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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 15.05.2007
Aktenzeichen: 6 TaBV 41/07
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 9 Abs. 3
Bei einem Firmentarifvertrag verbietet die aus seinem schuldrechtlichen Teil folgende Durchführungspflicht i. V. m. der Tarifhoheit in seinem Zuständigkeitsbereich auch den Abschluss nachteilig abweichender Individualvereinbarungen (zwei Stunden unbezahlte Mehrarbeit).
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

6 TaBV 41/07

Verkündet am: 15. Mai 2007

In dem Beschlussverfahren

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 15. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Tolle und Schüller für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 8. März 2007 abgeändert.

2. Der Beteiligten zu 2) wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache geboten, alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeitbeschäftigung im Sinne des § 1 des Firmentarifvertrags über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vom 01.04.2005 in ihrem Betrieb ...-Str. in L. (Bayern) unter Berücksichtigung der Bestimmungen zur Arbeitszeit im Firmenmanteltarifvertrag vom 01.04.05, des Firmentarifvertrags Arbeitszeit vom 01.04.05 und des Firmentarifvertrags zur Flexibilisierung der Arbeitszeit vom 01.04.05 nur mit der in diesen tarifvertraglichen Regelungen zugelassenen Arbeitszeit zu beschäftigen, soweit diese Arbeitnehmer nicht nach Maßgabe der Buchstaben a) und b) der Ziffer 3. des § 1 des persönlichen Geltungsbereichs der jeweiligen Tarifverträge aus dem Geltungsbereich Tarifverträge ausgenommen sind oder unter die Ausnahmen des § 2 Ziffer 6. MTV vom 01.04.05 für die Beschäftigungsverhältnisse mit regelmäßiger Arbeitsbereitschaft in der Arbeitszeit fallen.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Verfügungsverfahren über die Berechtigung der Arbeitgeberin, von den Mitarbeitern ihres Werkes L. in der Zeit vom 27. November 2006 bis zum 31. Dezember 2007 neben den firmentarifvertraglichen Arbeitszeitregelungen pro Woche zwei Stunden Mehrarbeit ohne Ausgleich in Geld, Zulagen oder Freizeit verlangen zu können.

Die antragstellende Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG - Beteiligte zu 1) hatte mit der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) einen Manteltarifvertrag vom 1.4.2005, einen Tarifvertrag über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vom 1. April 2005 sowie einen Tarifvertrag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit vom 1. April 2005 geschlossen. Diese Tarifverträge sind mittlerweile zum 30. Juni 2007 gekündigt worden.

Tarifvertraglich ist eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden vorgesehen, wobei diese sich bis zu 40 Stunden erhöhen kann, wenn die über 38 Stunden liegende Arbeitszeit später durch Gewährung von Freizeit wieder ausgeglichen wird. Der Tarifvertrag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit sieht vor, dass Betriebsrat und Geschäftsleitung mit freiwilligen Betriebsvereinbarungen für ganze Betriebe, Betriebsabteilungen oder Arbeitnehmergruppen abweichende Arbeitszeitregelungen treffen können. Für Minder- wie Mehrarbeit ist ein Ausgleichszeitraum von höchstens 12 Monaten vorgesehen.

Mit dem Betriebsrat für den Betrieb ...-Straße .. in L. hatte die Arbeitgeberin unter dem 24. November 2006 eine Vereinbarung abgeschlossen dahin, bei vollzeitbeschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab dem 27. November 2006 bis zum 31. Dezember 2007 deren Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich um zwei Stunden zu verlängern. Die Gewerkschaft NGG sieht in dieser Vereinbarung, die sie vom Wortlaut ausgehend als Betriebsvereinbarung wertet, einen Verstoß gegen den Flexibilisierungstarifvertrag. Sie habe Anspruch auf richtige Durchführung dieses Tarifvertrages und lässt ihn unter Hinweis auf einen effektiven Rechtsschutz im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend machen.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 22. Dezember 2006 hat die Gewerkschaft NGG das Arbeitsgericht München anrufen lassen mit den Anträgen:

1. Der Beteiligten zu 3 (jetzt 2) wird bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache geboten, alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeitbeschäftigung im Sinne des § 1 des Tarifvertrags über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vom 01.04.2005 in ihrem Betrieb ...-Str. in L. (Bayern) unter Berücksichtigung der Bestimmungen zur Arbeitszeit im Manteltarifvertrag (TV Mantel) vom 01.04.05, des Tarifvertrags Arbeitszeit vom 01.04.05 und des Tarifvertrags zur Flexibilisierung der Arbeitszeit (TV Flexi) vom 01.04.05 mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ausschließlich der Pausen von 38 Stunden zu beschäftigen, soweit diese Arbeitnehmer nicht nach Maßgabe der Buchstaben a) und b) der Ziffer 3. des § 1 des persönlichen Geltungsbereichs der jeweiligen Tarifverträge aus dem Geltungsbereich Tarifverträge ausgenommen sind oder und die Ausnahme des § 2 Ziff. 6. MTV vom 01.04.05 für die Beschäftigungsverhältnisse mit regelmäßiger Arbeitsbereitschaft in der Arbeitszeit eingreift.

2. Hilfsweise wird beantragt,

der Antragsgegnerin zu untersagen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeitbeschäftigung im Sinne des § 1 des Tarifvertrags über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vom 01.04.05 in ihrem Betrieb ...-Str. .. in L. (Bayern) unter Berücksichtigung der Bestimmungen zur Arbeitszeit in dem Manteltarifvertrag vom 01.04.05, des Tarifvertrags Arbeitszeit vom 01.04.05 und des Tarifvertrags zur Flexibilisierung der Arbeitszeit vom 01.04.05 über eine durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen von 38 Stunden hinaus zu beschäftigen, soweit diese Arbeitnehmer nicht nach Maßgabe der Buchstaben a) und b) der Ziffer 3. des § 1 des persönlichen Geltungsbereichs der jeweiligen Tarifverträge aus dem Geltungsbereich der Tarifverträge ausgenommen sind oder und die Ausnahme des § 2 Ziffer 6. vom 01.04.05 für Beschäftigungsverhältnisse mit regelmäßiger Arbeitsbereitschaft in der Arbeitszeit eingreift.

Diese Begehren sind vor dem Erstgericht erfolglos geblieben. Auf die Gründe seines die Anträge abweisenden Beschlusses vom 8. März 2007 wird Bezug genommen.

Mit der am 16. April 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde gegen diese ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 15. März 2007 zugestellte Entscheidung verfolgt die Gewerkschaft ihre Anträge weiter. Dem Erstgericht wird vorgehalten, sich allein damit beschäftigt zu haben, dass der Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG Regelungsabreden nicht erfasse. Dieser Auslegung tritt die Beschwerdeführerin entgegen. Vor allem aber lässt sie beanstanden, dass der von ihr geltend gemachte Durchführungsanspruch gänzlich ungeprüft geblieben sei. Zwischen der Gewerkschaft NGG und der Arbeitgeberin sei die Geltung der 38-Stun-den-Woche vereinbart worden. Die Arbeitgeberin müsse sich vertragskonform Verhalten. Die Beschwerdeanträge lauten damit:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 08.03.2007 - zugegangen am 15.03.2007 - Geschäftszeichen 30 BVGa 100/06 - wird abgeändert.

2. Der Beteiligten zu 2 wird bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache geboten, alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeitbeschäftigung im Sinne des § 1 des Tarifvertrags über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vom 01.04.2005 in ihrem Betrieb ...-Str. .. in L. (Bayern) unter Berücksichtigung der Bestimmungen zur Arbeitszeit im Manteltarifvertrag vom 01.04.05, des Tarifvertrags Arbeitszeit vom 01.04.05 und des Tarifvertrags zur Flexibilisierung der Arbeitszeit vom 01.04.05 mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ausschließlich der Pausen von 38 Stunden zu beschäftigen, soweit diese Arbeitnehmer nicht nach Maßgabe der Buchstaben a) und b) der Ziffer 3. des § 1 des persönlichen Geltungsbereichs der jeweiligen Tarifverträge aus dem Geltungsbereich Tarifverträge ausgenommen sind oder unter die Ausnahmen des § 2 Ziffer 6. MTV vom 01.04.05 für die Beschäftigungsverhältnisse mit regelmäßiger Arbeitsbereitschaft in der Arbeitszeit fallen.

3. Hilfsweise wird beantragt,

der Antragsgegnerin zu untersagen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeitbeschäftigung im Sinne des § 1 des Tarifvertrags für regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vom 01.04.05 in ihrem Betrieb ...-Str. .. in L. (Bayern) unter Berücksichtigung der Bestimmungen zur Arbeitszeit in dem Manteltarifvertrag vom 01.04.05 des Tarifvertrags Arbeitszeit vom 01.04. 05 und des Tarifvertrags zur Flexibilisierung der Arbeitszeit vom 01.04.05 über eine durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen von 38 Stunden hinaus zu beschäftigen, soweit diese Arbeitnehmer nicht nach Maßgabe der Buchstaben a) und b) der Ziffer 3. des § 1 des persönlichen Geltungsbereichs des jeweiligen Tarifvertrags aus dem Geltungsbereich der Tarifverträge ausgenommen sind oder die Ausnahme des § 2 Ziffer 6. vom 01.04.05 für Beschäftigungsverhältnisse mit regelmäßiger Arbeitsbereitschaft in der Arbeitszeit eingreift.

Die Arbeitgeberin lässt beantragen:

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 16. April 2007 zurückzuweisen.

Den Ausführungen des Erstgerichts pflichtet sie bei, der Beschwerdebegründung tritt sie entgegen. Der Arbeitgeberin gehe es lediglich darum, ob sie berechtigt sei, einzelvertragliche Arbeitszeitverlängerungen gegenüber nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern von 38 auf 40 Wochenstunden ohne Lohn- bzw. Freizeitausgleich durchzuführen und entsprechend abzurechnen.

Soweit das Erstgericht die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vom 24. November 2006 als Regelungsabrede verstanden hatte, pflichtet ihm die Arbeitgeberin bei und verweist ergänzend auf die mit dem Betriebsrat vereinbarte Klarstellung vom 17. Januar 2007. Regelungsabreden würden vom Verbot des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht erfasst, die in der Beschwerdebegründung angesprochene analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Regelungsabreden wird mit Nachdruck zurückgewiesen.

Die von der Beschwerdeführerin als Rechtsgrundlage herangezogene Durchführungspflicht kann nach Ansicht der Arbeitgeberin die in den Haustarifverträgen enthaltenen materiellen Arbeitsbedingungen ebenfalls nicht auch auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer erstrecken. Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stelle nicht das geeignete Forum dar, um Rechtsfortbildung zu betreiben. Diese Diskussion möge dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Die Arbeitgeberin habe sich in diesen Tarifverträgen keineswegs verpflichtet, die Tarifregelungen auf alle Arbeitnehmer anzuwenden. Sie habe weder ausdrücklich noch konkludent darauf verzichtet, mit Arbeitnehmern, welche nicht tarifgebunden sind, eine abweichende individualvertragliche Regelung zu treffen. Die tariflichen Regelungen könnten keinesfalls in diese Richtung verstanden oder ausgelegt werden. Auch der persönliche Geltungsbereich sei lediglich in Anlehnung an die Standardformulierung in branchenübergreifenden Tarifverträgen formuliert worden.

Zur Ergänzung des Beteiligtenvorbringens im Beschwerdeverfahren wird Bezug genommen auf die Beschwerdebegründung vom 16. April 2007 (Blatt 96 bis 100 der Akte), auf die Beschwerdebeantwortung vom 2. Mai 2007 (Blatt 108 bis 113 der Akte) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Mai 2007 (Blatt 114 bis 116 der Akte).

II.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 87, 89 ArbGG, § 66 ArbGG) hat im Wesentlichen auch Erfolg. Der Arbeitgeberin ist verwehrt, mit Arbeitnehmern ihres Betriebs ...-Str. .. in L. (Bayern) die Verlängerung ihrer Wochenarbeitszeit um zwei unbezahlte Stunden zu vereinbaren.

1. Eine tragfähige Rechtsgrundlage findet dieses Verlangen der Gewerkschaft NGG in der aus dem schuldrechtlichen Teil eines Tarifvertrages folgenden Durchführungspflicht in Verb. mit dem durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifhoheit. Die Beteiligten zu 1. (Gewerkschaft NGG) und 2. (Arbeitgeberin) haben drei Firmentarifverträge, einen Manteltarifvertrag vom 1.4.2005, einen Tarifvertrag über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vom 1. April 2005 sowie einen Tarifvertrag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit vom 1. April 2005, abgeschlossen mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden, die sich bis zu 40 Stunden erhöhen kann, wenn die über 38 Stunden liegende Arbeitszeit später durch Gewährung von Freizeit wieder ausgeglichen wird. Die Arbeitgeberin ist damit selbst Tarifvertragspartei, ihr obliegt damit die Durchführungspflicht; d.h. sie muss selbst den abgeschlossenen Tarifvertrag durchführen und einhalten. Bei einem Firmen- oder Haustarifvertrag ist der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin Schuldner/in dieser Durchführungspflicht. Voraussetzung des Einwirkungsanspruches sind dabei tarifwidriges Verhalten, eine kollektive Bedeutung des tarifwidrigen Verhaltens; Planmäßigkeit des tarifwidrigen Verhaltens und Eindeutigkeit des tarifwidrigen Verhaltens (Walker, FS Schaub, S. 743; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Schaub, TVG § 1 Rn. 66).

2. All das muss sich die Arbeitgeberin vorhalten lassen. Sie hatte nach Abschluss der Firmentarifverträge mit dem Betriebsrat Standort L. unter dem 24. November 2006 zur kurzfristigen Ergebnisverbesserung im letzten Quartal 2006 sowie zur Stabilisierung der Ergebnissituation im Jahr 2007 eine "Betriebsvereinbarung" abgeschlossen dahin, dass alle Mitarbeiter des Werkes L. vom 27. November 2006 bis zum 31. Dezember 2006, sowie vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 pro Woche zwei Stunden Mehrarbeit ohne jeglichen Ausgleich in Geld, Zulagen oder Freizeit leisten. Vom Betriebsrat Standort L. war am 20. November 2006 dieser Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG auch zugestimmt worden (Blatt 33 der Akte).

Als daraufhin die Gewerkschaft NGG mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 22. Dezember 2006 das anhängige Verfügungsverfahren einleiten ließ, haben Arbeitgeberin und der Betriebsrat Standort L. unter dem 17. Januar 2007 (Blatt 54 der Akte) eine Klarstellungs- und Regelungsabrede vereinbart dahin, dass der Betriebsratsbeschluss vom 20. November 2006 als Regelungsabrede vereinbart wurde und individualrechtlich gegenüber nicht tarifgebundenen Beschäftigten umgesetzt wird. Im angesprochenen Firmenmanteltarifvertrag vom 1. April 2005, im Firmentarifvertrag über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vom 1. April 2005 sowie in der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung vom 29. April 2003 (Blatt 28 bis 32 der Akte) findet man beim persönlichen Geltungsbereich in den Tarifverträgen jeweils die Arbeitnehmer und Auszubildenden (in den Betrieben) und in der Gesamtbetriebsvereinbarung alle Arbeitnehmer der L.-Werke (ausgenommen des Werkes C.) angesprochen. Soweit die Arbeitgeberin dazu im Beschwerdeverfahren hat vortragen lassen, der persönliche Geltungsbereich in den Firmentarifverträgen entspreche der Standardformulierung in branchenübergreifend fast allen Verbands- und Firmentarifverträgen. Aufgrund der Regelungen gemäß § 3 Abs. 1 TVG werde regelmäßig davon abgesehen, beim persönlichen Geltungsbereich gesondert aufzunehmen, dass damit nur die tarifgebundenen Arbeitnehmer erfasst sein sollen. Das erscheint zumindest bei den streitbefangenen Firmentarifverträgen allerdings keineswegs zwingend und für die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 29. April 2003 kann es ohnehin nicht gelten. Wesentlich für die Beschwerdeführerin ist damit aber geworden, dass sich die Gewerkschaftsmitglieder bei diesem Verständnis vom tariflichen Geltungsbereich "outen" müssten, wollen sie die tarifvertraglichen Regelungen zur Anwendung kommen lassen. Hier wird der Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG berührt mit der Folge, dass der persönliche Geltungsbereich in diesen Firmentarifverträgen auch wegen seines Zusammenhangs mit der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung wörtlich zu verstehen ist.

Fallen damit alle Arbeitnehmer am Standort L. unter den Geltungsbereich der Firmentarifverträge vom 1. April 2005, war der Arbeitgeberin antragsgemäß zu gebieten, sie bis zur Entscheidung in der Hauptsache nur mit der in den tarifvertraglichen Regelungen zugelassenen Arbeitszeit zu beschäftigen. Die im Antrag enthaltenen Ausnahmen sind in den Tenor mit übernommen worden, soweit das Begehren darüber hinausgegangen ist, muss es im Übrigen abgewiesen werden.

Kosten werden nicht erhoben.

Ein weiteres Rechtsmittel ist nicht eröffnet (§ 92 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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