Februar 2004 verstößt auch nicht gegen die §§ 612 a, 134 BGB. Dies ist vom Erstgericht zutreffend dargestellt worden, die vor der Berufungskammer durchgeführte Beweisaufnahme hat den klägerischen Vortrag nicht bestätigt und rechtfertigt auch sonst keine andere Beurteilung. Die Herrn A. in den Mund gelegten Äußerungen und das ihm angelastete Verhalten hat dieser bei seiner Vernehmung vor der Berufungskammer mit Nachdruck zurückgewiesen. Und da auch die anderen Zeugen nichts bekundet haben, was den Ausführungen von Herrn A. widersprochen hätte oder was das klägerische Vorbringen stützen könnte, hat die Berufungskammer auch keine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen (§ 286 ZPO).

Berücksichtigt man die Aussage von Frau D. und den Wortlaut des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages, kann auf Seiten des Klägers von einer zulässigen Ausübung seiner Rechte kaum mehr gesprochen werden. Möglicherweise glaubte er, noch die Freiheiten eines Universitätsdienstes zu haben. In einem Arbeitsverhältnis war er aber persönlich abhängig, weisungsgebunden, zumal er einen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, der dem Institut gestattete, ihn auch in anderen Bereichen einzusetzen und ihn mit Aufgaben zu betrauen, die nicht unmittelbar zu dem zuvor genannten Aufgabenbereich (.../traditionelle Dienstleistungen) zählen, soweit solche seinen beruflichen Qualifikationen entsprechen. Und bei Notwendigkeit, besondere Aufgaben zu verrichten, konnte das Institut dem Kläger für einen begrenzten Zeitraum auch von den vorher genannten Aufgaben abweichende Aufgaben übertragen. Die Teilnahme an Abendveranstaltungen des Instituts gehörte sicher zum Kernbereich der klägerischen Tätigkeiten. Dass er einmal in diesem Zusammenhang von Herrn A. eine schriftliche Anordnung erbat, spricht für sich; ebenfalls, dass er in diesen fast sechs Monaten - letztlich unbestritten - nur insgesamt an vier Abendveranstaltungen auch tatsächlich teilgenommen hatte. Folgt man den Bekundungen der Zeugen und denen von Herrn A., ist einem Eingreifen des § 612 a BGB die Grundlage entzogen.

4. Gegen § 242 BGB verstößt eine Kündigung und ist nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind, Treu und Glauben verletzt. Dies gilt jedenfalls für eine Kündigung, auf die wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, weil sonst für diese Fälle über § 242 BGB der kraft Gesetzes ausgeschlossene Kündigungsschutz doch gewährt werden und außerdem die Möglichkeit des Arbeitgebers eingeschränkt würde, die Eignung des Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit in seinem Betrieb während der gesetzlichen Wartezeit zu überprüfen (st. Rspr. BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 2; 5. April 2001 - 2 AZR 185/00 - BAGE 97, 294; 1. Juli 1999 - 2 AZR 926/98 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 10; 23. Juni 1994 - 2 AZR 617/93 - BAGE 77, 128 mwN).

Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Eine gegen diesen Grundsatz verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist wegen der darin liegenden Rechtsüberschreitung als unzulässig anzusehen. Typische Tatbestände einer in diesem Sinne treuwidrigen Kündigung sind insbesondere ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers, der Ausspruch einer Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form und eine Kündigung, die den Arbeitnehmer - außerhalb des besonderen Anwendungsbereichs des § 612 a BGB - diskriminiert (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 609/01 - AP KSchG 1969 § 1 Gemeinschaftsbetrieb Nr. 1 = EzA KSchG § 23 Nr. 25; 25. April 2001 - 5 AZR 360/99 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 14 = EzA BGB § 242 Kündigung Nr. 4; 23. Juni 1994 - 2 AZR 617/93 - BAGE 77, 128 mwN).

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt beim Arbeitnehmer (vgl. BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 2; 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - BAGE 97, 92; BAG 25. April 2001 - 5 AZR 360/99 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 14 = EzA BGB § 242 Kündigung Nr. 4). Der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Arbeitnehmers wird durch die Anwendung des Grundsatzes der abgestuften Darlegungs- und Beweislast gewährleistet. In einem ersten Schritt muss der Arbeitnehmer, der die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu seiner Kündigung geführt haben, regelmäßig nicht kennt, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Der Arbeitgeber muss sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO qualifiziert auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften (BAG 25. April 2001 - 5 AZR 360/99 - aaO; 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - aaO). Dies ist im Streitfall auch geschehen, die Aussagen der von der Berufungskammer vernommenen Zeugen haben jedoch trotz teilweise eindringlicher Befragung durch die Klagepartei das klägerische Vorbringen nicht bestätigt und auch sonst nichts bekundet, was § 242 BGB zur Anwendung bringen könnte.

Soweit der auf Antrag des Klägers geladene Zeuge Herr E. am 27. September 2005 nicht erscheinen konnte (vergl. sein Schreiben vom 3. August 2005 - Blatt 292 der Akte), hat die Berufungskammer von seiner Vernehmung in einem späteren Termin abgesehen, weil selbst widersprechende Aussagen (4 zu 1) allenfalls zu einem "non liquet" führen könnten, was dem Rechtsmittel aber nichts nützt. Auch geht es hier um den Beweis von in Vier-Augengesprächen (angeblich) gefallenen Äußerungen des Institutsleiters A. Warum Herr E. diese gehört haben soll und welche davon, lässt der klägerische Vortrag nicht erkennen. Von den vernommenen Zeugen Frau C., Frau D. und Herrn B. sind die klägerseits behaupteten Äußerungen nicht gehört worden. Ein laut geführtes Gespräch lässt die einige Tage darauf ausgesprochene Kündigung vom 23. Februar 2004 noch nicht mit Unwirksamkeitsfolge gegen § 242 BGB verstoßen.

5. Damit verbleibt es bei der angefochtenen Entscheidung. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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